A. Problem und Ziel
- Die Finanzbeziehungen von Bund und Ländern bedürfen der Modernisierung.
- Bundestag und Bundesrat haben deshalb am 15. Dezember 2006 beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einzusetzen. Die Präsidenten von Bundestag und Bundesrat haben die Kommission am 8. März 2007 konstituiert. Die Kommission hatte den Auftrag, Vorschläge zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu erarbeiten, um diese den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb Deutschlands für die Wachstums- und Beschäftigungspolitik anzupassen. Im Interesse einer besseren Aufgabenerfüllung sollten auch Vorschläge für eine Effizienzsteigerung und Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung gemacht werden.
- Die bislang geltenden verfassungsrechtlichen Regelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme haben nicht verhindern können, dass die Schuldenlast von Bund und Ländern in der Vergangenheit stark angestiegen ist. Ziel der Grundgesetzänderungen im Bereich der Finanzverfassung ist es, im Einklang mit den Vorgaben des reformierten europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes die institutionellen Voraussetzungen für die Sicherung einer langfristigen Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern zu verbessern.
B. Lösung
- Den Vorschlägen der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen entsprechend werden der Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes und der Entwurf eines Begleitgesetzes mit den notwendigen Folgeregelungen auf einfachrechtlicher Ebene eingebracht.
- In Artikel 109 wird für die Haushalte von Bund und Ländern der Grundsatz eines ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichenen Haushalts festgeschrieben. Für den Bund ist diesem Grundsatz Rechnung getragen, wenn das strukturelle Defizit 0,35 vom Hundert des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreitet. Für die Länder ist keine strukturelle Verschuldung zulässig. Abweichungen von diesem Grundsatz sind möglich, um zur Stabilisierung der Konjunkturentwicklung die Auswirkungen der konjunkturellen Entwicklung auf die Einnahmen und Ausgaben symmetrisch, d.h. im Auf- und Abschwung gleichartig, zu berücksichtigen. Darüber hinaus ist eine Ausnahmeregelung vorgesehen, die die Handlungsfähigkeit des Staates im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen,
- gewährleistet. Für die auf dieser Grundlage aufgenommenen Kredite ist eine Tilgungsregelung vorzusehen.
- Die Vorgaben des Artikels 109 werden für den Bund durch eine entsprechende Neufassung des Artikels 115 umgesetzt und konkretisiert. Die nähere Ausgestaltung in den Ländern erfolgt im Rahmen des Landesrechts.
- Die Neuregelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme sollen erstmals mit Wirkung für das Haushaltsjahr 2011 Anwendung finden. Da die vollständige Einhaltung der neuen Grenzen, insbesondere angesichts der notwendigen Ausweitung der Staatsverschuldung im Rahmen der Bewältigung der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise im Jahr 2011 noch nicht möglich ist, sieht Artikel 143d zeitlich befristete Abweichungsrechte vor. Der Bund wird hierdurch ermächtigt von den Vorgaben zur strukturellen Verschuldungskomponente abzuweichen. Die Länder dürfen von den gesamten Vorgaben des neuen Artikels 109 Absatz 3 abweichen. Die neuen Schuldenregelungen müssen vom Bund ab dem Jahr 2016 und von den Ländern ab dem Jahr 2020 vollständig eingehalten werden.
- In Artikel 143d wird die Möglichkeit eröffnet, den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für den Zeitraum 2011 bis 2019 angesichts ihrer besonders schwierigen Haushaltssituation Konsolidierungshilfen der bundesstaatlichen Gemeinschaft zu gewähren.
- Artikel 91c schafft eine Grundlage für eine Bund-Länder-Zusammenarbeit im Bereich der Informationstechnik.
- Mit Artikel 91d soll eine verfassungsrechtliche Grundlage für das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei Leistungsvergleichen in der öffentlichen Verwaltung geschaffen werden.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen auf die öffentlichen Haushalte für Bund, Länder und Gemeinden
- Die Neufassung der verfassungsrechtlichen Kreditbegrenzungsregeln gewährleistet die langfristige Tragfähigkeit der öffentlichen Haushalte und sichert damit die finanziellen Handlungsspielräume zur Erfüllung der staatlichen Aufgaben.
- Artikel 143d ermöglicht die Gewährung von Konsolidierungshilfen an die Länder Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für den Zeitraum 2011 bis 2019 in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro jährlich. Davon entfallen auf Bremen 300 Millionen Euro, auf das Saarland 260 Millionen Euro und auf die Länder Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein jeweils 80 Millionen Euro jährlich. Die Lasten werden hälftig vom Bund und den Ländern getragen. Der Anteil der Länder wird aus dem Umsatzsteueranteil aller Länder aufgebracht.
E. Sonstige Kosten
- Der Wirtschaft und insbesondere den mittelständischen Unternehmen entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten. Auswirkungen auf die Einzelpreise, das allgemeine Preisniveau und das Verbraucherpreisniveau sind nicht zu erwarten.
F. Bürokratiekosten
- Durch das Gesetz werden keine Informationspflichten eingeführt oder abgeschafft.
Gesetzesantrag der Länder Baden-Württemberg, Bremen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)
Staatsministerium Baden-Württemberg Stuttgart, den 24. März 2009
Der Staatssekretär
An den
Präsidenten des Bundesrates
Herrn Ministerpräsidenten
Peter Müller
Sehr geehrter Herr Präsident,
die Regierungen der Länder Baden-Württemberg und Bremen haben beschlossen, dem Bundesrat den als Anlage beigefügten
- Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)
und den ebenfalls als Anlage beigefügten
- Entwurf eines Begleitgesetzes zur zweiten Föderalismusreform1
mit dem Ziel zuzuleiten, ihre Einbringung beim Deutschen Bundestag zu beschließen.
Die Regierungen der genannten Länder haben ferner beschlossen, dem Bundesrat die als weitere Anlage beigefügte
- Entschließung des Bundesrates zur Umsetzung der Beschlüsse der Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen Abstufung nicht mehr fernverkehrsrelevanter Bundesfernstraßen2
zuzuleiten.
Ich bitte, die Gesetzesentwürfe und den Entschließungsantrag gemäß § 36 Abs. 2 der Geschäftsordnung des Bundesrates auf die Tagesordnung der Sitzung des Bundesrates am 3. April 2009 zu setzen. Nach Vorstellung im Plenum sollen die Gesetzentwürfe und der Entschließungsantrag den Ausschüssen zur weiteren Beratung überwiesen werden.
Mit freundlichen Grüßen
Hubert Wicker
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Grundgesetzes (Artikel 91c, 91d, 104b, 109, 109a, 115, 143d)
Vom ...
Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen;
Artikel 79 Absatz 2 des Grundgesetzes ist eingehalten:
Artikel 1
Änderung des Grundgesetzes
Das Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland in der im Bundesgesetzblatt III, Gliederungsnummer 100-1, veröffentlichten bereinigten Fassung, zuletzt geändert durch das Gesetz vom ...(BGBl. I S. ...), wird wie folgt geändert:
- 1. Die Überschrift von Abschnitt VIII a. wird wie folgt gefasst:
"VIII a. Gemeinschaftsaufgaben, Verwaltungszusammenarbeit"
- 2. Nach Artikel 91b werden folgende Artikel 91c und 91d eingefügt:"
Artikel 91c
- (1) Bund und Länder können bei der Planung, der Errichtung und dem Betrieb der für ihre Aufgabenerfüllung benötigten informationstechnischen Systeme zusammenwirken.
- (2) Bund und Länder können aufgrund von Vereinbarungen die für die Kommunikation zwischen ihren informationstechnischen Systemen notwendigen Standards und Sicherheitsanforderungen festlegen. Vereinbarungen über die Grundlagen der Zusammenarbeit nach Satz 1 können für einzelne nach Inhalt und Ausmaß bestimmte Aufgaben vorsehen, dass nähere Regelungen bei Zustimmung einer in der Vereinbarung zu bestimmenden qualifizierten Mehrheit für Bund und Länder in Kraft treten. Sie bedürfen der Zustimmung des Bundestages und der Volksvertretungen der beteiligten Länder; das Recht zur Kündigung dieser Vereinbarungen kann nicht ausgeschlossen werden. Die Vereinbarungen regeln auch die Kostentragung.
- (3) Die Länder können darüber hinaus den gemeinschaftlichen Betrieb informationstechnischer Systeme sowie die Errichtung von dazu bestimmten Einrichtungen vereinbaren.
- (4) Der Bund errichtet zur Verbindung der informationstechnischen Netze des Bundes und der Länder ein Verbindungsnetz. Das Nähere zur Errichtung und zum Betrieb des Verbindungsnetzes regelt ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates.
Artikel 91d
- Bund und Länder können zur Feststellung und Förderung der Leistungsfähigkeit ihrer Verwaltungen Vergleichsstudien durchführen und die Ergebnisse veröffentlichen."
- 3. Artikel 104b Absatz 1 wird folgender Satz angefügt:
"Abweichend von Satz 1 kann der Bund im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren."
- 4. Artikel 109 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
"(2) Bund und Länder erfüllen gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin und tragen in diesem Rahmen den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung."
- b) Nach Absatz 2 wird folgender Absatz 3 eingefügt:
"(3) Die Haushalte von Bund und Ländern sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregelung vorzusehen. Die nähere Ausgestaltung regelt für den Haushalt des Bundes Artikel 115 mit der Maßgabe, dass Satz 1 entsprochen ist, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Die nähere Ausgestaltung für die Haushalte der Länder regeln diese im Rahmen ihrer verfassungsrechtlichen Kompetenzen mit der Maßgabe, dass Satz 1 nur dann entsprochen ist, wenn keine Einnahmen aus Krediten zugelassen werden."
- c) Der bisherige Absatz 3 wird Absatz 4.
- d) Der bisherige Absatz 4 wird aufgehoben.
- e) Absatz 5 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
"Sanktionsmaßnahmen der Europäischen Gemeinschaft im Zusammenhang mit den Bestimmungen in Artikel 104 des Vertrags zur Gründung der Europäischen Gemeinschaft zur Einhaltung der Haushaltsdisziplin tragen Bund und Länder im Verhältnis 65 zu 35."
- a) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
- 5. Nach Artikel 109 wird folgender Artikel 109a eingefügt: "
Artikel 109a
- Zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
- 1. die fortlaufende Überwachung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern durch ein gemeinsames Gremium (Stabilitätsrat),
- 2. die Voraussetzungen und das Verfahren zur Feststellung einer drohenden Haushaltsnotlage,
- 3. die Grundsätze zur Aufstellung und Durchführung von Sanierungsprogrammen zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen.
- Die Beschlüsse des Stabilitätsrats und die zugrunde liegenden Beratungsunterlagen sind zu veröffentlichen."
- Zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen regelt ein Bundesgesetz, das der Zustimmung des Bundesrates bedarf,
- 6. Artikel 115 wird wie folgt geändert:
- a) In Absatz 1 werden die Sätze 2 und 3 aufgehoben.
- b) Absatz 2 wird wie folgt gefasst:
(2) Einnahmen und Ausgaben sind grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen. Diesem Grundsatz ist entsprochen, wenn die Einnahmen aus Krediten 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt nicht überschreiten. Zusätzlich sind bei einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung die Auswirkungen auf den Haushalt im Auf- und Abschwung symmetrisch zu berücksichtigen. Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der nach Satz 1 bis 3 zulässigen Kreditobergrenze werden auf einem Kontrollkonto erfasst;
Belastungen, die den Schwellenwert von 1,5 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt überschreiten, sind konjunkturgerecht zurückzuführen. Näheres, insbesondere die Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen und das Verfahren zur Berechnung der Obergrenze der jährlichen Nettokreditaufnahme unter Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung auf der Grundlage eines Konjunkturbereinigungsverfahrens sowie die Kontrolle und den Ausgleich von Abweichungen der tatsächlichen Kreditaufnahme von der Regelgrenze, regelt ein Bundesgesetz.
Im Falle von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, können diese Kreditobergrenzen aufgrund eines Beschlusses der Mehrheit der Mitglieder des Bundestages überschritten werden. Der Beschluss ist mit einem Tilgungsplan zu verbinden. Die Rückführung der nach Satz 6 aufgenommenen Kredite hat binnen eines angemessenen Zeitraumes zu erfolgen."
- 7. Nach Artikel 143c wird folgender Artikel 143d eingefügt:"
Artikel 143d
- (1) Artikel 109 und 115 in der bis zum [einsetzen: Datum des Tages vor dem Inkrafttreten] geltenden Fassung sind letztmals auf das Haushaltsjahr 2010 anzuwenden. Artikel 109 und 115 in der ab dem [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens] geltenden Fassung sind erstmals für das Haushaltsjahr 2011 anzuwenden; am 31. Dezember 2010 bestehende Kreditermächtigungen für bereits eingerichtete Sondervermögen bleiben unberührt. Die Länder dürfen im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2019 nach Maßgabe der geltenden landesrechtlichen Regelungen von den Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3 abweichen. Die Haushalte der Länder sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe aus Artikel 109 Absatz 3 Satz 5 erfüllt wird. Der Bund kann im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 von der Vorgabe des Artikels 115 Absatz 2 Satz 2 abweichen.
Mit dem Abbau des bestehenden Defizits soll im Haushaltsjahr 2011 begonnen werden. Die jährlichen Haushalte sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2016 die Vorgabe aus Artikel 115 Absatz 2 Satz 2 erfüllt wird; das Nähere regelt ein Bundesgesetz.
- (2) Als Hilfe zur Einhaltung der Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3 ab dem 1. Januar 2020 können den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für den Zeitraum 2011 bis 2019 Konsolidierungshilfen aus dem Haushalt des Bundes in Höhe von insgesamt 800 Millionen Euro jährlich gewährt werden. Davon entfallen auf Bremen 300 Millionen Euro, auf das Saarland 260 Millionen Euro und auf Berlin, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein jeweils 80 Millionen Euro. Die Hilfen werden auf der Grundlage einer Verwaltungsvereinbarung nach Maßgabe eines Bundesgesetzes mit Zustimmung des Bundesrates geleistet. Die Gewährung der Hilfen setzt einen vollständigen Abbau der Finanzierungsdefizite bis zum Jahresende 2020 voraus. Das Nähere, insbesondere die jährlichen Abbauschritte der Finanzierungsdefizite, die Überwachung des Abbaus der Finanzierungsdefizite durch den Stabilitätsrat sowie die Konsequenzen im Falle der Nichteinhaltung der Abbauschritte, wird durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates und durch Verwaltungsvereinbarung geregelt. Die gleichzeitige Gewährung der Konsolidierungshilfen und Sanierungshilfen aufgrund einer extremen Haushaltsnotlage ist ausgeschlossen.
- (3) Die sich aus der Gewährung der Konsolidierungshilfen ergebende Finanzierungslast wird hälftig von Bund und Ländern, von letzteren aus ihrem Umsatzsteueranteil, getragen. Das Nähere wird durch Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates geregelt."
- (1) Artikel 109 und 115 in der bis zum [einsetzen: Datum des Tages vor dem Inkrafttreten] geltenden Fassung sind letztmals auf das Haushaltsjahr 2010 anzuwenden. Artikel 109 und 115 in der ab dem [einsetzen: Datum des Tages des Inkrafttretens] geltenden Fassung sind erstmals für das Haushaltsjahr 2011 anzuwenden; am 31. Dezember 2010 bestehende Kreditermächtigungen für bereits eingerichtete Sondervermögen bleiben unberührt. Die Länder dürfen im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2019 nach Maßgabe der geltenden landesrechtlichen Regelungen von den Vorgaben des Artikels 109 Absatz 3 abweichen. Die Haushalte der Länder sind so aufzustellen, dass im Haushaltsjahr 2020 die Vorgabe aus Artikel 109 Absatz 3 Satz 5 erfüllt wird. Der Bund kann im Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis zum 31. Dezember 2015 von der Vorgabe des Artikels 115 Absatz 2 Satz 2 abweichen.
Artikel 2
Inkrafttreten
- Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
Begründung:
A. Allgemeiner Teil
Das Gesetz dient der Umsetzung der Beschlüsse der gemeinsamen Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen (kurz: Föderalismuskommission II). Damit wird die im Koalitionsvertrag vereinbarte zweite Stufe der Föderalismusreform umgesetzt.
Bundestag und Bundesrat haben am 15. Dezember 2006 beschlossen, eine gemeinsame Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen einzusetzen.
Die Präsidenten von Bundestag und Bundesrat haben die Kommission am 8. März 2007 konstituiert. Die vom Vorsitzenden der Fraktion der SPD, Dr. Peter Struck, und dem badenwürttembergischen Ministerpräsidenten, Günther H. Oettinger, geleitete Kommission hatte den Auftrag, Vorschläge zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen zu erarbeiten, um diese den veränderten Rahmenbedingungen innerhalb und außerhalb Deutschlands für die Wachstums- und Beschäftigungspolitik anzupassen. Im Interesse einer besseren Aufgabenerfüllung sollten auch Vorschläge für eine Effizienzsteigerung und Zusammenarbeit der öffentlichen Verwaltung gemacht werden. Die Kommission hat ihre Arbeiten am 5. März 2009 mit der Vorlage von Reformvorschlägen abgeschlossen.
Reform der nationalen Verschuldungsregeln (Artikel 109, 115 und 143d)
Hintergrund und Ziele der Änderung der Artikel 109 und 115
Höhe und Entwicklung des in den vergangenen Jahrzehnten aufgelaufenen Schuldenstandes in Deutschland zeigen, dass die bislang geltenden Fiskalregeln die Neuverschuldung nicht nachhaltig eindämmen und damit auch den Anstieg der Schuldenstandsquote (Schuldenstand im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt) nicht verhindern konnten. Seit Einführung der für den Bund bislang geltenden Regel des Artikels 115 im Zuge der Finanzverfassungsreform 1967/69 ist die Schuldenstandsquote der öffentlichen Haushalte von damals rund 20 vom Hundert auf heute knapp 70 vom Hundert gestiegen.
Mit ursächlich für diese Entwicklung sind ökonomische und politische Fehlanreize, die durch die bislang geltenden Fiskalregeln des Bundes und der Länder gesetzt wurden. Die für den Bund bislang geltende "goldene Regel" des Artikels 115, die in ähnlicher Form auch Bestandteil vieler Landesverfassungen ist, ermöglicht eine Nettokreditaufnahme bis zur Höhe der im Haushaltsplan veranschlagten Investitionen.
Neben dem im Hinblick auf den volkswirtschaftlichen Wertzuwachs ungeeigneten (Brutto-) Investitionsbegriff liegen die Schwächen der bisherigen Regelung insbesondere in einer zu weit gefassten Ausnahmeregelung bei konjunkturellen Störungen, einer fehlenden Verknüpfung zwischen der Regeleinhaltung bei Haushaltsaufstellung und Haushaltsvollzug sowie dem Fehlen einer ausdrücklichen Verpflichtung, die in Zeiten eines wirtschaftlichen Abschwungs unter Inanspruchnahme der Ausnahmeregelung einer (drohenden) "Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts" verursachten zusätzlichen Defizite durch Bildung von Überschüssen in Zeiten eines Aufschwungs wieder auszugleichen.
Zudem haben sich seit der Finanzverfassungsreform 1967/69 die wirtschaftlichen und institutionellen Rahmenbedingungen erheblich geändert:
- - Der demographische Wandel und die damit verbundenen Aufwendungen für die soziale Sicherung bedeuten ein hohes Maß an zusätzlichen impliziten Schulden für den Staat und verlangen eine Neujustierung der intergenerativen Lastenverteilung.
- - Die Folgen hoher Schulden schlagen sich dauerhaft in der Verengung staatlicher Handlungsmöglichkeiten sowie in Wachstums- und Beschäftigungsverlusten nieder.
- - Die intensivere Verflechtung Deutschlands mit der Weltwirtschaft im Zuge der Globalisierung schränkt die Wirksamkeit einer "Globalsteuerung" mittels Fiskalpolitik ein.
- - Neben den Regelungen des Grundgesetzes müssen die zwischenzeitlich hinzugekommenen quantitativen und qualitativen Vorgaben des präventiven und des korrektiven Arms des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes eingehalten werden. Weitere Anforderungen an die nachhaltige und zukunftsorientierte Gestaltung des öffentlichen Sektors ergeben sich auch aus der Lissabon-Strategie.
Vor diesem Hintergrund werden in Artikel 109 neue, für Bund und Länder gemeinsam geltende Grundzüge für die verfassungsrechtliche Begrenzung der Nettokreditaufnahme festgelegt, die insbesondere in Übereinstimmung mit der Philosophie des präventiven Arms des reformierten europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts die langfristige Tragfähigkeit der Haushalte von Bund und Ländern sicherstellen und nach dieser Maßgabe eine konjunkturgerechte und zukunftsorientierte gestaltende Finanzpolitik ermöglichen sollen. In Artikel 115 werden - in Konkretisierung der in Artikel 109 formulierten Grundsätze - die verfassungsrechtlichen Grundzüge der dafür notwendigen neuen Verschuldungsregel für den Bund festgelegt.
Änderung des Artikels 109
Zur Umsetzung dieser Ziele wird an die bereits bislang in Artikel 109 verankerte Festlegung angeknüpft, wonach Bund und Länder gemeinsam die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aus Rechtsakten der Europäischen Gemeinschaft auf Grund des Artikels 104 des EG-Vertrags erfüllen. Die Haushalte von Bund und Ländern müssen danach ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten ausgleichen. Abweichungen von diesem Grundsatz sind insbesondere möglich, um zur Stabilisierung der konjunkturellen Entwicklung die mit konjunkturellen Schwankungen gewissermaßen automatisch einhergehenden Effekte auf die öffentlichen Haushalte symmetrisch - also im Auf- und Abschwung gleichartig - zuzulassen.
Im Rahmen des Grundsatzes ausgeglichener Haushalte erhält der Bund zusätzlich einen sehr eng begrenzten strukturellen, also unabhängig von der konjunkturellen Lage bestehenden, Verschuldungsspielraum. Hiermit soll mit Blick auf die intergenerative Gerechtigkeit der einnahmen- bzw. ausgabeseitige Spielraum des Bundesgesetzgebers für qualitativ hochwertige Maßnahmen geschaffen werden, d. h. für solche Maßnahmen, die nicht nur der dauerhaften Stärkung von Wachstum und nachhaltiger Entwicklung dienen, sondern insbesondere künftigen Generationen zugute kommen, ohne dass dadurch eine langfristig nicht tragfähige Entwicklung der öffentlichen Finanzen verursacht wird. Für die Länder sieht der neue Artikel 109 keinen solchen strukturellen Neuverschuldungsspielraum vor.
Die strukturellen Verschuldungsspielräume für Bund und Länder stehen im Einklang mit den Vorgaben des präventiven Arms des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts, der die Mitglieder der Eurozone und des Wechselkursmechanismus II zur Einhaltung des Prinzips "annähernd ausgeglichener oder einen Überschuss aufweisender Haushalte" auf die Festlegung und Einhaltung mittelfristiger Haushaltsziele verpflichtet.
Die Bedeutung des präventiven Arms des Stabilitäts- und Wachstumspakts, der den sanktionsbewehrten korrektiven Arm des Pakts ergänzt, wurde mit der Reform des Pakts im Jahr 2005 deutlich gestärkt. Die in diesem Rahmen verfolgten Mittelfristziele der Haushaltspolitik dienen nach der - durch die Verordnung (EG) Nr. 1055/2005 geänderte - Verordnung (EG) Nr. 1466/97 dreierlei Zwecken: Neben der Gewährleistung einer Sicherheitsmarge beim Maastricht-Defizit-Kriterium von 3 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt sollen hierdurch rasche Fortschritte hin zu langfristig tragfähigen öffentlichen Finanzen gewährleistet und in diesem Rahmen haushaltspolitischer Gestaltungsspielraum für qualitativ hochwertige Maßnahmen, z.B. auch volkswirtschaftlich sinnvolle öffentliche (Netto-)Investitionen gewährleistet werden.
Die im europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakt bezüglich der Mittelfristziele vorgesehenen Spannbreiten geben einen Rahmen, jedoch keine quantitativ eindeutige Vorgabe für die Begrenzung der Nettokreditaufnahme. Die in Artikel 109 für die Länder formulierte Vorgabe, die Haushalte in konjunktureller Normallage ohne jeglichen strukturellen Verschuldungsspielraum auszugleichen, und der dem Bund eingeräumte, eng begrenzte strukturelle Spielraum sind von daher gleichermaßen aus der Philosophie des Stabilitäts- und Wachstumspakts ableitbar.
Die Tatsache, dass der Grundsatz des ohne Einnahmen aus Krediten ausgeglichenen Haushalts für Bund und Länder in leicht unterschiedlicher Weise ausgestaltet wird, wurde in den Beratungen der Föderalismuskommission II von allen Seiten anerkannt und als sachgerecht dargestellt.
Die grundgesetzlichen Vorgaben des Absatzes 3 zur Begrenzung der Kreditaufnahme in den Länderhaushalten verletzen nicht den Wesensgehalt der durch Artikel 79 Absatz 3 geschützten Länderstaatlichkeit und lassen auch den Kerngehalt der durch Absatz 1 geschützten haushaltswirtschaftlichen Autonomie der Länder unberührt.
Das Grundgesetz gewährleistet die Autonomie der Haushaltswirtschaft nicht uneingeschränkt.
Das ergibt sich bereits daraus, dass das Finanzwesen im Bundesstaat ein Gesamtgefüge darstellt und die Haushaltsautonomie den grundgesetzlichen Bestimmungen über die Steuerzuteilung und den Finanzausgleich nachgeordnet ist (vgl. BVerfGE 101, 158 [220]). Unmittelbare Einschränkungen ergeben sich zudem bereits durch die bestehende Bindung der Haushaltswirtschaften von Bund und Ländern an die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Der bisherige Absatz 4 ließ insoweit auch weit reichende Einflussmöglichkeiten des Bundesgesetzgebers zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts in Form von Vorgaben für Höchstbeträge, Bedingungen und Zeitfolge der Kreditaufnahme beziehungsweise zur Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen zu. Die kreditbezogenen Vorgaben des Absatzes 3 geben den Ländern für diesen Teilausschnitt der Haushaltswirtschaft lediglich einen Rahmen vor, innerhalb dessen sie ihre Haushalte selbständig und unabhängig gestalten können. Absatz 3 beinhaltet kein absolutes Verbot der Kreditaufnahme, sondern lediglich den Grundsatz eines strukturell ausgeglichenen Haushalts. Kreditaufnahmen aus konjunkturellen Gründen oder in außergewöhnlichen Notsituationen bleiben weiterhin zulässig.
Änderung des Artikels 115
Artikel 115 konkretisiert die in Artikel 109 festgelegten Grundsätze für den Bund. Mit der Neuregelung werden die konstruktionsbedingten Schwächen des bisherigen Artikels 115 im Hinblick auf die nachhaltige Eindämmung der Neuverschuldung beseitigt und die verfassungsrechtliche Verschuldungsregel des Bundes an die seit Einführung der bisherigen Regel geänderten Rahmenbedingungen durch folgende Neuerungen angepasst:
- - Die angesichts des Ausmaßes der expliziten und impliziten Staatsverschuldung notwendig gewordene Neujustierung der intergenerativen Lastenverteilung erfolgt durch das neue Prinzip des im Grundsatz ausgeglichenen Haushalts. Die bisherige Regelung, die eine Kreditfinanzierung von (Brutto-)Investitionen vorsah, wird abgelöst.
- - Mit Blick auf die Generationengerechtigkeit soll im Rahmen des neuen Grundsatzes strukturelle Verschuldung in sehr begrenztem Umfang möglich sein. Der Gestaltungsspielraum des Haushaltsgesetzgebers wird insbesondere für solche Maßnahmen erweitert, die über eine dauerhafte Stärkung von Wachstum und nachhaltiger Entwicklung auch und insbesondere künftigen Generationen zugute kommen. Mit der Einräumung eines eng begrenzten strukturellen Verschuldungsspielraums ist keineswegs ein Automatismus beabsichtigt, diesen stets in der laufenden Haushaltsplanung auszunutzen.
- - Durch die Entkoppelung der zulässigen Kreditaufnahme von der Festlegung auf den in dieser Hinsicht unzulänglichen haushaltsrechtlichen Investitionsbegriff verleiht die neue Regelung dem Bundesgesetzgeber mehr inhaltliche Flexibilität bei der Ausgestaltung einer an der dauerhaften Stärkung von Wachstum und nachhaltiger Entwicklung orientierten Politik, z.B. in Humanvermögen. Auch hiermit greift die neue Regel einen wesentlichen Aspekt des reformierten Stabilitäts- und Wachstumspakts und der Lissabon-Strategie auf, die in diesem Zusammenhang auf das Konzept der "Qualität der öffentlichen Finanzen" abstellen.
- - Der künftig zulässige Verschuldungsspielraum verringert im Vergleich zur bisherigen Regel die Verschuldungsmöglichkeiten deutlich und wird zu einer spürbaren und nachhaltigen Senkung der Schuldenstandsquote und damit der relativen Zinsbelastung führen.
- - Die Stabilisierung der konjunkturellen Entwicklung erfolgt durch das Wirkenlassen der automatischen Stabilisatoren über ein einfachgesetzlich näher zu bestimmendes Konjunkturbereinigungsverfahren und damit - anders als in der bisherigen Regel - zwingend gleichartig in Auf- und Abschwüngen. Damit wird langfristig gesichert, dass sich konjunkturelle Defizite und konjunkturelle Überschüsse in etwa ausgleichen, insbesondere, dass die konjunkturell bedingte Kreditaufnahme im Aufschwung wieder getilgt wird. So verhindert man, dass in konjunkturell guten Zeiten vorübergehende konjunkturelle Überschüsse für Maßnahmen eingesetzt werden, die längerfristig bzw. dauerhaft das strukturelle Defizit erhöhen.
- - Über ein Kontrollkonto mit Ausgleichspflicht wird der Anreiz zur Einhaltung der Verschuldungsregel im Haushaltsvollzug deutlich erhöht. Strukturelle Fehler werden festgestellt und über die Zeit gespeichert. Sie sind bei Überschreiten eines Schwellenwerts konjunkturgerecht zu korrigieren. So wird dem erneuten Aufwuchs struktureller Defizite vorgebeugt.
- - Die Ausnahmeregel wird deutlich enger gefasst. Zudem muss der Gesetzgeber mit Inanspruchnahme der Ausnahmeregel einen Tilgungsplan beschließen, der die Rückführung der oberhalb der Regelgrenzen liegenden Kreditaufnahme innerhalb eines angemessenen Zeitraums regelt und somit ein weiteres Anwachsen der Staatsschulden verhindern soll; die Rückführung kann damit konjunkturgerecht ausgestaltet werden.
- - Zugleich erhöht die Streichung des bisherigen Artikels 115 Absatz 2 die Wirksamkeit der Schuldenregel. Anders als bislang können die Regelgrenzen des Artikels 115 künftig nicht mehr durch die Einrichtung von Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung überschritten werden.
Mit der einfachgesetzlich zu regelnden Bereinigung von Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen, der in Auf- und Abschwüngen gleichartigen Berücksichtigung der Konjunktur über ein Konjunkturbereinigungsverfahren und der Sicherstellung der Einhaltung der Regel auch im Haushaltsvollzug folgt die Konkretisierung der Schuldenregel für den Bund in Artikel 115 den Vorgaben des europäischen Stabilitäts-und Wachstumspakts über die allgemeinen Vorgaben des Artikels 109 hinaus.
Übergangsregelung Die Neuregelungen zur Begrenzung der Kreditaufnahme sollen erstmals mit Wirkung für das Haushaltsjahr 2011 Anwendung finden. Da die vollständige Einhaltung der neuen Grenzen, insbesondere auch angesichts der notwendigen Ausweitung der Staatsverschuldung im Rahmen der Bewältigung der aktuellen Finanz- und Wirtschaftskrise, im Jahr 2011 noch nicht möglich ist, werden Bund und Länder durch Artikel 143d ermächtigt, befristet von den Vorgaben abzuweichen. Die Vorgaben müssen vom Bund ab dem Jahr 2016 und von den Ländern ab dem Jahr 2020 eingehalten werden.
Die Länder können in der Übergangsphase nach Maßgabe des bisher geltenden Rechts von den Vorgaben des Artikels 109 abweichen. Sie müssen ihre Haushalte in diesem Zeitraum so aufstellen, dass die Vorgabe strukturell ausgeglichener Haushalte im Jahr 2020 erfüllt wird. Für den Bund wird in der Übergangsphase eine Überschreitung des strukturellen Verschuldungspielraums nach Art. 115 Absatz 2 Satz 2 (0,35 v. H. in Relation zum nominalen Bruttoinlandsprodukt) zugelassen, mit der Maßgabe, dass im Haushaltsjahr 2011 mit dem schrittweisen Abbau überschießender struktureller Verschuldung begonnen werden soll und die Vorgabe des Artikels 115 im Jahr 2016 erfüllt wird.
Konsolidierungshilfen (Artikel 143d)
Artikel 143d räumt die Möglichkeit ein, den Ländern Berlin, Bremen, Saarland, Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein für den Zeitraum 2011 bis 2019 angesichts ihrer besonders schwierigen Haushaltssituation Konsolidierungshilfen der bundesstaatlichen Gemeinschaft zu gewähren. Voraussetzung hierfür ist die Einhaltung eines Konsolidierungspfades, der die betreffenden Länder in die Lage versetzt, ihre Haushalte bis spätestens 2020 auszugleichen und somit der neuen Schuldenregelung eigenständig Rechnung zu tragen.
Verfahren zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen (Artikel 109a)
Artikel 109a regelt die Einrichtung eines Systems regelmäßiger Haushaltsüberwachung durch einen neu zu gründenden Stabilitätsrat. Dadurch soll das Risiko einer Haushaltsnotlage so frühzeitig erkannt werden, dass diese noch zu verhindern ist. Im Falle einer drohenden Haushaltsnotlage sollen im Stabilitätsrat Sanierungsprogramme vereinbart werden. Durch Veröffentlichung der Beratungsergebnisse und der zugrunde liegenden Unterlagen soll öffentlicher Druck aufgebaut werden.
Gewährung von Finanzhilfen (Artikel 104b)
Artikel 104b in der geltenden Fassung beschränkt die Möglichkeit zur Gewährung von Finanzhilfen des Bundes auf Bereiche, in denen dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse zustehen. Durch die Erweiterung kann der Bund im Fall von Naturkatastrophen oder außergewöhnlichen Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, auch ohne Gesetzgebungsbefugnisse Finanzhilfen gewähren. Damit soll sichergestellt werden, dass zur Bewältigung solcher Notsituationen erforderliche Programme zur Belebung der Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand mit Unterstützung des Bundes in allen Investitionsbereichen durchgeführt werden können.
IT-Zusammenarbeit (Artikel 91c)
Zentrales Anliegen der Neuregelung ist die Verbesserung der Zusammenarbeit von Bund und Ländern sowie unter den Ländern im Bereich der Nutzung der informationstechnischen Systeme sowie beim Datenaustausch zwischen Bund und Ländern.
Die Verwaltungen von Bund und Ländern nutzen zur Erfüllung der ihnen zugewiesenen Aufgaben zunehmend leistungsfähige Systeme der Informationstechnik. Es ist davon auszugehen, dass sich die Bedeutung der Informationstechnik für die öffentliche Verwaltung zukünftig noch erhöht.
Die Informationstechnik hat darüber hinaus in den letzten Jahren wesentlich zur Modernisierung der öffentlichen Verwaltung beigetragen. Die Reduzierung von Bürokratiekosten und die Verbesserung der Serviceleistung der Behörden sind wesentlich durch Errichtung oder Erweiterung von informationstechnischen Systemen erreicht worden.
Die in eigener Verantwortung der jeweiligen Träger der Verwaltung zu beschaffenden und auszugestaltenden informationstechnischen Systeme des Bundes und der Länder können ihren vollen Nutzen für die öffentliche Verwaltung langfristig nur entfalten, wenn und soweit sie als Infrastrukturen begriffen und ausgestaltet werden, die auf der Basis von vereinbarten Interoperabilitäts- und Sicherheitsstandards den Datenaustausch zwischen den Systemen des Bundes und der Länder gewährleisten. Das macht es notwendig, ein Zusammenwirken von Bund und Ländern hinsichtlich ihrer informationstechnischen Systeme zu ermöglichen.
Die Behandlung der informationstechnischen Systeme des Bundes und der Länder als jeweils eigenständige aber notwendigerweise verbundene Infrastrukturen unabhängig von den konkreten Fachaufgaben der jeweiligen Verwaltungen trägt der Tatsache Rechnung, dass die Art des Einsatzes der Informationstechnik sich in Wirtschaft und Verwaltung erheblich geändert hat. Waren lange Zeit informationstechnische Systeme ausschließlich durch die jeweilige Fachaufgabe geprägt und allein für eine einzelne Fachaufgabe errichtet, ist mittlerweile eine Vielzahl von Basissystemen entstanden, die für unterschiedliche Fachaufgaben genutzt werden. Dazu gehören beispielsweise Netze und Sicherheitssysteme. Bei der Unterstützung von Fachaufgaben wird auf diese informationstechnischen Systeme und häufig auch auf Dienstleistungen von fachübergreifenden Informationstechnik-Dienstleistern der öffentlichen Verwaltung zurückgegriffen. Diese der öffentlichen Verwaltung insgesamt zur Verfügung stehende IT-Infrastruktur soll durch Bund und Länder in dem erforderlichen Umfang auch unabhängig von einzelnen Fachaufgaben gemeinsam weiterentwickelt werden.
Mit Artikel 91c wird die Grundlage für eine Bund-Länder-Zusammenarbeit im Bereich der Informationstechnik geschaffen. Damit erhalten Bund und Länder die Möglichkeit, die Mechanismen der IT-Steuerung - soweit nötig - zu institutionalisieren. Sie können ihre bislang nur in Teilbereichen stattfindende freiwillige Zusammenarbeit zu einem dauerhaften planvollen Zusammenwirken bei der Ausgestaltung der öffentlichen IT weiter entwickeln. Die damit einhergehenden Verbesserungen der öffentlichen Informationstechnik werden dazu beitragen, dass die öffentliche Verwaltung in Zukunft noch schneller, effizienter und kostengünstiger arbeiten kann.
Der vorgesehene Regelfall der Art und Weise der Zusammenarbeit durch Vereinbarungen und gemeinsame Abstimmung der IT-Steuerung in einem Gremium von Bund und Ländern trägt der Verteilung der Verwaltungskompetenzen zwischen Bund und Ländern Rechnung. Die Zuweisung der Gesetzgebungskompetenz für die Errichtung und den Betrieb eines Verbindungsnetzes zur Koppelung der informationstechnischen Netze von Bund und Ländern sowie der Verwaltungskompetenz für die Errichtung des Verbindungsnetzes nimmt den Grundgedanken auf, dass der Bund auch für andere länderübergreifende Infrastrukturen wie Fernstraßen und Wasserwege eine Zuständigkeit hat, während ansonsten die grundsätzliche Verwaltungskompetenz bei den Ländern liegt.
Leistungsvergleiche (Artikel 91d)
Leistungsvergleiche - als sogenanntes Benchmarking fester Bestandteil angelsächsischer Verwaltungskultur - haben sich international als wirksames Instrument zur Verbesserung der Effektivität und Effizienz staatlichen Handelns erwiesen. Denn sie machen Leistungen, Qualität und Kosten der Verwaltung transparent, setzen damit einen Wettbewerb um innovative Lösungen in Gang und sorgen für einen kontinuierlichen Verbesserungsprozess in der Verwaltung. Leistungsvergleiche bringen die Vorzüge des föderativen Wettbewerbs zur Geltung und stärken faktisch die parlamentarische Kontrollfunktion. Der deutschen Verwaltungstradition fremd, haben Leistungsvergleiche in weiten Bereichen der deutschen Verwaltung gegenwärtig noch keinen festen Platz. Der Beschluss der Ministerpräsidentenkonferenz vom Dezember 2004 zur verstärkten Anwendung von Leistungsvergleichen in den Landesverwaltungen hat zwar positive Wirkungen gezeigt. Auch kann zwischenzeitlich auf zahlreiche erfolgreiche Beispiele im Bereich der Stadtstaaten, der Kommunen, des Gesundheitswesens und der Finanzämter verwiesen werden. Gleichwohl bestehen bei Bund und Ländern erhebliche Ausbaumöglichkeiten. Die gemeinsame Kommission von Bundestag und Bundesrat zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanz-Beziehungen hält Leistungsvergleiche für ein hilfreiches Instrument der Verwaltungsmodernisierung und hat sich daher für einen verstärkten Einsatz ausgesprochen. Leistungsvergleiche kommen zwischen Landesverwaltungen, innerhalb der Bundesverwaltung sowie zwischen Bundes- und Landesbehörden in Betracht. Mit dem Artikel 91d soll eine verfassungsrechtliche Grundlage für das Zusammenwirken von Bund und Ländern bei Leistungsvergleichen in der Verwaltung geschaffen und die Bereitschaft zu Leistungsvergleichen in Deutschland nachhaltig gefördert werden.
Das Prinzip der Freiwilligkeit beachtet dabei die Gleichrangigkeit der Teilnehmer an Leistungsvergleichen, insbesondere die Eigenstaatlichkeit und politischen Gestaltungsräume von Bund und Ländern.
B. Besonderer Teil
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1
Die Vorschrift ergänzt die Überschrift des Abschnitts VIII a. des Grundgesetzes im Hinblick auf die neu eingefügten Artikel 91c und 91d um den Begriff "Verwaltungszusammenarbeit".
Zu Nummer 2 (Artikel 91c und 91d)
Zu Artikel 91c
Informationstechnische Systeme umfassen die technischen Mittel zur Verarbeitung und Übertragung von Informationen.
Absatz 1 schafft eine Grundlage für Bund und Länder, bei der Informationstechnik zusammenzuwirken. Die Vorschrift ist angesichts des ständigen Fortschritts der Informationstechnik und ihrer wachsenden Bedeutung für die öffentliche Verwaltung weit gefasst. Bund und Länder sollen in die Lage versetzt werden, auf die mannigfaltigen Herausforderungen und Chancen der Informationstechnik, auch soweit sie heute noch unbekannt sind, angemessen und zeitnah zu reagieren. Die weite Fassung der Norm ermöglicht zudem die einheitliche Umsetzung der im IT-Bereich zunehmenden EU-Vorgaben.
Das Zusammenwirken von Bund und Ländern nach Absatz 1 umfasst das tatsächliche und das rechtliche Zusammenwirken. Die Gestaltung informationstechnischer Systeme ist regelmäßig langfristig angelegt und in Anschaffung und Betrieb kostenintensiv.
Es besteht daher ein Bedürfnis nach rechtlicher Planungssicherheit und ein Interesse an dauerhaften sowie flexiblen Lösungen. Die Bund-Länder-Zusammenarbeit kann durch Vereinbarungen, in denen die Art und Weise der Zusammenarbeit näher ausgestaltet wird, geregelt werden. Für ihre Zusammenarbeit können Bund und Länder insbesondere die notwendige Gremienstruktur (IT-Planungsrat) schaffen und die hierfür erforderlichen Vereinbarungen treffen, um die bisherigen Gremien (insbesondere Arbeitskreis der Staatssekretäre für E-Government in Bund und Ländern, Vorhaben aus dem Projekt "Deutschland-Online", Kooperationsausschuss von Bund und Ländern für automatisierte Datenverarbeitung) mit allen Untergremien abzulösen. Die Möglichkeit, Vereinbarungen zu treffen, stellt ein geeignetes Instrument dar, um die Interessen aller Beteiligten zu wahren.
Wenngleich eine Zusammenarbeit zwischen Bund und Ländern regelmäßig die sinnvollste Alternative darstellen dürfte und daher grundsätzlich wünschenswert erscheint, bietet Absatz 1 auch eine Grundlage für Kooperationen zwischen dem Bund und einzelnen bzw. mehreren Ländern und für die Kooperation zwischen allen bzw. mehreren Ländern. Soweit die Verwaltungsautonomie der Länder reicht, sind diese frei, in jeweils eigener Verantwortung darüber zu bestimmen, ob und inwieweit sie mit dem Bund und anderen Ländern in IT-Fragen zusammenarbeiten möchten. Entscheidet sich ein Land jedoch gegen eine Zusammenarbeit, darf dies andere kooperationswillige Länder und den Bund nicht blockieren. Auch können Konstellationen auftreten, in denen ein Zusammenwirken von Bund und lediglich einem Teil der Länder von vornherein die sinnvollste Alternative zur besten Wahrnehmung von Aufgaben bildet.
Absatz 2 Satz 1 konkretisiert das Zusammenwirken nach Absatz 1. Zweck dieser Zusammenarbeit ist die Sicherstellung eines effizienten, sicheren und schnellen Datenaustauschs.
Durch die Einigung des Bundes und der Länder auf einheitlich anzuwendende Standards soll die Interoperabilität des Datenaustausches des Bundes und der Länder auf einfache, nachvollziehbare und wirtschaftliche Art und Weise sichergestellt werden. Zudem soll sichergestellt werden, dass Daten in Systeme anderer Verwaltungen ohne Medienbrüche übernommen werden können. Dazu können Bund und Länder gemeinsam Vereinbarungen treffen, welche das Ziel haben, die für die Binnen- und Außenkommunikation der informationstechnischen Systeme des Bundes und der Länder erforderlichen Standards in einem zu beschreibenden, beschleunigten Verfahren rechtsverbindlich und unabhängig davon, ob Bundes- oder Landesgesetze ausgeführt werden, festzulegen. Gleichzeitig bleibt es in der Entscheidung jedes Verwaltungsträgers, welche technischen Mittel er für die von ihm gewählte Form der Aufgabenwahrnehmung einsetzt. Die Interoperabilitätsstandards betreffen in erster Linie Datenformate. Zu diesen Interoperabilitätsstandards gehören auch Standards für Verfahren zur Datenübertragung.
Absatz 2 Satz 2 beinhaltet die verfassungsrechtliche Möglichkeit, in Verträgen zwischen Bund und Ländern über die Grundlagen der Zusammenarbeit eine Abweichung vom Einstimmigkeitsprinzip vorzusehen. Bislang waren Einigungen, soweit es sie im Bereich informationstechnischer Systeme überhaupt gab, dadurch geprägt, dass eine Vielzahl von Gremien einstimmig entscheiden musste. Damit war die Standardsetzung häufig zu langsam und zu schwerfällig. Zudem beschränkten sich die Einigungen in der Regel auf unverbindliche, nicht durchsetzbare Empfehlungen.
Mit der Ermöglichung von Mehrheitsentscheidungen soll die Dauer der Entscheidungsfindung deutlich verkürzt werden, um sicher zu stellen, dass praxisgerechte und problemadäquate Lösungen in einer der Entwicklungsgeschwindigkeit der Informationstechnik adäquaten Zeitspanne gefunden werden können. Zudem soll eine höhere Verbindlichkeit für die Etablierung der beschlossenen Standards erreicht werden, und zwar auch dann, wenn einzelne Beteiligte ihre Zustimmung verweigern.
Die in Absatz 2 Satz 3 angeordnete Unabdingbarkeit des Kündigungsrechts trägt der Tatsache Rechnung, dass unter Berücksichtigung der Hoheitsrechte der Beteiligten im Anwendungsbereich der Norm künftig bindende Mehrheitsentscheidungen getroffen werden können.
Absatz 2 Satz 4 stellt klar, dass kostenrelevante Vereinbarungen im Sinne des Absatzes 2 stets auch einer Regelung der Kostentragungspflicht bedürfen.
Absatz 3 stellt klar, dass die Länder insbesondere im IT-Bereich zur Aufgabenerfüllung über die in Absatz 2 bestimmten Fälle hinaus und unabhängig vom Bund (Absatz 1) zusammenwirken können. Durch Vereinbarung ist es allen oder mehreren Ländern unbeschadet ihrer sonstigen Zuständigkeiten möglich, informationstechnische Systeme gemeinsam zu betreiben und hierfür auch gemeinsame Institutionen zu errichten. Diese Institutionen können auch als Organisationsformen des öffentlichen Rechts ohne Gebietshoheit gegründet werden. Soweit es insbesondere landesverfassungsrechtliche Aufgabenzuweisungen zulassen, können die Länder auch Aufgaben oder Aufgabenteile diesen Institutionen zuweisen.
Die Möglichkeit der Länder, im Rahmen ihrer Aufgaben auch in anderen Bereichen zusammenzuwirken, bleibt unberührt.
Absatz 4 weist die Kompetenz für die Errichtung und den Betrieb eines Verbindungsnetzes zwischen den informationstechnischen Netzen des Bundes und der Länder dem Bund zu. Damit erhält der Bund die Aufgabe, mit dem Verbindungsnetz eine sichere Plattform für den bundländerübergreifenden Datenaustausch zu errichten, die auch von den Ländern für den länderübergreifenden Datenaustausch genutzt werden kann. Ziel ist es, dauerhaft und sicher die gegenseitige Erreichbarkeit aller Einrichtungen der öffentlichen Verwaltung unmittelbar oder mittelbar über das Verbindungsnetz und die daran angeschlossenen Netze von Bund und Ländern zu ermöglichen.
Gleichzeitig verbleiben die Kompetenzen für die an das Verbindungsnetz angeschlossenen Bundes- und Landesnetze beim Bund bzw. dem jeweiligen Land.
Das Verbindungsnetz soll zudem die Verbindung der deutschen Verwaltungsnetze mit den Netzen der EU sicherstellen.
Dem Bund wird die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für die näheren Regelungen hinsichtlich Errichtung und Betrieb eines solchen Netzes zugewiesen. Die darauf aufbauenden Regelungen zur Errichtung und zum Betrieb bedürfen der Zustimmung des Bundesrats, um die Berücksichtigung der Länderinteressen und deren Verwaltungskompetenzen hinsichtlich ihrer Landesnetze sicherzustellen. Die Kosten für Errichtung und Betrieb des Netzes trägt der Bund gemäß der finanzverfassungsrechtlichen Kostentragungspflicht des Artikels 104a Absatz 1. Die Anschlusskosten werden jeweils von dem für das angeschlossene Netz Zuständigen getragen.
Zu Artikel 91d
Die Regelung schafft eine Grundlage für das freiwillige Zusammenwirken von Bund und Ländern bei Vergleichsstudien zur Feststellung und Förderung der Leistungsfähigkeit ihrer Verwaltungen und bei der Veröffentlichung der Ergebnisse.
Über die Einzelheiten der Durchführung von Leistungsvergleichen können Bund und Länder Vereinbarungen schließen.
Gegenstand solcher Vereinbarungen können insbesondere die generelle oder einzelfallbezogene Beauftragung einer durch Kompetenz und Unabhängigkeit ausgewiesenen Einrichtung mit der Durchführung von Leistungsvergleichen, die Bestimmung des Gegenstands und der Methoden der Vergleichsstudien, die teilnehmenden Verwaltungen, die Art und Weise der Veröffentlichung der Ergebnisse und die Kostentragung sein.
Zu Nummer 3 (Artikel 104b Absatz 1)
Artikel 104b in der geltenden Fassung beschränkt die Möglichkeit zur Gewährung von Finanzhilfen des Bundes auf Bereiche, in denen dem Bund Gesetzgebungsbefugnisse zustehen. Durch den neuen Satz 2 wird diese Beschränkung für den Sonderfall einer Naturkatastrophe oder außergewöhnlichen Notsituation im Sinne der Artikel 109 Absatz 3 Satz 2 und 115 Absatz 2 Satz 6 aufgehoben. Damit soll sichergestellt werden, dass zur Bewältigung solcher Notsituationen erforderliche Programme zur Belebung der Investitionstätigkeit der öffentlichen Hand mit Unterstützung des Bundes in allen Investitionsbereichen durchgeführt werden können. Eine Beschränkung auf bestimmte Investitionsbereiche ist hier mit Blick auf das Ziel der Krisenbewältigung nicht sinnvoll.
Insbesondere stellt auch die gegenwärtige Finanz- und Wirtschaftskrise eine außergewöhnliche Notsituation im Sinne des neuen Satzes 2 dar; deshalb sollen nach den Erörterungen in der Kommission zur Modernisierung der Bund-Länder-Finanzbeziehungen die Maßnahmen auf der Grundlage des Gesetzes zur Umsetzung von Zukunftsinvestitionen der Kommunen und Länder grundsätzlich auch insoweit zulässig sein, als dem Bund keine Gesetzgebungsbefugnis zusteht. Das bereits verabschiedete Zukunftsinvestitionsgesetz (Artikel 7 des Gesetzes zur Sicherung von Beschäftigung und Stabilität in Deutschland vom 2. März 2009) wird deshalb im Lichte der verfassungsrechtlichen Neuregelung auszulegen sein.
Zu Nummer 4 (Artikel 109)
Zu Buchstabe a (Absatz 2)
Die Änderung in Absatz 2 stellt die bisher in Artikel 109 Absatz 5 Satz 1 enthaltene Bestimmung, nach der Bund und Länder die europarechtlichen Verpflichtungen zur Haushaltsdisziplin gemeinsam erfüllen, in den unmittelbaren Kontext der in Absatz 2 geregelten Bindung der Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern an die Erfordernisse des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts. Die Verpflichtungen der Bundesrepublik Deutschland aufgrund des reformierten europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes, bestehend aus der Verordnung (EG) Nr. 1466/97 des Rates über den Ausbau der haushaltspolitischen Überwachung und der Überwachung und Koordinierung der Wirtschaftspolitiken und der Verordnung (EG) Nr. 1467/97 über die Beschleunigung und Klärung des Verfahrens bei einem übermäßigen Defizit bilden mit dem Mittelfristziel des strukturell nahezu ausgeglichenen Haushalts oder eines Haushaltsüberschusses den Rahmen für die Haushaltswirtschaft von Bund und Ländern.
Ziel des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes ist laut den Erwägungen zu den vorgenannten Verordnungen eine gesunde öffentliche Finanzlage als Mittel zur Verbesserung der Preisstabilität und ein starkes, nachhaltiges Wachstum, das der Schaffung von Arbeitsplätzen förderlich ist. Die Formulierung von mittelfristigen Haushaltszielen dient nach der - im Zuge der Reform des europäischen Stabilitäts-und Wachstumspakts geänderten - Verordnung(EG) Nr. 1466/97 drei Zwecken:
Neben der Gewährleistung einer Sicherheitsmarge beim Maastricht-Defizit-Kriterium von 3 vom Hundert des Bruttoinlandsproduktes sollen hierdurch rasche Fortschritte in Richtung auf langfristig tragfähige öffentliche Finanzen und in diesem Rahmen haushaltspolitischer Spielraum insbesondere für die erforderlichen öffentlichen Investitionen gewährleistet werden. Die europarechtlichen Verpflichtungen gelten für den öffentlichen Gesamthaushalt. Der Bund trägt in diesem Zusammenhang die Verantwortung für etwaige Defizite der Sozialversicherungen, während die Länder insoweit für etwaige Haushaltsdefizite der Gemeinden und Gemeindeverbände einstehen.
Zu Buchstabe b (Absatz 3)
Absatz 3 bestimmt in Anknüpfung an die Regelung in Absatz 2 die für die Haushalte von Bund und Ländern geltenden Grundsätze für die Haushaltswirtschaft und die Zulässigkeit einer Nettokreditaufnahme. Die Grundsätze orientieren sich an den Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes.
Satz 1 beinhaltet den Grundsatz eines ohne Kreditaufnahme ausgeglichenen Haushalts in Bund und Ländern. Dieser bezieht sich auf den Haushalt des Bundes und die jeweiligen Haushalte der Länder; eine Einbeziehung etwaiger Defizite von Sozialversicherungen und Gemeinden bei der Haushaltsaufstellung in die Regelung würde sowohl inhaltlich als auch in der zeitlichen Abfolge unerfüllbare Informationsanforderungen an die Aufstellung der Haushalte von Bund und Ländern stellen. Die Verantwortung des Bundes für Defizite der Sozialversicherungen bzw. der Länder für Defizite der Haushalte der Gemeinden und Gemeindeverbände mit Blick auf die gesamtstaatlichen Vorgaben des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes bleibt davon unberührt.
Satz 2 legt abschließend fest, inwieweit Bund und Länder in ihren bundes- bzw. landesrechtlichen Regelungen zur Kreditaufnahme Abweichungen vom Grundsatz des Satzes 1 vorsehen können.
Der erste Halbsatz enthält die Befugnis, Regelungen zu treffen, die bei der Bestimmung der zulässigen Kreditaufnahme die Berücksichtigung der Auswirkungen der konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt (Einnahmen und Ausgaben) gewährleisten.
Dabei wird verbindlich vorgegeben, dass entsprechende Regelungen eine im Auf- und Abschwung symmetrische Berücksichtigung sicherstellen müssen. Das heißt, einer Zulassung zusätzlicher konjunkturbedingter Defizite im Abschwung muss eine entsprechende Verpflichtung zur Einbeziehung konjunkturbedingter Überschüsse im Aufschwung gegenüber stehen, so dass mittel- bis langfristig gewährleistet sein sollte, dass Kreditaufnahmen im Abschwung durch Überschüsse im Aufschwung ausgeglichen werden. Die Ausgestaltung einer solchen symmetrischen Konjunkturkomponente der Schuldenbegrenzungsregelung erfolgt durch Bund und Länder jeweils in eigener Verantwortung.
Im zweiten Halbsatz wird darüber hinaus die Möglichkeit eröffnet, eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder andere außergewöhnliche Notsituationen vorzusehen. Dadurch soll die Handlungsfähigkeit des Staates zur Krisenbewältigung gewährleistet werden. Da eine abschließende enumerative verfassungsrechtliche Benennung möglicher Notsituationen wegen der Vielzahl und Unterschiedlichkeit denkbarer Anwendungsfälle nicht möglich ist, erfolgt eine Eingrenzung durch drei Kriterien, die gleichzeitig erfüllt sein müssen:
- - Die Notsituation muss außergewöhnlich sein,
- - ihr Eintritt muss sich der Kontrolle des Staates entziehen und
- - sie muss den Haushalt erheblich beeinträchtigen.
Naturkatastrophen sind in Orientierung an die Rechtslage bei der Amtshilfe nach Artikel 35 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3 unmittelbar drohende Gefahrenzustände oder Schädigungen von erheblichem Ausmaß, die durch Naturereignisse ausgelöst werden (z.B. Erdbeben, Hochwasser, Unwetter, Dürre, Massenerkrankungen). Andere außergewöhnliche Notsituationen, die sich der staatlichen Kontrolle entziehen, mithin auf äußeren Einflüssen beruhen, die nicht oder im Wesentlichen nicht der staatlichen Kontrolle unterliegen, können beispielsweise sein:
- . Besonders schwere Unglücksfälle im Sinne des Artikel 35 Absatz 2 Satz 2 und Absatz 3, d.h. Schadensereignisse von großem Ausmaß und von Bedeutung für die Öffentlichkeit, die durch Unfälle, technisches oder menschliches Versagen ausgelöst oder von Dritten absichtlich herbeigeführt werden;
- . eine plötzliche Beeinträchtigung der Wirtschaftsabläufe in einem extremen Ausmaß aufgrund eines exogenen Schocks, wie beispielsweise der aktuellen Finanzkrise, die aus Gründen des Gemeinwohls aktive Stützungsmaßnahmen des Staates zur Aufrechterhaltung und Stabilisierung der Wirtschaftsabläufe gebietet.
Auch ein Ereignis von positiver historischer Tragweite, wie die Deutsche Wiedervereinigung, das einen erheblichen Finanzbedarf auslöst, kann einen Anwendungsfall der Klausel bilden.
Zyklische Konjunkturverläufe im Sinne von Auf- und Abschwung sind demgegenüber keine außergewöhnlichen Ereignisse. Diesen ist im Rahmen der Schuldenregel allein durch die im ersten Halbsatz ermöglichte Konjunkturkomponente Rechnung zu tragen.
Das Erfordernis der erheblichen Beeinträchtigung der Finanzlage bezieht sich auf den Finanzbedarf zur Beseitigung der aus einer Naturkatastrophe resultierenden Schäden und etwaigen vorbeugenden Maßnahmen. Gleiches gilt zur Bewältigung und Überwindung einer außergewöhnlichen Notsituation.
Satz 3 verpflichtet Bund und Länder, in den auf der Grundlage von Satz 2, 2. Halbsatz gestützten bundes- bzw. landesrechtlichen Ausnahmeregelungen für Naturkatastrophen und außergewöhnliche Notsituationen dem Gesetzgeber aufzugeben, die Beschlussfassung über eine erhöhte Nettokreditaufnahme mit einem Tilgungsplan zu versehen, der die Rückführung der oberhalb der Regelgrenzen liegenden Kreditaufnahme verbindlich regelt.
Satz 4 und Satz 5 beinhalten unterschiedliche Vorgaben für den Bund einerseits (Satz 4) und die einzelnen Länder andererseits (Satz 5) bezüglich der konkretisierenden Ausgestaltung des Grundsatzes nach Satz 1 für den Bundeshaushalt bzw. die Länderhaushalte. Die strukturellen Verschuldungsspielräume für Bund und Länder stehen im Einklang mit den Vorgaben des präventiven Arms des reformierten europäischen Stabilitäts- und Wachstumspakts, der die Mitglieder der Eurozone und des Wechselkursmechanismus II zur Einhaltung des Prinzips "annähernd ausgeglichener oder einen Überschuss aufweisender Haushalte" auf die Festlegung und Einhaltung mittelfristiger Haushaltsziele verpflichtet.
Nach Satz 4 gilt für den Bund der Grundsatz des ausgeglichenen Haushalts nach Satz 1 als noch erfüllt, wenn die Einnahmen aus Krediten in der konjunkturellen Normallage 0,35 vom Hundert des Bruttoinlandsproduktes nicht überschreiten. Diese Obergrenze begrenzt die strukturelle Verschuldung des Bundes auf ein langfristig tragfähiges Maß und gibt dem Bundesgesetzgeber im Unterschied zur bisherigen an den Umfang der veranschlagten Investitionen gebundenen Kreditobergrenze zugleich mehr inhaltliche Flexibilität bei der Ausgestaltung einer an der dauerhaften Stärkung von Wachstum und nachhaltiger Entwicklung orientierten Politik. Letzteres ist bedingt durch die Entkoppelung der Kreditaufnahme von der Festlegung auf den in dieser Hinsicht unzulänglichen haushaltsrechtlichen Investitionsbegriff.
Satz 5 gibt den Ländern für die Ausgestaltung der landesrechtlichen Kreditbegrenzungsregeln in ihrer eigenen Verantwortung demgegenüber vor, dass dem Grundsatz nach Satz 1 nur Rechnung getragen ist, wenn der Haushalt ohne Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung ohne Nettokreditaufnahme ausgeglichen ist. Im Lichte der in Artikel 115 für den Bund gewählten Umsetzung umfasst die nähere Ausgestaltung im Übrigen auch für die Länder Regelungsspielräume zum Beispiel für die Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen sowie für die Kontrolle und den Ausgleich von Abweichungen der tatsächlichen von der zulässigen Kreditaufnahme.
Zu Buchstabe c (Absatz 4)
Folgeänderung.
Zu Buchstabe d (Absatz 4 -alt-)
Der bisherige Absatz 4, der den Bundesgesetzgeber zur Abwehr einer Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts ermächtigt, Vorschriften über eine Kreditbeschränkung für alle Gebietskörperschaften und Zweckverbände und die Bildung von Konjunkturausgleichsrücklagen bei Bund und Ländern zu erlassen, kann aufgehoben werden, da mit Einführung der Kreditbegrenzungsregelung in Absatz 3 das Bedürfnis für entsprechende Maßnahmen entfällt. Konjunkturellen Entwicklungen kann nunmehr im Rahmen der Kreditbegrenzungsregeln Rechnung getragen werden, indem der Kreditfinanzierungsspielraum in guten Jahren systematisch verkürzt wird und in schlechten Jahren über den strukturellen Verschuldungsspielraum hinausgehende Kreditfinanzierungsmöglichkeiten geschaffen werden.
Zu Buchstaben e (Absatz 5 Satz 1 und Satz 2 -alt-)
Folgeänderungen zu Absatz 2.
Zu Nummer 5 (Artikel 109a)
Die Regelung schafft die verfassungsrechtliche Grundlage zur Einrichtung eines Stabilitätsrates, zur regelmäßigen Haushaltsüberwachung von Bund und Ländern und für ein Verfahren zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen in den Gebietskörperschaften.
Das Nähere regelt ein Bundesgesetz mit Zustimmung des Bundesrates.
Die Implementierung eines Verfahrens zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen ist im Hinblick auf das starke Anwachsen der Verschuldung in einzelnen Ländern sowie Verfassungsklagen zur Geltendmachung von Hilfeleistungsansprüchen gegenüber der bundesstaatlichen Gemeinschaft wegen extremer Haushaltsnotlagen erforderlich.
Auch das Bundesverfassungsgericht hat dies in seinen Entscheidungen über Hilfeleistungsansprüche einzelner Länder angemahnt (vgl. BVerfGE 86, 148 ff. (266) und BVerfGE 116, 327 ff. (393)).
Das Verfahren zur Vermeidung von Haushaltsnotlagen soll im Wesentlichen folgende Elemente umfassen:
- 1. Der Stabilitätsrat beobachtet kontinuierlich die Haushalte von Bund und Ländern auf der Basis festzulegender finanzwirtschaftlicher Kennzahlen.
Ziel der Überwachung ist es, die Gefahr einer Haushaltsnotlage möglichst früh zu erkennen, um rechtzeitig die erforderlichen Gegenmaßnahmen zur Vermeidung des Eintritts einer Notlage ergreifen zu können.
- 2. Ergeben sich in Folge der Überwachung Anhaltspunkte für das Risiko einer Haushaltsnotlage, erfolgt eine umfassende Analyse der Haushaltssituation der betroffenen Gebietskörperschaft. Auf dieser Grundlage stellt der Stabilitätsrat auf Basis der festzulegenden Kennzahlen fest, ob die Gefahr einer Haushaltsnotlage besteht.
- 3. Stellt der Stabilitätsrat eine solche Gefahr fest, ist die betroffene Gebietskörperschaft verpflichtet, in eigener Verantwortung alle Konsolidierungsspielräume konsequent auszuschöpfen und ein entsprechendes Sanierungsprogramm mit dem Stabilitätsrat zu vereinbaren.
- 4. Der Stabilitätsrat überwacht die Durchführung des Sanierungsprogramms.
Zur Gewährleistung der öffentlichen Transparenz sind die Beschlüsse des Stabilitätsrates und die zugrunde liegenden Beratungsunterlagen zu veröffentlichen.
Zu Nummer 6 (Artikel 115)
Zu Buchstabe a (Absatz 1)
Folgeänderung zur Änderung von Absatz 2. Absatz 1 entspricht dem bisherigen Absatz 1 Satz 1.
Zu Buchstabe b (Absatz 2)
Satz 1 normiert den Grundsatz des ausgeglichenen Haushalts ohne Nettokreditaufnahme.
In den nachfolgenden Sätzen wird konkretisiert, wann diesem Grundsatz Rechnung getragen ist und inwieweit zulässige Ausnahmen bestehen.
In Satz 2 wird die Höchstgrenze der zulässigen strukturellen Verschuldung des Bundes entsprechend der Maßgabe in Artikel 109 Absatz 3 Satz 4 geregelt. Diese Norm löst die bisherige Regelung ab, wonach die Einnahmen aus Krediten die Summe der im Haushaltsplan veranschlagten Ausgaben für Investitionen nicht überschreiten dürfen.
Sie begrenzt die strukturelle Verschuldung des Bundes auf ein langfristig tragfähiges Maß und gibt dem Haushaltsgesetzgeber mehr Flexibilität bei der Gestaltung einer nachhaltigen wachstumsfördernden Finanzpolitik.
Satz 3 macht von der Befugnis des Artikels 109 Absatz 3 Satz 2 Gebrauch und verpflichtet den Haushaltsgesetzgeber zur Berücksichtigung der konjunkturellen Entwicklung bei der Ermittlung der zulässigen Kreditaufnahme. Der nach Satz 2 eingeräumte (strukturelle) Kreditspielraum wird in Abhängigkeit von den erwarteten Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung auf den Haushalt entweder erweitert oder verringert. In besonders guten Zeiten kann sich die Verpflichtung zur Erwirtschaftung echter Überschüsse (d. h. Tilgungen) ergeben.
Durch die symmetrische Berücksichtigung der konjunkturellen Auswirkungen auf den Haushalt wird bezweckt, ein prozyklisches Verhalten zu vermeiden und die durch das Wirkenlassen der automatischen Stabilisatoren bedingte Kreditaufnahme in Abschwungphasen durch entsprechende Überschüsse in Aufschwungphasen auszugleichen.
Damit soll insbesondere auch den Erfordernissen des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts Rechnung getragen werden.
In Satz 4 wird gewährleistet, dass die neue Schuldenregel nicht nur die Aufstellung des Bundeshaushaltes erfasst, sondern darüber hinaus dessen Vollzug. Abweichungen der Kreditaufnahme im Haushaltsvollzug von der Soll-Kreditaufnahme sind in der Praxis kaum zu vermeiden. Diese Abweichungen sollen aber über das einzelne Haushaltsjahr hinaus verbucht werden. Hierdurch wird im Zusammenhang mit der vorgesehenen Ausgleichspflicht vermieden, dass die in Satz 2 normierte Obergrenze für die strukturelle Verschuldung maßgeblich und dauerhaft überschritten wird.
Eine Über- bzw. Unterschreitung der Grenze des Satzes 2 kann beispielsweise darauf beruhen, dass die tatsächlichen Auswirkungen der konjunkturellen Entwicklung sich anders gestaltet haben, als bei Aufstellung des Haushalts angenommen. Um dies festzustellen, wird der konjunkturelle Verschuldungsspielraum anhand der tatsächlichen Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes des abgelaufenen Haushaltsjahres neu berechnet und aus der Gesamtkreditaufnahme heraus gerechnet, um die tatsächliche strukturelle Kreditaufnahme zu ermitteln. Danach erfolgt ein Abgleich mit der nach Satz 2 zulässigen strukturellen Verschuldung unter Einbeziehung der finanziellen Transaktionen (vgl. hierzu Satz 5 sowie § 7 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 115 (Artikel 2 des Zweiten Föderalismusreformbegleitgesetzes)). Positive wie negative Abweichungen werden auf dem Kontrollkonto verbucht. Durch die ab Erreichen des Schwellenwertes normierte Rückführungspflicht wird sichergestellt, dass die Regelgrenze für die strukturelle Verschuldung weder erheblich noch dauerhaft überschritten wird. Im Übrigen werden generell, insbesondere auch unterhalb des Schwellenwertes, Belastungen des Kontrollkontos bereits durch die Buchung von positiven Abweichungen ganz oder teilweise zurückgeführt.
Die Einzelheiten sind in § 7 des Ausführungsgesetzes zu Artikel 115 (Artikel 2 des Zweiten Föderalismusreformbegleitgesetzes) geregelt.
Satz 5 enthält Vorgaben für den Inhalt des Ausführungsgesetzes. Die vorzusehende Bereinigung der Einnahmen und Ausgaben um finanzielle Transaktionen (z.B. Privatisierungseinnahmen oder Ausgaben für Vermögensbeschaffungen) stellt insoweit einen Gleichklang der nationalen Schuldenbegrenzungsregel mit der Systematik des europäischen Stabilitäts- und Wachstumspaktes her. Die weiteren Vorgaben betreffen die Berücksichtigung der konjunkturellen Auswirkungen auf den Haushalt auf der Grundlage eines festzulegenden Konjunkturbereinigungsverfahrens sowie die Konkretisierung der Handhabung des Kontrollkontos in seinen Einzelheiten.
Die Ausnahmeklausel in Satz 6 entspricht in den Tatbestandsvoraussetzungen der Vorgabe des Artikels 109 Absatz 3, so dass insoweit auf die Begründung zu dieser Vorschrift Bezug genommen wird. Ergänzend sieht Satz 6 vor, dass der zur Inanspruchnahme der Ausnahme im Einzelfall erforderliche Parlamentsbeschluss mit qualifizierter Mehrheit (Mehrheit der Mitglieder des Bundestages) gefasst werden muss. Der notwendige Beschluss kann ein Gesetzesbeschluss sein. Denkbar ist aber auch ein Parlamentsbeschluss, der in der Regel im Zusammenhang mit der Beschlussfassung über das Haushaltsgesetz erfolgt, mit dem Kreditaufnahmen über die Regelgrenzen hinaus ermöglicht werden.
Satz 7 und Satz 8 zwingen den Gesetzgeber, die Beschlussfassung über eine erhöhte Nettokreditaufnahme mit einem Tilgungsplan zu versehen, der die Rückführung der oberhalb der Regelgrenzen liegenden Kreditaufnahme regelt. Die Rückführungspflicht soll ein weiteres Anwachsen der Staatsschulden verhindern. Welcher Zeitraum als angemessen für die Rückführung anzusehen ist, hat das Parlament in Ansehung der Größenordnung der erhöhten Kreditaufnahme sowie der konkreten konjunkturellen Situation zu entscheiden.
Die Möglichkeit, nach dem bisherigen Absatz 2 für Sondervermögen Ausnahmen von den kreditbezogenen Vorgaben des bisherigen Absatzes 1 vorzusehen, entfällt zukünftig. Bereits eingerichtete Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung können nach Artikel 143d Absatz 1 auf der Basis der sie legitimierenden Gesetzesbeschlüsse fortgeführt werden. Solche Sondervermögen sind dem System der neuen Schuldenregel fremd und eignen sich nicht zur Integration in das neue Regime.
Zugleich wird damit finanzpolitisch ein klarer Schnitt vorgenommen, der eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der neuen Schuldenregel durch in der Vergangenheit in spezifischen Sondersituationen begründete Belastungen vermeidet.
Zu Nummer 7 (Artikel 143d)
Die Übergangsvorschrift legt fest, dass die Neufassung der Artikel 109 und 115 erstmals mit Wirkung für das Haushaltsjahr 2011 Anwendung findet. Zudem werden Zeitraum und Modalitäten einer zulässigen Abweichung von den Vorgaben für die Kreditaufnahme bestimmt.
Absatz 1 Satz 1 erklärt für das Haushaltsjahr 2010 die Artikel 109 und 115 in ihrer bisherigen Fassung für weiter anwendbar. Die neue Fassung dieser beiden Artikel ist erstmals für das Haushaltsjahr 2011 anzuwenden, allerdings während einer Übergangsphase in modifizierter Form (Satz 4).
Die bisherige Möglichkeit, Sondervermögen mit eigener Kreditermächtigung außerhalb des Bundeshaushalts einzurichten, entfällt ab dem 1. Januar 2011. Dies soll aber nur für die Zukunft gelten. Bereits eingerichtete Sondervermögen werden hiervon nicht tangiert, da solche Sondervermögen dem System der neuen Schuldenregel fremd sind und sich nicht zur Integration in das neue Regime eignen.
Zugleich wird damit finanzpolitisch ein klarer Schnitt vorgenommen, der eine Beeinträchtigung der Wirksamkeit der neuen Schuldenregel durch in der Vergangenheit in spezifischen Sondersituationen begründete Belastungen vermeidet.
Für die Länder wird in Satz 2 eine Übergangsphase festgelegt, die am 1. Januar 2011 beginnt und am 31. Dezember 2019 endet. Solange gelten grundsätzlich ausschließlich die bisher geltenden landesrechtlichen Regelungen zur Kreditaufnahme und deren Begrenzung.
Satz 3 überantwortet dem Landesgesetzgeber die Aufgabe, die Zielvorgabe aus Artikel 109 Absatz 3 Satz 5 im Jahr 2020 durch entsprechende Gestaltung der Haushalte in der Übergangsphase sicherzustellen. Ein konkreter Pfad zum Abbau vorhandener Finanzierungsdefizite wird den Ländern nicht vorgegeben.
Satz 4 regelt den Übergangszeitraum für den Bund und erlaubt Überschreitungen der in Artikel 115 Absatz 2 Satz 2 festgelegten Obergrenze von 0,35 vom Hundert im Verhältnis zum nominalen Bruttoinlandsprodukt.
Satz 5 trägt dem Gesichtspunkt Rechnung, dass der Bund in der Übergangsphase sein strukturelles Defizit abbauen muss. Hiermit soll im Jahre 2011 begonnen werden.
Die Soll-Regelung trägt der im Zeitpunkt des Abschlusses des Gesetzgebungsverfahrens noch nicht ausgeräumten Prognoseunsicherheit Rechnung, ob im Jahre 2011 keine weiteren Maßnahmen zur Bekämpfung der Finanzmarktkrise oder zur Überwindung ihrer negativen Auswirkungen erforderlich werden. An dem Endzeitpunkt der Übergangsphase ändert dies nichts.
Absatz 2 Satz 1 schafft die verfassungsrechtliche Grundlage für die Gewährung von Konsolidierungshilfen der bundesstaatlichen Gemeinschaft an die genannten Länder. Die Hilfen sollen es den Ländern vor dem Hintergrund ihrer im Vergleich zu den übrigen Ländern schwierigen Haushaltssituation ermöglichen, die Vorgabe eines strukturell ausgeglichenen Haushalts, die sich aus Artikel 109 Absatz 3 ergibt, zum 1. Januar 2020 als dem nach Absatz 1 insoweit maßgeblichen Termin einzuhalten. Dabei wurden insbesondere die Zinslasten, Schuldenstände und Haushaltsstrukturen berücksichtigt.
Die Hilfen sollen daher für den Zeitraum von 2011 bis 2019 gewährt werden.
Satz 2 regelt die Verteilung des Gesamtjahresbetrages von 800 Millionen Euro auf die einzelnen hilfeberechtigten Länder. Dabei wurden insbesondere die Zinslasten, Schuldenstände und Haushaltsstrukturen berücksichtigt.
Satz 3 gibt vor, dass die Hilfen auf der Grundlage einer noch zu schließenden Verwaltungsvereinbarung gewährt werden. Die wesentlichen Inhalte der Verwaltungsvereinbarung werden durch ein Bundesgesetz vorgegeben.
Satz 4 verlangt als Voraussetzung für die Gewährung der Hilfeleistung an die einzelnen Länder, dass diese sich in der Verwaltungsvereinbarung zu einem vollständigen Abbau ihrer strukturellen Finanzierungsdefizite bis zum Ablauf des Jahres 2020 verpflichten.
Nur mit dieser Maßgabe rechtfertigen sich die Hilfeleistungen von Bund und übrigen Ländern, die auch selbst erhebliche Anstrengungen zur Einhaltung der Kreditbegrenzungsregelung vornehmen müssen.
Satz 5 enthält weitere Vorgaben hinsichtlich der näheren Ausgestaltung der Konsolidierungshilfen durch Bundesgesetz und der darauf gestützten Verwaltungsvereinbarung.
Dies betrifft die Festlegung der konkreten Abbauschritte für das Finanzierungsdefizit, zu denen sich das jeweilige Empfängerland in der Verwaltungsvereinbarung verpflichten muss, die Überwachung der Einhaltung dieser Schritte durch den Stabilitätsrat nach Artikel 109a und Regelungen über die Folgen einer Nichteinhaltung des Abbaupfades.
Satz 6 bestimmt, dass die Empfänger der Konsolidierungshilfe nicht gleichzeitig Hilfeleistungen der bundesstaatlichen Gemeinschaft wegen einer extremen Haushaltsnotlage beanspruchen können. Das bedeutet, dass insbesondere die Länder Bremen und Saarland im Falle der Inanspruchnahme der Hilfen ihre auf Zahlung von Sanierungshilfen gerichteten Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht für erledigt erklären müssen.
Absatz 3 Absatz 3 bestimmt, dass die Konsolidierungshilfen je zur Hälfte vom Bund und der Ländergesamtheit getragen werden. Dabei wird der Anteil der Länder zugunsten des Bundes aus dem Umsatzsteueranteil der Länder aufgebracht. Die Auszahlung der Hilfen erfolgt durch den Bund. Das Nähere wird im Finanzausgleichsgesetz geregelt.
Artikel 2
Die Vorschrift regelt das Inkrafttreten.