Der Regierende Bürgermeister von Berlin Berlin, den 9. Februar 2010
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Bürgermeister Jens Böhrnsen
Präsident des Senats der Freien Hansestadt Bremen
Sehr geehrter Herr Präsident,
der Senat von Berlin und der Freien Hansestadt Bremen sowie die Landesregierungen von Brandenburg und Rheinland-Pfalz haben beschlossen, beim Bundesrat den in der Anlage beigefügten Antrag auf eine
- Entschließung des Bundesrates zu Maßnahmen gegen Spekulationen auf den Finanzmärkten und ungerechtfertigte Banker-Bonuszahlungen
einzubringen.
Ich bitte Sie, den Entschließungsantrag gemäß § 36 Absatz 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der 867. Bundesratssitzung am 05. März 2010 zu setzen und die sofortige Sachentscheidung herbeizuführen.
Mit freundlichen Grüßen
Klaus Wowereit
Entschließung des Bundesrates über Maßnahmen gegen Spekulationen auf den Finanzmärkten und ungerechtfertigte Banker-Bonuszahlungen
Der Bundesrat möge beschließen:
Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass die von öffentlichen Stützungsmaßnahmen Profitierenden, also Banken und Finanzakteure, einen angemessenen Beitrag zur Bewältigung der durch die Bekämpfung der Finanzkrise in den öffentlichen Haushalten entstandenen Lasten erbringen. Es muss sichergestellt werden, dass die Anreizstrukturen für die Banken und diejenigen, die in den Banken tätig sind, nachhaltig so verändert werden, dass eine Wiederholung der Verhaltensweisen, die Ursache der Finanzkrise waren, möglichst ausgeschlossen wird. Der Bundesrat hält dabei wirksame Maßnahmen sowohl auf der Ebene des internationalen und nationalen Finanzsystems selbst als auch auf der Ebene der einzelnen Banken für geboten. Der Bundesrat erwartet von der Bundesregierung, insbesondere die folgenden Maßnahmen intensiv und zeitnah zu prüfen:
- 1. Eine internationale Finanztransaktionssteuer wäre ein wirksames Mittel, um die von der Realwirtschaft weitgehend losgelösten Spekulationen auf den internationalen Finanzmärkten spürbar einzudämmen und einen Teil der auf den Finanzmärkten erzielten Gewinne zugunsten der öffentlichen Haushalte umzuleiten. Der enorme Anstieg der Finanztransaktionen ist vor allem eine Folge der Expansion der Aktivitäten auf den Derivatmärkten. Derivate haben häufig hochspekulativen Charakter und sind von der realen Wirtschaft entkoppelt. Deswegen müssen endlich überzeugende Anstrengungen ergriffen werden, eine Besteuerung auf Finanztransaktionen einzuführen. Dadurch würden die Spekulation begrenzt und erhebliche Einnahmen erzielt werden. Der Bundesrat erwartet von der Bundesregierung, dass sie sich konsequent für die Einführung einer internationalen oder zumindest EU-weiten Finanztransaktionsbesteuerung einsetzt. Mit einer solchen internationalen Steuer und der damit verbundenen stärkeren Heranziehung von Finanzmarktakteuren zur Finanzierung der durch internationale Finanztransaktionen hervorgerufenen Lasten würden die bei einem nationalen Alleingang zu erwartenden negativen Auswirkungen für den Finanzplatz Deutschland nicht entstehen.
- 2. Die Bekämpfung von Steuerhinterziehung und Steueroasen muss fortgesetzt werden. Steuerhinterziehung ist kein Kavaliersdelikt, sie ist in hohem Maße unsolidarisch. Die nationalen Maßnahmen, die durch das Steuerhinterziehungsbekämpfungsgesetz in Deutschland nun möglich sind, müssen konsequent genutzt werden. Auch die sog. legalen Steuerschlupflöcher und die zur Vermeidung von Steuerumgehungen durch internationale Gestaltungen oder die steuerinduzierte Verlagerung von Geschäftsaktivitäten ins Ausland müssen weiter durch gesetzliche Maßnahmen eingeschränkt werden.
- 3. Andere Staaten haben bereits Maßnahmen ergriffen, um gegen überhöhte Boni vorzugehen und Vorsorge für kommende Krisen zu treffen. Auch in Deutschland sind konkrete Schritte unumgänglich. Ziel muss es sein, dass die privaten und öffentlichen Haushalte nicht in unzumutbarer Höhe an der Finanzierung der Vergütungen im Bankensektor beteiligt werden. Dazu bedarf es klarer ordnungspolitischer Regelungen, die sicherstellen, dass die Vergütungssysteme der Banken transparent, nachvollziehbar und angemessen gestaltet werden. Eine Regulierung eines in diesem Sinne ausgestalteten Corporate Governance sollte dabei auch im Interesse der Banken selbst liegen. Daneben sollten steuerliche Maßnahmen untersucht werden, die zugleich zur Finanzierung der öffentlichen Haushalte beitragen würden. Neben einer verfassungsrechtlich zulässig ausgestalteten unmittelbaren Abgabe auf die Bonuszahlungen der Banken oder der Einführung einer allgemeinen Bankenabgabe sollte auch eine Begrenzung der steuerlichen Absatzbarkeit von Gehältern und Abfindungen geprüft werden.
Begründung:
Auf Grund der Bedeutung des Bankensektors für die Weltwirtschaft, insbesondere für eine funktionierende Kreditversorgung und zur Sicherung der Kundeneinlagen wurden zur Bewältigung der Finanzkrise in Deutschland und weltweit Banken mit Milliardenbeträgen gestützt. Nunmehr führt die verbesserte Lage auf den Finanzmärkten offenbar zur Rückkehr zu alten Verhaltensweisen. Die Gewinne der Banken beruhen nicht vorrangig auf realen Kreditgeschäften; es werden wieder unangemessene Boni gezahlt. Dabei werden gerade die im Investmentbanking erzielten Gewinne vielfach nur als Folge der öffentlichen Rettungsaktionen möglich.
Die Banken müssen als von den öffentlichen Stützungsmaßnahmen Profitierende jetzt dazu beitragen, die Lasten der Krisenbekämpfung in den öffentlichen Haushalten zu tragen. Es muss sichergestellt werden, dass die Anreizstrukturen für die Banken und diejenigen, die in den Banken tätig sind, nachhaltig so verändert werden, dass eine Wiederholung der Verhaltensweisen, die Ursache der Finanzkrise waren, möglichst ausgeschlossen wird. Dazu sind wirksame Maßnahmen sowohl auf der Ebene des internationalen und nationalen Finanzsystems selbst, als auch auf der Ebene der einzelnen Banken sowie in Bezug auf die Vergütungsstrukturen innerhalb der Banken erforderlich. Auch andere Länder haben angesichts der Entwicklung der Finanzmärkte Programme zur Bankenregulierung verkündet. Es könnte geprüft werden, ob Vorschläge wie Geschäftsbanken den Eigenhandel und hochriskante Investments zu verbieten oder die Einführung von neuen Größen- und Konzentrationsbeschränkungen für Finanzkonzerne von Deutschland übernommen werden sollten. Das im Antrag aufgeführte Maßnahmenbündel soll aber auch dazu beitragen, international übliche Risikobegrenzungs- und Steuerungsmöglichkeiten auszunutzen, um das Geld der Steuerzahler zu schützen und Banken angemessen an der Finanzierung der öffentlichen Leistungen zu beteiligen.