Der Bundesrat hat in seiner 820. Sitzung am 10. März 2006 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 17. Februar 2006 verabschiedeten Gesetz zu verlangen dass der Vermittlungsausschuss gemäß Artikel 77 Abs. 2 des Grundgesetzes aus folgenden Gründen einberufen wird:
1. Zu Artikel 1 Nr. 2 Buchstabe c (§ 35 Abs. 1b SGB V) und Buchstabe d (§ 35 Abs. 5 Satz 4 und 4a SGB V)
Artikel 1 Nr. 2 ist wie folgt zu ändern:
- a) Buchstabe c ist zu streichen.
- b) Buchstabe d ist zu streichen.
Begründung
Zu Buchstabe a:
Die vorgesehene Änderung bedeutet eine Einschränkung der Festbetragsregelung gegenüber dem Kompromiss zum GKV-Modernisierungsgesetz, wonach patentgeschützte Arzneimittel nur dann vom Festbetrag freigestellt wurden wenn sie echte Innovationen darstellen, also eine therapeutische Verbesserung (auch wegen geringerer Nebenwirkungen) mit sich bringen.
Außerdem wird durch die Neuformulierungen im Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz die Gefahr größer, dass die gerade durch höchstrichterliche Urteile bestätigte Festbetragsregelung wieder in Frage gestellt wird. Mit den Rechtsänderungen werden neue unbestimmte Rechtsbegriffe in ein rechtlich, methodisch und verfahrensseitig abgesichertes Instrument eingeführt, die Ermessensspielräume eröffnen und damit neue gerichtliche Überprüfungen entstehen lassen.
Zu Buchstabe b:
Die massive Absenkung der Festbeträge in den Stufen 2 und 3 wird sogar von den Kostenträgern abgelehnt, da damit eine medizinisch notwendige Arzneimittelversorgung zum Festbetrag in vielen Fällen nicht mehr gewährleistet ist. Es wird eingeschätzt, dass viele Versicherte eine höhere Aufzahlung für die Differenz zwischen dem Abgabepreis des Arzneimittels und dem Festbetrag (neben der eigentlichen Zuzahlung) zu zahlen haben, da Rabattverträge zum Ausgleich dieser Aufzahlung zwar zwischen Krankenkassen und Herstellern geschlossen werden können, ein solcher Abschluss jedoch nicht vom Gesetzgeber verbindlich vorgegeben ist.
Die Neuregelung soll in vielen Arzneimittelgruppen zu Absenkungen der bestehenden Erstattungsgrenzen um bis zu 65 Prozent (Antidepressiva) mit über die gesetzliche Zuzahlung hinausgehenden Aufzahlungsbeträgen von bis zu 336 Euro pro Packung (Zytostatika) führen.
Die Wirkung der zum Ausgleich vorgesehenen Möglichkeit der Schließung von Rabattverträgen ist mehr als fraglich.
Insgesamt sehen die Krankenkassen die Wirkung des bewährten Festbetragssystems mit der Neuregelung beeinträchtigt.
2. Zu Artikel 1 Nr. 5 Buchstabe b (§ 84 Abs. 4a SGB V), Buchstabe e (§ 84 Abs. 7a SGB V) und Buchstabe f (§ 84 Abs. 8 SGB V)
In Artikel 1 Nr. 5 sind die Buchstaben b, e und f zu streichen.
Begründung
Mit der Einführung einer (Bonus-)Malus-Regelung soll der Vertragsarzt stärker in die Verantwortung der Entwicklung der Arzneimittelausgaben einbezogen werden. Die Mitverantwortung der Ärzte für die Arzneimittelausgaben ist ebenso unbestritten wie das Ziel, unnötige Ausgaben zu vermeiden.
Die Ausführung der gesetzlichen Vorgaben zur (Bonus)-Malus-Regelung wird außerordentlich verwaltungsaufwändig sein. Dies gilt schon für die Bestimmung der Kostengrenzen der maßgeblichen Arzneimittel. Die in diesem Gesetz vorgesehenen Modifikationen (Überschreitungsbeträge, Ausnahmen) erschweren dies noch in besonderem Maße. Es ist zudem zu erwarten, dass die dafür anfallenden Kosten und der erhebliche bürokratische Aufwand außer Verhältnis zum angestrebten Erfolg stehen.
Außerdem ist zu berücksichtigen, dass es bereits heute verschiedene Steuerungsinstrumente gibt, die am Verordnungsverhalten der niedergelassenen Ärzte ansetzen (Arzneimittelvereinbarung, Richtgrößen, Wirtschaftlichkeitsprüfung).
Bereits in der Vergangenheit war es äußerst schwierig, Richtgrößenverfahren rechtssicher durchzuführen; diesem Steuerungsinstrument sollte jedoch ohne weitere gesetzliche Eingriffe in die Handhabung der Prüfung eine Chance gegeben werden, sich zu etablieren.
Zunächst sind die finanziellen Wirkungen der die Pharmaindustrie und die Apotheker betreffenden in dem Arzneimittelversorgungs-Wirtschaftlichkeitsgesetz enthaltenen sonstigen Änderungen abzuwarten.
Dies muss Vorrang vor einer zusätzlichen Belastung der Vertragsärzte haben, die sich auch nachteilig auf die Patientenversorgung auswirken könnte. Die Tätigkeit der Vertragsärzte sollte - vor allem auch angesichts der sich vielerorts schon abzeichnenden schwierigen Situation bei der hausärztlichen Versorgung im ländlichen Bereich - nicht weiteren bürokratischen Restriktionen und rechtlich fraglichen und kaum handhabbaren Sanktionen unterworfen werden.