Der Ministerpräsident des Landes Baden-Württemberg Stuttgart, 12. Oktober 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Landesregierung von Baden-Württemberg hat beschlossen, dem Bundesrat die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur Reduktion des von grenznahen Kernkraftwerken ausgehenden Risikos für die Bevölkerung in Deutschland zuzuleiten.
Ich bitte Sie, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates in die Tagesordnung der 971. Sitzung des Bundesrates am 19. Oktober 2018 aufzunehmen und sie anschließend den Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Winfried Kretschmann
Entschließung des Bundesrates zur Reduktion des von grenznahen Kernkraftwerken ausgehenden Risikos für die Bevölkerung in Deutschland
Der Bundesrat möge folgende Entschließung fassen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass aufgrund der großräumigen Auswirkungen die Bevölkerung in Deutschland von kerntechnischen Unfällen in angrenzenden Staaten betroffen wäre. Da bei einem Unfall in einem Kernkraftwerk abgestuft nach der Entfernung von der Anlage Maßnahmen des Katastrophenschutzes wie Evakuierungen oder die Versorgung besonders von Kindern, Jugendlichen unter 18 Jahren und Schwangeren mit Jodtabletten notwendig werden können, stehen insbesondere die Kernkraftwerke Fessenheim, Cattenom und Chooz (jeweils Frankreich), Gösgen, Mühleberg, Leibstadt und Beznau (jeweils Schweiz), Temelin und Dukovany (jeweils Tschechien), Tihange und Doel (jeweils Belgien) sowie Borssele (Niederlande) im Blickpunkt.
- 2. Der Bundesrat stellt zudem fest, dass die Belieferung der genannten Kernkraftwerke mit Brennstoffen aus der Bundesrepublik nicht mit dem Ziel des deutschen Atomausstiegs übereinstimmt. Zur Abwendung möglicher Risiken für die in Deutschland lebende Bevölkerung fordert der Bundesrat daher die Bundesregierung auf, einen Exportstopp für Brennstoffe in all jene Anlagen zu verhängen, die bei einem Unfall die Sicherheit der in Deutschland lebenden Bevölkerung gefährden könnten.
- 3. Hierzu hält der Bundesrat es für erforderlich, dass das Atomgesetz in § 3 Absatz 3 zu ändern ist: Die Genehmigung zur Ausfuhr von Kernbrennstoffen ist zu versagen, wenn der Exporteur nicht ausschließen kann, dass die Kernbrennstoffe in einem Kernkraftwerk eingesetzt werden, das die Planung von Katastrophenschutzmaßnahmen oder anderen erheblichen vorsorgenden Maßnahmen auf deutschem Staatsgebiet erforderlich macht.
- 4. Im Hinblick auf die deutsche Entscheidung, dass das Risiko eines genehmigten Kernkraftwerks grundsätzlich maximal etwa drei Jahrzehnte hinzunehmen ist, schlägt der Bundesrat vor, diesen Grundgedanken auch auf den Beschluss zu Nummer 3 anzuwenden. Ältere Anlagen weisen aufgrund des veralteten Anlagendesigns und der Komponentenalterung ein erhöhtes Risiko auf.
- 5. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass deutsche Brennelemente ersetzt werden können. Er hält zur Risikoreduktion der Bevölkerung auf deutschem Staatsgebiet ein möglichst rasches Abschalten der grenznahen Kernkraftwerke und bis dahin einen Betrieb auf höchstem Sicherheitsniveau für erforderlich. Er bittet die Bundesregierung daher ebenfalls darum, ihre Initiativen zu verstärken und auszuweiten, die zu einem raschen Abschalten der in Grenznähe befindlichen ausländischen Kernkraftwerke führen.