Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates zur Verlängerung des Optionszeitraums bis zur Anwendung von § 2b UStG auf juristische Personen des öffentlichen Rechts

Der Bundesrat hat in seiner 984. Sitzung am 20. Dezember 2019 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst

Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Verlängerung des Optionszeitraums bis zur Anwendung von § 2b UStG auf juristische Personen des öffentlichen Rechts

Begründung:

Mit dem Steueränderungsgesetz 2015 hat der nationale Gesetzgeber die notwendigen Folgerungen aus der Mehrwertsteuersystemrichtlinie für die Umsatzbesteuerung juristischer Personen des öffentlichen Rechts gezogen. Dies hat zu einer grundlegenden Neuregelung der Umsatzsteuerpflichten für juristische Personen des öffentlichen Rechts zum 1. Januar 2017 geführt. Folge des Systemwechsels war ein Aufkommen einer Vielzahl von steuerlichen Auslegungs- und Abgrenzungsfragen. Um eine Klärung dieser Fragen vor der Anwendung der neuen Vorschriften zu ermöglichen, hat der Gesetzgeber die Übergangsregelung des § 27 Absatz 22 Satz 3 Umsatzsteuergesetz (UStG) geschaffen. Sie ermöglicht es den juristischen Personen bislang, die alten Vorschriften über die Umsatzbesteuerung der juristischen Personen des öffentlichen Rechts bis zum 1. Januar 2021 weiter anzuwenden. Von dieser Möglichkeit wurde umfassend Gebrauch gemacht.

Dennoch herrscht in den Kommunen weiterhin teils große Verunsicherung hinsichtlich der zutreffenden Anwendung des für sie geltenden Umsatzsteuerrechts. Die Rechtsunsicherheit betrifft insbesondere den Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit, in dem viele Fragen - teils auch sehr grundsätzlicher Art - vor allem zur Anwendung von § 2b Absatz 3 Nummer 2 UStG und der sich daran anschließenden abstrakten Prüfung eines potentiellen Wettbewerbs auf bestimmte Formen interkommunaler Zusammenarbeit nach wie vor ungeklärt sind.

Viele Gestaltungsformen interkommunaler Zusammenarbeit, die bisher eine nach wirtschaftlichen Gesichtspunkten ausgerichtete gemeinsame Erledigung von kommunalen Aufgaben und die Zusammenführung von Einzel- und verwaltungsinternen Teilleistungen ermöglicht haben, müssen angesichts des künftigen Umsatzsteuerregimes auf den Prüfstand gestellt werden. Es ist nicht auszuschließen, dass zahlreiche interkommunale Kooperationen aufzugeben sein werden, weil die bisherigen Synergieeffekte durch eine drohende Umsatzbesteuerung nivelliert, wenn nicht sogar aufgehoben werden. Das Anliegen der Länder, die interkommunale und regionale Zusammenarbeit durch die Kommunen als Instrument einer effizienten und modernen kommunalen Aufgabenwahrnehmung zu stärken, wird durch diese Entwicklung konterkariert.

Das erfordert in vielen Bereichen der interkommunalen Zusammenarbeit nicht nur kostenintensive steuerrechtliche Beratung durch Dritte oder das Vorhalten von Fachpersonal für Steuerrechtsfragen, sondern in vielen Fällen auch eine weitreichende Umgestaltung und Neuorganisation der kommunalen Aufgabenverteilung. So müssen in vielen von einer Umsatzbesteuerung gegebenenfalls betroffenen Kooperationsbereichen organisatorische Umstrukturierungen oder gar Rückverlagerungen von Aufgabenbeständen auf die beteiligten Kommunen in Betracht gezogen werden. Derartige Maßnahmen bedürfen oft eines erheblichen zeitlichen Vorlaufs, da ihnen langfristige Verfahren (Planung, Änderung von Satzungen oder öffentlichrechtlichen Vereinbarungen, aufsichtliche Genehmigungen, Personalanpassungen, notarielle Änderung von Gesellschaftsverträgen etc.) vorausgehen müssen. Sie können von den Kommunen jedoch erst dann sinnvollerweise vorgenommen werden, wenn hinreichende Klarheit über die umsatzsteuerrechtliche Einordnung der zugrundeliegenden Sachverhalte besteht.

Der Bemessung der bestehenden fünfjährigen Übergangsfrist lag die Vorstellung zugrunde, dass bis zu ihrem Ablauf die steuerpflichtigen Sachverhalte von den Kommunen systematisch erfasst und auf Basis der Anwendungshinweise der Finanzverwaltung rechtssicher bewertet werden könnten. Mit den bis dato verfügbaren Auslegungs- und Anwendungshilfen zu § 2b UStG wurden die Kommunen jedoch nicht in die Lage versetzt, alle notwendigen Schritte einzuleiten. Daher ist zu befürchten, dass in vielen Bereichen erforderliche Anpassungen an das neue Umsatzbesteuerungssystem nicht mehr rechtzeitig vor dem Stichtag 1. Januar 2021 abgeschlossen sein werden.

Vor diesem Hintergrund setzt sich der Bundesrat für die berechtigten Interessen der Kommunen ein. Hierzu gehört neben der Herstellung von Transparenz über den künftigen Rechtsrahmen zwingend auch ein zeitlicher Aufschub. Daher hält der Bundesrat es für geboten, den Übergangszeitraum über die bestehende Übergangsregelung des § 27 Absatz 22 Satz 3 UStG hinaus um weitere zwei Jahre zu verlängern. Diese Zeitspanne ist erforderlich und effektiv zu nutzen, um die bestehenden relevanten rechtlichen Unsicherheiten im Dialog mit den Kommunen zeitnah, einheitlich und verbindlich auf Bund-Länder-Ebene zu klären.