Der Bayerische Ministerpräsident München, 13. Juni 2018
An den Präsidenten des Bundesrates
Herrn Regierenden Bürgermeister
Michael Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
gemäß dem Beschluss der Bayerischen Staatsregierung wird die als Anlage beigefügte Entschließung des Bundesrates zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Ausbildung mit dem Antrag übermittelt, dass der Bundesrat diese fassen möge.
Es wird gebeten, die Vorlage unter Wahrung der Rechte aus § 23 Absatz 3 in Verbindung mit § 15 Absatz 1 der Geschäftsordnung des Bundesrates gemäß § 36 Absatz 2 GO BR auf die Tagesordnung der 969. Sitzung am 6. Juli 2018 zu setzen und anschließend den zuständigen Ausschüssen zur Beratung zuzuweisen.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Markus Söder
Entschließung des Bundesrates zur steuerlichen Förderung der betrieblichen Ausbildung
Der Bundesrat möge beschließen:
- 1. Zu den Stärken Deutschlands im internationalen Standortwettbewerb gehören hervorragend qualifizierte Arbeitskräfte. Dieses Potenzial gründet auf der überaus erfolgreichen, dualen Berufsausbildung, die international hohes Ansehen genießt. Der Bundesrat sieht es daher als wichtiges politisches Anliegen, dieses System weiter zu stärken, insbesondere auch um einem möglichen Fachkräftemangel vorzubeugen.
- 2. Nach den Feststellungen der Bundesregierung im Berufsbildungsbericht 2018 blieben im Ausbildungsjahr 2017 von insgesamt 572.200 angebotenen Ausbildungsplätzen 48.900 zum Stichtag unbesetzt. Andererseits konnten 23.700 Bewerber nicht mit einem Ausbildungsplatz versorgt werden. Regionale sowie bezogen auf einzelne Berufe bestehende Passungsprobleme, die letztlich eine vollständige Besetzung der Ausbildungsplätze bzw. Versorgung der Bewerber verhindern, sind damit eine zentrale Herausforderung des deutschen Ausbildungsmarktes.
- 3. Der Bundesrat sieht es mit Sorge, dass in einigen Berufen ein hoher Anteil der Ausbildungsplätze unbesetzt blieb. Mit am stärksten betroffen war die Ausbildung zum Restaurantfachmann/-fachfrau, in der 33,5 Prozent der Ausbildungsplätze nicht besetzt werden konnten. Auch in der Systemgastronomie, der Hotellerie sowie im Gerüstbau ist die Besetzungssituation höchst unbefriedigend. Nach Auffassung des Bundesrates könnte eine Verbesserung der steuerlichen Rahmenbedingungen dazu beitragen, die Attraktivität dieser Berufe und damit die Bereitschaft potenzieller Bewerber für mehr räumliche Flexibilität zu erhöhen.
- 4. Handlungsbedarf besteht insbesondere im Bereich der Gestellung freier Unterkunft, die bei Auszubildenden grundsätzlich mit einem Sachbezugswert von monatlich bis zu 192,10 Euro steuer- und sozialversicherungspflichtig ist. Diese Abgabenlast mindert zusätzlich den ausgezahlten Barlohn, wodurch dem/der Auszubildenden weniger zur Bestreitung des täglichen Bedarfs zur Verfügung steht. In vielen Fällen ist jedoch die Inanspruchnahme der Unterkunft die letztlich einzige sinnvolle Alternative:
- − Denn Auszubildende, die vielfach noch nicht das 18. Lebensjahr vollendet haben, sind in ihren Möglichkeiten eingeschränkt, zwischen der (elterlichen) Wohnung und ihrem Lehrbetrieb zu pendeln.
- − In der Hotellerie und Gastronomie kommen erschwerend die Arbeitszeiten hinzu, die sich regelmäßig bis spät in den Abend erstrecken können. Eine Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel ist in diesen Fällen, vor allem wenn sich der Lehrbetrieb im ländlichen Raum befindet, nicht einmal eine theoretische Alternative. Aber auch in hochpreisigen Großstädten wie München ist die Gewährung freier Unterkunft ein Muss, um überhaupt Nachwuchskräfte anwerben zu können.
- 5. Vor diesem Hintergrund spricht sich der Bundesrat dafür aus, Auszubildende von der Versteuerung und der Sozialversicherungspflicht freier Unterkunft als Sachbezug zu befreien. Er fordert die Bundesregierung auf, hierzu schnellstmöglich einen entsprechenden Gesetzentwurf vorzulegen.
- 6. Im Zuge dessen sollte auch geprüft werden, ob Arbeitnehmer unter 18 Jahren - d.h. insbesondere Auszubildende - bei der Versteuerung freier Verpflegung entlastet werden können. Derzeit wird ein 20prozentiger Abschlag auf den jeweiligen Sachbezugswert nur bei freier Mitverpflegung von 14 bis 17jährigen Familienangehörigen des Arbeitnehmers berücksichtigt. Der Bundesrat sieht keinen sachlichen Grund, weshalb dies nicht für alle Arbeitnehmer unter 18 Jahren gelten sollte.