Der Bayerische Ministerpräsident München, 4. Juli 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur steuerlichen Entlastung der deutschen Wirtschaft mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, die Vorlage gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 969. Sitzung am 6. Juli 2018 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates zur steuerlichen Entlastung der deutschen Wirtschaft
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Die jüngsten Steuerreformen in den USA, Frankreich und Großbritannien beeinflussen die Kräfteverhältnisse im internationalen Standortwettbewerb. Der Bundesrat sieht mit Sorge, dass Deutschland hinsichtlich der Unternehmensteuerbelastung von einer Position im Mittelfeld mehr und mehr in die Gruppe der Hochsteuerländer rückt. Hinzu kommt, dass gerade in den USA die Handelspolitik protektionistische Züge angenommen hat.
- 2. Nach Auffassung des Bundesrates hat die Unternehmensteuerreform 2008 einen wichtigen Beitrag für Wachstum und Beschäftigung in Deutschland geleistet: Die Bundesrepublik erlebt derzeit eine der längsten Aufschwungphasen seit der Wiedervereinigung, die sich auch in einem kontinuierlichen Beschäftigungsaufbau und Rekordsteuereinnahmen manifestiert. Dies birgt allerdings die Gefahr, dass die Notwendigkeit von Reformen verdeckt wird.
- 3. Der Bundesrat begrüßt das Anliegen der Bundesregierung, den Kampf gegen Gewinnkürzungen und Gewinnverlagerungen konsequent fortzusetzen. Er fordert die Bundesregierung auf, die aufgrund europarechtlicher Vorgaben erforderlichen Anpassungen in der Hinzurechnungsbesteuerung sowie die Einführung von Regelungen zur Verhinderung einer doppelten Nichtbesteuerung bei hybriden Gestaltungen zügig umzusetzen. Dabei sind auch die Auswirkungen auf die Attraktivität des Standortes Deutschland im Blickfeld zu behalten, um Wettbewerbsnachteile für die deutsche Wirtschaft zu vermeiden. Dies gilt etwa bei der Festlegung der Niedrigbesteuerungsgrenze im Rahmen der Hinzurechnungsbesteuerung.
- 4. Faire Wettbewerbsbedingungen sind ein wichtiger Faktor in einer weltweit immer stärker vernetzten Wirtschaft. Gleichzeitig hält der Bundesrat steuerpolitische Impulse zur Verbesserung der Attraktivität des Wirtschaftsstandortes Deutschland für erforderlich. Mit einer Steuerbelastung von Kapitalgesellschaften von knapp 30 Prozent, in kreisfreien Städten sogar 31,5 Prozent, kann Deutschland im internationalen Wettbewerb um Investitionen kaum noch punkten. Der Bundesrat sieht daher die Notwendigkeit einer Absenkung der Unternehmensteuerbelastung, indem eine teilweise Anrechnung der Gewerbesteuer auch bei der Körperschaftsteuer eingeführt wird. Dies hätte den Vorteil gegenüber einer schlichten Körperschaftsteuersatzsenkung, dass neben einer Entlastung des steuerlichen Gewinns mittelbar die Belastungen aus den ertragsunabhängigen Besteuerungselementen der Gewerbesteuer abgemildert würden.
- 5. Gleichzeitig bittet der Bundesrat die Bundesregierung, sich auf EU-Ebene im Rahmen einer Angleichung der Körperschaftsteuerbemessungsgrundlagen für die Einführung eines Mindeststeuersatzes einzusetzen.
- 6. Nicht zuletzt hält es der Bundesrat für erforderlich, bei der vereinbarten ersten Stufe zum Abbau des Solidaritätszuschlags auch kleine Kapitalgesellschaften zu entlasten. Notwendig ist eine substanzielle Mittelstandskomponente, die die Rechtsform der Kapitalgesellschaft nicht benachteiligt.
- 7. Schließlich fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, einen Gesetzentwurf zur Einführung einer steuerlichen Forschungsförderung vorzulegen. Die steuerliche Forschungsförderung ist ein wichtiges Kriterium, wohin Unternehmen künftig ihre Investitionen lenken. Als eines der wenigen OECD- und EU-Mitgliedstaaten verfügt Deutschland nicht über dieses sinnvolle Förderinstrument. Gerade für ein Hochtechnologieland wie Deutschland ist eine intensive Forschungstätigkeit der Wirtschaft jedoch unerlässlich, um im globalen Wettbewerb um die besten Produkte bestehen zu können. Die Einführung einer wirksamen steuerlichen Förderung von Forschung und Entwicklung ist ein wichtiger Schritt, um die Attraktivität des Investitionsstandorts Deutschland zu erhöhen und dem Forschungsdefizit gerade bei kleinen und mittleren Unternehmen entgegenzuwirken.