Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts

A. Problem und Ziel

B. Lösung

Um diese Ziele zu erreichen, sieht der Entwurf Folgendes vor:

C. Alternativen

D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

E. Sonstige Kosten

Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts

Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 7. April 2006
Die Bundeskanzlerin

An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Harry Carstensen

Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen


mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.


Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel

Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Unterhaltsrechts

Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:

Artikel 1
Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs

Das Bürgerliche Gesetzbuch in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 BGBl. I S. 42, 2909, 2003 I S. 738), zuletzt geändert durch .... , wird wie folgt geändert:

Artikel 2
Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes

Das Lebenspartnerschaftsgesetz vom 16. Februar 2001 (BGBl. I S. 266), zuletzt geändert durch .... , wird wie folgt geändert:

Nach der Aufhebung der Lebenspartnerschaft obliegt es jedem Lebenspartner, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Ist er dazu außerstande, hat er gegen den anderen Lebenspartner einen Anspruch auf Unterhalt nur entsprechend den §§ 1570 bis 1586b und 1609 des Bürgerlichen Gesetzbuchs."

Artikel 3
Änderung sonstiger Vorschriften

(1) In Nummer 7 Abs. 4 Satz 2 der Anlage 2 (zu § 2 Abs. 1) der Auslandskostenverordnung vom 20. Dezember 2001 (BGBl. I S. 4161, 2002 I S. 750), wird das Wort "Regelbetrag" durch die Wörter "Mindestunterhalt nach § 1612a Abs. 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs" ersetzt.

(2) Nach § 34 des Gesetzes, betreffend die Einführung der Zivilprozessordnung in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 310-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch .... geändert worden ist, wird folgender § 35 angefügt:

" § 35

Für das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts vom einsetzen: Ausfertigungsdatum dieses Gesetzes und Fundstelle im Bundesgesetzblatt gelten folgende Übergangsvorschriften:

(3) Die Zivilprozessordnung in der Fassung der Bekanntmachung vom 5. Dezember 2005 (BGBl. I S. 3202), die zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:

Artikel 4
Inkrafttreten, Außerkrafttreten

Dieses Gesetz tritt am 1. April 2007 in Kraft; gleichzeitig treten das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666), zuletzt geändert durch , und die Regelbetrag-Verordnung vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666, 668), zuletzt geändert durch die Verordnung vom , außer Kraft.

Begründung

A. Allgemeiner Teil

I. Notwendigkeit einer Reform des Unterhaltsrechts

Das Unterhaltsrecht regelt die Übernahme von Verantwortung innerhalb der Familie und den Umfang finanzieller Solidarität unter Verwandten, zwischen Ehegatten in bestehenden und geschiedenen Ehen sowie zwischen Eltern eines außerhalb einer bestehenden Ehe geborenen Kindes und nicht zuletzt zwischen Lebenspartnern im Sinn des Lebenspartnerschaftsgesetzes.

Damit ist das Unterhaltsrecht in besonderer Weise auf die Akzeptanz der Bürgerinnen und Bürger angewiesen. Um diese Akzeptanz auf Dauer zu bewahren, muss es zeitnah auf gesellschaftliche Veränderungen und gewandelte Wertvorstellungen reagieren.

Die Realität von Ehe und Familie hat sich in den vergangenen Jahren wesentlich geändert:

Die Zahl der Scheidungen steigt mit jedem Jahr. Größtenteils handelt es sich dabei um Ehen von relativ kurzer Dauer. Fünfzig Prozent der geschiedenen Ehen sind kinderlos. Auch die Rollenverteilung in der Ehe ändert sich zunehmend. Immer häufiger bleiben beide Partner - auch mit Kindern - berufstätig oder nehmen ihre Erwerbstätigkeit nach einer erziehungsbedingten Unterbrechung wieder auf. Neue Familienstrukturen bilden sich heraus: Immer mehr Kinder leben in nichtehelichen Lebensgemeinschaften oder bei einem alleinerziehenden Elternteil.

Etwa ein Drittel der über zwei Millionen nicht verheiratet zusammenlebenden Paare haben Kinder. Da immer häufiger kurze Ehen geschieden werden, kommt es nach der Scheidung vermehrt zur Gründung einer "Zweitfamilie" mit Kindern (vgl. zu den statistischen Daten:

Engstler/Menning, Die Familie im Spiegel der amtlichen Statistik - Lebensformen, Familienstrukturen, wirtschaftliche Situation der Familien und familiendemographische Entwicklung in Deutschland 2003; vgl. zu den wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung:

Andreß/Borgloh/Güllner/Wilking, Wenn aus Liebe rote Zahlen werden - Über die wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung 2003; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Hrsg., Unterhaltszahlungen für minderjährige Kinder in Deutschland 2002; Metz, Rechtsethische Prinzipien des nachehelichen Unterhalts 2005; Proksch, Rechtstatsächliche Untersuchung zur Reform des Kindschaftsrechts 2002, 172 ff.).

Gerade wenn mehrere bedürftige Ehegatten aus erster und zweiter Ehe sowie minderjährige Kinder vorhanden sind, reicht das Einkommen des Unterhaltspflichtigen häufig nicht aus, um alle Unterhaltsbedürftigen ausreichend zu versorgen. Die Berechnung von Unterhaltsansprüchen in solchen Mangelfällen ist äußerst kompliziert und führt vielfach zu nicht angemessenen Ergebnissen. Zurückzuführen ist dies zum einen auf die nur noch Fachleuten verständliche Regelung des Mindestbedarfs von Kindern ( § 1612b BGB) und zum anderen auf die geltende Rangfolge (§§ 1582, 1609 BGB). Diese ist unter mehreren Gesichtspunkten unbefriedigend und wird zunehmend als nicht mehr gerecht empfunden. In den genannten - in der Praxis häufig auftretenden - Konstellationen erhalten die unterhaltsberechtigten Kinder und geschiedenen Ehegatten zusätzlich zu den Unterhaltszahlungen ergänzende Sozialleistungen.

Dies ist einer der Gründe dafür, dass Ende 2003 1,08 Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren auf Sozialhilfe angewiesen waren; 38% aller Empfänger von Sozialhilfe waren damit minderjährig (vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik der Sozialhilfe: Kinder in der Sozialhilfe 2003 2004). Ein weiteres Problem der geltenden Rangfolge besteht in der weitgehenden Privilegierung des ersten Ehegatten, die auch unter dem Aspekt des Kindeswohls nicht mehr zu rechtfertigen ist.

Mit den gesellschaftlichen Veränderungen einher geht ein Wertewandel: Der schon heute im Gesetz verankerte Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Ehe stößt auf eine immer größere Akzeptanz. Dies korrespondiert mit der empirischen Erkenntnis, wonach ein Hauptmotiv für die Scheidung gerade bei Frauen der Wunsch nach größerer Unabhängigkeit ist (vgl. Andreß/Borgloh/Güllner/Wilking, Wenn aus Liebe rote Zahlen werden - Über die wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung 2003, 203, 290 ff.). Konsens besteht auch darüber, dass die Kinder als das "schwächste Glied in der Kette" eines besonderen Schutzes bedürfen, da sie anders als Erwachsene nicht selbst für ihren Unterhalt sorgen können. Auch in anderen Bereichen des Familienrechts steht das Kindeswohl deshalb zunehmend im Vordergrund von Neuregelungen. Gerade unter dem Aspekt des Kindeswohls wird auch die Schutzbedürftigkeit nicht verheirateter Mütter und Väter anders beurteilt als früher. In der Praxis handelt es sich dabei allerdings überwiegend um nicht verheiratete Mütter.

Im Jahr 2000 waren von 1,77 Millionen Alleinerziehenden in Deutschland 85,5% alleinerziehende Mütter und 14,5% alleinerziehende Väter (vgl. Engstler/Menning, Die Familie im Spiegel der amtliche Statistik - Lebensformen, Familienstrukturen, wirtschaftliche Situation der Familien und familiendemographische Entwicklung in Deutschland 2003, 40).

Diese Veränderungen erfordern eine Anpassung des Unterhaltsrechts. Entsprechende Reformüberlegungen sind in den vergangenen Jahren von mehreren Seiten angestellt worden.

Der Deutsche Bundestag hat in einer Entschließung vom 6. Juli 2000 (Bundestagsdrucksache 014/3781, 3) anlässlich der Neuregelung der Anrechnung des Kindergelds ( § 1612b BGB) durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung vom 2. November 2000 (BGBl. I S. 1479) vor allem in Bezug auf den Mindestbedarf von Kindern eine Vereinfachung des Unterhaltsrechts, eine bessere Abstimmung mit dem Steuer- und Sozialrecht und eine Änderung der unterhaltsrechtlichen Rangverhältnisse angeregt. Auch das Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung zu § 1612b Abs. 5 BGB unter dem Aspekt des Rechtsstaatsprinzips nach Art. 20 Abs. 3 GG mehr Normenklarheit bei der Bestimmung des Existenzminimums von Kindern gefordert (BVerfGE 108, 52 ff.). Eine entsprechende gesetzliche Klarstellung des Mindestunterhalts wurde bereits im Jahr 2002 vom Deutschen Juristentag und 2003 vom Deutschen Familiengerichtstag vorgeschlagen (vgl. Martiny, Empfiehlt es sich die rechtliche Ordnung finanzieller Solidarität zwischen Verwandten in den Bereichen des Unterhaltsrechts, des Pflichtteilsrechts, des Sozialhilferechts und des Sozialversicherungsrechts neu zu gestalten? 64. Deutscher Juristentag 2002, Gutachten A 30, A 117; AK 1 des 15. DFGT 2003, Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 13 2004, 75). Beide Institutionen haben sich außerdem mit großer Mehrheit für eine Neuregelung der unterhaltsrechtlichen Rangfolge ausgesprochen. In der Literatur schließlich wird seit einigen Jahren der Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Ehe stärker betont und die Möglichkeiten einer Beschränkung nachehelicher Unterhaltsansprüche thematisiert. Die Rechtsprechung war hier bislang sehr zurückhaltend. Erst in der jüngsten Zeit ist eine Tendenz zur vorsichtigen Anwendung der bereits bestehenden gesetzlichen Instrumente zur zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen zu verzeichnen.

II. Ziele der Reform

Das Unterhaltsrecht beschränkt sich in weiten Teilen auf konkretisierungsbedürftige Grundaussagen und Generalklauseln. Der Gesetzgeber gibt den Gerichten damit bewusst einen relativ breiten Spielraum, um dem konkreten Einzelfall nach Billigkeits- und Zumutbarkeitsgesichtspunkten gerecht zu werden. Die Gerichte orientieren sich dabei an Leitlinien der Oberlandesgerichte, die zur Rechtsvereinheitlichung und zum Rechtsfrieden ganz erheblich beitragen. Diese Grundkonzeption hat sich in der Vergangenheit bewährt und soll beibehalten werden.

Die gesellschaftlichen Veränderungen verlangen aber in einigen wesentlichen Punkten eine Anpassung des Rechts und eine Änderung der Maßstäbe, anhand derer die Gerichte den Einzelfall zu entscheiden haben. Der Entwurf lässt sich dabei vor allem von drei Zielen leiten: der Förderung des Kindeswohls, der Stärkung der Eigenverantwortung nach der Ehe und der Vereinfachung des Unterhaltsrechts. Eine Änderung der Rangfolge soll zu mehr Verteilungsgerechtigkeit im Mangelfall führen und zugleich die Zahl minderjähriger Sozialhilfeempfänger reduzieren. Dem Kindeswohl dient auch die Besserstellung der Mütter und Väter, die ein außerhalb einer bestehenden Ehe geborenes Kind betreuen. Die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von Kindern schließlich entspricht dem Gebot der Normenklarheit aus Art. 20 Abs. 3 GG und erhöht die Akzeptanz von Unterhaltszahlungen an bedürftige Kinder.

Die Ausweitung der Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche zeitlich oder der Höhe nach zu begrenzen, soll die Chancen für einen Neuanfang nach einer gescheiterten Ehe erhöhen und die Zweitfamilien entlasten.

III. Wesentliche Änderungen

1. Förderung des Kindeswohls

Die Förderung des Wohls der Kinder steht im Vordergrund der Reform. Ihr dient die Änderung der Rangfolge im Mangelfall, die Verbesserung der Rechtsstellung kinderbetreuender, nicht miteinander verheirateter Eltern und die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von Kindern.

Der Entwurf führt eine gesetzliche Definition des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder und eine vereinfachte Kindergeldverrechnung ein. Damit erfüllt er den Auftrag des Bundesverfassungsgerichts, im Bereich des Kindesunterhalts mehr Normenklarheit zu schaffen (BVerfG 108, 52 ff.).

Durch die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts unter Bezugnahme auf den steuerrechtlichen Kinderfreibetrag wird eine Harmonisierung des Unterhaltsrechts mit dem Steuer- und Sozialrecht erreicht. Die im Unterhaltsrecht bewährten drei Altersgruppen werden beibehalten.

Der Mindestunterhalt entspricht damit im Wesentlichen dem steuerrechtlichen Existenzminimum eines Kindes, das an die Berechnung des steuerfrei zu stellenden sächlichen Existenzminimums im Existenzminimumbericht der Bundesregierung anknüpft. Die Angleichung beruht auf der Feststellung, dass der Mindestbedarf von Kindern eine absolute Größe ist die im Unterhaltsrecht grundsätzlich nicht anders bestimmt werden kann als im Steuer- und Sozialrecht. Mit der Anlehnung an den steuerlichen Kinderfreibetrag wird die Festsetzung von Regelbeträgen nach der bisherigen Regelbetrag-Verordnung und die Differenzierung der Höhe des Kindesunterhalts danach, ob das Kind in West- oder Ostdeutschland lebt, entbehrlich. Die Regelbetrag-Verordnung wird aufgehoben.

Die neue Regelung der Kindergeldverrechnung in § 1612b BGB des Entwurfs weist das Kindergeld unterhaltsrechtlich dem Kind zu. Sie greift wesentliche Aussagen der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (vgl. BGH, FamRZ 2006, 99 ff.) auf und ersetzt das bisher komplizierte Normgefüge durch eine einfache und transparente Regelung.

Mit der gesetzlichen Definition des Mindestunterhalts und der Vereinfachung der Kindergeldverrechnung wird eine klare und verständliche Regelung geschaffen, die die Akzeptanz bei der Zahlung des Mindestunterhalts an Kinder weiter fördern wird.

2. Stärkung der Eigenverantwortung nach der Ehe

Das Unterhaltsrecht gibt kein bestimmtes Ehebild vor. Die Ehegatten sind in der Ausgestaltung der Ehe frei und durch Art. 6 GG umfassend geschützt. Aus Art. 6 GG ergibt sich aber auch eine fortwirkende nacheheliche Solidarität, die im Falle der Bedürftigkeit des einen Ehegatten für bestimmte Tatbestände eine Unterhaltsverpflichtung des anderen Ehegatten auch nach der Scheidung zur Folge haben kann. Dies gilt insbesondere dann, wenn die Bedürftigkeit ehebedingt ist. Auf diesem Prinzip der fortwirkenden Verantwortung basieren die Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB. Art. 6 GG gebietet aber keineswegs eine uneingeschränkte nacheheliche Solidarität, sondern gibt dem Gesetzgeber insoweit einen Gestaltungsspielraum, innerhalb dessen er gesellschaftlichen Veränderungen und gewandelten Wertvorstellungen Rechnung tragen kann und aus Gründen der Akzeptanz auch muss.

Schon bislang galt der Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Ehe, so dass nach der Systematik ein nachehelicher Unterhaltsanspruch nicht die Regel, sondern die Ausnahme ist. Seit dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) besteht - unter engen Voraussetzungen - außerdem die Möglichkeit, nacheheliche Unterhaltsansprüche der Dauer oder der Höhe nach zu begrenzen (vgl. §§ 1573 Abs. 5, 1578 Abs. 1 BGB).

Diese Beschränkungsmöglichkeiten sind von der Rechtsprechung jedoch kaum genutzt worden.

Hinzu kommt, dass die Rechtsprechung unter Bezug auf die "ehelichen Lebensverhältnisse" relativ hohe Anforderungen an die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung stellt. Die damit verbundene weitgehende Privilegierung des unterhaltsberechtigten Ehegatten kann den Neuanfang in einer zweiten Ehe erschweren, wenn die finanziellen Belastungen zu hoch sind. Gerade, wenn die erste Ehe nur kurz gedauert hat, wird dies häufig als ungerecht empfunden. Der Entwurf stärkt deshalb den Grundsatz der nachehelichen Eigenverantwortung durch eine neue amtliche Überschrift zu § 1569 BGB und die Ausgestaltung dieses Grundsatzes und der Erwerbstätigkeit als Obliegenheit. Er schafft außerdem eine neue, für alle Unterhaltstatbestände geltende Beschränkungsmöglichkeit in Form einer Billigkeitsregelung, die insbesondere darauf abstellt, ob "ehebedingte Nachteile" vorliegen.

Je geringer solche Nachteile sind, desto eher kommt eine Beschränkung in Betracht.

Der Entwurf unterstreicht den Grundsatz der Eigenverantwortung nach der Ehe schließlich durch erhöhte Anforderungen an die Wiederaufnahme einer Erwerbstätigkeit.

3. Vereinfachung des Unterhaltsrechts und Justizentlastung

Der Entwurf vereinfacht das Unterhaltsrecht in wesentlichen und in der Praxis bedeutsamen Punkten durch die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts minderjähriger Kinder, den Wegfall der bislang alle zwei Jahre anzupassenden Regelbetrag-Verordnung, eine vereinfachte Regelung für die Behandlung des Kindergelds, eine klare und verständliche Regelung der unterhaltsrechtlichen Rangfolge, die Konzentration der bislang verstreuten Begrenzungsregelungen auf eine Norm sowie die explizite Regelung der praktisch relevanten Fallgruppe der Beschränkung oder Versagung des Unterhalts, wenn der Berechtigte in einer verfestigten Lebensgemeinschaft mit einem neuen Partner lebt. Insbesondere die Änderung der Rangfolge und die Definition des Mindestunterhalts von Kindern wird außerdem zu einer Entlastung der Justiz sowie der Jugendämter in ihrer Eigenschaft als Unterhaltsbeistand (§ 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB) führen; sie werden in weitem Umfang von den heutigen hochkomplizierten und für die Betroffenen kaum nachvollziehbaren Mangelfallberechnungen befreit.

4. Reichweite der Reform

Der Entwurf ändert das Unterhaltsrecht punktuell und soweit dies erforderlich ist. Eine sorgfältige Prüfung war angezeigt bei der Frage, inwieweit das Unterhaltsrecht mit dem Steuer- und Sozialrecht harmonisiert werden kann, um Wertungswidersprüche zwischen diesen Rechtsgebieten zu vermeiden. Eine vollständige deckungsgleiche Ausgestaltung dieser Rechtsgebiete hätte die bestehenden sachlichen Unterschiede nicht berücksichtigt und wäre der jeweils eigenen Rationalität der betroffenen Rechtsgebiete nicht gerecht geworden. Die familiäre Solidarität zwischen Privatpersonen kann nicht mit dem gleichen Maß gemessen werden wie die Rechte, Pflichten und Obliegenheiten des Einzelnen gegenüber der Solidargemeinschaft aller Staatsbürger. Im Einzelfall kann eine Angleichung in der Sache aber durchaus geboten sein. In der praktisch bedeutsamsten Frage der Bestimmung des sächlichen Existenzminimums von Kindern sieht der Entwurf deshalb eine Harmonisierung vor.

In der Reformdiskussion der letzen Jahre wurde auch eine Beschränkung des Elternunterhalts angeregt um unterhaltspflichtige Kinder nicht übermäßig zu belasten (vgl. beispielsweise Schwenzer, Empfiehlt es sich, das Kindschaftsrecht neu zu regeln? 59. Deutscher Juristentag 1992, Gutachten A 43 f.; Martiny, Empfiehlt es sich, die rechtliche Ordnung finanzieller Solidarität zwischen Verwandten in den Bereichen des Unterhaltsrechts, des Pflichtteilsrechts, des Sozialhilferechts und des Sozialversicherungsrechts neu zu gestalten? 64. Deutscher Juristentag 2002, Gutachten A 49 ff.).

Die praktische Relevanz von Unterhaltszahlungen für pflegebedürftige ältere Menschen wird in Zukunft schon aufgrund des demographischen Wandels zunehmen. Ein unterhaltsrechtlicher Regelungsbedarf folgt daraus zur Zeit aber nicht. Die neuere höchstrichterliche Rechtsprechung zum Elternunterhalt, die vom Bundesverfassungsgericht erst jüngst bestätigt worden ist (vgl. BVerfG, FamRZ 2005, 1051 ff.), hat bereits vernünftige und gut handhabbare Maßstäbe entwickelt, anhand derer die Belastung von Kindern mit Elternunterhaltszahlungen im Einzelfall angemessen begrenzt werden kann (vgl. beispielsweise BGH, FamRZ 1992, 795; BGHZ 152, 217; BGHZ 154, 247; BGH, FamRZ 2004, 792). Im Übrigen entlastet bereits die Einführung einer Grundsicherung im Alter und bei Erwerbsminderung (jetzt §§ 41 ff. Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe) die Kinder ganz maßgeblich.

IV. Gesetzgebungszuständigkeit

Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG. Eine bundeseinheitliche Regelung ist im Sinne von Art. 72 Abs. 2 GG zur Wahrung der Rechtseinheit erforderlich da andernfalls eine Rechtszersplitterung zu befürchten wäre, die im Interesse sowohl des Bundes als auch der Länder nicht hingenommen werden kann. So würden von Bundesland zu Bundesland unterschiedliche Regelungen zur Rangfolge oder zur Begrenzung von Unterhaltsansprüchen zu erheblichen Rechtsunsicherheiten führen und damit die unterhaltsrechtliche Beurteilung eines länderübergreifenden Falles in einer für die Betroffenen unzumutbaren Weise behindern. Dies wird bei der Änderung der Rangfolge besonders deutlich: Bestünden hier unterschiedliche landesrechtliche Regelungen, wäre eine allen Beteiligten gerecht werdende Lösung länderübergreifender Mangelfälle praktisch unmöglich.

Hinzu kommt, dass unterschiedliche Regelungen im Bereich des Unterhaltsrechts die Freizügigkeit innerhalb des Staatsgebiets entscheidend beeinträchtigen könnten (BVerfG, NJW 2005, 493 ff.). Unterhaltszahlungen sind für den Berechtigten meist von erheblicher, bisweilen von existenzieller Bedeutung. Ein Umzug in ein anderes Bundesland müsste von vielen daher vom dort geltenden Unterhaltsrecht abhängig gemacht werden. Ähnliches gilt für den Verpflichteten. Er könnte durch einen Umzug möglicherweise die Situation der Unterhaltsberechtigten verändern. Ein solcher Rechtszustand wäre untragbar und könnte nur durch ein entsprechend gestaltetes interlokales Privatrecht vermieden werden, also durch ein kompliziertes System von Verweisungen zwischen den verschiedenen Landesrechten. Dies aber ergäbe eine Rechtszersplitterung, die durch die Gesetzgebungskompetenz des Art. 74 Abs. 1 Nr. 1 GG gerade vermieden werden soll. Im Übrigen sind die im Entwurf vorgesehenen Neuregelungen integraler Bestandteil des im Bürgerlichen Gesetzbuch geregelten Unterhaltsrechts und sollten schon deshalb nicht Gegenstand landesrechtlicher Teilregelungen sein.

V. Finanzielle Auswirkungen

1. Auswirkungen auf die Höhe der Unterhaltszahlungen

Die Stärkung des Grundsatzes der Eigenverantwortung nach der Ehe und die erweiterten Möglichkeiten zur zeitlichen Begrenzung und Herabsetzung von nachehelichen Unterhaltsansprüchen werden im Einzelfall zu einer maßvollen finanziellen Entlastung des unterhaltspflichtigen Ehegatten führen. Soweit nach der Scheidung eine zweite Familie gegründet worden ist wird dieser auch wegen der geänderten Rangfolge künftig mehr Einkommen zur Verfügung stehen.

Die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von minderjährigen Kindern wird zu allenfalls geringfügigen Verschiebungen bei der Höhe des Kindesunterhalts führen. Diese ergeben sich vor allem aus der Anpassung der Unterhaltshöhe an den Freibetrag für das sächliche Existenzminimum eines Kindes. Die bisherige Regelung hat sich davon zunehmend entfernt. Ein weiterer Grund für Verschiebungen ist der Wegfall der Regelbeträge, die bisher in Ost- und Westdeutschland unterschiedlich hoch sind. Die dieser Unterscheidung zugrunde liegenden Bestimmungen, Art. 5 § 1 Kindesunterhaltsgesetz und die Regelbetrag-Verordnung, entfallen sie werden wegen der künftigen Bezugnahme auf den steuerrechtlichen Kinderfreibetrag durch einen bundeseinheitlichen Mindestunterhalt ersetzt.

2. Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte

Die Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte lassen sich nicht exakt abschätzen. Im Ergebnis wird es aber nicht zu einer Mehrbelastung kommen. Für die Landeshaushalte wird es eher zu einer Entlastung kommen. Durch die Änderung der Rangfolge und die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von Kindern werden die bislang äußerst komplizierten und zeitaufwändigen Mangelfallberechnungen vielfach entbehrlich werden. Dadurch kommt es zu einer erheblichen Entlastung der Familiengerichte, die sich positiv auf die Landeshaushalte auswirken wird.

Die Änderung der unterhaltsrechtlichen Rangfolge in Mangelfällen und die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts von Kindern werden weiter dazu führen, dass der Bedarf minderjähriger Kinder in wesentlich mehr Fällen als heute durch Unterhaltszahlungen gedeckt wird.

Für diese Kinder müssen ergänzende staatliche Leistungen wie Sozialhilfe nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe - bzw. Sozialgeld nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - oder Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz künftig nicht mehr oder in geringerem Umfang in Anspruch genommen werden. Die damit verbundene Entlastung der öffentlichen Haushalte wird jedoch dadurch kompensiert dass die in den zweiten Rang verwiesenen kinderbetreuenden Elternteile vermehrt auf (ergänzende) staatliche Sozialleistungen (Sozialhilfe oder Arbeitslosengeld II, Sozialgeld) angewiesen sein werden. Beide Effekte gleichen sich voraussichtlich aus und bleiben im Ergebnis kostenneutral.

VI. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung

Die Grundsätze des "Gender Mainstreaming" wurden beachtet. Männer und Frauen können sowohl in der Rolle des Unterhaltspflichtigen als auch in der Rolle des Unterhaltsberechtigten sein. Das Unterhaltsrecht muss daher beiden Konstellationen gleichermaßen Rechnung tragen. Es kann allerdings insoweit zu geschlechterdifferenzierten Auswirkungen kommen, als sowohl bei verheirateten als auch bei nicht verheirateten Paaren immer noch mehr Frauen als Männer die Kinderbetreuung übernehmen und deshalb unterhaltsbedürftig werden.

Dem trägt der Entwurf insbesondere durch die neue Rangfolge und die Ausweitung des Betreuungsunterhaltsanspruchs nicht verheirateter Elternteile Rechnung. Soweit der Vater die Betreuung übernimmt, profitiert er von den neuen Regelungen in gleicher Weise wie die Mutter. Entsprechendes gilt für die weiteren Änderungen des Entwurfs.

B. Besonderer Teil

Zu Artikel 1 (Änderung des Bürgerlichen Gesetzbuchs)

Zu Nr. 1 (Änderung der Inhaltsübersicht)

Die Inhaltsübersicht wird entsprechend der Neuregelung angepasst.

Zu Nr. 2 (Änderung von § 1361 BGB)

Es handelt sich um eine durch die Einfügung einer neuen Nummer in § 1579 BGB bedingte

Folgeänderung. Gleichzeitig wird die Formulierung von Absatz 3 an die amtliche Überschrift von § 1579 des Entwurfs angepasst.

Für eine entsprechende Anwendung von § 1578b des Entwurfs besteht, solange die Ehe noch Bestand hat, keine Notwendigkeit.

Zu Nr. 3 (Neufassung von § 1569 BGB)

§ 1569 des Entwurfs stärkt den Grundsatz der Eigenverantwortung durch eine geänderte Überschrift und einen neu gefassten Normtext.

Satz 1 stellt den Grundsatz der Eigenverantwortung anders als bisher in den Vordergrund und stärkt ihn in mehrfacher Hinsicht. Zum einen durch eine prägnantere Fassung der amtlichen Überschrift und zum anderen durch die Klarstellung in Satz 1, dass den geschiedenen Ehegatten die Obliegenheit trifft, nach der Scheidung selbst für sein wirtschaftliches Fortkommen zu sorgen. Mit dieser stärkeren Betonung der eigenen Verantwortung des geschiedenen Ehegatten für seinen Unterhalt soll das Prinzip der nachehelichen Solidarität in einer nach heutigen Wertvorstellungen akzeptablen und interessengerechten Weise ausgestaltet werden.

In Satz 2 wird der Grundsatz der Eigenverantwortung eingeschränkt durch das Prinzip der nachwirkenden Mitverantwortung des wirtschaftlich stärkeren Ehegatten für den anderen. Ist ein Ehegatte nicht in der Lage, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen, gebietet es die nacheheliche Solidarität, den in den einzelnen Unterhaltstatbeständen konkretisierten Bedürfnislagen gerecht zu werden und vor allem den notwendigen Ausgleich für ehebedingte Nachteile zu leisten. Mit der Formulierung in Satz 2, dass der unterhaltfordernde Teil "außerstande ... ist", wird an die Obliegenheit des geschiedenen Ehegatten, für sich selbst zu sorgen, angeknüpft und gleichzeitig Bezug genommen auf die Bedürftigkeit des Unterhaltsberechtigten, einem allgemeinen Merkmal jedes Unterhaltsanspruchs. Die Einfügung des Wortes "nur" in Satz 2 soll einmal mehr verdeutlichen, dass ein Unterhaltsanspruch gemessen am Grundsatz der Eigenverantwortung die Ausnahme, aber nicht die Regel ist, und daher nur in Betracht kommt wenn einer der Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB vorliegt.

§ 1569 Entwurf stellt - wie schon bisher - keine selbstständige Anspruchsgrundlage dar.

Durch die Neufassung der amtlichen Überschrift und des Normtextes sowie insbesondere die Ausgestaltung als Obliegenheit erhält der Grundsatz der Eigenverantwortung aber eine neue Rechtsqualität und ist in weit stärkerem Maße als bisher als Auslegungsgrundsatz für die einzelnen Unterhaltstatbestände heranzuziehen.

Bei der Auslegung von § 1570 BGB, des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt, wird dies etwa dazu führen, dass das bisherige, von der Rechtsprechung entwickelte "Altersphasenmodell", ab welchem Alter des Kindes dem betreuenden Elternteil eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB 65. Aufl. 2006, § 1570 Rn. 9 ff.), neu zu überdenken und zu korrigieren ist. Künftig wird verstärkt darauf abgestellt werden müssen, inwieweit aufgrund des konkreten Einzelfalles und der Betreuungssituation vor Ort von dem betreuenden Elternteil eine (Teil-) Erwerbstätigkeit neben der Kinderbetreuung erwartet werden kann. Dies wird durch die Änderung von § 1570 BGB unterstrichen. Damit greift der Entwurf aktuelle Tendenzen in der jüngeren Rechtsprechung auf, die Altersgrenzen des Betreuungsunterhalts zu überprüfen (vgl. OLG Karlsruhe, NJW 2004, 523 524), und reagiert auf die diesbezügliche Kritik der Literatur (vgl. Luthin, FPR 2004, 567 570; AnwKomm-Schürmann, BGB 2005, § 1577 Rn. 60 f.; Palandt-Brudermüller, BGB 65. Aufl. 2006, § 1570 Rn. 12; Reinken, FPR 2005, 502 503 sowie bereits Puls, FamRZ 1998, 865 870). Auch die übrigen Unterhaltstatbestände sind im Licht des neu gefassten § 1569 Entwurf ggf. enger auszulegen.

Besondere Bedeutung erlangt der Grundsatz der Eigenverantwortung auch bei der Auslegung von § 1578b Entwurf: Das Prinzip der Eigenverantwortung führt dazu, dass im konkreten Fall ein Unterhaltsanspruch - unter Wahrung der Belange eines gemeinschaftlichen, vom Berechtigten betreuten Kindes - umso eher beschränkt werden kann, je geringer die ehebedingten, auf der Aufgabenverteilung während der Ehe beruhenden Nachteile sind, die beim unterhaltsberechtigten Ehegatten infolge der Scheidung eintreten.

Zu Nr. 4 (Änderung von § 1570 BGB)

Mit der Änderung wird an die Vorschrift ein weiterer Satz angefügt. Die Änderung ist vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels zu sehen. Die Möglichkeiten der Fremdbetreuung von Kindern haben - ungeachtet regionaler Unterschiede und einzelner, bestehender Angebotslücken - insgesamt stark zugenommen; die Ausübung insbesondere einer Teilzeittätigkeit neben der Kindererziehung ist heute vielfach Realität. Diese Entwicklung ist bei der Beurteilung der Frage, inwieweit dem geschiedenen Elternteil neben der Betreuung eines Kindes eine Erwerbstätigkeit zumutbar ist, angemessen zu berücksichtigen. Anstelle der bisherigen häufig sehr schematisierenden Betrachtungsweise anhand des tradierten "Altersphasenmodells" ist stärker auf den konkreten Einzelfall und tatsächlich bestehende, verlässliche Möglichkeiten der Kinderbetreuung abzustellen. Bedeutung erlangt dies weniger bei Kleinkindern, zumal das Sozialrecht hier Wertentscheidungen trifft, die es zu beachten gilt (vgl. § 11 Abs. 4 Sätze 2 - 4 Zwölftes Buch Sozialgesetzbuch - Sozialhilfe -; § 10 Abs. 1 Nr. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende -). Eine Berücksichtigung ist aber grundsätzlich bei den über dreijährigen Kindern geboten.

Bei der konkreten Anwendung der Norm ist darauf Bedacht zu nehmen, dass nur "bestehende"

Möglichkeiten der Kinderbetreuung Berücksichtigung finden sollen. Die Möglichkeit einer Fremdbetreuung muss tatsächlich existieren, zumutbar und verlässlich sein und mit dem Kindeswohl im Einklang stehen. Die Kosten der Kinderbetreuung sind bei der Unterhaltsberechnung angemessen zu berücksichtigen.

Zu Nr. 5 (Aufhebung von § 1573 Abs. 5 BGB)

§ 1573 Abs. 5 BGB wird aufgehoben, weil mit § 1578b des Entwurfs eine allgemeine Regelung zur Herabsetzung und zeitlichen Begrenzung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs geschaffen wird, die auch die zeitliche Begrenzung des Unterhalts wegen Erwerbslosigkeit und des Aufstockungsunterhalts ermöglicht.

Zu Nr. 6 (Neufassung von § 1574 BGB)

§ 1574 Abs. 1 und 2 werden im Licht der stärkeren Betonung des Grundsatzes der Eigenverantwortung neu gefasst. Dadurch werden die Anforderungen an die (Wieder-) Aufnahme einer Erwerbstätigkeit nach der Scheidung erhöht. Absatz 3 bleibt unverändert.

In Absatz 1 wird in Anlehnung an die Neuformulierung von § 1569 Entwurf klargestellt, dass den geschiedenen Ehegatten eine Erwerbsobliegenheit trifft. Wie schon bislang gibt Absatz 1 dabei den Maßstab für die Art der Erwerbstätigkeit vor; vom geschiedenen Ehegatten wird eine angemessene Erwerbstätigkeit erwartet.

Absatz 2 führt die Merkmale auf, anhand derer sich die Angemessenheit der Erwerbstätigkeit beurteilt und die in ihrer Gesamtheit zu würdigen sind. Wie bisher wird auf die Ausbildung, die Fähigkeiten, das Lebensalter und den Gesundheitszustand des geschiedenen Ehegatten abgestellt. Neu aufgenommen wurde das Merkmal der früheren Erwerbstätigkeit.

Die Erwerbstätigkeit in einem früher ausgeübten Beruf ist grundsätzlich immer angemessen.

Davon geht auch der Bundesgerichtshof in seiner aktuellen Rechtsprechung aus. Dem bedürftigen Ehegatten ist es danach verwehrt, Unterhalt auf der Basis seiner höheren Berufsqualifikation zu fordern, wenn er im Verlauf der Ehe über einen mehrjährigen Zeitraum hinweg eine geringer qualifizierte Tätigkeit ausgeübt hat (vgl. BGH, FamRZ 2005, 23 25).

Bislang waren die ehelichen Lebensverhältnisse ein weiteres, gleichberechtigtes Merkmal zur Prüfung der Angemessenheit einer Erwerbstätigkeit. Dies hat in der Rechtsprechung häufig dazu geführt, dass dem unterhaltsbedürftigen Ehegatten aufgrund eines während der Ehe bestehenden höheren Lebensstandards nicht zugemutet wurde, in einen früher ausgeübten Beruf zurückzukehren. In der Neufassung von § 1574 des Entwurfs ist die Frage, ob die ehelichen Lebensverhältnisse den Kreis der in Betracht kommenden Erwerbstätigkeiten einengen können, erst in einer zweiten Stufe, nur noch als Korrektiv im Rahmen einer Billigkeitsabwägung zu prüfen. § 1574 Abs. 2 Satz 1, Halbsatz 2 des Entwurfs ist als Einwendung ausgestaltet ("... soweit ..."); es ist am Unterhaltsberechtigten, darzulegen und ggf. auch zu beweisen dass eine an sich erreichbare Erwerbstätigkeit für ihn aufgrund der ehelichen Lebensverhältnisse unzumutbar ist. Damit wird dem Vertrauen, das beim Berechtigten aufgrund einer nachhaltigen gemeinsamen Ehegestaltung entstanden ist, Rechnung getragen und ein unangemessener sozialer Abstieg verhindert. Dem Richter wird genügend Raum gewährt um dem konkreten Einzelfall gerecht zu werden. Ein aufgrund des Eingreifens dieser Bestimmung eventuell geminderter Lebensstandard des geschiedenen Ehegatten muss nicht Anlass dafür geben, dass ein Aufstockungsunterhaltsanspruch ( § 1573 Abs. 2 BGB) begründet wird. Vielmehr ist dem durch eine Begrenzung des Unterhaltsanspruchs nach dem neuen § 1578b Entwurf in angemessener Weise zu begegnen.

§ 1574 Abs. 2 Satz 2 des Entwurfs enthält keine Definition der ehelichen Lebensverhältnisse, sondern übernimmt die bereits in der bisherigen Fassung von § 1574 Abs. 2, Halbsatz 2 BGB genannten Umstände, die bei der Bewertung besonders zu berücksichtigen sind.

Zu Nr. 7 (Änderung von § 1577 Abs. 2 BGB)

Durch die Änderung wird der Klammerzusatz in § 1577 Abs. 2 BGB ergänzt. Mit dem Hinweis auch auf § 1578b Entwurf wird klargestellt, dass der "volle Unterhalt" im Sinne der Bestimmung nicht nur der Unterhalt nach Maßgabe der ehelichen Lebensverhältnisse (§ 1578 Abs. 1 Entwurf), sondern ggf. auch der aus Billigkeitsgründen herabgesetzte Unterhalt nach § 1578b Entwurf sein kann.

Zu Nr. 8 (Änderung von § 1578 BGB)

§ 1578 Abs. 1 Satz 1 und 4 BGB bestimmen unverändert, dass sich das Maß des Unterhalts nach den ehelichen Lebensverhältnissen bestimmt und der Unterhalt den gesamten Lebensbedarf umfasst. § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB werden gestrichen, weil die Herabsetzung und zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen in der neu geschaffenen Vorschrift des § 1578b Entwurf geregelt wird.

Zu Nr. 9 (Einfügung von § 1578b BGB)

Mit § 1578b des Entwurfs wird eine grundsätzlich für alle Unterhaltstatbestände geltende Billigkeitsregelung eingefügt, die nach Maßgabe der in der Regelung aufgeführten Billigkeitskriterien eine Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung von Unterhaltsansprüchen ermöglicht.

Damit wird der vom Gesetzgeber mit dem Unterhaltsänderungsgesetz vom 20. Februar 1986 (BGBl. I S. 301) eingeschlagene Weg fortgesetzt. Das 1. EheRG (Erstes Gesetz zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976, BGBl. I S. 1421) ließ in der bis zum 1. April 1986 geltenden Fassung kaum Raum für Billigkeitsabwägungen. Die Möglichkeit einer zeitlichen Begrenzung bestand nicht. Von Beginn an ist dies unter Hinweis darauf kritisiert worden, dass einschneidende wirtschaftliche Folgen einer Trennung und Scheidung, wie sie insbesondere durch die Auferlegung einer grundsätzlich lebenslangen Unterhaltspflicht entstehen, nicht völlig losgelöst von Billigkeitsgesichtspunkten geregelt werden können (vgl. Willutzki, Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 3 1984, 15 16 ff. m.w.N.). Diese Kritik hat der Gesetzgeber mit dem Unterhaltsänderungsgesetz aufgegriffen und durch die Einfügung von § 1573 Abs. 5 BGB erstmals die Möglichkeit geschaffen, den Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und den Aufstockungsunterhalt aufgrund von Billigkeitserwägungen zeitlich zu begrenzen. Gleichzeitig wurde durch § 1578 Abs. 1 Satz 2 und 3 BGB ermöglicht, bei allen Unterhaltstatbeständen das Maß des Unterhalts auf den angemessenen Lebensbedarf herabzusetzen.

Das Gesetz verfolgte hiermit ausdrücklich das Ziel, die Eigenverantwortung zu fördern und der Einzelfallgerechtigkeit mehr Raum zu geben (vgl. Bundestagsdrucksache 010/2888, 11 f.; s. auch Brudermüller, FamRZ 1998, 649 650).

Von diesen Möglichkeiten hat die Rechtsprechung in den folgenden Jahren jedoch kaum Gebrauch gemacht. Dies wurde in der Literatur schon seit längerem kritisiert (vgl. Schwab, FamRZ 1997, 521 524; Gerhardt, FamRZ 2000, 134 136; Brudermüller, a.a.O.; Wendl/ Staudigl-Pauling, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. 2004, § 4 Rn. 591). In jüngster Zeit hat die Kritik vor allem vor dem Hintergrund der Abkehr des Bundesgerichtshofs von der so genannten Anrechnungsmethode und Hinwendung zur so genannten Differenzmethode mit der Entscheidung vom 13. Juni 2001 (BGHZ 148, 105 ff.) deutlich zugenommen (vgl. Scholz, FamRZ 2003, 265 271; Brudermüller, FF 2004, 101 ff.; Grandel, FF 2004, 237 ff.; Schwarz, NJW-Spezial 2004, 295 ff., 2005, 7 ff.; AnwKomm-Fränken, BGB 2005, § 1573 Rn. 32). In der neueren Rechtsprechung (vgl. etwa OLG Hamm, NJW-RR 2003, 1084; OLG München, FuR 2003, 326) ist eine Tendenz zu einer vermehrten Beschränkung von Unterhaltsansprüchen festzustellen.

Daran knüpft der Entwurf mit dem neu eingefügten § 1578b an. Die Neuregelung verfolgt das Ziel, die Beschränkung von Unterhaltsansprüchen anhand objektiver Billigkeitsmaßstäbe und hier insbesondere anhand des Maßstabs der "ehebedingten Nachteile" zu erleichtern. Ihr liegen folgende grundsätzliche Erwägungen zugrunde:

Die Leistungen der Ehegatten, die sie auf Grund ihrer vereinbarten Arbeitsteilung in der Ehe (Berufstätigkeit, Haushaltsarbeit, Kindererziehung) erbringen, sind gleichwertig, so dass sie grundsätzlich Anspruch auf "gleiche Teilhabe am gemeinsam Erwirtschafteten" haben. Dieser Teilhabeanspruch bestimmt in besonderer Weise auch die unterhaltsrechtliche Beziehung der Ehegatten (vgl. BVerfGE 105, 1), bedeutet aber nicht von vornherein eine "Lebensstandardgarantie" im Sinne einer zeitlich unbegrenzten und in der Höhe nicht abänderbaren Teilhabe nach der Scheidung. Grund für die nachehelichen Unterhaltsansprüche ist die sich aus Art. 6 GG ergebende fortwirkende Solidarität. Diese fortwirkende Verantwortung für den bedürftigen Partner erfordert vor allem einen Ausgleich der Nachteile, die dadurch entstehen, dass der Unterhaltsberechtigte wegen der Aufgabenverteilung in der Ehe, insbesondere der Kinderbetreuung, nach der Scheidung nicht oder nicht ausreichend für seinen eigenen Unterhalt sorgen kann. Diese Erwägung liegt insbesondere den Unterhaltstatbeständen des § 1570 BGB (Betreuungsunterhalt), § 1573 BGB (Unterhalt wegen Erwerbslosigkeit und Aufstockungsunterhalt) und § 1575 BGB (Ausbildungsunterhalt) zugrunde. "Ehebedingte Nachteile", die auf der Aufgabenverteilung in der Ehe beruhen, steigen wegen der zunehmenden persönlichen und sozialen Verflechtung typischerweise mit der Dauer der Ehe, so dass im Einzelfall eine lebenslange Unterhaltspflicht gerechtfertigt sein kann. Je geringer aber diese Nachteile sind, desto eher ist im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung unter Billigkeitsgesichtspunkten eine Beschränkung des Unterhaltsanspruchs geboten, wobei in besonderer Weise auf die Wahrung der Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes zu achten ist.

Die nach der Ehe fortwirkende Verantwortung erschöpft sich allerdings nicht im Ausgleich ehebedingter Nachteile. Beispielsweise bestehen die Unterhaltsansprüche wegen Alters,

Krankheit oder Arbeitslosigkeit (§§ 1571, 1572, 1573 Abs. 1 BGB) auch dann, wenn Krankheit oder Arbeitslosigkeit ganz unabhängig von der Ehe und ihrer Ausgestaltung durch die Ehegatten eintreten. Gleiches gilt für den Aufstockungsunterhalt (§ 1573 Abs. 2 BGB). Auch in diesen Fällen kann eine uneingeschränkte Fortwirkung der nachehelichen Solidarität unter Billigkeitsgesichtspunkten unangemessen sein. Im Spannungsverhältnis zwischen der fortwirkenden Verantwortung und dem Grundsatz der Eigenverantwortung muss auch hier in jedem Einzelfall eine angemessene und für beide Seiten gerechte Lösung gefunden werden, bei der die Dauer der Ehe von besonderer Bedeutung sein wird.

Die gesetzlichen Unterhaltstatbestände der §§ 1570 ff. BGB unterscheiden im Einzelnen nicht danach, aus welchem Grund es gerechtfertigt ist, dem einen Ehegatten zugunsten des anderen eine Unterhaltslast aufzuerlegen. Sie sind zwar im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung nach der Ehe auszulegen, bieten aber keinen hinreichend konkreten Anknüpfungspunkt für Billigkeitserwägungen der dargestellten Art. Es bedarf deshalb einer grundsätzlich für alle Unterhaltstatbestände geltenden Billigkeitsregelung, wie sie in § 1578b Entwurf vorgesehen ist.

§ 1578b des Entwurfs regelt sowohl die Herabsetzung (Absatz 1) als auch die zeitliche Begrenzung (Absatz 2) und stellt zugleich klar, dass auch eine Kombination von Herabsetzung und zeitlicher Begrenzung möglich ist (Absatz 3). § 1578b Entwurf ist bewusst nicht als allgemeine Generalklausel ausgestaltet, sondern gibt den Gerichten in Absatz 1 und in Absatz 2, der wiederum auf Absatz 1 verweist, klare gesetzliche Vorgaben für die vorzunehmenden Billigkeitserwägungen.

Der Unterhaltsanspruch ist danach zeitlich zu begrenzen oder herabzusetzen, wenn ein zeitlich unbeschränkter oder nach den ehelichen Lebensverhältnissen bemessener Unterhaltsanspruch unbillig wäre. Bei der in Absatz 1 Satz 1 geregelten Herabsetzung sieht das Gesetz ausdrücklich - wie bisher in § 1578 Abs. 1 Satz 2 BGB - einen Ersatzmaßstab in Höhe des angemessenen Lebensbedarfs vor (vgl. Palandt-Brudermüller, BGB 65. Aufl. 2006, § 1578 Rn. 80). Sowohl bei der Herabsetzung als auch bei der zeitlichen Begrenzung ist außerdem zu berücksichtigen, dass die Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes gewahrt bleiben (so genannte Kinderschutzklausel). Schon aus diesem Grund kommt eine über die immanente Begrenzung des § 1570 BGB hinausgehende Beschränkung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt nur in seltenen Ausnahmefällen in Betracht (s. dazu oben, Begründung zu § 1569 Entwurf). In jedem Fall schützt die Kinderschutzklausel davor dass der Betreuungsunterhalt so weit abgesenkt wird, dass zwischen dem Lebensstandard des kinderbetreuenden Ehegatten und demjenigen der Kinder, die ungeschmälert Kindesunterhalt erhalten, ein erheblicher Niveauunterschied besteht. Insoweit sind bei § 1578b Entwurf andere Wertungen erforderlich als im Rahmen des sehr viel strengeren § 1579 BGB.

Weitere Vorgaben für die Billigkeitserwägungen enthält Absatz 1 Satz 2. Er konkretisiert den auch in der Praxis bedeutsamsten Maßstab für die Feststellung der Unbilligkeit. Ob und in welchem Umfang Unterhaltsansprüche beschränkt werden können, hängt danach wesentlich davon ab, ob und in welchem Ausmaß durch die Ehe Nachteile im Hinblick auf die Möglichkeit eingetreten sind, für den eigenen Unterhalt zu sorgen. Hinsichtlich der Verknüpfung "durch die Ehe" genügt es, dass der Nachteil, nicht für den eigenen Unterhalt sorgen zu können, ganz überwiegend bzw. im Wesentlichen auf die vereinbarte Aufgabenteilung während der Eheführung zurückzuführen ist. Die wichtigsten Umstände, aus denen sich solche Nachteile ergeben können, benennt Absatz 1 Satz 3. Steht die Unbilligkeit fest, besteht kein Ermessensspielraum; der Unterhaltsanspruch muss hinsichtlich Höhe und/oder Dauer begrenzt werden.

Die ausdrückliche Erwähnung des Billigkeitsmaßstabs der "ehebedingten Nachteile" und die Konkretisierung der Umstände, die zu einem solchen Nachteil führen können (Dauer der Kinderbetreuung,

Arbeitsteilung während der Ehe, Dauer der Ehe) machen deutlich, dass es im Rahmen von § 1578b Entwurf - anders als in den meisten Fällen von § 1579 BGB - nicht um ein Fehlverhalten oder Verschulden des unterhaltsberechtigten Ehegatten geht, sondern allein um die wertende Würdigung objektiver Umstände wie beispielsweise der Dauer der Kindererziehung oder der Dauer der Ehe. Die Dauer der Ehe führt für sich gesehen nicht zwangsläufig zu einem Nachteil, ist aber gleichwohl von Bedeutung, da sich der (berufliche) Nachteil, der sich nach der Scheidung für den Ehegatten ergibt, der sich ganz der Kindererziehung oder der Hausarbeit gewidmet hat, in aller Regel mit zunehmender Dauer der Ehe erhöht. Die ausdrückliche Erwähnung der Dauer der Pflege oder Erziehung eines Kindes in Absatz 1 Satz 3 - gemeint ist hier die voraussichtliche Gesamtdauer - schließlich verdeutlicht einmal mehr, dass eine über die ohnehin bestehende immanente Beschränkung hinausgehende Begrenzung des Anspruchs auf Betreuungsunterhalt nur ausnahmsweise in Betracht kommen wird.

§ 1578b des Entwurfs erfasst auch die Fälle, in denen es nicht um die Kompensation "ehebedingter Nachteile", sondern allein um das Ausmaß der darüber hinausgehenden nachehelichen Solidarität geht. Zu denken ist etwa an den Fall der Erkrankung eines Ehegatten, die ganz unabhängig von der Ehe eingetreten ist. Billigkeitsmaßstab für die Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhalts ist hier allein die fortwirkende Solidarität im Licht des Grundsatzes der Eigenverantwortung, wobei die in § 1578b Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs genannten Umstände auch Bedeutung für das Ausmaß einer fortwirkenden Verantwortung haben.

Dies gilt insbesondere für die Dauer der Ehe. Die gleichen Grundsätze gelten auch für den Fall, in dem etwa eine Erwerbstätigkeit allein an der bestehenden Arbeitsmarktlage scheitert und damit nicht auf einen "ehebedingten Nachteil" zurückzuführen ist. Ob und in welchem Ausmaß der Unterhaltsanspruch wegen Erwerbslosigkeit gemäß § 1573 BGB in Höhe und/oder Dauer beschränkt werden kann, wird auch hier ganz wesentlich von der Dauer der Ehe abhängen.

§ 1578b Entwurf ist wie § 1579 BGB als Billigkeitsvorschrift konzipiert. Dennoch grenzen sich beide Vorschriften klar voneinander ab: § 1579 BGB knüpft an bestimmte, eingegrenzte Fallkonstellationen an und erfasst dabei neben Fällen, in denen die Unterhaltsleistung aus objektiven Gründen unzumutbar ist (§ 1579 Nr. 1, 2 und 8 Entwurf), vor allem Fälle, in denen dem Unterhaltsberechtigten ein Fehlverhalten gegen die eheliche Solidarität vorgeworfen werden muss (§ 1579 Nr. 3 bis 8 Entwurf). Dagegen erfordert § 1578b Entwurf eine Billigkeitsabwägung anhand bestimmter, vom Gesetzgeber vorgegebener Kriterien. Bei diesen Kriterien handelt es sich allein um objektive Umstände, denen kein Unwerturteil oder eine subjektive Vorwerfbarkeit anhaftet. Im Rahmen der Abwägung des § 1578b Entwurf findet also nicht etwa eine Aufarbeitung ehelichen Fehlverhaltens statt. Verstöße gegen die eheliche Solidarität wirken weiterhin allein nach § 1579 BGB auf den nachehelichen Unterhalt ein.

Die Rechtsfolgen des § 1579 BGB sind dementsprechend weiterreichend, da der Unterhaltsanspruch völlig versagt werden kann, während § 1578b Entwurf nur eine Herabsetzung oder eine zeitliche Beschränkung vorsieht.

Die Darlegungs- und Beweislast für diejenigen Tatsachen, die für eine Anwendung von § 1578b Entwurf sprechen, trägt allgemeinen Grundsätzen zufolge der Unterhaltsverpflichtete, da es sich um eine unterhaltsbegrenzende Norm mit Ausnahmecharakter handelt. Soweit die unterhaltsverpflichtete Partei entsprechende Tatsachen dargetan hat, ist es am Unterhaltsberechtigten,

Umstände darzulegen und zu beweisen, die gegen eine Unterhaltsbegrenzung oder beispielsweise für eine längere "Schonfrist" sprechen (vgl. BGH, FamRZ 1990, 857 ff.; MünchKomm-Maurer, BGB 4. Aufl. 2000, § 1573 Rn. 54).

Zu Nr. 10 (Änderung von § 1579 BGB)

Es wird zum einen die Überschrift der Vorschrift geändert. Zum anderen wird § 1579 Nr. 1 BGB neu gefasst, ein neuer Härtegrund durch § 1579 Nr. 2 BGB Entwurf eingeführt und die Nummerierung geändert.

Neufassung der Überschrift Durch die Neufassung der amtlichen Überschrift wird die Zielrichtung der Bestimmung besser verdeutlicht. Sie bringt die Rechtsfolge, nämlich die Beschränkung des Unterhaltsanspruchs (nach Höhe, zeitlicher Dauer der Leistung oder einer Kombination aus Höhe und Dauer) und seine vollständige Versagung zum Ausdruck und nennt zugleich die entscheidende Voraussetzung hierfür, die grobe Unbilligkeit. Diese kann sich aus einem vorwerfbaren Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten (§ 1579 Nr. 3 bis 7, Nr. 8 Entwurf) oder aus einer objektiven Unzumutbarkeit der Unterhaltsleistung für den Unterhaltspflichtigen (§ 1579 Nr. 1, 2, 8 Entwurf) ergeben.

Die Überschrift dient gleichzeitig der besseren Abgrenzung der Bestimmung zu § 1578b Entwurf.

Fälle von ehelichem Fehlverhalten werden von § 1578b Entwurf nicht erfasst; dies auch nicht unter dem Gesichtspunkt der "Einzelfallgerechtigkeit". Für diese Fälle verbleibt es bei den spezielleren Tatbeständen von § 1579 BGB, der insoweit eine abschließende Regelung enthält.

Trotz der in § 1578b Abs. 3 Entwurf ausdrücklich erwähnten Möglichkeit, Herabsetzung und zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs miteinander zu kombinieren, erschien eine entsprechende Klarstellung bei § 1579 BGB entbehrlich, da eine abgestufte Unterhaltsbegrenzung von einer zeitlich begrenzten Herabsetzung bis zur vollständigen Versagung als Rechtsfolge des § 1579 BGB allgemein anerkannt ist (vgl. Wendl/Staudigl-Gerhardt, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. 2004, § 4 Rn. 602). Hieran soll nichts geändert werden.

Neufassung von Nr. 1

§ 1579 Nr. 1 BGB wird sprachlich klarer gefasst: Nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 80, 286) ist bei der Auslegung von § 1579 Nr. 1 BGB in seiner bisherigen Fassung zur Vermeidung verfassungswidriger Ergebnisse zunächst von der tatsächlichen Ehezeit auszugehen. Erst im Anschluss erfolgt eine Abwägung, inwieweit die Inanspruchnahme des Verpflichteten auch unter Wahrung der Belange eines vom Berechtigten betreuten gemeinschaftlichen Kindes grob unbillig ist. Die Betreuungszeit ist also entgegen dem bisherigen Wortlaut von Nr. 1 nicht der Ehedauer hinzuzurechnen, sondern wird erst im Rahmen der Abwägung relevant, da andernfalls eine "kurze Ehedauer" in Kinderbetreuungsfällen kaum mehr denkbar wäre und der Härtegrund der "Kurzzeitehe" leer liefe.

Mit der Änderung wird der Wortlaut der Vorschrift an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts, die in der Praxis allgemein anerkannt ist, angeglichen. Die neue Formulierung soll klarer zum Ausdruck bringen, dass die Kindesbelange und die Betreuung gemeinschaftlicher Kinder durch den Unterhaltsberechtigten einer Beschränkung des Unterhalts weder von vornherein noch grundsätzlich entgegenstehen, sondern dass bei der nach Bejahung einer "kurzen Ehedauer" durchzuführenden umfassenden Billigkeitsabwägung die Kindesbelange zu wahren und die Kindesbetreuung besonders zu berücksichtigen sind. Durch die Ersetzung des Wortes "konnte" durch das Wort "kann" wird deutlich, dass es bei der Abwägung nicht nur um bereits abgelaufene, sondern auch um künftige Betreuungszeiten geht.

Der Entwurf verzichtet auf Vorgaben, bis zu welcher Dauer eine Ehe als "kurz" anzusehen ist. Die Bestimmung dieses Zeitraums kann nicht abstrakt und für alle Ehen gleich erfolgen.

Es handelt sich hierbei vielmehr stets um einen an der konkreten Lebenssituation der Ehegatten orientierten Akt wertender Erkenntnis. Der zeitliche Bereich ist durch die Rechtsprechung bereits so weit konkretisiert, dass eine gesetzliche Festlegung nicht erforderlich erscheint.

Im Bereich von "Kurzzeitehen" sind Überschneidungen von § 1578b des Entwurfs mit § 1579 Nr. 1 BGB denkbar: Einerseits kann eine unbeschränkte Unterhaltsverpflichtung bei kurzer Ehedauer nach § 1579 Nr. 1 BGB grob unbillig sein. Andererseits wirkt sich eine kurze Ehe häufig nicht negativ auf die Möglichkeit des geschiedenen Ehegatten aus, selbst für seinen Unterhalt zu sorgen. Deshalb kommt auch eine Anwendung von § 1578b Entwurf in Betracht.

Hat eine Ehe nur wenige Jahre gedauert, ist zuerst § 1579 Nr. 1 BGB zu prüfen. Während die Dauer der Ehe bei der Prüfung von § 1578b Entwurf nur aufgegriffen wird, weil eine kurze Ehe darauf hindeutet, dass die Ehegatten durch die Ehe keine Nachteile haben hinnehmen müssen ist bei § 1579 Nr. 1 BGB die Ehe von kurzer Dauer das entscheidende Tatbestandsmerkmal. Liegt eine kurze Ehe im Sinn des § 1579 Nr. 1 BGB vor, verengt sich der Entscheidungsspielraum des Gerichts. Die Versagung, Herabsetzung oder zeitliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs hängt dann nur noch von der in § 1579 Halbsatz 1 BGB vorgesehenen Billigkeitsprüfung ab, die vor allem der Wahrung der Belange gemeinschaftlicher Kinder dient (vgl. BVerfGE 80, 286). An diese Prüfung waren schon bislang keine allzu hohen Anforderungen zu stellen (vgl. BGH, FamRZ 1989, 483 486). Liegt dagegen kein Fall des § 1579 Nr. 1 BGB vor, gilt § 1587b Entwurf mit der Folge, dass beispielsweise bei einer vierjährigen Ehe eine Beschränkung eher in Betracht kommen kann als bei einer 10- oder 15-jährigen Ehe.

Einfügung eines neuen Härtegrunds Mit § 1579 Nr. 2 Entwurf wird der in der Praxis bedeutsamste Härtegrund, das dauerhafte Zusammenleben des Unterhaltsberechtigten mit einem neuen Partner, als eigenständiger Ausschlusstatbestand normiert. Die neue Vorschrift erfasst viele derjenigen Fälle, die von den Gerichten bislang über den bisherigen § 1579 Nr. 7 BGB gelöst wurden und die Anlass zur Herausbildung einer überaus reichen, nur schwer überschaubaren Kasuistik gegeben haben. Verbleibende, von der Neuregelung nicht erfasste Fallgruppen sind wie bisher zu lösen die Neuregelung bringt insoweit keine Änderungen. Gleichwohl wird der bisherige § 1579 Nr. 7 BGB dadurch nicht unerheblich "entlastet" und kann seiner ursprünglichen Funktion besser gerecht werden, Auffangtatbestand für alle sonstigen, nicht benannten Fälle zu sein, in denen eine unbeschränkte Unterhaltsverpflichtung grob unbillig wäre.

Mit dem neuen Härtegrund wird kein vorwerfbares Fehlverhalten des Unterhaltsberechtigten sanktioniert sondern es wird eine rein objektive Gegebenheit bzw. eine Veränderung in den Lebensverhältnissen des bedürftigen Ehegatten erfasst, die eine dauerhafte Unterhaltsleistung unzumutbar erscheinen lässt.

Dabei gibt das Gesetz keine Definition vor, ab wann eine verfestigte Lebensgemeinschaft anzunehmen ist. Aufgrund der Vielfalt der denkbaren Lebenssachverhalte hat allein das mit dem konkreten Fall befasste Gericht zu entscheiden, ob im Einzelfall eine verfestigte Lebensgemeinschaft vorliegt. Dies wird entsprechend der bisherigen, hierzu ergangenen Rechtsprechung (vgl. nur Schwab-Borth, Handbuch des Scheidungsrechts 5. Aufl. 2004, Rn. IV 496 ff.) insbesondere dann bejaht werden können, wenn objektive, nach außen tretende Umstände wie etwa ein über einen längeren Zeitraum hinweg geführter gemeinsamer Haushalt, das Erscheinungsbild in der Öffentlichkeit, größere gemeinsame Investitionen wie der Erwerb eines gemeinsamen Familienheims oder die Dauer der Verbindung den Schluss auf eine verfestigte Lebensgemeinschaft nahelegen. Kriterien wie die Leistungsfähigkeit des neuen Partners, die Aufnahme von intimen Beziehungen oder die Frage, ob die Partner der neuen Lebensgemeinschaft eine Ehe bzw. eine Lebenspartnerschaft eingehen könnten, spielen grundsätzlich keine Rolle, da der neu geschaffene Härtegrund nicht zu einer Kontrolle der Lebensführung des geschiedenen Ehegatten führen darf. Entscheidender Umstand ist vielmehr allein, dass der geschiedene Ehegatte, der eine neue Lebensgemeinschaft eingegangen ist, die sich verfestigt hat sich damit endgültig aus der nachehelichen Solidarität herauslöst und zu erkennen gibt, dass er diese nicht mehr benötigt. Dies ist auch der Grund dafür, die "verfestigte Lebensgemeinschaft" als Anwendungsfall der Unbilligkeit nach § 1579 BGB zu begreifen und nicht als Fall der bloßen Bedarfsdeckung im Sinne von § 1577 Abs. 1 BGB.

Die Belange eines gemeinschaftlichen Kindes, das von dem geschiedenen, in einer verfestigten Lebensgemeinschaft lebenden Ehegatten betreut wird, sind durch die "Kinderschutzklausel" im Einleitungssatz des § 1579 BGB zu wahren. Im Einzelfall ist zu prüfen, inwieweit der eheangemessene Unterhalt auf das zur Kindesbetreuung erforderliche Maß reduziert werden kann oder inwieweit der betreuende Elternteil - beispielsweise nach dem dritten Lebensjahr des Kindes - durch eine Teilzeiterwerbstätigkeit zum eigenen Unterhalt beitragen kann.

Änderung der Nummerierung Die Einfügung des neuen Härtegrundes gemäß § 1579 Nr. 2 Entwurf macht es erforderlich, die Nummerierung zu ändern. Da der in Nr. 2 geschilderte Härtegrund nicht an ein Fehlverhalten, sondern an eine rein objektive Veränderung in den Lebensverhältnissen des Unterhaltsberechtigten anknüpft war die neue Fallgruppe nicht an das Ende der Vorschrift anzufügen.

Es ist vielmehr sachgerecht, den Fall im räumlichen Zusammenhang mit der "Kurzehe" nach § 1579 Nr. 1 BGB zu regeln, dem anderen Härtegrund mit rein objektivem Anknüpfungspunkt.

Zu Nr. 11 (Neufassung von § 1582 BGB)

Die Änderungen betreffen die Überschrift der Vorschrift und den Text der Bestimmung.

Durch die Neufassung wird die Überschrift präziser gefasst. Gleichzeitig wird die Wortwahl an den an anderen Stellen des BGB üblichen Gebrauch angeglichen.

Die Neufassung führt zu einer deutlichen Kürzung der Vorschrift. Anstelle der bisherigen komplexen Regelung der unterhaltsrechtlichen Rangfolge, bei der es zur Klärung des unterhaltsrechtlichen Rangverhältnisses zwischen verschiedenen Unterhaltsberechtigten vielfach erforderlich war, mehrere, teilweise komplizierte Vorschriften parallel zu betrachten, tritt eine klare Gesamtkonzeption, bei der sich die Rangfolge zwischen allen Unterhaltsberechtigten aus einer einzigen, übersichtlich gefassten Vorschrift ergibt, dem neugefassten § 1609 Entwurf.

Sonderregelungen zur Rangfolge der Unterhaltsberechtigung in einzelnen Unterhaltsverhältnissen, wie demjenigen zwischen geschiedenen Ehegatten, zwischen dem Vater und der Mutter des außerhalb einer bestehenden Ehe geborenen Kindes wegen des Betreuungsunterhalts oder zwischen Lebenspartnern nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz, erübrigen sich. Mit der Neufassung genügt jeweils eine einfache Verweisung auf die zentrale Regelung der Rangfolge, die für alle Unterhaltsverhältnisse gilt.

Zu Nr. 12 (Neufassung von § 1585b Abs. 2 BGB)

§ 1585b Abs. 2 BGB wird neu gefasst: Die Regelung des nachehelichen Unterhalts für die Vergangenheit (§ 1585b Abs. 2 BGB) weicht seit dem 1. Juli 1998, dem Tag des Inkrafttretens des Kindesunterhaltsgesetzes vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666), von den entsprechenden Vorschriften für den Trennungsunterhalt (§§ 1361 Abs. 4 Satz 4, 1360a Abs. 3, 1613 Abs. 1 BGB) und für den Verwandtenunterhalt (§ 1613 Abs. 1 BGB) ab. Grund hierfür ist dass § 1613 BGB durch das Kindesunterhaltsgesetz neu gefasst wurde. Da die Verweisung in § 1360a Abs. 3 BGB und der Text von § 1585b Abs. 2 BGB, der vor der Neufassung im Wesentlichen demjenigen in § 1613 Abs. 1 BGB a. F. entsprach, unverändert geblieben sind kam es zu den derzeit bestehenden, allerdings geringfügigen Unterschieden bei der Behandlung des Unterhalts für die Vergangenheit.

Die unterschiedliche Fassung wird seit längerem kritisiert (vgl. Gerhardt, FuR 2005, 529 537; Gerhardt, FuR 1998, 97 101; Handbuch Fachanwalt Familienrecht - Gerhardt 5. Aufl. 2005, 6. Kap. Rn. 533). Ein Grund, die Voraussetzungen für die Geltendmachung von Unterhalt für die Vergangenheit in § 1585b Abs. 2 BGB anders zu gestalten als in § 1613 Abs. 1 BGB, ist nicht ersichtlich. Deshalb verweist § 1585b Abs. 2 BGB in der Neufassung auf § 1613 Abs. 1 BGB. Die Voraussetzungen, nach denen Unterhalt für die Vergangenheit gefordert werden kann, werden damit vereinheitlicht und das Unterhaltsrecht vereinfacht.

Zu Nr. 13 (Änderung von § 1585c BGB)

Mit der Änderung wird ein zweiter Satz angefügt. Danach bedürfen vor Rechtskraft der Ehescheidung getroffene Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt der notariellen Beurkundung (bzw. der Form eines gerichtlich protokollierten Vergleichs, § 127a BGB).

Im geltenden Recht ist die Formbedürftigkeit von Vereinbarungen über Scheidungsfolgen uneinheitlich geregelt: Im Gegensatz zu Vereinbarungen über den Versorgungsausgleich (§§ 1408 Abs. 2, 1587o Abs. 2 BGB) oder zu güterrechtlichen Vereinbarungen (§§ 1410, 1378 Abs. 3 BGB), die der notariellen Beurkundung bedürfen, können Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt auch privatschriftlich oder sogar mündlich geschlossen werden.

Dies, obwohl die Absicherung des laufenden Unterhalts für den Berechtigten in der Regel von weitaus existentiellerer Bedeutung ist als etwa Zugewinn und Güterrecht oder der spätere Versorgungsausgleich. Die Annahme, das Wesen des Unterhalts sei jedem von sich aus verständlich so dass es der Anordnung eines Formzwangs nicht bedürfe, erweist sich in der Praxis häufig als unzutreffend. Denn immer wieder werden weitreichende Unterhaltsregelungen in Unkenntnis ihrer Tragweite getroffen, ohne dass sachkundiger Rat eingeholt wird.

Deshalb soll künftig die notarielle Beurkundung Wirksamkeitserfordernis für Vereinbarungen über den nachehelichen Unterhalt sein. Zweck der Form ist es, durch die Mitwirkung eines Notars die fachkundige und unabhängige Beratung der vertragsschließenden Parteien sicherzustellen, um die Vertragspartner vor übereilten Erklärungen zu bewahren und ihnen die rechtliche Tragweite ihrer Vereinbarungen vor Augen zu führen.

Die Frage, welche inhaltlichen Grenzen Unterhaltsvereinbarungen gezogen sind, ist vom Bundesgerichtshof in seiner Entscheidung vom 11. Februar 2004 (BGHZ 158, 81 ff.) unter Heranziehung allgemeiner zivilrechtlicher Grundsätze treffend beantwortet worden. Ob die dort dargelegten Voraussetzungen vorliegen, ist vom Gericht jeweils anhand des konkreten Einzelfalles zu entscheiden.

Die Neuregelung führt den Formzwang nicht für jede nacheheliche Unterhaltsvereinbarung ein sondern nur für solche, die vor Rechtskraft des Scheidungsurteils abgeschlossen werden.

Eine besondere Schutzbedürftigkeit des Ehegatten, der sich in der schwächeren Verhandlungsposition befindet wird in aller Regel nur im Zeitraum bis zur Rechtskraft des Scheidungsurteils bestehen. Auch soll eine spätere, im Verlauf des Unterhaltsverhältnisses eventuell erforderlich werdende Anpassung der Vereinbarung an geänderte Umstände nicht durch Einführung eines Formzwangs unnötig erschwert werden.

Zu Nr. 14 (Aufhebung von § 1586a Abs. 1 Satz 2 BGB)

Durch die Bestimmung werden die durch § 1586a Abs. 1 Satz 2 BGB gewährten, praktisch nur selten geltend gemachten (vgl. Johannsen/Henrich-Büttner, Eherecht 4. Aufl. 2003, § 1586a Rn. 1; Erman-Graba, BGB 11. Aufl. 2004, § 1586a Rn. 1) Betreuungsanschlussunterhaltsansprüche gegen einen früheren Ehegatten nach Scheidung einer weiteren Ehe des unterhaltsbedürftigen Ehegatten ersatzlos gestrichen. Im Gegensatz zu dem aus Gründen des Kindeswohls gebotenen Betreuungsunterhaltsanspruch gegen den früheren Ehegatten nach § 1586a Abs. 1 Satz 1 BGB fehlt es für den Anschlussunterhalt an einer inneren Rechtfertigung:

Der unterhaltsbedüftige Ehegatte löst sich mit der Eingehung einer neuen Ehe endgültig von der aus der früheren, geschiedenen Ehe abgeleiteten nachehelichen Solidarität; der Grundsatz der Eigenverantwortung des geschiedenen Ehegatten steht dem Wiederaufleben von Anschlussunterhaltsansprüchen entgegen.

Zu Nr. 15 (Neufassung von § 1604 BGB)

Bei der Änderung handelt es sich lediglich um eine Anpassung des Unterhaltsrechts an das Lebenspartnerschaftsgesetz (LPartG) in der Fassung des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3396). Die durch § 6 LPartG in der Fassung dieses Gesetzes geschaffene Möglichkeit, dass Lebenspartner durch Lebenspartnerschaftsvertrag Gütergemeinschaft vereinbaren können, wird auch im Unterhaltsrecht nachvollzogen. Der Text der Bestimmung wird dabei zugleich redaktionell überarbeitet und verständlicher gefasst.

Zu Nr. 16 (Neufassung von § 1609 BGB)

Die bisherige Bestimmung wird durch eine vollständige Neuregelung ersetzt. Die unterhaltsrechtlichen Rangverhältnisse werden zentral an einer Stelle geregelt; der Rang, der den einzelnen Unterhaltsansprüchen zukommt, ergibt sich aus einer klaren, übersichtlichen Aufreihung.

Grundgedanken der Regelung § 1609 BGB regelt den Fall, dass mehrere Unterhaltsberechtigte vom Pflichtigen zu unterhalten sind. Relevanz erlangt die Bestimmung nur dann, wenn der Unterhaltspflichtige nicht in ausreichendem Maß leistungsfähig ist, um die Unterhaltsansprüche aller Berechtigten zu erfüllen ohne seinen eigenen Unterhalt zu gefährden. Derartige Mangelfälle sind in der Praxis häufig so dass gerade hier dem zu verzeichnenden Wertewandel Rechnung getragen werden muss. Die Ursache für die Entstehung von Mangellagen ist vielfach, dass nach einer Ehescheidung wieder geheiratet und eine neue Familie gegründet wird. Weiter hat der Unterhaltspflichtige durch die steuerlichen Nachteile des Getrenntlebens bzw. der Scheidung etwa in Bezug auf die Steuerklassenwahl häufig deutlich spürbare Einkommenseinbußen hinzunehmen. Allgemein bekannt ist schließlich, dass die Kosten von zwei Haushalten höher sind als diejenigen eines einzelnen Haushalts. Deshalb sieht das Gesetz einen gestaffelten Schutz der verschiedenen Unterhaltsberechtigten vor, bei dem der vorrangig Berechtigte Unterhaltsansprüche eines nachrangig Berechtigten verdrängt.

Die Neuregelung tritt an die Stelle der bisherigen, äußerst komplizierten, über mehrere Bestimmungen (§§ 1582 Abs. 1, 1609, 1615l Abs. 3 BGB, § 16 Abs. 2 LPartG bisheriger Fassung) verteilten und nur schwer durchdringbaren Normierung des unterhaltsrechtlichen Rangs. Sie schafft eine einheitliche, übersichtliche, klare und vor allem gerechte Regelung der Rangfolge zwischen mehreren Unterhaltsberechtigten.

Kernpunkt der Neuregelung ist, dass der Unterhalt minderjähriger unverheirateter Kinder und privilegierter volljähriger Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB) künftig Vorrang vor allen anderen Unterhaltsansprüchen hat. Der absolute Vorrang des Kindesunterhalts dient der Förderung des Kindeswohls, da damit die materiellen Grundlagen für Pflege und Erziehung von Kindern gesichert werden. Der unterhaltsrechtliche Vorrang wird damit zum Komplementärstück zur gesteigerten Unterhaltsobliegenheit der Eltern gegenüber ihren minderjährigen unverheirateten und diesen gleichgestellten Kindern (§ 1603 Abs. 2 BGB).

Mit der Einräumung des Vorrangs des Kindesunterhalts wird nicht nur der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 28. Juni 2000 (Bundestagsdrucksache 014/3781, 3) entsprochen; der Gesetzgeber folgt damit auch den wiederholt vorgetragenen Empfehlungen des Deutschen Familiengerichtstages (vgl. zuletzt AK 1 u. a. des 15. DFGT 2003, Brühler Schriften zum Familienrecht Bd. 13 2004, 75) und der unterhaltsrechtlichen Praxis (vgl. etwa Luthin, FPR 2004, 567 572; Scholz, FamRZ 2004, 751 761 f.; Peschel-Gutzeit, FPR 2002, 169 ff.; Puls, FamRZ 1998, 865 875).

Die innere Rechtfertigung des Vorrangs ergibt sich aus der Überlegung, dass Kinder die wirtschaftlich schwächsten Mitglieder der Gesellschaft sind und sie im Gegensatz zu anderen Unterhaltsberechtigten ihre wirtschaftliche Lage nicht aus eigener Kraft verändern können.

Dagegen haben die künftig nachrangigen Unterhaltsberechtigten wenigstens potenziell die Möglichkeit, für ihren Lebensunterhalt selbst zu sorgen. Diese Überlegung deckt sich mit der empirisch belegten Erkenntnis, dass die Bereitschaft Unterhaltspflichtiger, Kindesunterhalt zu leisten, signifikant höher ist als die Zahlungswilligkeit beispielsweise in Bezug auf Ehegattenunterhalt, zumal die Notwendigkeit der Leistung von Kindesunterhalt unmittelbar einsichtig ist (vgl. Andreß/Borgloh/Güllner/Wilking, Wenn aus Liebe rote Zahlen werden -

Über die wirtschaftlichen Folgen von Trennung und Scheidung 2003; Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend Hrsg., Unterhaltszahlungen für minderjährige Kinder in Deutschland 2002). Der Entwurf bedeutet eine Abkehr vom "Gießkannenprinzip", zu dem es nach geltendem Recht in einem Mangelfall kommt, weil durch die verhältnismäßige Kürzung aller erstrangigen Unterhaltsansprüche die ausgeurteilten Unterhaltszahlbeträge vielfach so gering sind, dass davon weder die Kinder noch der gleichrangige Ehegatte leben können.

Der Gedanke des Kindeswohls rechtfertigt es weiter, die Unterhaltsansprüche von Eltern wegen der Betreuung von Kindern im Rang unmittelbar hinter denjenigen der Kinder einzustellen.

Die Neuregelung differenziert dabei nicht mehr danach, ob der betreuende, unterhaltsbedürftige Elternteil mit dem anderen, unterhaltspflichtigen Elternteil verheiratet ist oder nicht. Durch den Verzicht hierauf wird einem Gerechtigkeitsdefizit des geltenden Rechts begegnet.

Künftig spielt es beim Rang keine Rolle mehr, ob der Betreuungsunterhaltsanspruch aus der Ehe der Kindeseltern hergeleitet wird oder ob es sich um den Anspruch auf Betreuungsunterhalt eines nicht verheirateten Elternteils gemäß § 1615l Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB handelt. Denn der Personenstand ist, soweit es lediglich um die rangmäßige Einordnung des Unterhaltsanspruchs nicht verheirateter Elternteile im Verhältnis zu anderen Unterhaltsansprüchen geht kein taugliches Differenzierungskriterium. Sachliche Rechtfertigung für die Zuerkennung der Rangposition ist vielmehr allein die Tatsache der Kindesbetreuung. Da die Ausgangslage bei getrennt lebenden bzw. geschiedenen Berechtigten und bei nicht verheirateten Berechtigten insoweit identisch ist, ist es gerechtfertigt, die entsprechenden Ansprüche auf Betreuungsunterhalt rangmäßig gleich zu behandeln. Andere, zwischen ihnen bestehende Unterschiede werden hinreichend berücksichtigt durch die schwächere Ausgestaltung des Betreuungsunterhalts nach § 1615l Abs. 2 BGB.

Weiter modifiziert die Neuregelung die bisherige Privilegierung des Unterhaltsanspruchs des ersten Ehegatten gegenüber demjenigen des zweiten Ehegatten. Künftig zählt nicht mehr die zeitliche Priorität der Eheschließung, sondern allein die Schutzbedürftigkeit des Berechtigten.

Besonders schutzbedürftig sind Berechtigte, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsbedürftig sind oder die wegen der langen Dauer der Ehe einen besonderen Vertrauensschutz beanspruchen können. Dagegen hat der Unterhaltsberechtigte bei einer kürzeren Ehedauer sein Leben noch nicht in derselben Weise auf die Ehe eingestellt wie dies bei längerer Ehedauer der Fall ist.

Soweit sich sowohl der erste als auch der spätere Ehegatte auf Kindesbetreuung oder Vertrauensschutzgesichtspunkte berufen kann, besteht zwischen ihren jeweiligen Unterhaltsansprüchen - im Gegensatz zur heutigen Rechtslage - Gleichrang. Damit wird zugleich der diesbezügliche Widerspruch des geltenden Rechts aufgehoben. Denn nach § 1609 Abs. 2 Satz 1 BGB in der Auslegung, die die Bestimmung durch den Bundesgerichtshof (vgl. BGHZ 104, 158) und der ihm folgenden, einhelligen instanzgerichtlichen Rechtsprechung erfahren hat, gilt der gesetzlich normierte Gleichrang zwischen Ehegatten und Kindern dann, wenn sowohl der erste, geschiedene Ehegatte als auch der zweite Ehegatte minderjährige Kinder betreut, nur für den geschiedenen Ehegatten; die Unterhaltsansprüche des zweiten Ehegatten treten hinter denjenigen der eigenen Kinder und denen der Kinder aus der ersten Ehe zurück. Diese Privilegierung des ersten Ehegatten ist heute nicht mehr zu rechtfertigen; sie belastet ohne einleuchtenden Grund die Kinder aus der "Zweitfamilie" und wird deshalb beendet. Künftig gilt damit auch im Fall der Konkurrenz zwischen mehreren Ehegatten das gleiche, was bereits heute bei der Konkurrenz mehrerer Kinder gilt: Bei gleichbleibendem Einkommen des Pflichtigen müssen Kinder nämlich schon jetzt eine Schmälerung des auf sie entfallenden Unterhaltsanteils hinnehmen, sobald weitere unterhaltsberechtigte Kinder hinzukommen. Für den geschiedenen Ehegatten gilt künftig Entsprechendes; auch er hat keinen "Vertrauensschutz" dahingehend, dass sich durch Wiederheirat und Gründung einer Zweitfamilie der Kreis der unterhaltsberechtigten Personen nicht vergrößert und seine Unterhaltsquote nicht gekürzt wird.

Auf der Grundlage der bisherigen Rangfolge hat die Rechtsprechung Methoden zur Berechnung von Unterhaltsansprüchen im Mangelfall entwickelt (vgl. etwa Handbuch Fachanwalt

Familienrecht - Gerhardt 5. Aufl. 2005, 6. Kap. Rn. 498 ff.). Auch auf der Basis der neuen Rangordnung gilt es, in besonderem Maße auf den Rechenweg Bedacht zu nehmen, um in Mangelfällen und hier insbesondere im Verhältnis vorrangiger Kinder zu nachrangigen Unterhaltsberechtigten, etwa dem betreuenden Elternteil, oder im Verhältnis von Erst- und Zweitfamilien zu gerechten Ergebnissen zu gelangen. Die unter der Geltung des alten Rechts entwickelten Methoden können hierbei, unter Berücksichtigung der Maßgaben und Ziele der Neuregelung, entsprechend genutzt und fortentwickelt werden. Danach kann, soweit es etwa um die Verteilung des Resteinkommens zwischen Erst- und Zweitfamilie geht, besonders geprüft werden, ob nicht die Selbstbehaltssätze des Pflichtigen zu reduzieren sind um der Erstfamilie auch im Vergleich zur Zweitfamilie ein angemessenes Auskommen zu sichern. Weiter ist auch, wie schon bisher, das rechnerische Gesamtergebnis im Wege einer "Gesamtschau" daraufhin zu überprüfen, ob im konkreten Einzelfall die Aufteilung des verfügbaren Einkommens auf die minderjährigen Kinder und den oder die unterhaltsberechtigten Ehegatten insgesamt billig und angemessen ist (vgl. BGH, FamRZ 1997, 806 811; BGH, FamRZ 2005, 347 351). Korrekturbedürftig kann eine Mangelfallberechnung insbesondere dann sein, wenn nach ihrem Gesamtergebnis die Erstfamilie (zusätzlich) auf Sozialleistungen angewiesen ist, während die nach der Scheidung gegründete zweite Familie auch unter Berücksichtigung des Selbstbehalts des Unterhaltspflichtigen und des Vorteils aus einem eventuellem Ehegattensplitting einer neuen Ehe im konkreten Vergleich ein gutes Auskommen hat.

Die Neuregelung bietet erhebliche Vorteile, da sie zu einer deutlichen Vereinfachung des Unterhaltsrechts führen wird. Die Zahl der Fälle, in denen komplizierte, zeitaufwändige und fehleranfällige Mangelfallberechnungen anzustellen sind, wird sich voraussichtlich wesentlich reduzieren. Dadurch werden die Gerichte, aber auch die Jugendämter in ihrer Funktion als Unterhaltsbeistand (§ 1712 Abs. 1 Nr. 2 BGB), entlastet. Gleichzeitig wird damit das Unterhaltsrecht für den rechtsuchenden Bürger transparenter, weil an die Stelle undurchsichtiger, mehrstufiger Mangelfallberechnungen klare und besser nachvollziehbare Entscheidungen treten werden.

Der Entwurf beachtet trotz der geänderten Rangfolge die Lebensleistung erziehender Elternteile:

Ehegatten, die das traditionelle Modell der "Einverdienerehe" viele Jahre gelebt haben, werden umfassend geschützt. Denn der Unterhaltsanspruch des langjährigen Ehegatten ist rangmäßig dem Unterhaltsanspruch eines betreuenden Elternteils gleichgestellt.

Die Änderung der Rangfolge bezieht sich nur auf die in § 1609 Nr. 1 bis 3 des Entwurfs aufgeführten Unterhaltsberechtigten. Die in § 1609 Nr. 4 bis 7 des Entwurfs geregelte weitere Rangfolge entspricht dem bisherigen Recht.

Im Einzelnen § 1609 Nr. 1 des Entwurfs umfasst alle Kinder, also sowohl leibliche als auch adoptierte (§ 1754 Abs. 1, 2 BGB), inner- oder außerhalb einer bestehenden Ehe geborene Kinder und unterscheidet auch nicht danach, ob das unterhaltsbedürftige Kind aus der ersten oder einer weiteren Ehe des Unterhaltspflichtigen stammt. Erfasst werden minderjährige unverheiratete Kinder sowie volljährige, privilegierte Kinder (§ 1603 Abs. 2 Satz 2 BGB).

Elternteile im Sinne von § 1609 Nr. 2 des Entwurfs, die wegen der Betreuung eines Kindes unterhaltsberechtigt sind oder im Fall einer Scheidung wären, meint neben Elternteilen, die in einer bestehenden Ehe leben und wegen der Betreuung von Kindern Familienunterhalt beziehen, auch getrennt lebende und geschiedene Eltern. Weiter erfasst § 1609 Nr. 2 Entwurf auch die Ansprüche der nicht verheirateten Mutter nach § 1615l Abs. 1 und 2 BGB bzw. des nicht verheirateten Vaters (§ 1615l Abs. 4 BGB). Mit der Einführung der Stiefkindadoption durch Lebenspartner ( § 9 Abs. 7 LPartG idF. des Gesetzes zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004, BGBl. I S. 3396) gehören hierzu auch Unterhaltsansprüche von Lebenspartnern im Sinne des LPartG, die ein Adoptivkind betreuen. Der Familienunterhalt fällt in den zweiten Rang, soweit dadurch ein aus Anlass der Betreuung von Kindern entstandener Unterhaltsbedarf gedeckt wird.

Von § 1609 Nr. 2 des Entwurfs werden weiter die Unterhaltsansprüche von Ehegatten bei Ehen von langer Dauer erfasst. Das Gesetz verzichtet bewusst auf zeitliche Vorgaben, wann von einer langen Ehedauer im Sinne von § 1609 Nr. 2, 2. Alt. des Entwurfs auszugehen ist.

Die Zeitspanne kann nicht absolut und für alle Fälle gleich gefasst werden. Ihre Bestimmung ist vielmehr immer ein Akt wertender Erkenntnis, der anhand aller Umstände des Einzelfalles vom Gericht zu treffen ist. Ausgangspunkt ist dabei der Zweck der Regelung, Vertrauensschutz zu gewährleisten. Kriterien, die dabei herangezogen werden können, können neben der absoluten zeitlichen Dauer der Ehe auch das Lebensalter der Parteien im Zeitpunkt der Scheidung sein oder ob sie in jungen Jahren bzw. erst im Alter geheiratet haben. Weitere wichtige Kriterien sind die Dauer der Pflege und Erziehung eines gemeinschaftlichen Kindes sowie das Ausmaß gegenseitiger wirtschaftlicher Verflechtungen und Abhängigkeiten wegen der Ausrichtung auf ein gemeinsames Lebensziel. In bestimmten Konstellationen kann es auch angezeigt sein, die Art der konkurrierenden Unterhaltsverhältnisse zu berücksichtigen, etwa wenn der Anspruch der Ehefrau auf Familienunterhalt oder der Anspruch der geschiedenen, alleinerziehenden Mutter auf Anschlussunterhalt auf denjenigen der nicht verheirateten Mutter auf Betreuungsunterhalt nach § 1615l Abs. 2 BGB trifft.

In § 1609 Nr. 3 des Entwurfs finden sich die Ansprüche von Ehegatten bzw. geschiedenen Ehegatten, die von der vorangehenden Rangklasse nicht erfasst werden.

§ 1609 Nr. 4 des Entwurfs regelt den unterhaltsrechtlichen Rang von Kindern, die nicht unter § 1609 Nr. 1 Entwurf fallen, also denjenigen von volljährigen, nicht privilegierten Kindern. In der Sache handelt es sich zumeist um volljährige Kinder, die sich in der Berufsausbildung befinden oder ein Studium absolvieren. Die Rangfolge nach § 1609 Nr. 4 Entwurf entspricht derjenigen des bisherigen Rechts; der Unterhaltsanspruch bleibt gegenüber demjenigen minderjähriger Kinder, privilegierter volljähriger Kinder sowie dem eines Ehegatten und eines unverheirateten Elternteils gemäß § 1615l BGB nachrangig. Anders etwa als bei einem kinderbetreuenden Elternteil oder einem aufgrund Alters oder Krankheit unterhaltsbedürftigen Ehegatten ist es volljährigen, nicht privilegierten Kindern eher zuzumuten, für den eigenen Lebensbedarf zu sorgen.

Denn sie werden regelmäßig eine Ausbildungsvergütung beziehen, oder es besteht ein Anspruch auf staatliche Ausbildungsförderung. Die Ausbildungsförderung wird dabei auch dann geleistet wenn der Auszubildende glaubhaft macht, dass seine Eltern keinen oder einen zu geringen Unterhalt leisten und deshalb die Ausbildung unter Berücksichtigung des Einkommens eines eventuellen Ehegatten des Auszubildenden gefährdet ist (Vorausleistung von Ausbildungsförderung, § 36 BAföG).

Nach § 1609 Nr. 5 des Entwurfs sind Unterhaltsansprüche von Enkelkindern gleichrangig mit denen weiterer Abkömmlinge.

Die Unterhaltsansprüche von Eltern werden aufgrund der praktischen Bedeutung unter einer eigenen Nummer aufgeführt (§ 1609 Nr. 6 Entwurf) und nicht zusammen mit den Ansprüchen weiterer Verwandter der aufsteigenden Linie genannt.

Zwischen den Unterhaltsansprüchen von weiteren Verwandten der aufsteigenden Linie nach § 1609 Nr. 7 des Entwurfs besteht kein Gleichrang, sondern es ist - wie schon bislang ( § 1609 Abs. 1 BGB) - ausdrücklich bestimmt, dass die Ansprüche der näheren Verwandten denjenigen von entfernteren vorgehen.

Zu Nr. 17 (Änderung von § 1612 BGB)

Der Entwurf sieht eine Änderung bei § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB vor. Außerdem wird § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB aufgehoben, in dem bislang das familiengerichtliche Verfahren zur Änderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung geregelt ist.

§ 1612 BGB regelt in Absatz 1 die Art der Unterhaltsgewährung und in Absatz 2 das Unterhaltsbestimmungsrecht der Eltern: Absatz 1 enthält die Grundregel, wonach der Unterhalt, abgesehen von der Pflege und Erziehung des minderjährigen unverheirateten Kindes seitens der Eltern (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB), durch Entrichtung einer Geldrente zu gewähren ist. In § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB findet sich die Ausnahme zum Geldunterhalt, das "Schuldnerprivileg", demzufolge der Schuldner verlangen kann, dass ihm die Gewährung des Unterhalts in anderer Art gestattet wird. Absatz 2 der Vorschrift enthält eine Sonderregel in Bezug auf die Unterhaltspflicht von Eltern gegenüber unverheirateten Kindern; gemäß § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB können sie bestimmen, in welcher Art und Weise und für welche Zeit im Voraus der Unterhalt gewährt werden soll, wobei auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht zu nehmen ist.

Nach dem bisherigen § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB kann auf Antrag des Kindes das Familiengericht die Bestimmung der Eltern über die Unterhaltsart aus besonderen Gründen ändern.

Das elterliche Unterhaltsbestimmungsrecht ist praktisch hauptsächlich gegenüber dem volljährigen Kind von Bedeutung: Die Bestimmung dient in Anbetracht längerer Ausbildungszeiten und zunehmender -kosten in erster Linie dem Schutz der Eltern vor einer wirtschaftlichen Überforderung mit hohen Barunterhaltsleistungen.

In der Gerichtspraxis haben sich bei der Anwendung der Vorschrift erhebliche Probleme ergeben, die auch durch die letzten Änderungen der Bestimmung durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942) und insbesondere das Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666) nicht vollständig behoben worden sind: Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist im Unterhaltsrechtsstreit das Prozessgericht an eine wirksame Bestimmung der Art der Unterhaltsgewährung gebunden, solange diese nicht gemäß dem bisherigen § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB durch Entscheidung des (damals: Vormundschafts-; heute: Familien-) Gerichts geändert worden ist (BGH, FamRZ 1984, 37 38). Das gerichtliche Abänderungsverfahren wird jedoch überwiegend noch als gesondertes Verfahren der freiwilligen Gerichtsbarkeit angesehen, in dem der Amtsermittlungsgrundsatz (§ 12 FGG) gilt und für das grundsätzlich der Rechtspfleger zuständig ist. Hinzu kommt, dass die örtliche Zuständigkeit des Abänderungsverfahrens (diese bestimmt sich nach dem Wohnsitz des Kindes, §§ 43, 36, 64 FGG) und des Unterhaltsprozesses (bei volljährigen Kindern in der Regel am Beklagtenwohnsitz) auseinanderfallen können (vgl. MünchKomm-Born, BGB 4. Aufl. 2002, § 1612 Rn. 89; Johannsen/Henrich-Graba, Eherecht, 4. Aufl. 2003, § 1612 Rn. 13; Bamberger/Roth-Reinken, BGB 2003, § 1612 Rn. 15, 20; Luthin-Schumacher, Handbuch des Unterhaltsrechts, 10. Aufl. 2004, Rn. 3096 ff.; AnwKomm-Saathoff, BGB 2005, § 1612 Rn. 12 f.; C. Schmidt, Das Unterhaltsbestimmungsrecht der Eltern gemäß § 1612 Abs. 2 BGB 2003, S. 78 ff.; a. A. Wendl/Staudigl-Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis, 6. Aufl. 2004, § 2 Rn. 41; Palandt-Diederichsen, BGB 65. Aufl. 2006, § 1612 Rn. 21). Im Unterhaltsverfahren kann es daher, wenn ein Elternteil sich auf das Unterhaltsbestimmungsrecht beruft zu Verzögerungen kommen. Die obergerichtliche Rechtsprechung ist sehr uneinheitlich. Teilweise wird angenommen, dass die Unterhaltsbestimmung vom Prozessgericht innerhalb des Unterhaltsverfahrens geändert werden könne (vgl. OLG Köln, FamRZ 2005, 116; OLG Dresden, FamRZ 2004, 209; KG, NJW 2003, 977; OLG Schleswig, FamRZ 2003, 48; OLG Frankfurt/M., FamRZ 2001, 116). Nach Auffassung anderer Obergerichte soll die Abänderung nur in einem gesonderten Verfahren erfolgen können (vgl. OLG Köln, FamRZ 2002, 51; KG, FamRZ 2000, 256; OLG Hamburg, FamRZ 2000, 246).

Der Entwurf schafft insoweit Klarheit. Mit der Aufhebung von § 1612 Abs. 2 Satz 2 BGB wird das Abänderungsverfahren als gesondertes Verfahren abgeschafft und eine einheitliche Entscheidung des Familiengerichts ermöglicht. Künftig kann das Kind, das die elterliche Unterhaltsbestimmung nicht hinnehmen will, im Unterhaltsprozess den entsprechenden Einwand geltend machen. Das bisherige gesonderte Abänderungsverfahren erübrigt sich damit. Zukünftig wird vielmehr innerhalb des Unterhaltsprozesses geklärt, ob die elterliche Unterhaltsbestimmung wirksam ist und das Gericht sie demzufolge seiner Entscheidung zugrunde zu legen hat. Ob die elterliche Unterhaltsbestimmung wirksam ist, hängt davon ab, ob dabei entsprechend § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen worden ist. Eine Korrektur des Änderungsmaßstabes ist damit nicht verbunden:

Die Erwägungen des bisherigen Satzes 2, also die "besonderen Gründe", bei deren Vorliegen die elterliche Bestimmung geändert werden konnte, sind künftig im Rahmen der Prüfung anzustellen ob auf die Belange des Kindes die gebotene Rücksicht genommen wurde.

Durch die Neufassung von § 1612 Abs. 2 Satz 1 BGB - das Ersetzen des Wörtchens "wobei" durch "sofern" - wird festgelegt, dass die Unterhaltsbestimmung nur wirksam ist, wenn die "gebotene Rücksicht" genommen wurde. Sofern die gebotene Rücksicht genommen wurde, ist die Bestimmung wirksam; andernfalls nicht. Kommt das Gericht zu dem Ergebnis, dass die Bestimmung nicht wirksam ist, verbleibt es bei dem Grundsatz nach § 1612 Abs. 1 Satz 1 BGB. Künftig ist die Überprüfung einer dem Barunterhaltsanspruch entgegenstehenden Unterhaltsbestimmung damit lediglich eine "Vorfrage", über die vom Prozessgericht im Rahmen des Unterhaltsverfahrens abschließend zu entscheiden ist.

Die neue Regelung führt zu einer erheblichen Straffung des Unterhaltsprozesses, da es nunmehr nicht mehr zu einer Verzögerung des Verfahrens kommen kann, um in einem gesonderten Verfahren eine Entscheidung zur Abänderung der Unterhaltsbestimmung einzuholen.

Die Abänderung der elterlichen Unterhaltsbestimmung wird damit künftig genauso behandelt wie die Einrede des Gestattungsanspruchs des Unterhaltspflichtigen nach § 1612 Abs. 1 Satz 2 BGB; in beiden Fällen ist hierüber im Unterhaltsverfahren zu entscheiden.

Zu Nr. 18 (Neufassung von § 1612a BGB)

Der bisherige § 1612a Abs. 1 BGB wird vollständig neu gefasst und definiert nun den Mindestunterhalt minderjähriger Kinder als Bezugsgröße für den Unterhalt. Die Absätze 2 und 3 werden neu gefasst, die Absätze 4 und 5 der Bestimmung werden aufgehoben.

Grundgedanken der Regelung Bis zu der am 1. Januar 2001 wirksam gewordenen Änderung von § 1612b Abs. 5 BGB durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I S. 1479) war unsicher, ob und ggf. in welcher Höhe beim Unterhaltsanspruch des minderjährigen Kindes von Gesetzes wegen ein Mindestbedarf vorgesehen ist. Mit der Novellierung von § 1612b Abs. 5 BGB, der bestimmt, dass die Anrechnung des Kindergelds auf den Unterhalt unterbleibt, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des jeweiligen Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung (Regelbetrag-Verordnung vom 6. April 1998, BGBl. I S. 666, 668 idF. der Verordnung vom 8. April 2005, BGBl. I S. 1055) zu leisten, hat sich das geändert. Seither ist der Mindestbedarf nach überwiegender Ansicht in § 1612b Abs. 5 BGB gesetzlich festgeschrieben; er beträgt 135 Prozent des jeweiligen Regelbetrages (vgl. MünchKomm-Born, BGB 4. Aufl. 2002, § 1612b Rn. 93 m.w.N.). Nach der Gesetzesbegründung war Bezugsgröße, auf die abgestellt worden war, das Existenzminimum nach dem Existenzminimumbericht der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache 014/3781, 8). Die Regelung wurde in § 1612b Abs. 5 BGB eingestellt um einen unzureichenden Barunterhalt mit Hilfe des Kindergelds auf das sächliche Existenzminimum aufzustocken: Der Barunterhaltspflichtige ist danach verpflichtet, den ihm zustehenden Kindergeldanteil solange dem Unterhalt des Kindes zuzuführen, bis Kindergeldanteil und Unterhalt das sächliche Existenzminimum des Kindes abdecken. Dahinter steht die - zutreffende - Wertung, dass das Kindergeld auch im Verhältnis der Beteiligten untereinander bis zur Sicherstellung des kindlichen Existenzminimums für das Kind zu verwenden ist.

Hieran knüpft die Neuregelung an; der Mindestbedarf soll nunmehr ausdrücklich gesetzlich festgeschrieben werden.

Die Neuregelung lässt den Grundsatz unberührt, dass der tatsächlich geschuldete Kindesunterhalt sich nach der individuellen Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen bemisst ( § 1603 BGB). Eine unzureichende Leistungsfähigkeit des Unterhaltspflichtigen findet daher unverändert bereits bei der Höhe des Unterhaltsanspruchs Berücksichtigung. Über den Selbstbehalt ist stets gewährleistet, dass dem Unterhaltspflichtigen das eigene Existenzminimum verbleibt. Von daher steht der Mindestunterhalt von vornherein unter dem Vorbehalt der Leistungsfähigkeit (vgl. Luthin-Schumacher, Handbuch des Unterhaltsrechts 10. Aufl. 2004, Rn. 3153; Wendl/Staudigl-Scholz, Das Unterhaltsrecht in der familienrichterlichen Praxis 6. Aufl. 2004, § 2 Rn. 206b). Die Neuregelung ändert hieran nichts.

Die dem § 1612a Abs. 1 BGB zugrundeliegende Verflechtung von Sozial-, Steuer- und Unterhaltsrecht hat das Bundesverfassungsgericht im Beschluss vom 9. April 2003 (BVerfGE 108, 52 ff.) als nicht hinreichend verständlich kritisiert: Das Rechtsstaatsprinzip des Art. 20 Abs. 3 GG gebiete es, dass der Gesetzgeber bei der von ihm gewählten Ausgestaltung eines Familienleistungsausgleichs Normen schaffe, die auch in ihrem Zusammenwirken dem Grundsatz der Normenklarheit entsprechen. Diesem Grundsatz werde die Regelung nur unzureichend gerecht. Der Normtext enthalte keine präzisen Vorgaben, anhand derer der Normadressat erkennen kann, wofür und in welcher Höhe ihm Sozialleistungen wieder entzogen werden.

Noch schwerer wiegt, dass § 1612b Abs. 5 BGB aufgrund seiner Konstruktion keinen geeigneten

Maßstab bietet, das Existenzminimum des Kindes dauerhaft zuverlässig abzubilden. Denn die Regelbeträge, an die angeknüpft wird, ändern sich entsprechend der Entwicklung des durchschnittlichen verfügbaren Arbeitsentgelts ( § 1612a Abs. 4 BGB bisheriger Fassung) und nicht nach dem existenzsichernden Bedarf eines Kindes. Diese Gefahr, die anlässlich der Novellierung von § 1612b Abs. 5 BGB bereits gesehen worden ist (vgl. Bundestagsdrucksache 014/3781, 8), hat sich inzwischen realisiert; der aus § 1612b Abs. 5 BGB abgeleitete Mindestbedarf übersteigt mittlerweile das steuerfrei zu stellende Existenzminimum eines Kindes nach dem Existenzminimumbericht deutlich.

Um diesen Bedenken Rechnung zu tragen, bedarf es einer völligen Neukonzeption der Vorschrift:

§ 1612a Abs. 1 Entwurf definiert den unterhaltsrechtlichen Mindest (Bar-) bedarf eines minderjährigen Kindes. Der Gesetzgeber kommt damit einem praktischen Bedürfnis und einer wiederholt vorgetragenen Forderung insbesondere des Deutschen Familiengerichtstages nach. Der Mindestunterhalt ist derjenige Barunterhaltsbetrag, auf den das minderjährige Kind grundsätzlich Anspruch hat und den der Unterhaltspflichtige grundsätzlich zu leisten verpflichtet ist.

Entscheidende Neuerung ist, dass die Bestimmung des Mindestunterhalts von der Anknüpfung an die Regelbetrag-Verordnung abgekoppelt wird. Damit wird der Kritik des Bundesverfassungsgerichts an der fehlenden Normenklarheit begegnet. Anknüpfungspunkt ist nunmehr das Steuerrecht und die dort enthaltene Bezugnahme auf den existenznotwendigen Bedarf von Kindern, der nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. November 1998 (BVerfGE 99, 216 ff.) von der Einkommensteuer verschont bleiben muss. Dieses Existenzminimum wird von der Bundesregierung alle zwei Jahre in einem Existenzminimumbericht auf der Grundlage der durchschnittlichen sozialhilferechtlichen Regelsätze der Bundesländer und statistischer Berechnungen der durchschnittlichen Aufwendungen für Wohn- und Heizkosten in den alten Bundesländern ermittelt (zuletzt Fünfter Existenzminimumbericht der Bundesregierung, Bundestagsdrucksache 15/2462) und bildet die Orientierungsgröße für die Höhe des einkommensteuerlichen sächlichen Existenzminimums. Auf dieser Grundlage gewährt das Steuerrecht in § 32 Abs. 6 Satz 1 des Einkommensteuergesetzes (EStG) den steuerpflichtigen Eltern einen entsprechenden Kinderfreibetrag (derzeit je 1.824 Euro). Dieser Kinderfreibetrag stellt sicher, dass einkommensteuerpflichtigen Eltern der zur Sicherung des sächlichen Existenzminimums eines Kindes erforderliche Teil ihres Einkommens steuerfrei verbleibt.

Für das Unterhaltsrecht bietet die Bezugnahme auf das Steuerrecht erhebliche Vorteile.

Denn der steuerrechtliche Kinderfreibetrag basiert unmittelbar auf dem Existenzminimumbericht, er gilt - anders als etwa die sozialhilferechtlichen Regelsätze - bundeseinheitlich, wird der Entwicklung der tatsächlichen Verhältnisse angepasst und nennt konkrete Zahlen, so dass die Berechnung für den Unterhaltspflichtigen und den -berechtigten unmittelbar einsichtig und nachvollziehbar ist. Die Einführung einer weiteren, rein unterhaltsrechtlichen Bezugsgröße zur Bestimmung des Mindestbedarfs erübrigt sich damit; komplizierte Verweisungen und Bezugnahmen entfallen. Mit der Bezugnahme auf den einkommensteuerlichen Kinderfreibetrag wird zugleich der Entschließung des Deutschen Bundestages vom 6. Juli 2000 (Bundestagsdrucksache 014/3781) Rechnung getragen, das Unterhaltsrecht mit dem Steuer- und Sozialrecht besser abzustimmen. Mit der Anknüpfung an das Steuerrecht und der dort verorteten Regelung des steuerlichen Existenzminimums wird der systematische Grundmangel der derzeitigen Regelung behoben.

Mit der Bezugnahme auf den Kinderfreibetrag wird die Regelbetrag-Verordnung entbehrlich.

Diese wird zusammen mit der Ermächtigungsgrundlage und den weiteren Regelungen im bisherigen § 1612a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4, 5 BGB aufgehoben.

Mit der Anknüpfung an den Kinderfreibetrag entfällt die in bestimmten Bereichen des Kindesunterhaltsrechts bislang übliche Differenzierung bei der Unterhaltshöhe danach, ob das unterhaltsbedürftige Kind in West- oder Ostdeutschland bzw. den östlichen Bezirken von Berlin lebt. Denn eine Differenzierung nach Ost-/Westwerten kennen weder die einkommensteuerrechtlichen Existenzminimumbeträge noch der Existenzminimumbericht der Bundesregierung.

Die bisherige gesetzliche Grundlage für diese Unterscheidung, Art. 5 § 1 Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666), wird zusammen mit der Regelbetrag-Verordnung aufgehoben. Für die Höhe des Unterhalts eines Kindes, das in den neuen Bundesländern oder den östlichen Bezirken von Berlin lebt, sind damit keine Sonderregelungen mehr zu beachten.

Im Einzelnen

§ 1612a Abs. 1 Satz 1 des Entwurfs erfüllt die gleiche Funktion wie schon bisher; der Mindestunterhalt bleibt auch weiterhin Rechengröße, der die Dynamisierung des Individualunterhalts minderjähriger Kinder ermöglicht und Anknüpfungspunkt für die Statthaftigkeit des vereinfachten Verfahrens zur Festsetzung des Unterhalts minderjähriger Kinder nach §§ 645 ff. der Zivilprozessordnung ist. An die Stelle des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung tritt lediglich als neue Bezugsgröße der Mindestunterhalt.

§ 1612a Abs. 1 Satz 2, 3 des Entwurfs definiert den gesetzlichen Mindestunterhalt. Bezugspunkt hierfür ist der einkommensteuerrechtliche Kinderfreibetrag nach § 32 Abs. 6 Satz 1 EStG, der gewährleistet, dass derjenige Betrag, der zur Sicherung des existenznotwendigen Bedarfs eines minderjährigen Kindes aufzubringen ist, von der Besteuerung verschont wird.

Der Kinderfreibetrag kommt steuerrechtlich jedem einzelnen einkommensteuerpflichtigen Elternteil zu. Deshalb hat der Steuergesetzgeber den Betrag, der im Existenzminimumbericht als sächliches Existenzminimum von Kindern ausgewiesen ist, halbiert; die Summe der beiden Elternteilen gewährten Kinderfreibeträge stellt das volle sächliche Existenzminimum eines Kindes dar (§ 32 Abs. 6 Satz 2 EStG). Der Entwurf definiert den Mindestunterhalt daher als den doppelten Freibetrag; auf diese Weise wird der volle Betrag des sächlichen Existenzminimums nach dem Existenzminimumbericht erreicht. Da der Kinderfreibetrag im Einkommensteuerrecht als Jahresbetrag ausgewiesen ist, das Unterhaltsrecht aber auf den Monat als Bezugsgröße abstellt (§ 1612 Abs. 3 Satz 1 BGB), wird der Mindestunterhalt in § 1612a Abs. 1 Satz 3 Entwurf als der zwölfte Teil des doppelten Kinderfreibetrages festgelegt.

Damit wird einer einhelligen Forderung der Praxis Rechnung getragen.

§ 1612a Abs. 1 Satz 3 des Entwurfs enthält die aus der Regelbetrag-Verordnung bekannten Altersstufen, die auch der Düsseldorfer Tabelle sowie der Berliner Vortabelle zur Düsseldorfer Tabelle zugrunde liegen. Anders als im Steuerrecht, bei dem der Gesetzgeber nach der Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (vgl. BVerfGE 91, 93 111 f.) berechtigt ist, die Höhe des Existenzminimums von Kindern für alle Altersstufen und im ganzen Bundesgebiet einheitlich festzulegen, erscheint eine solche Pauschalierung im - stets einzelfallbezogenen - Unterhaltsrecht nicht sinnvoll. Denn es ist statistisch belegt, dass ältere Kinder höhere Kosten verursachen als jüngere Kinder (vgl. M ü n n i c h/K r e b s, Ausgaben für Kinder in Deutschland - Berechnungen auf der Grundlage der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 1998, in: Statistisches Bundesamt Hrsg., Wirtschaft und Statistik 012/2002, 1080 ff.).

Darüber hinaus gehen auch die Praxis und die Betroffenen ganz allgemein davon aus, dass der Unterhaltszahlbetrag mit zunehmendem Alter des Kindes steigt. Ein Abgehen von diesem bewährten Prinzip würde bei den Betroffenen auf Unverständnis stoßen, zumal ein über alle Altersstufen hinweg gleichbleibender Unterhalt insbesondere für ältere Kinder zu beträchtlichen Kürzungen führen würde. Die Differenzierung nach drei Altersstufen und die Einteilung der Altersgruppen wird daher beibehalten.

Ausgangspunkt für die Aufspreizung des Mindestunterhalts ist die zweite Altersstufe; diese knüpft direkt an den steuerlichen Bezugswert an. Die Werte in der ersten und dritten Altersstufe leiten sich hieraus ab. Die Höhe des prozentualen Ab- bzw. Aufschlags orientiert sich an der prozentualen Aufspreizung der Unterhaltsbeträge nach der bisherigen Regelbetrag-Verordnung.

Auch in § 1612a Abs. 2 wird, wie schon in § 1612a Abs. 1, der veraltete Ausdruck "Vomhundertsatz" durch die moderne Formulierung "Prozentsatz" ersetzt.

§ 1612a Abs. 3 Satz 1, Abs. 4 und 5 BGB, die Bestimmungen für den Erlass der Regelbetrag-Verordnung und deren Anpassung, werden aufgehoben.

Mit der Neufassung von § 1612a Abs. 3 Entwurf bleibt die bisherige Bestimmung des § 1612a Abs. 3 Satz 2 BGB erhalten, derzufolge der für eine höhere Altersstufe geschuldete Unterhalt bereits ab dem Beginn des Monats maßgebend ist, in dem das Kind das betreffende Lebensjahr vollendet. Die Vorschrift wird lediglich sprachlich angepasst.

Zu Nr. 19 (Änderung von § 1612b BGB)

Der bisherige § 1612b BGB wird durch eine Neukonzeption der Vorschrift ersetzt. An die Stelle der bisherigen Anrechnung des Kindergelds auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes soll künftig der bedarfsmindernde Vorwegabzug des Kindergelds treten.

Grundgedanken der Regelung Die Behandlung des Kindergelds gehört bislang mit zu den schwierigsten Fragen aus dem Bereich des Kindesunterhaltsrechts. Einer der Gründe hierfür ist, dass das Einkommensteuergesetz und das Bundeskindergeldgesetz zwar beiden Elternteilen einen eigenen Anspruch auf Kindergeld gewähren (§§ 32 Abs. 4, 62 Abs. 1 EStG bzw. § 1 Bundeskindergeldgesetz BKGG), aber gleichzeitig festgelegt ist, dass das Kindergeld stets nur von einem Anspruchsberechtigten (im Regelfall einem Elternteil) bezogen werden kann (§ 64 EStG bzw. § 3 BKGG). Die aus Gründen der Verwaltungsvereinfachung geschaffene Konzentration der Bezugsberechtigung bei einem Anspruchsberechtigten ist sachgerecht. Schwierigkeiten in der praktischen Handhabung können sich jedoch ergeben, sobald die Eltern getrennt leben:

Wenn die Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind von einem Elternteil durch dessen Pflege und Erziehung und vom anderen Elternteil durch die Leistung von Barunterhalt erfüllt wird, oder wenn beide Elternteile barunterhaltspflichtig sind, bedarf es eines internen Ausgleichs des Kindergelds zwischen dem bezugsberechtigten und dem anderen Elternteil. Der hierfür erforderliche Ausgleichsmechanismus findet sich nicht in den einschlägigen öffentlichrechtlichen Leistungsgesetzen. Vielmehr wird das Kindergeld zwischen den beiden Elternteilen nach Maßgabe des § 1612b BGB traditionell im Wege der Verrechnung mit dem Barunterhalt und damit unter Einbeziehung des Unterhaltsrechts ausgeglichen.

Die heutige unterhaltsrechtliche Bestimmung über die interne Verrechnung des Kindergelds, § 1612b BGB, beruht auf dem Kindesunterhaltsgesetz vom 6. April 1998 (BGBl. I S. 666). Mit dem Ziel der Rechtsvereinfachung wurden damals die nur für außerhalb einer bestehenden Ehe der Eltern geborenen Kinder geltende Vorschrift des früheren § 1615g BGB und die von der Rechtsprechung entwickelten, nur für innerhalb einer bestehenden Ehe der Eltern geborenen Kinder geltenden Grundsätze zur anteiligen Anrechnung des Kindergelds zu einer alle Kinder umfassenden Bestimmung zusammengefasst. Durch das Gesetz zur Ächtung der Gewalt in der Erziehung und zur Änderung des Kindesunterhaltsrechts vom 2. November 2000 (BGBl. I S. 1479) wurde § 1612b Abs. 5 BGB geändert und ein teilweises Anrechnungsverbot eingeführt. Seither unterbleibt eine Anrechnung von Kindergeld, soweit der Unterhaltspflichtige außerstande ist, Unterhalt in Höhe von 135 Prozent des Regelbetrages nach der Regelbetrag-Verordnung zu leisten.

Trotz dieser Reformen sind nach wie vor eine Reihe von Unsicherheiten und Zweifelsfragen im Zusammenhang mit der unterhaltsrechtlichen Behandlung des Kindergelds nur unzureichend geklärt oder stehen im Streit. Dazu gehört die Kritik des Bundesverfassungsgerichts im Beschluss vom 9. April 2003 (BVerfGE 108, 52 ff.), wonach die Kompliziertheit der Kindergeldanrechnung sowie deren schwer durchschaubare Wechselwirkung mit den sozial- und steuerrechtlichen Bestimmungen im Hinblick auf das in Art. 20 Abs. 3 GG wurzelnde Gebot der Normenklarheit bedenklich ist. Weiter bestehen Schwierigkeiten bei der Kindergeldanrechnung in Mangelfällen sowie bei der Kindergeldverrechnung bei volljährigen Kindern, die jüngst vom 16. Deutschen Familiengerichtstag Brühl 2005 erneut kritisiert worden sind (vgl. die Empfehlungen des Vorstandes des DFGT an die Gesetzgebung, u. a. FamRZ 2005, 1962 1963). Unzureichend ist schließlich auch die Harmonisierung zwischen den unterhalts- und sozialrechtlichen Wertungen: Im Sozialrecht wird das Kindergeld für minderjährige Kinder nach Maßgabe des § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II und des § 82 Abs. 1 Satz 2 SGB XII dem jeweiligen Kind als Einkommen zugerechnet mit der Folge, dass der individuelle Hilfebedarf entsprechend gemindert ist (vgl. Eicher/Spellbrink-Mecke, SGB II 2005, § 11 Rn. 53; vgl. auch BVerwG, NVwZ 2002, 96; BVerwGE 94, 326 328 f.). Im Unterhaltsrecht wird das Kindergeld dagegen nicht als Einkommen des Kindes, sondern als solches der Eltern angesehen das sich allerdings auf die unterhaltsrechtliche Leistungsfähigkeit des Unterhaltsschuldners nicht auswirkt (vgl. Johannsen/Henrich-Graba, Eherecht 4. Aufl. 2003, § 1612b Rn. 2; Göppinger/Wax-Häußermann, Unterhaltsrecht 8. Aufl. 2003, Rn. 793; Hoppenz-Hülsmann, Familiensachen 8. Aufl. 2005, § 1612b Rn. 4). Dies, obwohl Einigkeit darüber besteht dass das Kindergeld im wirtschaftlichen Ergebnis dem Kind zusteht und dazu bestimmt ist, dessen Existenzminimum zu sichern (vgl. § 74 Abs. 1 EStG sowie BVerfGE 108, 52 69 ff.; BVerfGE 45, 104 131 ff.; BGHZ 70, 151 153; BGH, FamRZ 2006, 99 102, 103). Schließlich gibt auch die jüngste höchstrichterliche Rechtsprechung Anlass, die geltende Regelung zu überdenken: Mit Urteil vom 26. Oktober 2005 (FamRZ 2006, 99 ff.) hat der Bundesgerichtshof eine generelle Abkehr von der bislang üblichen Anrechnung des Kindergelds bei volljährigen Kindern vollzogen und sich für eine unmittelbar bedarfsdeckende Anrechnung des Kindergelds entschieden. Eine Übertragung der Grundsätze dieser Entscheidung auf die - insoweit grundsätzlich gleich gelagerte - Situation bei minderjährigen Kindern lässt das geltende Recht indessen nicht zu.

Die Neuregelung soll diesen Missstand beseitigen. Davon ausgehend, dass das Kindergeld zwar den Eltern ausbezahlt wird, es sich dabei aber um eine zweckgebundene, der Familie für das Kind zustehende Leistung handelt, soll das jeweilige, auf das unterhaltsberechtigte Kind entfallende Kindergeld von dessen Unterhaltsbedarf vorweg abgesetzt werden. Die unterhaltsrechtliche Funktion des Kindergelds, den Bedarf des Kindes zu decken, kommt auf diese Weise klar zum Ausdruck. Gleichzeitig werden damit die zivilrechtlichen Bestimmungen in Einklang mit den sozialrechtlichen Grundentscheidungen gebracht. Der steuer- bzw. kindergeldrechtliche Grundsatz, dass es sich beim Kindergeld um eine staatliche Leistung für das Kind an die Eltern handelt ( § 62 Abs. 1 EStG, § 1 BKGG), bleibt unverändert.

§ 1612b BGB Entwurf trifft nur eine Entscheidung darüber, wie sich das Kindergeld unter Berücksichtigung seiner Zweckbestimmung unterhaltsrechtlich auswirkt.

Die Neuregelung bietet erhebliche Vorteile und wird die unterhaltsrechtliche Behandlung des Kindergelds ganz entscheidend vereinfachen: Zunächst kann dadurch auf die komplizierte, streitträchtige Vorschrift des § 1612b Abs. 5 BGB verzichtet werden. Die Regelung, dass der barunterhaltspflichtige Elternteil seinen Kindergeldanteil im Mangelfall zur Aufstockung des Kindesunterhalts einzusetzen hat, ist künftig überflüssig. Das Kindergeld wird unmittelbar auf den Bedarf angerechnet; auf diese Weise wird der Mindestunterhalt teilweise sichergestellt.

Gleichzeitig wird damit einer Empfehlung des Vorstandes des 16. Deutschen Familiengerichtstages entsprochen (vgl. die Empfehlungen des Vorstandes des DFGT an die Gesetzgebung, u. a. FamRZ 2005, 1962 1963). Die Neuregelung führt weiterhin zu einer deutlichen Vereinfachung des Kindergeldausgleichs; viele der heute streitigen oder unklaren Fallkonstellationen werden künftig entfallen. Schließlich gestaltet sich der Kindergeldausgleich in Fällen, in denen beide Eltern barunterhaltspflichtig sind, gerechter. Denn der Abzug des Kindergelds vom Unterhaltsbedarf zusammen mit dem anteiligen Ausgleich des verbleibenden Restbedarfs entsprechend der jeweiligen Leistungsfähigkeit des betreffenden Elternteils (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB) führt dazu, dass auch das Kindergeld zwischen den Eltern entsprechend dem Verhältnis ihrer Unterhaltsbeiträge ausgeglichen wird. Die bisherige, streng an der hälftigen Aufteilung des Kindergelds orientierte Regelung führt demgegenüber zu einer bedenklichen in der Rechtsprechung bisweilen kritisierten (vgl. OLG Hamburg, FamRZ 2003, 180 183) Benachteiligung des Elternteils, der die größere Barunterhaltslast trägt. In diesem Punkt greift die Neuregelung nicht nur Gedanken aus der jüngsten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 26. Oktober 2005 (FamRZ 2006, 99 102 f.) auf, sondern knüpft auch an Grundprinzipien an, die für die frühere, vor der Neufassung von § 1612b BGB geltende Rechtsprechung kennzeichnend waren (vgl. BGH, FamRZ 1981, 347 349; BGH, FamRZ 1997, 806 809; OLG Hamm, FamRZ 1997, 960) und trägt der diesbezüglichen Kritik in der Literatur Rechnung (vgl. Schürmann, FamRZ 2005, 407 410; Becker, FamRZ 1999, 65 66; Weychardt, FamRZ 1999, 828 f.; Duderstadt, FamRZ 2003, 1058ff.; Kalthoener/Büttner/Niepmann, Die Rechtsprechung zur Höhe des Unterhalts 9. Aufl. 2004, Rn. 831). Damit wird beim volljährigen Kind das Kindergeld nicht anders behandelt als etwa Erwerbseinkünfte oder eine Ausbildungsvergütung des Kindes; auch diese werden, wie künftig das Kindergeld, bedarfsmindernd auf den Unterhaltsanspruch angerechnet (vgl. Bamberger/ Roth-Reinken, BGB 2003, § 1602 Rn. 27 f. sowie Nr. 13.2 der unterhaltsrechtlichen Leitlinien der Familiensenate in Süddeutschland, der übrigen Oberlandesgerichte und des Kammergerichts).

Schließlich führt die Neuregelung zu gerechteren Ergebnissen in Fällen, in denen es um das Verhältnis vorrangiger Kinder zu nachrangigen Unterhaltsberechtigten, insbesondere zu dem unterhaltsberechtigten betreuenden Elternteil, oder im Verhältnis von Erst- zu Zweitfamilie geht: Der bedarfsmindernde Vorwegabzug des Kindergelds beim Barunterhalt des Kindes bewirkt dass im Mangelfall von der für eine Verteilung zur Verfügung stehenden Masse ein geringerer Anteil für den Kindesunterhalt erforderlich ist und ein entsprechend größerer Anteil für die Verteilung unter nachrangig Unterhaltsberechtigten, etwa dem betreuenden Elternteil, zur Verfügung steht. Soweit es sich bei dem nachrangig Unterhaltsberechtigten um den geschiedenen oder dauernd getrennt lebenden Ehegatten handelt, greift - aufgrund des auf diese Weise erhöhten Unterhaltszahlbetrags - die Entlastung durch die Möglichkeit des einkommensteuerlichen Sonderausgabenabzuges von tatsächlich geleistetem Ehegattenunterhalt (Realsplitting, § 10 Abs. 1 Nr. 1 EStG) in stärkerem Maß.

Im Einzelnen Mit der Neufassung der amtlichen Überschrift soll die geänderte Zielrichtung der Vorschrift zum Ausdruck gebracht werden. Aufgrund der Umstellung der Verrechnungsmethode wird auf das Wort "Anrechnung" verzichtet und von einer "Deckung" des Barbedarfs durch das Kindergeld gesprochen.

§ 1612b Abs. 1 BGB Entwurf hebt die Grundprinzipien des Kindergeldausgleichs hervor:

Das individuelle, auf das jeweilige unterhaltsbedürftige Kind entfallende Kindergeld ist als zweckgebundene existenzsichernde Leistung für dieses zu verwenden ist und mindert damit dessen individuellen Unterhaltsbedarf. Das Wort "verwenden" bringt dabei zum Ausdruck, dass das Kind Anspruch auf die Auszahlung des Kindergelds oder die Erbringung entsprechender Naturalleistungen gegenüber demjenigen hat, der das Kindergeld ausgezahlt erhält.

Insoweit zeichnet die Neuregelung die Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs im Urteil vom 26. Oktober 2005 (FamRZ 2006, 99 102) nach, derzufolge dem Kind ein entsprechender unterhaltsrechtlicher Anspruch auf Auskehr des Kindergelds oder Verrechnung mit erbrachten Naturalleistungen zusteht. In welchem Umfang das Kindergeld für das Kind zu verwenden ist und dessen Barbedarf mindert, wird durch § 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 und 2 des Entwurfs entsprechend der jeweiligen Fallgestaltung unterschiedlich festgelegt. Der Wortlaut der Bestimmung bringt zugleich zum Ausdruck, dass die Zuweisung des Kindergelds an das Kind familienrechtlich bindend ist. Das Außenverhältnis zwischen den Anspruchsberechtigten und der Familienkasse bleibt unberührt.

§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 des Entwurfs bezieht sich auf die Situation minderjähriger, unverheirateter Kinder im Sinne von § 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB, die von einem Elternteil betreut werden. In diesem Fall ist regelmäßig der betreuende Elternteil kindergeldbezugsberechtigt (Obhutsprinzip, § 64 Abs. 2 Satz 1 EStG, § 3 Abs. 2 Satz 1 BKGG). Seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind erfüllt der betreuende Elternteil durch die Pflege und Erziehung des Kindes. Nach dem Gesetz (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) sind Betreuungs- und Barunterhalt grundsätzlich gleichwertig. Deshalb ist es gerechtfertigt, wenn jedem Elternteil die Hälfte des Kindergelds zu gute kommt (vgl. BGH, FamRZ 2006, 99 101 f. sowie bereits BGH, FamRZ 1997, 806 809). Für den barunterhaltspflichtigen Elternteil bedeutet dies, dass der Unterhaltsbedarf des Kindes nur um das halbe Kindergeld gemindert ist; nur in diesem Umfang hat der andere Elternteil das an ihn ausgezahlte Kindergeld für den Barunterhalt zu verwenden.

Die andere Hälfte des Kindergelds unterstützt den betreuenden Elternteil bei Erbringung der Betreuungsleistung.

§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Entwurfs erfasst die Fälle, in denen das Kind einer Betreuung nicht mehr bedarf (§ 1606 Abs. 3 Satz 2 BGB) bzw. die Betreuung nicht durch einen Elternteil erfolgt und deshalb nur Barunterhalt zu leisten ist. In diesem Fall ist das auf das Kind entfallende Kindergeld voll auf dessen Bedarf anzurechnen; von den Eltern ist nur noch der verbleibende Barbedarf zu decken. Daneben kann das Kind Auszahlung des vollen Kindergelds oder entsprechende Naturalleistungen von demjenigen verlangen, der das Kindergeld ausgezahlt bekommt.

Bei einem volljährigen, noch im Haushalt lebenden Kind, für das noch ein Kindergeldanspruch besteht sind damit die Haftungsanteile der Eltern auf der Grundlage des nach Abzug des vollen Kindergelds verbleibenden Restbedarfs zu ermitteln. Dies ist angemessen, weil kein Elternteil mehr dem Kind zum Betreuungsunterhalt verpflichtet ist.

Bei einem volljährigen, außerhalb des elterlichen Haushalts lebenden Kind gilt im Prinzip Entsprechendes; auch hier ist das Kindergeld voll auf den Unterhaltsbedarf anzurechnen.

Der verbleibende Bedarf ist von den Eltern entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit anteilig zu decken (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Soweit in diesem Fall das Kindergeld nicht direkt an das Kind ausbezahlt wird, hat das Kind schon nach der bisherigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, FamRZ 2006, 99 102) gegen den Elternteil, der das Kindergeld bezieht, einen Anspruch auf Auskehrung. Dieser Anspruch kommt im Wortlaut der Bestimmung dadurch zum Ausdruck, dass das Kindergeld zur Deckung des Barbedarfs des Kindes "zu verwenden" ist; er besteht unabhängig von der unterhaltsrechtlichen Leistungsfähigkeit des kindergeldbeziehenden Elternteils. Im Einklang mit der in der Literatur vertretenen Auffassung (vgl. Scholz, FamRZ 2006, 106 107) kann das Kind also auch von einem Elternteil, der leistungsunfähig ist Zahlung des diesem zugeflossenen Kindergelds verlangen. Denn beim Kindergeld handelt es sich um eine zweckgebundene öffentliche Leistung, die unterhaltsrechtlich nicht als Einkommen der Eltern angesehen wird (vgl. Hoppenz-Hülsmann, Familiensachen 8. Aufl. 2005, § 1612b Rn. 4). Neben dem unterhaltsrechtlichen Anspruch auf Auskehrung besteht im Übrigen noch die Möglichkeit, das Kindergeld nach öffentlichem Recht abzuzweigen und direkt an das Kind auszuzahlen ( § 74 EStG).

§ 1612b Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 des Entwurfs erfasst schließlich auch die Fälle, in denen kein Elternteil seine Unterhaltspflicht gegenüber einem minderjährigen Kind durch die Betreuung des Kindes erfüllt, etwa bei einer Fremdunterbringung des Kindes. Die Vorschrift gilt auch, wenn das Kindergeld in diesen Fällen an einen Dritten ausbezahlt wird.

§ 1612b Abs. 2 BGB des Entwurfs entspricht dem bisherigen § 1612b Abs. 4 BGB. Zwischen den beiden Elternteilen soll nur derjenige Kindergeldbetrag ausgeglichen werden, der für ein gemeinschaftliches Kind anfallen würde und nicht der so genannte "Zählkindvorteil".

Dieser wird vielmehr in der Regel dem bezugsberechtigten Elternteil als Einkommen verbleiben (vgl. Johannsen/Henrich-Graba, Eherecht 4. Aufl. 2003, § 1612b Rn. 9, 14).

Zu Nr. 20 (Neufassung von § 1615l BGB)

Die Neufassung von § 1615l Abs. 2 Satz 3 bezweckt die weitere Annäherung der Betreuungsunterhaltsansprüche geschiedener bzw. getrennt lebender Eltern einerseits und nicht verheirateter Eltern andererseits im Hinblick auf den Unterhaltszeitraum. Bei der Aufhebung von Absatz 3 Satz 3 handelt es sich um eine durch die Neuregelung der unterhaltsrechtlichen Rangordnung bedingte Folgeänderung.

Neufassung von Abs. 2 Satz 3

Mit der Neufassung wird die Schwelle, ab der eine Durchbrechung der zeitlichen Begrenzung des Betreuungsunterhaltsanspruchs der nicht verheirateten Mutter (und über § 1615l Abs. 4 BGB des Anspruchs des nicht verheirateten Vaters) möglich ist, abgesenkt. Künftig kann Betreuungsunterhalt über den Dreijahreszeitraum hinaus gewährt werden, sofern es insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes unbillig wäre, einen Unterhaltsanspruch nach Ablauf dieser Frist zu versagen.

Die Neufassung setzt den vom Gesetzgeber bereits früher eingeschlagenen Weg, den Betreuungsunterhaltsanspruch der nicht verheirateten Mutter auszudehnen, konsequent fort:

Der Anspruch der nicht verheirateten Mutter gegen den Vater ihres Kindes auf Zahlung von Betreuungsunterhalt wurde erstmals durch das Gesetz über die rechtliche Stellung der nichtehelichen Kinder vom 19. August 1969 (Nichtehelichengesetz; BGBl. I S. 1243) geregelt und war in der ursprünglichen Fassung auf ein Jahr nach der Entbindung befristet. Durch das Schwangeren- und Familienhilfeänderungsgesetz vom 21. August 1995 (BGBl. I S. 1050) wurde der Anspruch auf eine Dauer von drei Jahren ausgedehnt. Durch das Kindschaftsrechtsreformgesetz vom 16. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2942) wurde schließlich die Möglichkeit geschaffen die Dreijahresgrenze in Härtefällen zu durchbrechen. Die regelmäßige Begrenzung des Unterhaltsanspruchs auf drei Jahre nach der Geburt des Kindes gilt danach nur sofern es nicht insbesondere unter Berücksichtigung der Belange des Kindes grob unbillig wäre einen Unterhaltsanspruch nach Fristablauf zu versagen. Die Neufassung führt zu einer Absenkung dieser Schwelle.

An der bisherigen Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf regelmäßig bis zu drei Jahre nach der Geburt des Kindes wird festgehalten. Die Begrenzung des Betreuungsunterhalts auf drei Jahre ist bei der gebotenen, typisierenden Betrachtung im Regelfall angemessen, weil ab dem dritten Lebensjahr des Kindes eine Fremdbetreuung regelmäßig möglich ist und tatsächlich auch erfolgt, ohne dass sich dies zum Nachteil des Kindes auswirkt. Denn an den Dreijahreszeitraum knüpfen zahlreiche sozialstaatliche Leistungen und Regelungen an. Insoweit sind etwa der Anspruch des Kindes auf einen Kindergartenplatz vom vollendeten dritten Lebensjahr (§ 24 Achtes Buch Sozialgesetzbuch - Kinder- und Jugendhilfe) zu nennen oder die Zumutbarkeit einer Erwerbstätigkeit eines Hilfebedürftigen, soweit die Betreuung des Kindes, das das dritte Lebensjahr vollendet hat, in einer Tageseinrichtung sichergestellt ist (§ 10 Abs. 1 Nr. 3 Zweites Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende).

Die damit verbundene unterschiedliche Ausgestaltung des Betreuungsunterhaltsanspruchs von geschiedenen bzw. getrennt lebenden Elternteilen einerseits und nicht verheirateten Elternteilen andererseits ist gerechtfertigt und mit Art. 3 und 6 GG vereinbar. Der Unterhaltsanspruch des nicht verheirateten Elternteils soll diesen während der ersten drei Lebensjahre des Kindes von der Erwerbspflicht freistellen, damit er sich in vollem Umfang der Pflege und Erziehung des Kindes widmen kann. Die demgegenüber stärkere Ausgestaltung des nachehelichen Unterhaltsanspruchs durch die grundsätzlich längere Dauer der Unterhaltspflicht ist durch den zusätzlichen Schutzzweck der nachehelichen Solidarität begründet und findet seine Rechtfertigung in der tatsächlich und rechtlich unterschiedlichen Situation verheirateter und nicht verheirateter Eltern (vgl. BGH, FamRZ 2005, 347 349). Mit der Eingehung der Ehe übernehmen die Ehegatten füreinander Verantwortung und verpflichten sich zur ehelichen Lebensgemeinschaft, die prinzipiell lebenslang besteht ( § 1353 Abs. 1 BGB). Die eingegangene Bindung verpflichtet die Ehegatten auch im Fall des Scheiterns der Ehe im gesetzlich vorgegebenen Umfang zur nachehelichen Solidarität unter Einschluss von Unterhaltsleistungen insbesondere dann, wenn ein Ehegatte infolge der Aufgaben- und Rollenverteilung während der Ehe durch die Scheidung Nachteile erleidet. Eine derartig starke gegenseitige Bindung, die wechselseitig Rechte und Pflichten hervorbringt und selbst über die Beendigung der personalen Beziehung hinaus fortbesteht, gehen nicht verheiratete Eltern nicht ein. Über das Ende ihrer persönlichen Beziehung hinaus trifft sie von Rechts wegen keine wie auch immer geartete Solidarität. Bereits dieser Unterschied rechtfertigt es, die gegenseitigen Unterhaltsverpflichtungen von Ehegatten und nicht verheirateten Partnern aus Anlass der Geburt eines gemeinsamen Kindes unterschiedlich auszugestalten. Hinzu kommt die große Bandbreite der im Bereich nicht verheirateter Eltern anzutreffenden Lebensgestaltungen:

Denn hier gibt es sowohl langandauernde Verbindungen als auch kurzzeitige, flüchtige Affären, aus denen ein Kind hervorgegangen ist. Eine gesetzliche Regelung dieses Bereichs muss diese Bandbreite an Lebensentwürfen widerspiegeln und ihnen gerecht werden.

Auch von daher verbietet sich eine schematische Gleichbehandlung der Betreuungssituation verheirateter und nicht verheirateter Eltern.

Die Neufassung beschränkt sich deshalb darauf, die Betreuungssituation verheirateter und nicht verheirateter Eltern weiter aneinander anzunähern. Damit greift sie auch eine bereits vorhandene Tendenz in der jüngeren Rechtsprechung auf (vgl. BGH, FamRZ 2005, 354 ff. sowie etwa OLG Karlsruhe, NJW 2004, 523 f.; OLG Schleswig, FamRZ 2004, 975 ff.; OLG Düsseldorf, FamRZ 2005, 234 ff.; OLG Düsseldorf, FamRZ 2005, 1772 ff.) und folgt den Empfehlungen des Vorstandes des 16. Deutschen Familiengerichtstags an die Gesetzgebung (FamRZ 2005, 1962 1963).

Die Frage, wann Betreuungsunterhalt über die Dreijahresgrenze hinaus gewährt werden kann ist eine Frage der Billigkeit. Mit der Neufassung wird der Maßstab deutlich abgesenkt; es ist nun nicht mehr erforderlich, dass die Versagung von Betreuungsunterhalt dem Gerechtigkeitsempfinden in unerträglicher Weise widersprechen würde. Wann die Versagung weiteren Betreuungsunterhalts unbillig ist, kann nur von den Gerichten aufgrund einer umfassenden Abwägung unter Berücksichtigung aller Umstände des konkreten Einzelfalles bestimmt werden. In erster Linie sind dabei kindbezogene Belange zu berücksichtigen. Durch das Wort "insbesondere" in der Gesetzesformulierung ist es aber möglich, auch elternbezogene Belange oder sonstige Umstände, die geeignet sind, eine Durchbrechung der Dreijahresgrenze zu rechtfertigen, bei der Abwägung zu berücksichtigen. Damit erhalten die Gerichte genügend Raum, um eine dem Einzelfall gerecht werdende Lösung zu finden; dies auch im Hinblick auf eine mögliche Begrenzung des Unterhaltsanspruchs der Höhe nach oder in zeitlicher Hinsicht, wenn Unterhalt über die Dreijahresgrenze hinaus zu leisten ist (vgl. OLG Düsseldorf, FamRZ 2005, 1772 1775).

Aus diesem Grund bedarf es auch keiner Anpassung von § 1615l Abs. 2 Satz 2 BGB an den neuen Wortlaut von § 1570 BGB. Die Elemente der Wertung, die im Rahmen von § 1570 Satz 2 Entwurf zu berücksichtigen sind, sind bereits heute Bestandteil der Prüfung, ob Betreuungsunterhalt über die Dreijahresgrenze hinaus gewährt wird.

Die Annäherung bei der Regelung der Betreuungssituation geschieht im Übrigen auch von der anderen Seite her: Neben der Absenkung der Billigkeitsschwelle des § 1615l Abs. 2 BGB soll über die stärkere Betonung der nachehelichen Eigenverantwortung (§ 1569 Entwurf), die Berücksichtigung der individuellen Möglichkeiten der Kinderbetreuung (§ 1570 Satz 2 Entwurf) und die erhöhten Anforderungen an die Erwerbsobliegenheit des geschiedenen Ehegatten (§ 1574 Entwurf) auch eine Änderung der Rechtsprechung zu § 1570 BGB und den von ihr formulierten Grenzen, ab welchem Kindesalter dem betreuenden Elternteil eine (Teil-) Erwerbstätigkeit zugemutet werden kann, bewirkt werden (s. dazu Begründung zu §§ 1569, 1570 Entwurf).

Aufhebung von Abs. 3 Satz 3

Die Regelung in § 1615l Abs. 3 Satz 3 BGB, in der bislang der Rang des Betreuungsunterhaltsanspruchs festgelegt wird, ist durch die Neufassung von § 1609 Entwurf entbehrlich geworden. Über die Verweisung in § 1615l Abs. 3 Satz 1 BGB ist § 1609 Entwurf anwendbar.

Danach steht der Anspruch nach § 1615l BGB künftig im zweiten Rang. Wegen des Sachzusammenhangs gilt das sowohl für die in § 1615l Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 BGB geregelten Ansprüche als auch für den Betreuungsunterhaltsanspruch nach § 1615l Abs. 2 Satz 2, Abs. 4 BGB.

Zu Artikel 2 (Änderung des Lebenspartnerschaftsgesetzes)

Zu Nr. 1 bis 3 (Änderung von §§ 5, 12, 16 LPartG)

Mit den Änderungen wird die unterhaltsrechtliche Rangfolge nach dem Lebenspartnerschaftsgesetz an die nach dem neuen Unterhaltsrecht angeglichen und damit die unterhaltsrechtliche Rangordnung bei Lebenspartnern derjenigen zwischen Ehegatten gleichgestellt.

Vom Gesetz zur Überarbeitung des Lebenspartnerschaftsrechts vom 15. Dezember 2004 (BGBl. I S. 3396) wurde die Frage der Rangfolge noch ausdrücklich ausgenommen. Danach sollte es für das Rangverhältnis der Unterhaltsansprüche zunächst noch bei einer eigenständigen Regelung im Lebenspartnerschaftsgesetz verbleiben, da der Unterhaltsreform nicht vorgegriffen und aus Gründen der Rechtssicherheit und Rechtsklarheit verhindert werden sollte dass die Betroffenen binnen kurzer Zeit mit drei verschiedenen Rechtslagen konfrontiert werden würden (Bundestagsdrucksache 15/3445, 14). Die bislang noch fehlende Gleichstellung der Unterhaltsansprüche von Lebenspartnern mit denjenigen von Ehegatten wird nunmehr nachgeholt.

Der Kern der Änderungen ist die Neufassung von § 16 LPartG (Nummer 3). Der Wortlaut der Bestimmung wird an denjenigen von § 1569 Entwurf angeglichen. Die durch den Entwurf bewirkte Stärkung des Grundsatzes der Eigenverantwortung wird damit auf die Situation bei den Lebenspartnern übertragen. Der Nachrang des Unterhaltsanspruchs des Lebenspartners gegenüber demjenigen von Kindern, Ehegatten und nicht verheirateten Müttern und Vätern nach § 1615l BGB, den der bisherige § 16 Abs. 2 LPartG vorsah, wird beseitigt; durch die Neufassung der Verweisung gilt für Lebenspartner künftig das eheliche Unterhaltsrecht auch in Bezug auf die Rangfolge. Damit sind die §§ 1582, 1609 Entwurf anwendbar. Unterhaltsansprüche von Lebenspartnern fallen danach entsprechend den individuellen Lebensverhältnissen des Berechtigten entweder unter § 1609 Nr. 2 oder Nr. 3 Entwurf.

Bei den weiteren Neuregelungen handelt es sich um Folgeänderungen: Die bisherigen Verweisungen beim Lebenspartnerschaftsunterhalt ( § 5 LPartG) und beim Unterhalt bei Getrenntleben (§ 12 LPartG) auf die eigenständige Rangregelung des bisherigen § 16 Abs. 2 LPartG werden aufgehoben (Nummer 1, 2). An ihre Stelle treten die jeweiligen Regelungen aus dem Eherecht und damit wiederum §§ 1582, 1609 Entwurf.

Zu Artikel 3 (Änderung sonstiger Vorschriften)

Die gesetzliche Definition des Mindestunterhalts in § 1612a Abs. 1 Entwurf und die Aufhebung der Regelbetrag-Verordnung macht Folgeänderungen in einer großen Zahl von Gesetzen und weiteren, untergesetzlichen Bestimmungen erforderlich. Hierbei handelt es sich in erster Linie um redaktionelle Änderungen und sprachliche Anpassungen, die aus sich heraus verständlich sind und deshalb keiner besonderen Begründung bedürfen. Nur die Änderungen, bei denen es sich um mehr als lediglich redaktionelle Änderungen handelt, werden im Folgenden erläutert.

Zu Abs. 2 (Anfügung von § 35 EGZPO)

Die Vorschrift enthält die materiellrechtlichen und verfahrensrechtlichen Übergangsvorschriften.

Grundgedanken der Regelung

Die neuen, durch dieses Gesetz geschaffenen unterhaltsrechtlichen Bestimmungen finden auf alle Unterhaltsansprüche Anwendung, die ab Inkrafttreten der Neuregelung entstehen.

Regelungsbedürftig ist daher allein die Frage, in welchem Umfang das neue Recht für Unterhaltsansprüche gilt die bereits vor dem Inkrafttreten der Neuregelung entstanden sind.

Die diesbezüglichen Bestimmungen finden sich in den Übergangsvorschriften für rechtskräftig abgeschlossene Verfahren, die in § 35 Nr. 1 bis 3 EGZPO eingestellt werden. Grundgedanke ist dabei, dass das neue Recht grundsätzlich auch für "Altfälle" gilt. Altes und neues Recht können nicht auf Dauer nebeneinander fortgelten. Im Interesse von Rechtssicherheit und Rechtseinheit ist eine schnellstmögliche und umfassende Anwendung des neuen Rechts geboten. Die Erstreckung des neuen Rechts auf bestehende Unterhaltsansprüche ist aber auch ein Gebot der Gerechtigkeit. Denn soweit das bisherige Unterhaltsrecht zu unbilligen und damit ungerechten Ergebnissen geführt hat, können diese nicht dauerhaft aufrechterhalten bleiben.

Nummer 1 enthält die zentrale Bestimmung, um bestehende Unterhaltsregelungen an das neue Recht anzupassen. Es handelt sich hierbei nicht um einen eigenen, neu geschaffenen Abänderungsrechtsbehelf. In der Sache ist eine Anpassung von bestehenden Titeln und Unterhaltsvereinbarungen danach nur möglich, wenn eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt und darüber hinaus die Änderung dem anderen unter besonderer Berücksichtigung seines Vertrauens in die getroffene Regelung zumutbar ist. Die Regelung dient neben dem Vertrauensschutz auch der Rechtssicherheit und dem Rechtsfrieden. Das Erfordernis einer wesentlichen Änderung bietet Gewähr dafür, dass es als Folge der Einführung neuer Unterhaltsregelungen nicht zu einer Flut von Abänderungsverfahren kommt. Die Vorschrift hat sowohl prozessualen als auch materiellrechtlichen Charakter.

Nummer 2 sieht Modifikationen bei den Voraussetzungen von zwei Rechtsbehelfen vor, mit denen Anpassungsverlangen durchgesetzt werden können.

Nummer 3 enthält eine Regelung für bestehende, dynamisierte Unterhaltstitel und -vereinbarungen.

Die Nummern 4 und 5 enthalten die Übergangsvorschriften für im Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Gesetzes noch nicht rechtskräftig abgeschlossene, laufende Verfahren.

Von dem Grundsatz der Anpassung an neues Recht sieht Nummer 6 der Vorschrift zwei Ausnahmen vor.

Im Einzelnen Zur Gewährleistung von Rechtssicherheit und Rechtsfrieden sowie aus Gründen des Vertrauensschutzes werden durch Nummer 1 die Möglichkeiten, das neue Recht auf bereits bestehende Unterhaltsregelungen zu erstrecken, begrenzt. Das gilt sowohl in den Fällen, in denen es um die Anpassung einer rechtskräftigen Entscheidung oder eines anderen vollstreckbaren Titels an die neue Rechtslage geht, als auch dann, wenn über den Unterhalt kein vollstreckbarer Schuldtitel vorliegt, weil etwa Unterhaltsberechtigter und -verpflichteter eine nicht titulierte - ausdrückliche oder stillschweigende - Unterhaltsvereinbarung getroffen haben.

Eine Anpassung der bestehenden Unterhaltsregelung an die neue Rechtslage kann nur verlangt werden soweit eine wesentliche Änderung der Unterhaltsverpflichtung eintritt. Die Wesentlichkeitsschwelle ist dabei im Sinn von § 323 Abs. 1 ZPO zu verstehen: In einer Gesamtschau aller Umstände - ggf. auch von der Reform unabhängiger Umstände - ist zu prüfen, in welchem Umfang sich die für Unterhaltsverpflichtung und -bemessung maßgeblichen Verhältnisse geändert haben (vgl. Baumbach/Lauterbach-Hartmann, ZPO 63. Aufl. 2005), § 323 Rn. 37; Johannsen/Henrich-Brudermüller, Eherecht 4. Aufl. 2003, § 323 ZPO Rn. 77 ff.). Sie gilt in allen Übergangsfällen; sowohl in Bezug auf die Abänderung titulierter Unterhaltsvereinbarungen als auch bei nicht titulierten Regelungen. In Fällen, in denen die Anpassung der Vereinbarung ausschließlich entsprechend den Bestimmungen des materiellen Rechts gefordert werden kann, bewirkt die Regelung eine Konkretisierung der Maßstäbe des § 313 BGB.

Eine Änderung der tatsächlichen Verhältnisse wird dabei nicht vorausgesetzt. In Anlehnung an die einhellige Auffassung von Rechtsprechung und Literatur, derzufolge bei der Abänderungsklage nach § 323 ZPO eine Änderung der Gesetzgebung die Anpassung eines Unterhaltstitels rechtfertigen kann, genügt auch hier die Änderung allein der Rechtslage (vgl. Zöller-Vollkommer, ZPO 25. Aufl. 2005, § 323 Rn. 32). Denn das reformierte Recht bringt es mit sich, dass Umstände, die bereits im Zeitpunkt der ersten Unterhaltsregelung vorlagen wie beispielsweise die Dauer der Ehe oder eine frühere Erwerbstätigkeit, eine neue Bedeutung erlangen und für die Entscheidung, ob und inwieweit die Erstregelung abgeändert wird, von Belang sind.

Entscheidendes Kriterium, inwieweit eine bestehende Unterhaltsregelung aus Anlass der Neuregelung an das neue Recht anzupassen ist, ist neben der Wesentlichkeit die Zumutbarkeit einer Änderung unter Berücksichtigung des Vertrauens in den Fortbestand einer titulierten bzw. einer nicht titulierten Unterhaltsvereinbarung. Dieses Kriterium ermöglicht eine flexible, an der Einzelfallgerechtigkeit orientierte Überleitung bestehender Unterhaltsregelungen auf die neue Rechtslage.

Das Vertrauen sowohl eines Unterhaltsberechtigten als auch eines Unterhaltsverpflichteten, der sich in Anbetracht eines titulierten Unterhaltsanspruchs bzw. einer nicht titulierten - ausdrücklichen oder stillschweigenden - Unterhaltsvereinbarung auf den Fortbestand der Regelung eingestellt hat und nun mit einem Abänderungsverlangen konfrontiert wird, ist grundsätzlich schutzwürdig; es ist bei der Entscheidung über die Änderung der Unterhaltsregelung zu berücksichtigen. Das gilt insbesondere dann, wenn die Unterhaltsvereinbarung nur ein Bestandteil einer größeren, umfassenderen Regelung ist, etwa, wenn sich die Ehegatten anlässlich von Trennung oder Scheidung über Unterhalt, Güterrecht, Hausrat und Wohnung sowie ggf. über den Versorgungsausgleich geeinigt haben. Zwischen den einzelnen Regelungsbereichen wird häufig ein Zusammenhang bestehen, so dass vor einer Änderung des unterhaltsrechtlichen Teils sehr sorgfältig zu prüfen ist, welche Rückwirkungen sich dadurch auf die verbleibenden Bereiche ergeben und inwieweit durch eine Änderung die Geschäftsgrundlage der Gesamtvereinbarung berührt wird. Dieses Problem erfordert keine gesonderte Regelung. Die Berücksichtigung des Vertrauens ist das Mittel, um - ggf. zusammen mit einer ergänzenden Vertragsauslegung - zu einer dem Einzelfall gerecht werdenden Lösung zu gelangen.

Die Erstreckung neuen Rechts auf bestehende Unterhaltsregelungen muss dem anderen Teil zumutbar sein. Insbesondere durch die Neuregelung der unterhaltsrechtlichen Rangordnung kann sich die Änderung in einem Unterhaltsverhältnis unmittelbar auf ein anderes Unterhaltsverhältnis auswirken. Wenn beispielsweise unterhaltsberechtigte Kinder, deren Unterhaltsansprüche bislang gleichrangig neben denjenigen des Ehegatten standen, nach neuem Recht vom barunterhaltspflichtigen Elternteil höheren Unterhalt fordern, weil ihre Ansprüche nunmehr Vorrang vor denen des Ehegatten haben und ihnen deshalb ein größerer Anteil an dem unter ihnen und dem unterhaltsberechtigten Ehegatten zu verteilenden Einkommen des Pflichtigen zukommt, könnte eine Aufbesserung beim Kindesunterhalt - bei unveränderter Leistungsfähigkeit des Barunterhaltspflichtigen - zu einer Kürzung oder - bei fehlender Leistungsfähigkeit des Pflichtigen - sogar zu einem völligen Wegfall der Unterhaltsansprüche des Ehegatten führen. Derartige Ergebnisse können im Hinblick auf das bestehende Vertrauen unzumutbar sein. Der Übergang von altem zu neuem Recht soll möglichst schonend erfolgen. Unter dem Aspekt der Zumutbarkeit ist deshalb bei der Umstellung bestehender Titel und Vereinbarungen eine "Gesamtschau" vorzunehmen und zu prüfen, ob und inwieweit sich eine begehrte Abänderung der Regelung auf andere Unterhaltsverhältnisse auswirkt. Der Maßstab der "Zumutbarkeit" erlaubt es, von dem rechnerischen Ergebnis, wie ein bestimmter, für Unterhaltszwecke zur Verfügung stehender Betrag nach neuem Recht unter mehreren Unterhaltsberechtigten zu verteilen ist, maßvoll abzuweichen und eine billige, den Übergangsfällen gerecht werdende Art der Aufteilung zu finden.

Nummer 2 der Übergangsvorschrift stellt sicher, dass Umstände, die erst durch das neue Recht erheblich geworden sind, in das Verfahren eingeführt werden können: Soweit die Anpassung im Wege einer Abänderungsklage ( § 323 ZPO) oder- soweit dies statthaft ist - im Wege einer Vollstreckungsgegenklage ( § 767 ZPO) erfolgt, sollen die Präklusionsvorschriften der jeweiligen Rechtsbehelfe (§ 323 Abs. 2 ZPO bzw. § 767 Abs. 2 ZPO) bei der Anpassung des Unterhaltstitels an das neue Recht nicht anwendbar sein. Dadurch wird es möglich, die in Nummer 1 beschriebenen Umstände bei der erstmaligen Änderung des Titels ohne Gefahr einer Präklusion in das Verfahren einführen zu können. Keine Besonderheiten gelten dagegen wenn ein bereits an das neue Recht angepasster Titel zu einem späteren Zeitpunkt erneut geändert werden soll. In diesem Fall handelt es sich um ein reguläres Abänderungsverfahren entsprechend § 323 ZPO bzw. § 767 ZPO.

Nummer 3 enthält eine Sonderregelung für dynamische Unterhaltstitel und Vereinbarungen.

Diese Titel und Vereinbarungen werden ohne gesondertes Verfahren, allein durch eine Umrechnung, in das neue Recht überführt. Der vom Unterhaltsschuldner zu zahlende Betrag bleibt dabei gleich, so dass sich die Mittel, die für das Kind tatsächlich zur Verfügung stehen, nicht ändern. Durch die Umrechnung wird gleichzeitig sichergestellt, dass die bisherige Dynamisierung der Titel und Vereinbarungen erhalten bleibt und die Titel und Vereinbarungen in der Zukunft an Steigerungen des Mindestunterhalts teilnehmen.

Die Unterhaltstitel und -vereinbarungen werden dazu kraft Gesetzes in der Weise auf das neue Recht umgestellt, dass lediglich der Anknüpfungspunkt für die Dynamisierung ausgetauscht wird. Für diese Umstellung bedarf es keiner rechtlichen Wertung. Weder der Titel oder die Vereinbarung, noch eine auf dem Titel angebrachte Vollstreckungsklausel müssen hierzu abgeändert oder umgeschrieben werden. Die erforderliche Berechnung kann auch unmittelbar durch das Vollstreckungsorgan vorgenommen werden.

Dementsprechend bestimmt Nummer 3 Satz 1, dass dynamische Titel und Vereinbarungen ihre Gültigkeit nicht verlieren, sondern auch nach dem Inkrafttreten der Neuregelung weiter wirksam bleiben. Insbesondere kann aus bereits errichteten Titeln - soweit sie bislang vollstreckbar waren - auch weiterhin die Vollstreckung betrieben werden.

Sätze 2 bis 5 wandeln die bisherigen, am Regelbetrag orientierten Titel und Vereinbarungen so ab, dass sie zukünftig auf den Mindestunterhalt Bezug nehmen und durch diesen dynamisiert sind. Nach Satz 2 tritt dazu in den Titeln und Vereinbarungen an die Stelle des Regelbetrags der Mindestunterhalt als neue Bezugsgröße. Nach Satz 3 tritt gleichzeitig an die Stelle des bisherigen Prozentsatzes ein neuer Prozentsatz. Die Berechnung dieses neuen Prozentsatzes ist in Satz 4 und 5 geregelt. In diese Berechnung ist auch das Kindergeld einzubeziehen.

In Bezug auf die Kindergeldanrechnung mussten bislang eine Vielzahl von Konstellationen unterschieden werden (vgl. § 1612b BGB a. F.); dementsprechend regelt Satz 4 Buchstabe a bis d vier verschiedene Fallgruppen:

Satz 4 Buchstabe a enthält den gesetzlichen Regelfall, in dem der Titel oder die Vereinbarung die Anrechnung des hälftigen oder eines Teils des hälftigen Kindergelds anordnet (§§ 1612b Abs. 1 und Abs. 5 BGB a. F.). In allen diesen Fällen kann bei Umstellung auf den Mindestunterhalt als neuen Anknüpfungspunkt zukünftig das gesamte hälftige Kindergeld berücksichtigt werden. Von dem jeweiligen Bedarfsbetrag, der nach neuem Recht durch einen Prozentsatz des Mindestunterhalts ausgedrückt wird, ist daher stets das hälftige Kindergeld abzuziehen. Um den neuen Prozentsatz zu berechnen und um sicherzustellen, dass sich der an das Kind zu zahlende Betrag durch die Umrechnung nicht verändert, ist dem derzeit zu zahlenden Betrag also zunächst das hälftige Kindergeld hinzuzurechnen. Sodann ist der sich ergebende Betrag ins Verhältnis zu dem bei Inkrafttreten des Gesetzes geltenden Mindestunterhalt zu setzen. Durch die Worte "bisher zu zahlenden Unterhaltsbetrag" wird deutlich dass der bisherige "Zahlbetrag" und nicht der "Tabellenbetrag" bei der Berechnung einzusetzen ist.

Satz 4 Buchstabe b behandelt die Fälle des bisherigen § 1612b Abs. 2 BGB, in denen das hälftige Kindergeld nicht anzurechnen, sondern hinzuzurechnen ist. Diese Fälle werden zukünftig durch § 1612b Abs. 1 Nr. 2 BGB des Entwurfs erfasst. Das neue System der bedarfsdeckenden Verrechnung führt dabei dazu, dass das Kindergeld den beiden barunterhaltspflichtigen Eltern nicht hälftig, sondern entsprechend ihren Haftungsanteilen zukommt (§ 1606 Abs. 3 Satz 1 BGB). Diese Gesetzesänderung kann im Rahmen einer bloßen Umstellung indes nicht berücksichtigt werden; hierzu ist eine Abänderungsklage erforderlich (Nummer 3 Satz 6 in Verbindung mit Nummern 1 und 2). Für die Umrechnung nach Satz 4

Buchstabe b verbleibt es daher zunächst bei einer Hinzurechnung des hälftigen Kindergelds.

Dadurch kann die Dynamisierung auch in diesen Fällen erhalten bleiben.

Satz 4 Buchstabe c behandelt die Fälle des bisherigen § 1612b Abs. 3 BGB. § 1612b Abs. 3 BGB findet Anwendung, wenn der andere Elternteil verstorben oder nicht kindergeldberechtigt ist. Im letztgenannten Fall können sich durch die neue Regelung des § 1612b BGB-Entwurf Änderungen ergeben, da das Kindergeld nach dieser Vorschrift auch dann bedarfsmindernd zu verrechnen ist, wenn nur einer der Elternteile kindergeldberechtigt ist. Auch diese Änderung kann bei einer bloßen Umstellung des Titels aber nicht berücksichtigt werden. Es bleibt daher zunächst in allen diesen Fällen bei einer Berücksichtigung des vollen Kindergeldes.

Den Betroffenen steht gegebenenfalls der Weg über eine Abänderungsklage offen (Nummer 3 Satz 6 in Verbindung mit Nummern 1 und 2).

Satz 4 Buchstabe d schließlich behandelt den Fall, dass der Titel oder die Vereinbarung weder eine Anrechnung noch eine Hinzurechnung des Kindergelds oder eines Teils des Kindergelds anordnet. Damit werden zwei Fallkonstellationen erfasst: Zum einen geht es um Fälle, in denen eine Anrechnung des Kindergelds wegen § 1612b Abs. 5 BGB vollkommen unterbleibt. Zum anderen werden Fälle geregelt, bei denen Kindergeld überhaupt nicht ausbezahlt wird. Da die genaue Ursache für eine unterbliebene Anrechnung oder Hinzurechnung des Kindergelds dem Titel bzw. der Vereinbarung nicht entnommen werden kann, behandelt die Übergangsvorschrift beide Fälle gleich und entsprechend zu den Fällen des Buchstaben a. Denn auch in diesen Fällen kann bei Umstellung auf den Mindestunterhalt als neuen Anknüpfungspunkt zukünftig das gesamte hälftige Kindergeld berücksichtigt werden.

Auf diese Weise bleibt die Dynamisierung auch dieser Titel erhalten.

Nummer 3 Satz 6 bestimmt, dass mit der Umstellung nach den vorangegangenen Sätzen noch keine Aussage darüber verbunden ist, ob die bisherigen Zahlbeträge dem neuen Recht entsprechen. So kann sich etwa durch den verbesserten Rang des Kindesunterhalts (§ 1609 BGB-Entwurf) in Mangelfällen ein höherer Kindesunterhalt ergeben. Die Regelungen der Sätze 1 bis 5 hindern die Beteiligten nicht daran, sich auf entsprechende Veränderungen zu berufen. Diese richten sich allein nach den Bestimmungen in den Nummern 1, 2.

Durch Nummer 4 soll gewährleistet werden, dass Verfahren, die vor dem Bundesgerichtshof anhängig sind, auf der Grundlage des neuen Rechts sachgerecht abgewickelt werden können.

Zu diesem Zweck regelt Satz 1 eine Ausnahme von dem Grundsatz, dass neue Tatsachen im Revisionsverfahren nicht berücksichtigt werden. Sind die aufgrund der Übergangsregelung neu vorgetragenen Tatsachen unstreitig, so hat das Revisionsgericht unter den Voraussetzungen von § 563 Abs. 3 ZPO eine eigene Sachentscheidung zu treffen. Wird jedoch eine Beweisaufnahme notwendig, so soll das Revisionsgericht nach Satz 2 befugt sein, die Sache an das Berufungsgericht zurückzuverweisen. Eine Zurückverweisung kommt insbesondere in Betracht, wenn aufgrund der neuen Tatsachen eine umfangreiche oder aufwändige Beweisaufnahme erforderlich wird. Das Revisionsgericht soll aber nicht zur Zurückverweisung verpflichtet sein sondern wenigstens kleinere Beweisaufnahmen selbst durchführen können.

Dies entspricht den von der Rechtsprechung entwickelten Grundsätzen zur Beweisaufnahme in der Revisionsinstanz, soweit neue Tatsachen ausnahmsweise berücksichtigungsfähig sind (vgl. MünchKomm-Wenzel, ZPO Aktualisierungsband ZPO-Reform 2002 2. Aufl. 2002, § 559 Rn. 33; Stein/Jonas-Grunsky, ZPO 21. Aufl. 1994, § 561 Rn. 35).

Nummer 5 sieht vor, dass in einer Unterhaltssache eine bereits geschlossene mündliche Verhandlung auf Antrag wieder zu eröffnen ist, um den Parteien Gelegenheit zu geben, Tatsachen, die erst durch dieses Gesetz Relevanz erlangt haben, noch vorzutragen. Das Ermessen des Gerichts, die mündliche Verhandlung wiederzueröffnen ( § 156 Abs. 1 ZPO), wird durch diese Bestimmung reduziert, um eine einheitliche Rechtsanwendung sicherzustellen.

Aus prozessökonomischen Gründen soll gewährleistet werden, dass die neuen Tatsachen noch in derselben Instanz bzw. in demselben Verfahren vorgebracht werden können und nicht erst im Rechtsmittelverfahren oder im Wege einer Abänderungsklage.

Nummer 6 schließt eine Rückwirkung des neuen Rechts auf Unterhaltsleistungen aus, die vor dem Inkrafttreten dieses Gesetzes fällig geworden sind. Weiter wird durch Nummer 6 klargestellt dass das neue Recht auch nicht in Bezug auf Unterhaltsansprüche von Ehegatten gilt deren Ehe nach dem bis zum 30. Juni 1977 geltenden Recht geschieden wurde.

Denn deren Unterhaltsansprüche richten sich gemäß Art. 12 Nr. 3 Abs. 2 des Ersten Gesetzes zur Reform des Ehe- und Familienrechts vom 14. Juni 1976 (1. EheRG; BGBl. I S. 1421) nach dem bis zum Inkrafttreten des 1. EheRG geltenden Recht und damit nach den §§ 58 ff. EheG.

Zu Abs. 3 (Änderung der Zivilprozessordnung)

Bei den Nummern 1 bis 6 handelt es sich um rein redaktionelle Folgeänderungen, durch die das vereinfachte Verfahren über den Unterhalt Minderjähriger sprachlich an das neue System des Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 Entwurf und die geänderte Kindergeldverrechnung nach § 1612b Entwurf angepasst wird. Mit der Umstellung auf den Mindestunterhalt ergibt sich die Notwendigkeit, die in § 645 ZPO enthaltene Begrenzung des Unterhaltsbetrags, der im vereinfachten Verfahren verlangt werden kann - bislang ist das das Eineinhalbfache der jeweils maßgeblichen Regelbeträge -, an das neue System anzupassen. Die gewählte Größe, das 1,2-fache des Mindestunterhalts, gewährleistet, dass das vereinfachte Verfahren künftig in etwa in dem gleichen Umfang wie bisher eröffnet ist. In Bezug auf die Kindergeldverrechnung war zu berücksichtigen, dass an die Stelle der bisherigen Anrechnung des Kindergelds auf den Barunterhaltsanspruch des Kindes künftig der bedarfsmindernde Vorwegabzug des Kindergelds tritt. Die bisherige Formulierung im Gesetz, dass das Kindergeld "angerechnet" wird, passt daher nicht mehr. Sie wird durch das Verb "berücksichtigen" ersetzt ohne dass damit eine sachliche Änderung verbunden wäre.

Bei Nummer 7 handelt es sich ebenfalls um eine redaktionelle Folgeänderung, mit dem der erst durch das EG-Vollstreckungstitel-Durchführungsgesetz vom 18. August 2005 (BGBl. I S. 2477) neu gefasste § 790 ZPO an das neue System angepasst wird, um künftig Unterhaltstitel, die den Kindesunterhalt als Prozentsatz des Mindestunterhalts in dynamisierter Form festsetzen, für Zwecke der Zwangsvollstreckung im Ausland konkret beziffern zu können.

Bereits vorliegende dynamisierte Titel, die den Kindesunterhalt noch als Prozentsatz des jeweiligen Regelbetrags nach der Regelbetrag-Verordnung festsetzen, sind nach § 35 Nr. 3 EGZPO zunächst auf den Mindestunterhalt umzustellen und können sodann konkret beziffert werden. Entsprechendes gilt, soweit eine Berücksichtigung des Kindergelds ( § 1612b BGB) in dynamisierter Form möglich ist (vgl. Bundestagsdrucksache 15/5222, 12; Wagner, in: Festschrift für Hans-Jürgen Sonnenberger (2004), 727 731 f.).

Bei Nummer 8 handelt es sich um eine sachlich gebotene Folgeänderung: Die in § 850d Abs. 2 ZPO enthaltene Rangfolge zwischen pfändenden Unterhaltsgläubigern wird, da die materiellrechtliche Regelung und das Zwangsvollstreckungsrecht übereinstimmen müssen, mit der neuen, durch den Entwurf geschaffenen unterhaltsrechtlichen Rangfolge (§ § 1609 BGB, 16 LPartG) in Einklang gebracht.

Im Zwangsvollstreckungsrecht wird im Übrigen zu prüfen sein, ob und inwieweit die neue unterhaltsrechtliche Rangfolge eine Fortentwicklung von § 850c Abs. 1 ZPO erforderlich macht. Da Änderungen im Vollstreckungsrecht stets das Verhältnis zwischen Gläubiger und Schuldner sowie der Gläubiger untereinander berühren, ist an dieser Stelle eine punktuelle Änderung nicht zweckmäßig. Eventuell notwendige Anpassungen sollen vielmehr in einem eigenen Gesetz erfolgen.

Zu Abs. 4, 5 (Änderung von Gerichtskostengesetz und Kostenordnung)

Über die Umsetzung der erforderlichen Folgeänderung hinaus bezweckt die Änderung eine sprachliche Verbesserung von § 42 Abs. 1 Satz 2 Gerichtskostengesetz und § 24 Abs. 4 Satz 2 Kostenordnung.

Zu Abs. 6 (Änderung von Art. 229 § 2 EGBGB)

Es handelt sich um eine Folgeänderung: Der bisherige Art. 229 § 2 Abs. 2 EGBGB betraf die Umstellung der Regelbetrag-Verordnung auf den Euro zum 1. Januar 2002. Die Vorschrift ist nicht mehr erforderlich, weil die Regelbetrag-Verordnung mittlerweile umgestellt und mit der Einführung des Mindestunterhalts entbehrlich geworden ist.

Zu Artikel 4 (Inkrafttreten, Außerkrafttreten)

Artikel 4 regelt das Inkrafttreten dieses Gesetzes sowie die Aufhebung des Kindesunterhaltsgesetzes und der Regelbetrag-Verordnung. Das Gesetz zur Änderung des Unterhaltsrechts soll zeitgleich mit der Anpassung des Unterhaltsvorschussgesetzes in Kraft treten.

Das Kindesunterhaltsgesetz (KindUG) kann, nachdem die dort angeordneten Änderungen anderer Gesetze umgesetzt worden und einzelne Bestimmungen bereits mit Wirkung zum 2. Juli 2003 außer Kraft getreten sind (vgl. Art. 8 Abs. 2 KindUG), nunmehr vollständig aufgehoben werden: Art. 5 § 1 KindUG wird aufgehoben, weil mit der Einführung eines einheitlichen Mindestunterhalts durch § 1612a Abs. 1 BGB-Entwurf die bisher im Bereich des Kindesunterhaltsrechts übliche Differenzierung bei der Unterhaltshöhe danach, ob das unterhaltsbedürftige Kind in West- oder in Ostdeutschland bzw. den östlichen Bezirken von Berlin lebt entfällt. Mit der Aufhebung der Regelbetrag-Verordnung kann auch Art. 8 KindUG entfallen.

Mit der Anknüpfung des gesetzlichen Mindestunterhalts nach § 1612a Abs. 1 BGB-Entwurf an den einkommensteuerrechtlichen Kinderfreibetrag ist die Regelbetrag-Verordnung entbehrlich.