983. Sitzung des Bundesrates am 29. November 2019
A
1. Der federführende Ausschuss für Kulturfragen empfiehlt dem Bundesrat, zu dem vom Deutschen Bundestag am 24. Oktober 2019 verabschiedeten Gesetz die Einberufung des Vermittlungsausschusses gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes mit dem Ziel zu verlangen, unter Einbeziehung der Sozialpartner und der Hochschulrektorenkonferenz, einheitliche und eigenständige Abschlussbezeichnungen für die drei beruflichen Fortbildungsstufen zu entwickeln, die einerseits deren Wertigkeit verdeutlichen und die Gleichwertigkeit beruflicher und akademischer Abschlüsse entsprechend ihrer Einstufung nach dem Deutschen Qualifikationsrahmen (DQR) zum Ausdruck bringen und andererseits Verwechslungen mit akademischen Abschlüssen ausschließen (vergleiche BR-Drucksache 230/19(B) ).
Begründung:
Vor dem Hintergrund verfassungsrechtlicher Bedenken der Kultusministerkonferenz sowie zahlreicher ablehnender Stellungnahmen bezüglich der Abschlussbezeichnungen, von den Sozialpartnern und weiteren Verbänden, sieht der Bundesrat die Vorschläge der Bundesregierung zur Einführung neuer Abschlussbezeichnungen als nicht zustimmungsfähig an.
Die vorgesehenen Bezeichnungen entsprechen nicht den Anforderungen an eine sinnvolle Überarbeitung der Abschlussbezeichnungen (vergleiche BR-Drucksache 230/19(B) ). Im Sinne der bisherigen Tradition der Gesetzgebung im Bereich der beruflichen Bildung bedarf es eines breiten Konsenses aller beteiligten Akteure.
B
2. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, dem Gesetz gemäß Artikel 84 Absatz 1 Satz 5 und 6 des Grundgesetzes zuzustimmen.
C
Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) und der Wirtschaftsausschuss (Wi) empfehlen dem Bundesrat ferner, folgende Entschließungen zu fassen:
3. Die Berufsbildungsstatistik stellt eine zentrale Datenquelle für die Planung und Ordnung der Berufsbildung, die Berufsbildungspraxis und die Berufsbildungsforschung dar.
Ein erheblicher Mangel besteht bislang darin, dass vollständige Ausbildungsverläufe innerhalb des Systems der dualen Berufsausbildung bei Vertragslösungen oder mehreren Ausbildungsverträgen einer Person nicht erfasst werden (Mehrfachausbildung oder Fortführung einer zweijährigen Ausbildung). Weil die Daten aus den verschiedenen Verträgen einer Person nicht verknüpft werden können, können insbesondere Vertragslösungen nicht von echten Ausbildungsabbrüchen unterschieden werden.
Der Bundesrat hatte daher in seiner Stellungnahme zum Gesetzentwurf zur Modernisierung und Stärkung der beruflichen Bildung einen konkreten Vorschlag zur Weiterentwicklung der Berufsbildungsstatistik hin zu einer Verlaufsstatistik unterbreitet, vergleiche BR-Drucksache 230/19(B) , Ziffer 6.
Der Bundesrat stellt fest, dass dieser Vorschlag keinen Eingang in das Gesetz gefunden hat.
In ihrer Gegenäußerung hat die Bundesregierung stattdessen auf die laufende Prüfung der Einführung eines alle Bildungsbereiche umfassenden Bildungsregisters verwiesen, das Verläufe zum Beispiel auch zwischen beruflicher Bildung und Hochschule abbilden würde.
Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, noch in dieser Legislaturperiode die Prüfung, ob die Einführung eines nationalen Bildungsregisters möglich ist, abzuschließen und die Länder über das Ergebnis der Prüfung zu informieren.
Sollte die Prüfung der Bundesregierung zu dem Ergebnis kommen, dass die Einführung eines nationalen Bildungsregisters nicht möglich ist, bittet der Bundesrat die Bundesregierung, erneut die Weiterentwicklung der Berufsbildungsstatistik zu prüfen.
4.
- a) Der Bundesrat begrüßt, dass die duale berufliche Bildung in Deutschland gestärkt und modernisiert werden soll.
- b) Der Bundesrat stellt fest, dass § 15 BBiG im Rahmen der parlamentarischen Beratungen neu gefasst worden ist. Dadurch werden erwachsene Auszubildende jugendlichen Auszubildenden bei der Freistellung und Anrechnung für Berufsschul- und Prüfungszeiten gleichgestellt. Die Neuregelungen bewirken, dass erwachsene Auszubildende an einem Berufsschultag mit mehr als fünf Unterrichtsstunden freizustellen sind, das heißt, nicht mehr in den Betrieb kommen müssen. Außerdem werden den Auszubildenden diese Berufsschultage mit der durchschnittlichen täglichen Arbeitszeit auf ihre Ausbildungszeit angerechnet, das heißt als voller Arbeitstag mit zum Beispiel acht Stunden. Der Bundesrat stellt fest, dass Unternehmen, insbesondere KMU, durch diese Neuregelungen stärker belastet werden. Zudem steht zu befürchten, dass die Ausbildungsbereitschaft der Betriebe sinken wird. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, die Neuregelungen zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes einer Evaluation zu unterziehen. Dabei soll insbesondere überprüft werden, ob nicht zur bisherigen Regelung des § 15 BBiG zurückgekehrt werden sollte.
- c) Der Bundesrat stellt fest, dass der Vorschlag, die Einsetzbarkeit zweier Prüfender zur abschließenden Prüfung auch auf flüchtige Prüfungsleistungen auszudehnen, um die Flexibilität der Prüfstellen weiter zu erhöhen, keinen Eingang in das Gesetz gefunden hat (vergleiche BR-Drucksache 230/19(B) Ziffer 15). Die Notwendigkeit der Entlastung des Ehrenamtes bei der Abnahme von praktischen Prüfungsteilen hat sich aber im Vergleich zur letzten grundlegenden Novellierung des Berufsbildungsrechts durch das Berufsbildungsreformgesetz auf Grund des Fachkräftemangels sogar erhöht, sodass hier weiterer Handlungsbedarf gesehen wird. Der Bundesrat bittet daher die Bundesregierung, zwei Jahre nach dem Inkrafttreten des Gesetzes zu überprüfen, ob sein Vorschlag umgesetzt werden sollte.