Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 124807 - vom 7. Dezember 2007.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 13. November 2007 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Artikels 11 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union zur Freiheit der Meinungsäußerung und zur Informationsfreiheit,
- - in Kenntnis der Richtlinie 2002/21/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für elektronische Kommunikationsnetze und -dienste ("Rahmenrichtlinie")1,
- - in Kenntnis der Richtlinie 2002/19/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 7. März 2002 über den Zugang zu elektronischen Kommunikationsnetzen und zugehörigen Einrichtungen sowie deren Zusammenschaltung ("Zugangsrichtlinie")2,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Überprüfung der Interoperabilität digitaler interaktiver Fernsehdienste gemäß der Mitteilung der Kommission KOM (2004) 0541 vom 30. Juli 2004 (KOM (2006) 0037),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen zur Interoperabilität digitaler interaktiver Fernsehdienste KOM (2004) 0541,
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über die Beschleunigung des Übergangs vom analogen zum digitalen Rundfunk (KOM (2005) 0204),
- - in Kenntnis der Mitteilung der Kommission an den Rat, das Europäische Parlament, den Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und den Ausschuss der Regionen über den Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk (digitaler Übergang und Analogabschaltung) (KOM (2003) 0541),
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 27. April 2006 zum Übergang vom analogen zum digitalen Rundfunk: eine Chance für die audiovisuelle Politik in Europa und für die kulturelle Vielfalt3,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 16. November 2005 zur Beschleunigung des Übergangs vom analogen zum digitalen Rundfunk4,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Tagung des Rates für Verkehr, Telekommunikation und Energie vom 6. bis 8. Juni 2007 in Luxemburg zur Initiative i2010
- - Jahresbericht über die Informationsgesellschaft 2007,
- - in Kenntnis der Schlussfolgerungen der Tagung des Rates für Verkehr, Telekommunikation und Energie vom 9. und 10. Dezember 2004 in Brüssel,
- - in Kenntnis der Empfehlung VM/Rec(2007)3 des Ministerkomitees an die Mitgliedstaaten des Europarates zum Auftrag der öffentlichrechtlichen Medien in der Informationsgesellschaft,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Kultur und Bildung und der Stellungnahme des Ausschusses für Industrie, Forschung und Energie (A6-0390/2007),
A. in der Erwägung, dass der Übergang von der Analog- zur Digitaltechnik einen großen Fortschritt darstellt und zur Verbreitung der Kulturen sowie zur Verbesserung des sozialen Zusammenhalts beitragen kann,
B. in der Erwägung, dass das Digitalfernsehen die Technologie der neuen Medien zur Erbringung von Informationsdiensten nutzen kann und somit den sozialen Zusammenhalt stärken und helfen kann, alle Menschen in die Informationsgesellschaft einzubeziehen,
C. in der Erwägung, dass - wie auch von der Kommission festgestellt - der gelungene Übergang zum Digitalfernsehen die Vorbedingung für die Entwicklung interaktiver Digitaldienste darstellt,
D. unter Hinweis auf das hohe wirtschaftliche Potenzial des Sektors der digitalen Fernsehdienste und dessen Bedeutung als Arbeitsplatzreservoir,
E. in der Erwägung jedoch, dass sich Gesetzgebungsinitiativen im Bereich der digitalen Medien nicht auf infrastrukturelle und technische Aspekte beschränken dürfen und dass bei diesen Fragen die politischen Zielvorgaben zu berücksichtigen sind, wobei stets der mögliche Mehrwert für die Nutzerseite im Blick bleiben muss,
F. in der Erwägung, dass auf europäischer wie auf nationaler Ebene Schutzmaßnahmen erlassen werden müssen, um zu verhindern, dass für die anstehenden Weichenstellungen allein der Wettbewerb und die Gesetze des Marktes maßgebend sind,
G. unter erneutem Hinweis auf seine bereits früher vertretene Position, wonach es angesichts der uneinheitlichen Gegebenheiten keine gute Lösung ist, zur Erreichung der gesetzten Ziele einen einheitlichen europäischen Standard vorzugeben, und wonach es deshalb zunächst klüger ist, sich auf nicht bindende Normierungsinitiativen seitens der Unternehmen zu stützen, wie einige positive Beispiele auf einzelstaatlicher Ebene zeigen,
H. in der Erwägung, dass auf dem Markt für Digitalfernsehen in der Europäischen Union bereits eine Vielzahl an soliden europäischen Normen gilt,
I. in der Erwägung, dass die europäischen Bürgerinnen und Bürger auf jeden Fall in den uneingeschränkten Genuss der potenziellen Vorteile des Digitalfernsehens gelangen sollten,
J. in der Erwägung, das die Entwicklung der interaktiven Dienste bisher deutlich hinter den optimistischen Prognosen der Fachleute zurückbleibt,
K. in der Erwägung, dass das Spektrum der von der Digitaltechnik gebotenen technischen Möglichkeiten wie die Interaktivität nicht zu einer neuen Quelle der Ungleichheit werden darf, indem sich zu der sozialen und kulturellen Kluft nun auch eine "digitale Kluft" gesellt,
L. in der Erwägung, dass die Zunahme dieser Gefahr für die benachteiligten Bevölkerungsgruppen wegen der zusätzlichen Kosten für die erforderlichen Geräte Anlass zu Besorgnis gibt,
M. in der Erwägung, dass der Übergang vom Analog- zum Digitalfernsehen die Freigabe von Frequenzen und die Entwicklung neuer Technologien und innovativer Lösungen ermöglicht, die die europäische Wettbewerbsfähigkeit in diesem Sektor voranbringen,
N. in der Erwägung, dass die Beherrschung der neuen Technologien schon in sehr jungen Jahren erlernt werden muss und sich die Bildungssysteme so rasch und so reibungslos wie möglich auf die kulturellen und sozialen Veränderungen im Zuge der neuen Informations- und Kommunikationstechnologien, der Konvergenz und der Digitalisierung einstellen müssen,
O. in der Erwägung, dass besonderes Augenmerk darauf gelegt werden muss, dass auch behinderte Menschen Zugang zu den neuen Informations- und Kommunikationstechnologien erhalten und damit umgehen können,
P. in der Erwägung, dass auch die Untertitelung in mehreren Sprachen zu den digitalen interaktiven Fernsehdiensten zählt und das Digitalfernsehen somit den interkulturellen Dialog und den Prozess des lebenslangen Lernens verbessert,
Q. in der Erwägung, dass beim Zugang zu einer größeren Zahl von Diensten stets die Informations- und Meinungsfreiheit gewahrt bleiben sollte,
R. in der Erwägung, dass während des gesamten Übergangsprozesses darüber zu wachen ist, dass die öffentlichrechtlichen Dienste nicht geschwächt, sondern im Gegenteil bei der Wahrnehmung ihres öffentlichrechtlichen Auftrags unterstützt werden, wobei allerdings die Dynamik der privaten Dienste erhalten bleiben soll, Die positiven Auswirkungen der Technologie nutzen
- 1. bekräftigt, dass die neuen audiovisuellen Technologien die Verbreitung einer pluralistischen Information und qualitativ hochwertiger Programme ermöglichen müssen die einer ständig wachsenden Zahl von Bürgerinnen und Bürgern zugänglich sind;
- 2. weist darauf hin, dass die Wahrung des Informationspluralismus und der Vielfalt der Inhalte nicht automatisch durch den technischen Fortschritt garantiert wird, sondern von den öffentlichen Instanzen auf nationaler wie EU-Ebene mit Hilfe einer aktiven, konstanten und wachsamen Politik sichergestellt werden muss;
- 3. vertritt die Auffassung, dass angesichts der Bedeutung des Fernsehens in einer globalen Gesellschaft bei den technischen und gesetzgeberischen Entscheidungen nicht nur wirtschaftliche sondern auch soziale und kulturelle Aspekte eine Rolle spielen müssen, und hebt hervor, dass insbesondere den Interessen der Nutzerinnen und Nutzer Rechnung getragen werden muss;
- 4. unterstreicht die Tatsache, dass digitale Plattformen auch nach dem Übergang von der Analog- zur Digitaltechnologie eine wesentliche Rolle für die Erhaltung einer gemeinsamen öffentlichen Medienzone spielen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, auch die Bereitstellung drahtloser digitaler interaktiver Fernsehdienste zu fördern und ihren Empfang seitens aller Plattformeigentümer zu gewährleisten;
- 5. hält es daher für unverzichtbar, dass die Kommission einen Bericht über die Ergebnisse des Austausches bewährter Verfahren sowie der Foren und Arbeitsgruppen aller Beteiligten vorlegt, wozu auch die Verbraucher-, Nutzer- und Zuschauerorganisationen zählen;
- 6. unterstreicht, dass die Nutzung technisch interoperabler und technologisch neutraler Lösungen Anreize für Investitionen und die Innovationsfähigkeit dieses Sektors schafft und dadurch der Wettbewerb gefördert und die Verbraucherentscheidung geschützt werden;
Der erfolgreiche Übergang zur Digitaltechnik und die Förderung offener Standards
- 7. betont, dass ein baldiger erfolgreicher Übergang von der Analog- zur Digitaltechnik eine Grundvoraussetzung und eine Priorität darstellt; ist beunruhigt, dass es im Hinblick auf das Stichdatum 2012 möglicherweise zu Verzögerungen kommt;
- 8. ist der Auffassung, dass eine regulierte Entwicklung des Digitalfernsehens auf Gemeinschaftsebene unerlässlich ist, wenn die Nutzer die Vorteile des Binnenmarkts nutzen sollen der Preis der Empfangsgeräte gesenkt und eine größere Verbreitung digitaler interaktiver Fernsehdienste erreicht werden soll; fordert in diesem Sinne die Kommission auf, die Mitgliedstaaten zu unterstützen, einen gemeinsamen Aktionsplan auf Gemeinschaftsebene auszuarbeiten;
- 9. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Übergang zum Digitalfernsehen unter Berücksichtigung des Marktbedarfs, aber auch der Topographie und der regionalen Bevölkerungsverteilung, zu beschleunigen, und fordert diejenigen Mitgliedstaaten, die ihren nationalen Plan von lückenlosem Übergang zum Digitalfernsehen noch nicht erstellt haben, auf, dies bis Ende 2008 zu tun;
- 10. beharrt darauf, dass Maßnahmen der Mitgliedstaaten zur Verbreitung des digitalen interaktiven Fernsehens den Regeln für staatliche Beihilfen entsprechen müssen;
- 11. hebt die Bedeutung des Grundsatzes der Interoperabilität hervor, wenn es darum geht, das Vertrauen der Verbraucherinnen und Verbraucher in die neuen Dienste und eine positive Marktentwicklung auf der Basis offener interoperabler Standards zu stärken;
- 12. weist darauf hin, wie wichtig es ist, technologische Neutralität zu garantieren und erfolgreiche Geschäftsmodelle zu entwickeln;
- 13. begrüßt die Arbeit der Kommission, deren Rolle als Koordinatorin für alle Beteiligten unersetzlich und notwendig ist;
- 14. unterstützt voll und ganz den Ansatz der Kommission, uneingeschränkt mit den Mitgliedstaaten zusammenzuarbeiten, um den erfolgreichen Übergang zum Digitalfernsehen zu vollziehen und die Nutzung der interaktiven digitalen Dienste zu erleichtern;
- 15. wiederholt, dass eine gesetzlich vorgegebene und verbindliche Einheitsnorm keine gute Lösung, sondern nur eine Ultima Ratio darstellt; hält es jedoch nicht für richtig, allein den Markt als ein Mittel zur Lösung des Problems der Interaktivität anzusehen;
- 16. teilt daher die Auffassung der Kommission, dass es geboten ist, im Rahmen des Übergangs zur Digitaltechnik und der Interoperabilität die von den europäischen Normungsgremien anerkannten offenen Standards wie MHP oder MHEG-5 weiterhin zu fördern, und vertritt die Auffassung, dass diese offenen Standards am besten geeignet sind, die technische Neutralität der Netze und einen freien Informationsaustausch zu garantieren, wobei es die besonderen Anforderungen der Länder zu berücksichtigen gilt, in denen Frequenzen nur beschränkt verfügbar sind;
- 17. betont unter Hinweis auf das Beispiel der "U-Boot-Patente", die fünf Jahre nach Beginn der Nutzung des MHP-Standards auftauchten, dass es sinnvoll ist, faire Lizenzgebühren festzulegen und diese zu Beginn der Entwicklung offenerer Standards öffentlich zu machen, damit sie Erfolg haben können;
- 18. unterstreicht die Bedeutung freiwilliger Vertragsabschlüsse zwischen den Anbietern digitaler Fernsehdienste über die Festlegung einer Reihe gemeinsamer technischer Vorschriften zur Anwendung der vom Europäischen Institut für Telekommunikationsnormen angenommenen Normen;
- 19. fordert die Kommission auf, die Einführung offener europäischer Standards für Digitalfernsehen in allen Regionen der Welt weiterhin aktiv zu fördern und die internationale Zusammenarbeit in diesem Bereich zu unterstützen, um so einen möglichst breiten Zugang zu digitalen Inhalten zu sichern;
- 20. bedauert, dass der wirtschaftliche Erfolg des interaktiven Fernsehens in der Europäischen Union letztlich hinter den Erwartungen zurückbleibt; fordert die Kommission auf, die Gründe dafür zu untersuchen und regelmäßig über ihre Bemühungen sowie die der Mitgliedstaaten zur Entwicklung des Marktes für Digitalfernsehen und seine zahlreichen Verästelungen zu berichten;
- 21. hält es für unverzichtbar, die Verbraucherinnen und Verbraucher besser über die Möglichkeiten digitaler Plattformen und die erforderliche Ausstattung zu informieren, um sie in die Lage zu versetzen, ihre technischen und kulturellen Entscheidungen in Kenntnis der Sache zu treffen;
- 22. unterstreicht, dass staatliche Eingriffe keinesfalls einzelne Marktakteure benachteiligen oder bevorzugen dürfen;
- 23. fordert die Kommission auf, die Mitgliedstaaten und die lokalen Körperschaften mittels Verbreitung bewährter Verfahren dabei zu unterstützen, die Möglichkeiten der neuen Technik zu nutzen, um besser mit den Bürgerinnen und Bürgern zu kommunizieren;
Notwendiges Nachdenken über die Auswirkungen und die Beherrschung der neuen Technik
- 24. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, die Öffentlichkeit über künftige Entwicklungen bei den digitalen interaktiven Fernsehdiensten zu informieren, und empfiehlt dass die Anbieter digitaler Fernsehdienste gezielte Schritte zur Information der Nutzer über die bestehenden interaktiven Dienste unternehmen;
- 25. hält es für wichtig, die Sicherheit der Nutzer und den Schutz ihrer persönlichen Daten und ihrer Privatsphäre zu gewährleisten, und hebt hervor, dass das Vertrauen der Verbraucher in digitale interaktive Fernsehdienste wichtig ist;
- 26. hebt hervor, dass auf europäischer Ebene über die soziokulturellen Folgen der digitalen Gesellschaft und die Anpassung der nationalen Bildungssysteme an die von der neuen Technik ausgehenden kulturellen und sozialen Veränderungen nachgedacht werden muss;
- 27. weist darauf hin, dass alle Altersgruppen lernen müssen, mit der digitalen Welt und den Medien umzugehen;
- 28. fordert die Mitgliedstaaten auf, Mechanismen zu schaffen, die eine nichtdiskriminierende Struktur für elektronische Programmführer gewährleisten, anhand deren die Nutzer sich im Angebot digitaler Dienste zurechtfinden können;
- 29. weist darauf hin, dass das europäische Medienmodell auf der fruchtbaren Dualität von öffentlichen und privaten audiovisuellen Diensten basiert, und unterstreicht, dass die neue Technik dieses Gleichgewicht auf keinen Fall durch eine Schwächung der Wettbewerbsfähigkeit des öffentlichen Sektors stören darf; bekräftigt seine Auffassung, dass dem öffentlichen Sektor weiterhin der Zugang zu digitalen Plattformen gesichert bleiben sollte;
- 30. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, dem Ausschuss der Regionen, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten sowie dem Europarat zu übermitteln.
- 1 ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 33.
- 2 ABl. L 108 vom 24.4.2002, S. 7.
- 3 ABl. C 296 E vom 6.12.2006, S. 120.
- 4 ABl. C 280 E vom 18.11.2006, S. 115.