900. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2012
A
- 1. Der federführende Gesundheitsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, dem vom Deutschen Bundestag am 28. Juni 2012 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes zuzustimmen.
B
- 2. Der Gesundheitsausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
Der Bundesrat befürchtet, dass die Offenlegung von Rabatten auf den Abgabepreis des pharmazeutischen Unternehmers (ApU) hierzulande zu einer Preiserosion in anderen Ländern, die im Rahmen ihrer Preisbildung auf den offiziellen deutschen Arzneimittelpreis referenzieren, führen könnte. Ein niedriger veröffentlichter Erstattungsbetrag könnte somit finanzielle Belastungen der Pharmaindustrie im Ausland zur Folge haben und damit auch die Preisverhandlungen in Deutschland belasten. Pharmaunternehmen könnten sich zudem gezwungen sehen, auf eine Ausbietung im deutschen Markt zu verzichten, um negative wirtschaftliche Auswirkungen auf das Auslandsgeschäft zu vermeiden, so dass Patientinnen und Patienten unter Umständen bestimmte Therapieoptionen nicht zur Verfügung stehen werden. Ein erstes Beispiel für ein derartiges Verhalten ist bereits in der Indikation Epilepsie bekannt geworden.
Deshalb bittet der Bundesrat die Bundesregierung, 24 Monate nach Inkrafttreten des Zweiten Gesetzes zur Änderung arzneimittelrechtlicher und anderer Vorschriften über die Erfahrungen mit der Preisbildung und Erstattung von Arzneimitteln mit neuen Wirkstoffen zu berichten.
Begründung:
Das Gesetz zur Neuordnung des Arzneimittelmarkts in der gesetzlichen Krankenversicherung (AMNOG) sieht eine Nutzenbewertung durch den Gemeinsamen Bundesausschuss mit anschließender Preisverhandlung zwischen pharmazeutischem Unternehmer und GKV-Spitzenverband für neue Arzneimittel mit Zusatznutzen vor. Das Ergebnis der Preisverhandlung ist ein Rabatt auf den ApU, der vom pharmazeutischen Unternehmer ursprünglich festgelegt wurde.
§ 130b Absatz 1 SGB V sieht vor, dass der Rabatt vom pharmazeutischen Unternehmer über den pharmazeutischen Großhandel und die Apotheken an die gesetzlichen Krankenkassen und die Privatversicherten durchgereicht wird, während der Listenpreis, der ApU, ausweislich der Gesetzesbegründung zu § 130b SGB V in der Fassung des Arzneimittelneuordnungsgesetzes, unverändert bleibt. Der Rabatt wird zu diesem Zweck in den entsprechenden Arzneimitteldatenbanken der Ärzte und Apotheker ausgewiesen und wird somit öffentlich.
Die Offenlegung des Rabatts hierzulande wird voraussichtlich durch Preisreferenzierung zu einer Preiserosion in anderen Ländern führen. Dies könnte nicht beabsichtigte, wirtschaftlich nachteilige Effekte für pharmazeutische Unternehmer in den Referenzpreisländern zur Folge haben und für Patienten hierzulande bedeuten, dass sie wichtige Innovationen nicht erhalten.
Im Sinne eines lernenden Systems sollte die Entwicklung beobachtet und evaluiert werden, um gegebenenfalls die Regelungen über die Vereinbarungen zwischen dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und pharmazeutischen Unternehmern über Erstattungsbeträge für Arzneimittel nachbessern zu können.