Punkt 27 der 881. Sitzung des Bundesrates am 18. März 2010
Der Bundesrat möge beschließen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
Das Steuerrecht hat mittlerweile eine Komplexität erreicht, die von den Bürgerinnen und Bürgern, den Unternehmen sowie der Finanzverwaltung nur mit großem Aufwand bewältigt werden kann. Die Be- und Entlastungswirkungen des Steuersystems sind kaum noch nachvollziehbar und die Fehler im Gesetzesvollzug häufen sich. Beides trägt in einem bedenklichen Maße zur Staatsverdrossenheit bei.
Bei der gegebenen Ausgangslage ist es aber unzureichend, nur einzelne Symptome dort zu kurieren, wo der wenigste politische Widerstand erwartet wird. Bei weiteren Maßnahmen muss die Vereinfachung für Steuerpflichtige und Finanzverwaltung im Mittelpunkt stehen und nicht eine versteckte weitere Aushöhlung der Steuerbasis. Diesen Anforderungen wird der vorliegende Gesetzentwurf nicht gerecht, weil er nur punktuelle Verbesserungen bringt und es in zentralen Punkten bei geringfügigen Änderungen belässt, die für den Steuerpflichtigen kaum wahrnehmbar sind oder Steuervereinfachungen suggeriert, die tatsächlich nicht eintreten. Deutlich wird dies vor allem bei der Änderung des Arbeitnehmerpauschbetrags. Die Anhebung von 920 € auf 1.000 € jährlich erspart nur in ganz wenigen Fällen das Sammeln und Prüfen von Belegen und wirkt sich maximal mit 3 € pro Monat beim Steuerpflichtigen aus. Die Finanzministerkonferenz hatte hingegen vorgeschlagen, Personen mit Behinderungen durch eine deutliche Erhöhung der Freibeträge nachhaltig zu entlasten.
Die geplante Möglichkeit, bei der ausschließlichen Erzielung von Überschusseinkünften zukünftig eine Steuererklärung für zwei Jahre abzugeben, bringt keinerlei Vereinfachungen, da allein der Abgabezeitpunkt einer Steuererklärung um ein Jahr hinausgeschoben wird. Das bedeutet, dass zwei Steuererklärungen ggfs. nach unterschiedlichem Steuerrecht zu einem Zeitpunkt abgegeben werden können. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer werden von dieser Regelung aber kaum Gebrauch machen, da sie überwiegend Steuererstattungen erwarten und diese auch zeitnah erhalten möchten.
Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf einzubringen, der weitere Schritte hin zu einer echten Steuerrechtsvereinfachung enthält. Hierbei ist der Abbau weiterer steuerrechtlicher Subventionen, deren Reduzierung steuervereinfachend wirkt und gleichzeitig einen Finanzierungsbeitrag leistet, einzubeziehen. Es soll dabei eine grundsätzliche und sozial ausgewogene Neuordnung der Umsatzsteuersätze mit dem Ziel einer deutlichen Reduzierung der Ermäßigungstatbestände erfolgen.