891. Sitzung des Bundesrates am 16. Dezember 2011
A
- 1. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat, zu dem Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
B
- 2. Der Finanzausschuss empfiehlt dem Bundesrat ferner, folgende Entschließung zu fassen:
- a) Der Bundesrat stellt fest, dass die öffentlichen Haushalte in Deutschland seit der Finanz- und Wirtschaftskrise in eine Schieflage geraten sind. Das strukturelle Defizit des Bundeshaushalts 2012 beläuft sich nach Berechnungen der Bundesregierung im Entwurf noch immer auf rund 1 v.H. im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt. Es sind in den Haushalten aller staatlichen Ebenen weiter erhebliche Anstrengungen erforderlich, um die europäische Vorgabe eines strukturell annähernd ausgeglichenen staatlichen Gesamthaushalts zu erreichen und die neue Schuldenregel im Grundgesetz einzuhalten.
- b) Der Bundesrat stellt ferner fest, dass sich die Entwicklung der Steuereinnahmen im Zuge der konjunkturellen Erholung der beiden zurückliegenden Jahre zwar wieder stabilisiert hat. Die gesamtwirtschaftlichen Aussichten haben sich in den vergangenen Monaten aber erneut deutlich eingetrübt. Die Bundesregierung erwartet, dass sich das reale Bruttoinlandsprodukt (BIP) im Jahr 2012 um nur noch 1 v.H. erhöht. Sachverständigenrat und Deutsche Bundesbank gehen in ihren Prognosen für das kommende Jahr sogar von noch etwas geringeren BIP-Zuwächsen aus. Der Anstieg der gesamtwirtschaftlichen Aktivität läge damit unter der von der Bundesregierung ermittelten Wachstumsrate des Produktionspotenzials.
Zu der konjunkturellen Eintrübung treten beträchtliche Risiken für Konjunktur und öffentliche Finanzen bei einer Zuspitzung der Staatsschuldenkrise und einer weiteren Schwächung der Weltwirtschaft.
- 3. Der Bundesrat sieht angesichts der unsicheren konjunkturellen Perspektiven für die deutsche Volkswirtschaft eine Fortführung der Haushaltskonsolidierung als erforderlich an. Dies setzt neben einer unverändert notwendigen Begrenzung der staatlichen Ausgaben auch die Sicherung der Einnahmebasis der öffentlichen Haushalte voraus. Vor diesem Hintergrund weist der Bundesrat die von der Bundesregierung beabsichtigten Steuersenkungen mit Nachdruck zurück, die die Einnahmen von Bund, Ländern und Kommunen in zwei Schritten ab dem Jahr 2013 um dauerhaft 6 Mrd. Euro jährlich verringern würden, soweit sie nicht verfassungsrechtlich geboten sind; auch in letzterem Fall sind geeignete Gegenfinanzierungsmaßnahmen unerlässlich. Aus der gegenwärtigen konjunkturellen Erholung resultierende Steuermehreinnahmen als Grundlage für dauerhafte Steuersenkungen zu verwenden, widerspricht der mit der verfassungsrechtlichen Schuldenregel intendierten, konjunkturgerechten Finanzpolitik und ist aus Sicht des Bundesrates mit dem Leitbild einer verantwortungsvollen und nachhaltigen Haushaltspolitik nicht vereinbar. Vorrang hat aus Sicht des Bundesrates vielmehr der Abbau der strukturellen Neuverschuldung in den öffentlichen Haushalten, um die Handlungsfähigkeit des Staates im Falle einer erneuten Verschärfung der Wirtschaftskrise sowie zur Gestaltung wichtiger Zukunftsbereiche wie Bildung und öffentlicher Infrastruktur - nicht zuletzt auf der kommunalen Ebene - dauerhaft sicherzustellen.