Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat mit Schreiben vom 7. April 2016 Folgendes mitgeteilt:
Der Bundesrat hat in seiner 941. Sitzung beschlossen, der Dritten Verordnung zur Änderung von Vorschriften zur Durchführung des gemeinschaftlichen Lebensmittelhygienerechts gemäß Artikel 80 Absatz 2 des Grundgesetzes nach Maßgabe von Änderungen zuzustimmen, sowie eine Entschließung gefasst, wonach die Bundesregierung gebeten wird, schnellstmöglich die Informationen zur Lebensmittelkette zum Antibiotikaeinsatz auch für die Puten, wie in dieser Verordnung für die Masthähnchen, vorzusehen (Drs. 605/15(B) vom 29. Januar 2016).
Wissenschaftliche Studien aus Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen lenken die Aufmerksamkeit auf den Einsatz von Antibiotika in der Geflügelmast. Insbesondere bei Masthähnchen sind vor dem Hintergrund des kurzen Zeitraums bis zum Erreichen des Schlachtgewichts Antibiotika-Gaben über die gesamte Lebensdauer festgestellt worden. Daher wurde mit der o.g. Verordnung, die am 17. März 2016 in Kraft getreten ist, die Anforderung aus der Verordnung (EG) Nr. 853/2004 bezüglich des unbestimmten Rechtsbegriffes "sicherheitserheblicher Zeitraum" für Masthähnchen EU-rechtskonform und auf wissenschaftlicher Basis konkretisiert.
Die Studie aus Niedersachsen berichtet über den dortigen Antibiotika-Einsatz in der landwirtschaftlichen Nutztierhaltung insgesamt, und die nordrheinwestfälische Studie fokussiert auf den Antibiotika-Einsatz in der Hähnchenhaltung.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat beide Studien im Hinblick auf Konsequenzen für die Lebensmittelsicherheit und ihre Belastbarkeit aus wissenschaftlicher Sicht durch das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) prüfen lassen. Im Ergebnis ist festzuhalten, dass insbesondere die nordrheinwestfälische Studie den Schluss zulässt, dass bei der Hähnchenmast eine gemessen an der kurzen Mastdauer relativ häufige Antibiotika-Gabe zu verzeichnen ist, auch über die gesamte Aufzucht hindurch. Deshalb wurde bei Masthähnchen aus Gründen der Lebensmittelsicherheit die gesamte Aufzuchtdauer als der Zeitraum vorgesehen, über den Antibiotika-Verabreichungen in den Informationen zur Lebensmittelkette dokumentiert werden müssen.
In der BfR-Stellungnahme zur Studie aus Niedersachsen wird deutlich, dass sie keine ausreichende Datengrundlage darstellt, um für andere Nutztierarten als Masthähnchen die Erweiterung des sicherheitserheblichen Zeitraums anzustrengen, sondern dass hierzu gezielte weitere Studien notwendig sind.
Daher hat das BMEL zur Klärung der Frage, ob es angezeigt ist, auch für andere Nutztierarten als Masthähnchen den sicherheitserheblichen Zeitraum abweichend von den derzeit geltenden sieben Tagen festzulegen und wie dies tierartenspezifisch erfolgen kann, ein Forschungsprojekt bei der Tierärztlichen Hochschule Hannover im Verbund mit dem BfR initiiert, das hierüber bis Januar 2018 Aufschluss erbringen wird.
Bevor im Sinne der Entschließung des Bundesrates über eine Erweiterung des sicherheitserheblichen Zeitraums für Puten entschieden werden kann, ist es aus Sicht des BMEL unerlässlich, die fehlenden wissenschaftlichen Datengrundlagen zu schließen.
Dies ist umso wichtiger als die Bemühungen auf EU-Ebene zur Festlegung des sicherheitserheblichen Zeitraums bei Schlachttieren angesichts fehlender Daten bisher nicht zum Erfolg geführt haben.
Sobald von deutscher Seite belastbare Forschungsergebnisse hierzu vorliegen, werden sie aufgegriffen und darüber hinaus in die Diskussion auf EU-Ebene im Sinne einer gemeinschaftsweiten Harmonisierung eingespeist.