A. Problem und Ziel
- Die Europäische Gemeinschaft hat am 17. Juni 2008 die Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-Verordnung) erlassen (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6). Sie gilt ab dem 17. Dezember 2009 in Deutschland unmittelbar und verdrängt die bislang geltenden Regelungen der Artikel 27 ff. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche und die Artikel 7 ff. des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz.
- Im Interesse der Rechtsklarheit und -einfachheit soll der europarechtlich bedingte Anwendungsvorrang der Rom-I-Verordnung klar herausgestellt werden. Darüber hinaus muss das deutsche Recht mit der Verordnung in Einklang gebracht und sichergestellt werden dass die Vorschriften der Verordnung problemlos angewendet werden können.
B. Lösung
- Der Gesetzentwurf klärt das Zusammenwirken der neuen EG-Verordnung mit den nationalen Regelungen im Bereich des Internationalen Privatrechts. Die Vorschriften, an deren Stelle die Verordnung tritt, werden aufgehoben. Das sonstige nationale Recht wird mit dem Text der Verordnung in Einklang gebracht. Schließlich enthält der Gesetzentwurf eine Vorschrift, die zur Durchführung der Rom-I-Verordnung erforderlich ist.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte
- 1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
Keine
- 2. Vollzugsaufwand
Keiner
E. Sonstige Kosten
- Kosten für Wirtschaftsunternehmen, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen, oder für soziale Sicherungssysteme entstehen nicht. Die Ausführung des Gesetzes wird keine Auswirkungen auf die Einzelpreise oder das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, haben.
F. Bürokratiekosten
- Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 2. Januar 2009
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Dr. Angela Merkel
Fristablauf: 13.02.09
Entwurf eines Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008
Vom ...
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
Änderung des Einführungsgesetzes zum
Bürgerlichen Gesetzbuche Das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche in der Fassung der Bekanntmachung vom 21. September 1994 (BGBl. I S. 2494; 1997 I S. 1061), das zuletzt durch ... geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Artikel 3 Nummer 11 wird wie folgt gefasst:
"1. unmittelbar anwendbare Regelungen der Europäischen Gemeinschaft in ihrer jeweils geltenden Fassung, insbesondere
- a) die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. Juli 2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II) (ABl. L 199 vom 31.7.2007, S. 40), sowie
- b) die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6), oder".
- 2. Artikel 11 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 4 wird aufgehoben.
- b) Absatz 5 wird Absatz 4.
- 3. Die Überschrift des Fünften Abschnitts wird wie folgt gefasst:
"Fünfter Abschnitt Außervertragliche Schuldverhältnisse".
- 4. Der Fünfte Abschnitt Erster Unterabschnitt wird aufgehoben.
- 5. Vor Artikel 38 wird die Überschrift "Zweiter Unterabschnitt, Außervertragliche Schuldverhältnisse" gestrichen.
- 6. Vor Artikel 46a2 wird folgende Überschrift eingefügt:
"Erster Unterabschnitt Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 864/2007".
- 7. Die Überschrift von Artikel 46a3 wird wie folgt gefasst:
"Artikel 46a
Umweltschädigungen". - 8. Nach Artikel 46a4 wird folgender Zweiter Unterabschnitt eingefügt5:
"Zweiter Unterabschnitt
Durchführung der Verordnung (EG) Nr. 593/2008Artikel 46b
Verbraucherschutz für besondere Gebiete- (1) Unterliegt ein Vertrag auf Grund einer Rechtswahl nicht dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, weist der Vertrag jedoch einen engen Zusammenhang mit dem Gebiet eines dieser Staaten auf, so sind die im Gebiet dieses Staates geltenden Bestimmungen zur Umsetzung der Verbraucherschutzrichtlinien gleichwohl anzuwenden.
- (2) Ein enger Zusammenhang ist insbesondere anzunehmen, wenn der Unternehmer
- 1. in dem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum, in dem der Verbraucher seinen gewöhnlichen Aufenthalt hat, eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder
- 2. eine solche Tätigkeit auf irgend einem Wege auf diesen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einen anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum oder auf mehrere Staaten, einschließlich dieses Staates, ausrichtet und der Vertrag in den Bereich dieser Tätigkeit fällt.
- (3) Die Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuchs über Teilzeit-Wohnrechteverträge sind auf einen Vertrag, der nicht dem Recht eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum unterliegt, auch anzuwenden, wenn das Wohngebäude im Hoheitsgebiet eines dieser Staaten liegt.
- (4) Verbraucherschutzrichtlinien im Sinne dieser Vorschrift sind in ihrer jeweils geltenden Fassung:
- 1. die Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 5. April 1993 über missbräuchliche Klauseln in Verbraucherverträgen (ABl. Nr. L 95 vom 21.4.1993, S. 29);
- 2. die Richtlinie 94/47/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Oktober 1994 zum Schutz der Erwerber im Hinblick auf bestimmte Aspekte von Verträgen über den Erwerb von Teilzeitnutzungsrechten an Immobilien (ABl. Nr. L 280 vom 29.10.1994, S. 83);
- 3. die Richtlinie 97/7/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 20. Mai 1997 über den Verbraucherschutz bei Vertragsabschlüssen im Fernabsatz (ABl. Nr. L 144 vom 4.6.1997, S. 19);
- 4. die Richtlinie 1999/44/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 25. Mai 1999 zu bestimmten Aspekten des Verbrauchsgüterkaufs und der Garantien für Verbrauchsgüter (ABl. Nr. L 171 vom 7.7.1999, S. 12);
- 5. die Richtlinie 2002/65/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. September 2002 über den Fernabsatz von Finanzdienstleistungen an Verbraucher und zur Änderung der Richtlinie 90/619/EWG des Rates und der Richtlinien 97/7/EG und 98/27/EG (ABl. Nr. L 271 vom 9.10.2002, S. 16);
- 6. die Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates (ABl. Nr. L 133 vom 22.5.2008, S. 66).
Artikel 46c
Pflichtversicherungsverträge- (1) Ein Versicherungsvertrag über Risiken, für die ein Mitgliedstaat der Europäischen Union oder ein anderer Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum eine Versicherungspflicht vorschreibt, unterliegt dem Recht dieses Staates, sofern dieser dessen Anwendung vorschreibt.
- (2) Ein über eine Pflichtversicherung abgeschlossener Vertrag unterliegt deutschem Recht, wenn die gesetzliche Verpflichtung zu seinem Abschluss auf deutschem Recht beruht."
Artikel 2
Änderungen anderer Rechtsvorschriften
- (1) In § 310 Absatz 3 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs in der Fassung der Bekanntmachung vom 2. Januar 2002 (BGBl I S. 42, 2909; 2003 I S. 738), das zuletzt durch Artikel 7 des Gesetzes vom 30. Oktober 2008 (BGBl. I S. 2122) geändert worden ist wird die Angabe "29a" durch die Angabe "46b" ersetzt.
- (2) In § 17 Satz 2 der Versicherungsvermittlungsverordnung vom 15. Mai 2007 (BGBl. I S. 733, 1967), die zuletzt durch [...]6 geändert worden ist, werden die Wörter "Artikels 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zu dem Gesetz über den Versicherungsvertrag" durch die Wörter "§ 210 Absatz 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag" ersetzt.
- (3) In § 10 Absatz 3 und § 111 Absatz 2 des Versicherungsaufsichtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 17. Dezember 1992 (BGBl. 1993 I S. 2), das zuletzt durch Artikel 6 Absatz 2 des Gesetzes vom 17. Oktober 2008 (BGBl. I S. 1982) geändert worden ist, werden jeweils die Wörter "Artikel 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz" durch die Wörter "§ 210 Absatz 2 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag" ersetzt.
- (4) Das Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz in der im Bundesgesetzblatt Teil III, Gliederungsnummer 7632-2, veröffentlichten bereinigten Fassung, das zuletzt durch Artikel 4 des Gesetzes vom 10. Dezember 2007 (BGBl. I S. 2833) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. Die Überschrift vor Artikel 1 wird gestrichen.
- 2. Das Zweite Kapitel wird aufgehoben.
- (5) Das Gesetz über den Versicherungsvertrag vom 23. November 2007 (BGBl. I S. 2631), das zuletzt durch Artikel 9 des Gesetzes vom 28. Mai 2008 (BGBl. I S. 874) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
- 1. In der Inhaltsübersicht7 wird nach der Angabe zu § 215 folgende Angabe eingefügt:
"§ 216 Prozessstandschaft bei Versicherermehrheit".
- 2. In § 6 Absatz 6, § 7 Absatz 5 Satz 1, § 8 Absatz 3 Satz 1 Nummer 4 sowie § 65 werden jeweils die Wörter "Artikels 10 Abs. 1 Satz 2 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz" durch die Wörter "§ 210 Absatz 2" ersetzt.
- 3. § 210 wird wie folgt gefasst:"
§ 210 Großrisiken, laufende Versicherung
- (1) Die Beschränkungen der Vertragsfreiheit nach diesem Gesetz sind auf Großrisiken und auf laufende Versicherungen nicht anzuwenden.
- (2) Großrisiken im Sinne dieser Vorschrift sind:
- 1. Risiken der unter den Nummern 4 bis 7, 10 Buchstabe b sowie den Nummern 11 und 12 der Anlage Teil A zum Versicherungsaufsichtsgesetz erfassten Transport- und Haftpflichtversicherungen,
- 2. Risiken der unter den Nummern 14 und 15 der Anlage Teil A zum Versicherungsaufsichtsgesetz erfassten Kredit- und Kautionsversicherungen bei Versicherungsnehmern, die eine gewerbliche, bergbauliche oder freiberufliche Tätigkeit ausüben wenn die Risiken damit in Zusammenhang stehen, oder
- 3. Risiken der unter den Nummern 3, 8, 9, 10, 13 und 16 der Anlage Teil A zum Versicherungsaufsichtsgesetz erfassten Sach-, Haftpflicht- und sonstigen Schadensversicherungen bei Versicherungsnehmern, die mindestens zwei der folgenden drei Merkmale überschreiten:
- a) 6 200 000 Euro Bilanzsumme,
- b) 12 800 000 Euro Nettoumsatzerlöse,
- c) im Durchschnitt 250 Arbeitnehmer pro Wirtschaftsjahr.
Gehört der Versicherungsnehmer zu einem Konzern, der nach § 290 des Handelsgesetzbuchs, nach § 11 des Publizitätsgesetzes vom 15. August 1969 (BGBl. I S. 1189) in der jeweils gültigen Fassung oder nach dem mit den Anforderungen der Siebten Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 aufgrund von Artikel 54 Buchstabe g des Vertrages über den konsolidierten Abschluss (ABl. Nr. L 193 vom 18.7.1983, S. 1) in der jeweils geltenden Fassung übereinstimmenden Recht eines anderen Mitgliedstaats der Europäischen Gemeinschaft oder eines anderen Vertragsstaats des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum einen Konzernabschluss aufzustellen hat, so sind für die Feststellung der Unternehmensgröße die Zahlen des Konzernabschlusses maßgebend."
- 4. Folgender § 216 wird angefügt:"
§ 216 Prozessstandschaft bei Versicherermehrheit
- Ist ein Versicherungsvertrag mit den bei Lloyd"s vereinigten Einzelversicherern nicht über eine Niederlassung im Geltungsbereich dieses Gesetzes abgeschlossen worden und ist ein inländischer Gerichtsstand gegeben, so können Ansprüche daraus gegen den bevollmächtigten Unterzeichner des im Versicherungsschein an erster Stelle aufgeführten Syndikats oder einen von diesem benannten Versicherer geltend gemacht werden; ein darüber erzielter Titel wirkt für und gegen alle an dem Versicherungsvertrag beteiligten Versicherer."
- 1. In der Inhaltsübersicht7 wird nach der Angabe zu § 215 folgende Angabe eingefügt:
- (6) In § 21 Absatz 4 Satz 1 des Flaggenrechtsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 26. Oktober 1994 (BGBl. I S. 3140), das zuletzt durch Artikel 326 der Verordnung vom 31. Oktober 2006 (BGBl. I S. 2407) geändert worden ist, werden die Wörter "Artikels 30 des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuch vorbehaltlich der" durch die Wörter "Artikels 8 der Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 17. Juni 2008 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I) (ABl. L 177 vom 4.7.2008, S. 6) vorbehaltlich anderer" ersetzt.
Artikel 3
Inkrafttreten
Dieses Gesetz tritt am 17. Dezember 2009 in Kraft.
Begründung
A. Allgemeiner Teil
I. Ausgangslage, Ziel und Inhalt des Entwurfs
- 1. Die Mitgliedstaaten haben die Europäische Gemeinschaft durch den am 1. Mai 1999 in Kraft getretenen Amsterdamer Vertrag (BGBl. 1999 II S. 296) ermächtigt, die Regelungen im Bereich des Internationalen Privatrechts zu vereinheitlichen (Artikel 61 Buchstabe c, Artikel 65 Buchstabe b des Vertrages zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft - EG-Vertrag). Am 11. Juli 2007 hat die Europäische Gemeinschaft erstmals von dieser Kompetenz Gebrauch gemacht und die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 über das auf außervertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-II-Verordnung) verabschiedet. Die Rom-II-Verordnung regelt, welches Recht bei Sachverhalten mit Auslandsbezug auf Schuldverhältnisse aus Delikt, ungerechtfertigter Bereicherung, Geschäftsführung ohne Auftrag und Verschulden bei Vertragsverhandlungen anzuwenden ist. Der Deutsche Bundestag hat das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an diese Verordnung (BT-Drs. 016/9995) am 16. Oktober 2008 verabschiedet. Der Bundesrat hat am 7. November 2008 beschlossen, einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen (BR-Drs. 738/08 (PDF) ).
- 2. Am 17. Juni 2008 ist in Brüssel die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlaments und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-Verordnung) verabschiedet worden. Im Rahmen des räumlichen Anwendungsbereichs des EG-Vertrages (Artikel 299 EG), d. h. für Deutschland räumlich unbeschränkt tritt die Rom-I-Verordnung nach ihrem Artikel 24 Absatz 1 ab dem 17. Dezember 2009 an die Stelle des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ). Die Vorschriften dieses Übereinkommens sind durch die Artikel 27 ff. des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche (EGBGB) in das deutsche Recht integriert worden.
- 3. Die Rom-I-Verordnung gilt nicht in Dänemark, weil Dänemark aufgrund der Sonderregelung nach Artikel 69 EG in Verbindung mit Artikel 1 und 2 des Protokolls über die Position Dänemarks zum Amsterdamer Vertrag generell nicht an der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen nach Titel IV des EG-Vertrages teilnimmt. Irland hat zu Beginn der Verhandlungen zur Rom-I-Verordnung bereits von seiner Möglichkeit Gebrauch gemacht, sich an der Rom-I-Verordnung zu beteiligen, so dass die Verordnung auch in Irland gilt. Vor kurzem hat auch das Vereinigte Königreich mitgeteilt, dass es sich an der Verordnung beteiligen will (Artikel 69 EG in Verbindung mit dem Protokoll über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands zum Amsterdamer Vertrag). In Ihrer Stellungnahme vom 7. November 2008 gemäß Artikel 4 Satz 2 des Protokolls über die Position des Vereinigten Königreichs zum Amsterdamer Vertrag in Verbindung mit Artikel 11 und 11a Satz 1, 2. Halbsatz EG hat die Europäische Kommission dieses Ansinnen gutgeheißen [Dok. KOM (2008) 730 endgültig].
- 4. Aufgrund der sich abzeichnenden Vergemeinschaftung des Internationalen Privatrechts wird der Rechtsanwender in diesem Rechtsgebiet in zunehmendem Maße vorrangig gemeinschaftsrechtliche Regelungen anzuwenden haben. Um diesen Paradigmenwechsel deutlich sichtbar zu machen, wird mit Wirkung ab dem 11. Januar 2009 durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (BT-Drs. 016/9995) an die Spitze der internationalprivatrechtlichen Vorschriften des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche ein neu gefasster Artikel 3 eingefügt, der die Existenz und den Vorrang der gemeinschaftlichen Rechtsakte noch klarer herausstellt, als dies im geltenden Recht der Fall ist. Ausgehend vom Anwendungsvorrang des Gemeinschaftsrechts gibt der neue Artikel 3 die Prüfungsreihenfolge der möglichen Rechtsgrundlagen wieder und führt in diesem Zusammenhang die Rom-II-Verordnung namentlich auf. In dieser Vorschrift soll nun auch die Rom-I-Verordnung mit aufgelistet werden. Dies dient der Rechtsklarheit und vermeidet, dass die Anwendbarkeit eines EG-Rechtsaktes übersehen wird.
- 5. Die Rom-I-Verordnung ist gemäß Artikel 249 Absatz 2 Satz 2 EG unmittelbar anzuwenden und verdrängt innerhalb ihres Anwendungsbereichs bestehendes nationales Recht. Ihre Vorschriften können deshalb nicht in das Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche aufgenommen werden. Die Artikel 27 bis 29 EGBGB sowie die Artikel 30 bis 37 EGBGB sind daher aufzuheben. Im Gegensatz dazu muss Artikel 29a EGBGB der Sache nach aufrechterhalten bleiben, da er der Umsetzung verbraucherrechtlicher Richtlinien dient, deren Weitergeltung die Rom-I-Verordnung vorsieht (Artikel 23 Rom-I-Verordnung). Innerhalb des Rahmens, der dem nationalen Gesetzgeber vorgegeben ist, soll der Wortlaut des Artikels 29a EGBGB jedoch möglichst weitgehend mit dem Text der Anknüpfungsregel für Verbraucherverträge in der Rom-I-Verordnung (Artikel 6 Rom-I-Verordnung) in Einklang gebracht werden. Damit der Rechtsanwender die Vorschrift leichter auffinden kann, soll darüber hinaus der Standort geändert werden. Zudem wird die Systematik im Fünften Abschnitt des EGBGB an die neue Rechtslage angepasst: Weil dieser Abschnitt künftig ausschließlich Regelungen zu den außervertraglichen Schuldverhältnissen enthält, erübrigt sich die Einteilung des Fünften Abschnitts in Unterabschnitte. Da die Rom-I-Verordnung eine eigene Regelung über das auf die Form von Schuldverträgen anwendbare Recht enthält (Artikel 11 Rom-I-Verordnung), kann ferner die entsprechende Regelung im autonomen deutschen Recht ( Artikel 11 EGBGB) verschlankt werden.
- 6. Bei Rückversicherungsverträgen bestimmt sich das anwendbare Recht derzeit - ohne Rücksicht auf die Belegenheit des versicherten Risikos - nach den Anknüpfungsregeln des Übereinkommens vom 19. Juni 1980 über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (EVÜ). Demgegenüber ist bei den Direktversicherungsverträgen zu differenzieren. Das EVÜ gilt hier nur, soweit das versicherte Risiko außerhalb der Europäischen Union belegen ist. Für die sonstigen Direktversicherungsverträge bestimmt sich das anwendbare Recht in Deutschland nach den in erster Linie auf der Umsetzung versicherungsrechtlicher Richtlinien beruhenden Artikeln 7 bis 15 des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz (EGVVG).
Die Rom-I-Verordnung löst dieses für den Rechtsanwender missliche, auf mehrere Rechtsinstrumente verteilte Kollisionsrecht ab und macht die Verordnung zum einzigen Standort der Anknüpfungsregeln für Versicherungsverträge. Rechtstechnisch wird dies durch den Vorrang der Rom-I-Verordnung gegenüber den besonderen Kollisionsnormen in den versicherungsrechtlichen Richtlinien erreicht (Artikel 23 Rom-I-Verordnung).
Mit dem vorliegenden Gesetzentwurf, der zeitgleich mit der Rom-I-Verordnung am 17. Dezember 2009 in Kraft treten soll, sind daher auch die maßgeblichen Regelungen im deutschen Recht, die in erster Linie aufgrund der Umsetzung versicherungsrechtlicher Richtlinien ergangen sind, zu streichen.
- 7. Darüber hinaus soll die versicherungsrechtliche Anknüpfungsregel in Artikel 7 Rom-I-Verordnung durch eine nationale Durchführungsvorschrift ergänzt werden. Diese Vorschrift soll in den Siebenten Abschnitt des EGBGB integriert werden, der durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung(EG) Nr. 864/2007 (BT-Drs. 016/9995) neu geschaffen worden ist. Um dem Rechtsanwender die Arbeit zu erleichtern, wird diese Vorschrift nicht gänzlich neu konzipiert sondern, soweit wie möglich, der Vorschrift im Einführungsgesetz zum Versicherungsvertragsgesetz nachgebildet.
- 8. Eine Befristung des Gesetzes kommt nicht in Betracht, da die Regelungen im Zusammenhang mit der Rom-I-Verordnung ergehen, die ebenfalls unbefristet gilt.
II. Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes
Die Gesetzgebungszuständigkeit des Bundes ergibt sich aus Artikel 74 Absatz 1 Nummer 1 des Grundgesetzes (Bürgerliches Recht, Gerichtliches Verfahren). Der Entwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union vereinbar.
III. Kosten und Preise
Eine Kostenbelastung entsteht durch das Gesetz weder für Bund, Länder und Kommunen noch für Wirtschaftsunternehmen, insbesondere kleine und mittlere Unternehmen. Die Ausführung dieses Gesetzes wird sich weder auf Einzelpreise noch auf das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau, auswirken.
IV. Bürokratiekosten
Es werden keine Informationspflichten für Bürgerinnen und Bürger, die Wirtschaft und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
V. Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung
Das Gesetz hat keine Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1 (Änderung des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche)
Zu Nummer 1 (Artikel 3)
Artikel 3 EGBGB in der Fassung des Gesetzes zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (BT-Drs. 016/9995) zeigt den Anwendungsbereich des im Einführungsgesetz zum Bürgerlichen Gesetzbuche kodifizierten Internationalen Privatrechts im Verhältnis zu unmittelbar anwendbaren Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft und des Völkerrechts auf. Die Erweiterung des Artikels 3 EGBGB, die nunmehr im Zusammenhang mit der Rom-I-Verordnung vorgeschlagen wird, stellt klar, dass zum vorrangigen Gemeinschaftsrecht auch die Rom-I-Verordnung zählt.
Dies dient der Rechtsklarheit und -einfachheit und vermeidet, dass die Anwendbarkeit eines EG-Rechtsakts übersehen wird.
Zu Nummer 2 (Artikel 11)
Artikel 11 Absatz 4 EGBGB regelt speziell die Formgültigkeit vertraglicher Schuldverhältnisse, die dingliche Rechte sowie die Miete und Pacht von Grundstücken betreffen. Diese Sachverhalte werden künftig von Artikel 11 Absatz 5 der Rom-I-Verordnung erfasst und sind somit hinsichtlich der Formgültigkeit bereits durch das vorrangige Gemeinschaftsrecht geregelt. Einer Beibehaltung des Artikels 11 Absatz 4 EGBGB bedarf es daher nicht.
Eine gänzliche Streichung des Artikels 11 EGBGB scheidet aus, da sich der übrige Anwendungsbereich dieser Vorschrift nicht nur auf die von der Rom-I-Verordnung erfassten Schuldverträge erstreckt, sondern ganz allgemein auf Rechtsgeschäfte.
Infolge der Streichung des Artikels 11 Absatz 4 wird der bisherige Absatz 5 dieser Vorschrift zum neuen Absatz 4.
Zu Nummer 3 (Fünfter Abschnitt)
Die Rom-I-Verordnung tritt an die Stelle des EVÜ, dessen Vorschriften insbesondere durch die Artikel 27 bis 29 und 30 bis 37 in das deutsche EGBGB integriert worden sind.
Da das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht nunmehr unmittelbar durch die Rom-I-Verordnung geregelt ist, sind die Regelungen im EGBGB betreffend die vertraglichen Schuldverhältnisse aufzuheben.
Im Fünften Abschnitt des EGBGB verbleiben daher künftig ausschließlich die Kollisionsregeln betreffend außervertragliche Schuldverhältnisse. Die Überschrift des Fünften Abschnitts ist entsprechend anzupassen.
Zu Nummer 4 (Erster Unterabschnitt, Artikel 27 bis 37)
Infolge der unmittelbaren Geltung der Rom-I-Verordnung sind die Artikel 27 bis 29 und 30 bis 37 EGBGB aufzuheben. Aus Artikel 28 Rom-I-Verordnung ergibt sich, dass die Verordnung erst auf Verträge anzuwenden ist, die nach dem 17. Dezember 2009 geschlossen werden dies hat zur Folge, dass die Vorschriften des EGBGB für Verträge, die bis zu diesem Datum geschlossen worden sind, anwendbar bleiben.
Artikel 29a EGBGB wird in leicht geänderter Form in den Artikel 46b EGBGB überführt, da nach der Aufhebung der Artikel 27 bis 29 und 30 bis 37 ein isoliert an alter Stelle verbliebener Artikel 29a EGBGB für den Rechtsanwender nur schwer auffindbar wäre.
Insgesamt gesehen kann daher der gesamte Erste Unterabschnitt des Fünften Abschnitts aufgehoben werden.
Zu Nummer 5 (Überschrift vor Artikel 38)
Infolge des Wegfalls der Unterteilung des Fünften Abschnitts des EGBGB in Unterabschnitte ist die Überschrift des Zweiten Unterabschnittes vor Artikel 38 ebenfalls zu streichen.
Zu Nummer 6 (Erster Unterabschnitt)
Im Interesse der Übersichtlichkeit und der Gesetzessystematik soll der Siebte Abschnitt, in dem die Durchführungsbestimmungen für Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts aufgeführt werden, in Unterabschnitte untergliedert werden, die auf die einzelnen Rechtsakte der Europäischen Gemeinschaft Bezug nehmen. Artikel 46a EGBGB, der durch das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (BT-Drs. 016/9995) eingeführt wird, gehört dem Ersten Unterabschnitt an.
Zu Nummer 7 (Überschrift von Artikel 46a EGBGB)
Da nunmehr bereits durch die Einteilung in Unterabschnitte klargestellt wird, dass Artikel 46a EGBGB der Durchführung der Rom-II-Verordnung dient, kann die Überschrift des Artikels 46a EGBGB themenbezogen formuliert und damit in anwenderfreundlicher Weise präzisiert werden.
Zu Nummer 8 (Zweiter Unterabschnitt )
Der neue Zweite Unterabschnitt dient der Umsetzung der Rom-I-Verordnung und beinhaltet die Artikel 46b und 46c.
Der neue Artikel 46b entspricht inhaltlich - mit einer geringfügigen Veränderung - dem bisherigen Artikel 29a EGBGB. Im Gegensatz zu den Artikeln 27 bis 29 sowie den Artikeln 30 bis 37, die auf dem EVÜ beruhen, setzt Artikel 29a EGBGB kollisionsrechtliche Regelungen in sechs EU-Richtlinien auf dem Gebiet des Verbraucherschutzes um. Die Vorschrift enthält Kollisionsregeln für den Fall, dass die Vertragsparteien die Geltung drittstaatlichen Rechts vereinbaren, der Vertragsgegenstand jedoch einen "engen Zusammenhang mit dem Gebiet" eines EU-Mitgliedstaats oder eines Vertragsstaates des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum ("EWR") aufweist. Da die Rom-I-Verordnung dieses Richtlinienrecht unberührt lässt (Artikel 23 Rom-I-Verordnung), muss die Vorschrift im Grundsatz aufrechterhalten werden. Weil Artikel 29a EGBGB nach der Aufhebung der Artikel 27 bis 29 sowie der Artikel 30 bis 37 EGBGB für den Rechtsanwender jedoch an der bisherigen Stelle schwer auffindbar wäre, soll er in den Zweiten Unterabschnitt des Siebten Abschnitts und damit in den Kontext gemeinschaftsrechtlicher Regelungen eingestellt werden.
Die Regelbeispiele im geltenden Artikel 29a Absatz 2 EGBGB beruhen auf der Konzeption des Artikels 5 Absatz 2 EVÜ. Da an dessen Stelle Artikel 6 Absatz 1 Rom-I-Verordnung tritt sollen die Beispiele im neuen Artikel 46b Absatz 2 anhand dieser Vorschrift aus der Rom-I-Verordnung gebildet werden. Dies sorgt für Kohärenz zwischen der Rom-I-Verordnung und dem autonomen deutschen Recht. Dass auch die Beispiele im neuen Artikel 46b EGBGB nicht abschließend sind, ergibt sich aus dem Wort "insbesondere".
Da die Vorschrift auf Richtlinienrecht beruht, handelt es sich zwar nicht um eine Umsetzungsvorschrift zur Rom-I-Verordnung im engen Sinne. Sie erfasst aber diejenigen Sachverhalte, für die auch die Rom-I-Verordnung gilt. Infolgedessen erscheint ihre Verortung im Zweiten Unterabschnitt vertretbar. Aus der Sicht der Praxis erscheint sie sogar geboten.
Artikel 46c EGBGB enthält eine Durchführungsbestimmung zur Regelung der Rom-I-Verordnung über das anwendbare Recht bei Pflichtversicherungsverträgen (Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe b Rom-I-Verordnung), die ebenfalls in den Zweiten Unterabschnitt des Siebten Abschnittes eingestellt werden soll. Die Regelung nutzt den Spielraum, den der Europäische Gesetzgeber den Mitgliedstaaten einräumt, und beinhaltet eine spezielle Rechtsanwendungsregel im Bereich des Pflichtversicherungsrechts. Abgesehen von redaktionellen Verbesserungen entspricht die Regelung inhaltlich dem bisherigen Artikel 12 Absatz 1 und 2 EGVVG. Die Beibehaltung des Zusatzes "sofern dieser dessen Anwendung vorschreibt" in Artikel 46c Absatz 1 EGBGB, wie er in Artikel 12 Absatz 1 EGVVG formuliert ist, bewirkt, dass die Ausnahmeregelung für Pflichtversicherungsverträge einschränkend gehandhabt werden kann. Eine uneingeschränkte Verweisung hätte den Nachteil, dass sie zur Anwendung eines Rechts führen könnte, das aus dessen Sicht gar nicht angewendet werden will. Dies würde dem Sinn der Ermächtigung in Artikel 7 Absatz 4 Buchstabe b Rom-I-Verordnung widersprechen. Einer Regelung, die dem Artikel 12 Absatz 3 EGVVG entspricht, bedarf es im Hinblick auf Artikel 7 Absatz 5 Rom-I-Verordnung nicht.
Der Anwendungsausschluss in Artikel 1 Absatz 2 Buchstabe j Rom-I-Verordnung beruht auf einem schwedischen Vorschlag, der zwar von den anderen Mitgliedstaaten nicht aktiv unterstützt letzten Endes aber akzeptiert worden ist, um den Gesamtkompromiss zur Rom-I-Verordnung in erster Lesung nicht zu gefährden. Da sich für diese Sachverhalte aus deutscher Sicht kein Regelungsbedürfnis abzeichnet, wird von einer Sonderregelung abgesehen.
Zu Artikel 2 (Änderung anderer Rechtsvorschriften)
In § 310 Absatz 3 Nummer 2 des Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) ist der Verweis auf Artikel 29a EGBGB durch einen Verweis auf den neuen Artikel 46b EGBGB, der nunmehr die entsprechende Regelung enthält, zu ersetzen.
Da die Definition des Großrisikos aus Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 EGVVG in § 210 Absatz 2 VVG übernommen wird (Näheres siehe unten), sollen § 17 Satz 2 der Versicherungsvermittlungsverordnung (VersVermVO), §§ 10 Absatz 3 und 111 Absatz 2 VAG sowie §§ 6 Absatz 6, 7 Absatz 5 Satz 1, 8 Absatz 3 Nummer 4 und § 65 VVG nunmehr auf diesen neuen Standort der Definition verweisen.
Aufgrund des Vorrangs der Rom-I-Verordnung gegenüber dem kollisionsrechtlichen Richtlinienrecht (Artikel 23 Rom-I-Verordnung) bedarf es insoweit keiner nationalen Umsetzungsvorschriften zum versicherungsvertraglichen Richtlinienrecht mehr. Das Zweite Kapitel des Einführungsgesetzes zum Versicherungsvertragsgesetz mit den Artikeln 7 bis 15 EGVVG ist daher aufzuheben. Entsprechend entfällt auch die Überschrift zum Ersten Kapitel, da sich die Aufteilung in Kapitel erübrigt. Artikel 7 bis 15 EGVVG bleiben allerdings noch gültig für "Altfälle", d. h. für Versicherungsverträge, die vor dem 17. Dezember 2009 geschlossen worden sind (Artikel 28 Rom-I-Verordnung).
Das vorrangige Recht der Verordnung tritt an die Stelle des nationalen Rechts. Dies gilt auch für Krankenversicherungsverträge: Da Artikel 7 Absatz 4 Rom-I-Verordnung für Pflichtversicherungsverträge eine Geltung des Rechts desjenigen Staates anordnet, das die Versicherungspflicht vorschreibt und die private Krankenversicherung im deutschen Recht seit dem 1. Januar 2009 Pflichtversicherung ist, findet die Rom-I-Verordnung künftig auch hier Anwendung. Einer Vorschrift, die dem Artikel 13 EGVVG entspricht, bedarf es auch deshalb nicht.
Die internationalverfahrensrechtlichen Regelungen zur Prozessstandschaft bei Versicherermehrheit, die bislang in Artikel 14 EGVVG aufgeführt waren, werden nunmehr, da die Rom-I-Verordnung keine entsprechende Aussage zur Prozessstandschaft enthält, in einen neuen § 216 des Gesetzes über den Versicherungsvertrag (VVG) überführt.
Die Aufhebung der Artikel 7 bis 15 EGVVG umfasst auch die Definition des Großrisikos in Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 und 3 EGVVG. Da Artikel 7 Absatz 2 Rom-I-Verordnung hinsichtlich dieses Begriffs nicht auf umgesetztes Richtlinienrecht, sondern auf den Wortlaut der Richtlinien verweist, bedarf es insoweit zwar keiner Definitionsnorm im nationalen Recht mehr. Einer Begriffsbestimmung bedarf es jedoch noch zur Anwendung des § 17 Satz 2 VersVermVO, der §§ 10 Absatz 3 und 111 Absatz 2 des Gesetzes über die Beaufsichtigung der Versicherungsunternehmen (VAG) und der §§ 6 Absatz 6, 7 Absatz 5 Satz 1, 8 Absatz 3 Nummer 4, §§ 65 und 210 VVG. Die Definition findet sich nunmehr in redaktionell leicht überarbeiteter Form in einem neuen § 210 Absatz 2 VVG. Berücksichtigt wurde hierbei zum einen, dass § 11 des Rechnungslegungsgesetzes mittlerweile durch § 11 des Publizitätsgesetzes ersetzt worden ist. Zum anderen kommt in der Neufassung zum Ausdruck, dass es sich im Hinblick auf § 11 des Publizitätsgesetzes und die Siebente Richtlinie 83/349/EWG des Rates vom 13. Juni 1983 um gleitende Verweisungen handelt. Die Aufnahme der Begriffsbestimmung in die Schlussvorschriften des VVG bietet sich an. § 17 Satz 2 VersVermVO, §§ 10 Absatz 3 und 111 Absatz 2 VAG und §§ 6 Absatz 6, 7 Absatz 5 Satz 1, 8 Absatz 3 Nummer 4, § 65 VVG verweisen auf den gesamten neuen § 210 Absatz 2 VVG. Diese Verweisungen präzisieren das geltende Recht, in dem nur auf Artikel 10 Absatz 1 Satz 2 EGVVG und nicht auch auf Artikel 10 Absatz 1 Satz 3 VVG verwiesen wird.
In § 21 Absatz 4 Satz 1 des Flaggenrechtsgesetzes (FlRG) ist der Verweis auf Artikel 30 EGBGB durch Verweis auf den nunmehr unmittelbar geltenden Artikel 8 der Rom-I-Verordnung zu ersetzen. Darüber hinaus wird durch redaktionelle Anpassung klargestellt, dass neben dem Verordnungsrecht wie bisher andere Rechtsvorschriften der Europäischen Gemeinschaften anwendbar bleiben.
Zu Artikel 3 (Inkrafttreten)
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten des Gesetzes. Die vorgeschlagenen Änderungen sollen zeitgleich mit der Verordnung (Artikel 29 Rom-I-Verordnung) in Kraft treten.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 682:
Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 593/2008 des Europäischen Parlamentes und des Rates über das auf vertragliche Schuldverhältnisse anzuwendende Recht (Rom-I-Verordnung)
Der Nationale Normenkontrollrat hat den o.g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.
Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine neuen Bürokratiekosten für Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
gez. | gez. |
Dr. Ludewig | Bachmaier |
Vorsitzender | Berichterstatter |
- 1 Das Gesetz zur Anpassung der Vorschriften des Internationalen Privatrechts an die Verordnung (EG) Nr. 864/2007 (Rom-II-Verordnung) (BT-Drs. 016/9995), mit dem diese Vorschrift des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche neu gefasst wurde, tritt am 11. Januar 2009 in Kraft.
- 2 Siehe Anmerkung 1.
- 3 Siehe Anmerkung 1.
- 4 Siehe Anmerkung 1.
- 5 Dieser Änderungsvorschlag geht davon aus, dass bei Inkrafttreten dieser Regelung der Entwurf für das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BR-Drs. 848/08 (PDF) ) geltendes Recht ist.
- 6 Ein Vorschlag für eine Verordnung zur Änderung der Verordnung über die Versicherungsvermittlung und -beratung (BR-Drs. 844/08 (PDF) ) wird im Dezember 2008 im Bundesrat beraten. Die Änderungsverordnung soll voraussichtlich am 1. Januar 2009 in Kraft treten.
- 7 Dieser Änderungsvorschlag geht davon aus, dass bei Inkrafttreten dieser Regelung der Entwurf für das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherkreditrichtlinie, des zivilrechtlichen Teils der Zahlungsdiensterichtlinie sowie zur Neuordnung der Vorschriften über das Widerrufs- und Rückgaberecht (BR-Drs. 848/08 (PDF) ) geltendes Recht ist.