909. Sitzung des Bundesrates am 3. Mai 2013
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat unterstützt das Ziel des Grünbuchs, zu einer Neubewertung der Risiken von Kunststoffabfällen für die menschliche Gesundheit und die Umwelt und zur Bewältigung des Problems der unkontrollierten Ablagerung von Kunststoffabfällen und anderer Abfälle im Meer beizutragen.
Er ist der Auffassung, dass insbesondere die Vermeidung der Vermüllung der Meere eine der dringlichsten Aufgaben im Hinblick auf die Sicherung der natürlichen Lebensgrundlagen darstellt.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den Beratungen zum Grünbuch und dem Umsetzungsprozess folgende Aspekte zu berücksichtigen, insbesondere
- - die Produktverantwortung mit dem Ziel weiterzuentwickeln, Hersteller und Inverkehrbringer von Kunststoffprodukten stärker an der Vermeidung und Beseitigung der nachteiligen Auswirkungen auf Mensch und Umwelt zu beteiligen,
- - sich für ein auf Langlebigkeit und sortenreine Wiederverwertbarkeit ausgerichtetes Produktdesign einzusetzen,
- - die Forschung und Entwicklung von für die Meeresumwelt verträglicheren Materialien maßgeblich zu fördern,
- - sich für ein internationales Verbot der Deponierung von Kunststoffabfällen einzusetzen,
- - sowie des Weiteren auch für eine deutliche Reduzierung der schiffseitigen Abfalleinträge ins Meer durch ein effektives Abfallmanagement in Schifffahrt und Fischerei, wie Mülltrennung an Bord, Kontrollen auf See und der Bereitstellung effektiver und standardisierter Hafenauffangeinrichtungen, Sorge zu tragen.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung zusätzlich darum, zeitnah weitere Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere
- - die Voraussetzungen für die Vermeidung von kurzlebigen und zum einmaligen Verbrauch vorgesehenen Erzeugnissen zu schaffen (Vermeidung von Plastiktüten, Bepfandung von Einweggetränkeverpackungen),
- - die Ausweitung der Erfassung und werkstofflichen Verwertung von Kunststoffen insbesondere der stoffgleichen Nichtverpackungen sicherzustellen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Im Rahmen der Umsetzung der Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL) sind Bund und Länder verpflichtet, das Ausmaß und die Auswirkungen von Abfällen im Meer zu erfassen, zu bewerten sowie Maßnahmen zu deren Reduzierung zu ergreifen u.a. mit dem Ziel, dass "die Eigenschaften und Mengen der Abfälle im Meer keine schädlichen Auswirkungen auf die Küsten- und Meeresumwelt" haben. Dieses Ziel wird in den deutschen und europäischen Meeresgewässern zurzeit verfehlt. Ursachen sind die zu hohen land- und/oder seeseitigen Einträge von Abfällen und ihre negativen Auswirkungen auf die Meeresumwelt. So werden z.B. in einer ersten Gesamtbewertung der Ostsee diese Einträge als eine physikalische Beeinträchtigung mit Schädigungspotenzial für marines Leben beschrieben (HELCOM 2010). Eine aktuelle Bewertung des NO-Atlantiks, einschließlich der Nordsee, kommt zu dem Schluss, dass die Mengen an Abfällen im Meer trotz Reduktionsbemühungen "unakzeptabel hoch" und ein beständiges Problem für die gesamte Meeresumwelt sind (OSPAR 2010). Dabei stellen Kunststoffe das größte Problem dar, zumal bestehenden Studien zufolge ein Großteil der Abfälle in den Meeren aus diesem Material besteht.
Eine wesentliche Voraussetzung für die Erreichung der o.g. Ziele und Grundlage für eine erfolgreiche Umsetzung des Grünbuches ist daher u.a. die Implementierung einer funktionsfähigen Abfallwirtschaft und damit Verfahren, die bei den Ursachen der Mülleinträge ansetzen. So gelangen ca. 80 Prozent der Kunststoffabfälle über Flüsse vom Land ins Meer.
B
- 4. Der Wirtschaftsausschuss empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.