Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zur politischen Lage in Belarus nach den Parlamentswahlen und dem Referendum vom 17. Oktober 2004

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 313128 - vom 30. November 2004. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 28. Oktober 2004 angenommen. Entschließung des Europäischen Parlaments zur politischen Lage in Belarus nach den Parlamentswahlen und dem Referendum vom 17. Oktober 2004

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass die internationale Wahlbeobachtermission für die Parlamentswahlen in Belarus zu dem Schluss gelangt ist, dass die belarussischen Behörden es versäumt haben, die erforderlichen grundlegenden Voraussetzungen dafür zu gewährleisten, dass der Volkswille als Grundlage für Regierungsautorität dienen kann, und dass die demokratischen Grundsätze von den Behörden weitestgehend missachtet wurden,

B. in der Erwägung, dass die Wahlen durch aktive Ausgrenzung und Nichtregistrierung von Oppositionskandidaten, aggressive repressive Maßnahmen gegen Oppositionskandidaten, ihre Familien und Wahlhelfer, durch Inhaftierung von Wahlhelfern und Beschlagnahmung von oppositionellem Wahlkampfmaterial, durch stark tendenziöse Medienberichterstattung, Druck auf einige Wählergruppen und mangelnde Transparenz in der Mehrzahl der Wahllokale beeinträchtigt wurden,

C. in der Erwägung, dass Oppositionsvertreter von den Wahlausschüssen ausgeschlossen und lokale und internationale Beobachter häufig daran gehindert wurden, den Wahlverlauf uneingeschränkt zu beobachten, und ihnen in einigen Fällen der Zugang zu den Wahllokalen verweigert wurde,

D. in der Erwägung, dass Präsident Lukaschenko mit der gleichzeitigen Abhaltung eines Verfassungsreferendums von den Parlamentswahlen eindeutig ablenken wollte,

E. in der Erwägung, dass die im Verfassungsreferendum in Belarus gestellte Frage nicht ordnungsgemäß formuliert war und einen Verstoß gegen die Artikel 22, 83 und 113 der Verfassung der Republik Belarus sowie gegen Artikel 112 des Wahlrechts der Republik Belarus darstellte,

F. in der Erwägung, dass das Fehlen einer zeitlichen Begrenzung der Amtszeit des Präsidenten von Belarus gegen den demokratischen Grundsatz eines Machtgleichgewichts verstößt,

G. in der Erwägung, dass in den Tagen nach den Wahlen friedliche Demonstrationen der Opposition durch belarussische Polizei in Kampfausrüstung gewaltsam aufgehalten wurden und der Führer der Vereinigten Bürgerpartei, Anatoli Lebedko, ins Krankenhaus eingeliefert werden musste, nachdem er in einem Restaurant zusammengeschlagen worden war,

H. in der Erwägung, dass der Vorsitzende der Belarussischen Sozialdemokratischen Partei, Nikolai Statkewitsch, und der Führer der "Malady"-Front, Pavel Severinets, zusammen mit circa weiteren 40 Personen nach diesen Demonstrationen festgenommen und inhaftiert wurden; in der Erwägung, dass mehrere Journalisten an der Berichterstattung über die Demonstration gehindert und festgenommen, jedoch nach Feststellung ihrer Personalien wieder freigelassen wurden,

L.in der Erwägung, dass die junge Journalistin Vieronika Cherkasova, die für die Gewerkschaftszeitung "Salidarnasc" tätig war, unter ungeklärten Umständen ermordet in ihrer Wohnung aufgefunden wurde,

in der Erwägung, das diese Wahlen und das Klima der Furcht und des Missbrauchs, in dem sie abgehalten wurden, es noch unwahrscheinlicher erscheinen lassen, dass Belarus sich in die demokratischen Strukturen und Institutionen Europas integrieren kann,

K. mit Bedauern feststellend, das die russische Regierung das Wahlergebnis vorbehaltlos anerkannt hat,