Empfehlungen der Ausschüsse
Achtes Gesetz zur Änderung des Gesetzes gegen Wettbewerbsbeschränkungen
(8. GWB-ÄndG)

903. Sitzung des Bundesrates am 23. November 2012

Der federführende Wirtschaftsausschuss (Wi), der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz (AV), der Gesundheitsausschuss (G), der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) und der Rechtsausschuss (R) empfehlen dem Bundesrat, zu dem Gesetz gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes die Einberufung des Vermittlungsausschusses aus folgenden Gründen zu verlangen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§§ 31 bis 31b GWB)

Der Bundesrat hält es für erforderlich im Gesetz klarzustellen, dass im Rahmen der Missbrauchskontrolle keine Durchleitungsansprüche im Bereich der Wasserversorgung ermöglicht werden.

Begründung:

Durch das Entfallen von § 103 Absatz 5 Satz 2 Nummer 4 GWB ist nicht mehr dokumentiert, dass Durchleitungsansprüche, die vor allem aus technischen und hygienischen Gründen nicht sinnvoll erscheinen, nicht ermöglicht werden sollen.

Gegenüber diesem Anliegen wird argumentiert, dass schon bisher nicht hätte geschlossen werden können, dass im Bereich der Wasserwirtschaft Durchleitungsansprüche immer ausgeschlossen waren. Unter den in § 19 Absatz 2 Nummer 4 GWB beschriebenen Voraussetzungen sei es verboten, einem anderen Unternehmen den Zugang zum eigenen Netz zu verweigern. Sofern dies aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen, zu denen auch technische und hygienische Gründe gehören können, unmöglich sei, schließe dies bereits auf der Basis des geltenden Rechts einen Missbrauch aus.

Die Argumentation zeigt, dass die Bundesregierung durchaus von Durchleitungsansprüchen im Bereich der Trinkwasserversorgung ausgeht und diese nur dann für ausgeschlossen hält, wenn eine Unmöglichkeit aus betriebsbedingten oder sonstigen Gründen vorliege. Damit erscheint eine Regelung, die Rechtssicherheit schafft, aus Sicht des Bundesrates nach wie vor nötig.

2. Zu Artikel 1 Nummer 12 (§ 31 Absatz 4 Nummer 3 GWB)

In Artikel 1 Nummer 12 § 31 Absatz 4 Nummer 3 sind die Wörter "überschreiten; anzuerkennen sind die Kosten, die bei einer rationellen Betriebsführung anfallen." durch das Wort "überschreiten." zu ersetzen.

Begründung:

Diese Ergänzung in § 31 Absatz 4 Nummer 3 GWB-neu auf Vorschlag des Ausschusses für Wirtschaft und Technologie des Bundestages lässt befürchten, dass ein Überschreiten von Mindeststandards für die Trinkwasserqualität und Versorgungssicherheit sowie überdurchschnittliche Löhne nicht als rationelle Betriebsführung anerkannt werden und ist daher zu streichen.

Zu Artikel 1 Nummer 19 ( § 34 GWB) Nummer 20 (§ 34a GWB) Nummer 41a - neu - (§ 82a Absatz 2 GWB) [Artikel 5 Absatz 7 (§ 95 Absatz 2 Nummer 1 GVG)]

Zur konsequenten und gerechten Verfolgung von Kartellrechtsverstößen bedarf es einer Überarbeitung des Gesetzes mit Blick auf folgende Gesichtspunkte:*

Begründung:

Zu Buchstabe a

Der Bundesrat bekräftigt seine Auffassung, dass die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch Kartellbehörden gemäß § 34 GWB unabhängig vom schuldhaften Handeln des Unternehmens bestehen sollte. Illegitime wirtschaftliche Vorteile, die durch Kartellrechtsverstöße erwirtschaftet werden, sind im Allgemeininteresse eines freien und unverfälschten, lauteren Wettbewerbs unabhängig von einem etwaigen Verschulden des handelnden Unternehmens herauszugeben. Selbst wenn man der Einschätzung der Bundesregierung folgen würde, wonach in der Praxis bei Kartellrechtsverstößen die Vorteilsabschöpfung regelmäßig nicht am Verschuldenserfordernis scheitert, ist doch aus rechtssystematischen Gründen eine grundsätzliche Abkehr vom Verschuldenserfordernis gerechtfertigt. Das Verschuldenserfordernis nur deshalb aufrecht zu erhalten, weil sich aktuell noch eine entsprechende Regelung in § 10 UWG befindet, überzeugt nicht. Auch die im Wettbewerbsrecht geltende Regelung zur Vorteilsabschöpfung trägt nicht dem Umstand Rechnung, dass der Abschöpfungsanspruch als ein Anspruch eigener Art nicht auf Herausgabe eines ungerechtfertigten Vorteils, sondern auf Herausgabe eines ungerechtfertigt erlangten Erlöses in Folge rechtswidrigen Verhaltens gerichtet ist.

Aus denselben Gründen sollte auch die Möglichkeit der Vorteilsabschöpfung durch klagebefugte Einrichtungen und Verbände gemäß § 34a GWB unabhängig vom schuldhaften Handeln des Unternehmens bestehen.

Abgesehen davon sollte die Anspruchsvoraussetzung, wonach der Vorteil zu Lasten einer Vielzahl von Abnehmern oder Anbietern erlangt worden sein muss, gestrichen werden. Die Vorteilsabschöpfung sollte nicht nur im Falle besonders gefährlicher kartellrechtswidriger Handlungen, nämlich solcher mit Breitenwirkung, zugelassen werden.

Zudem sollten klagebefugte Verbände und Einrichtungen, wie die Kartellbehörde, bei der Vorteilsabschöpfung berechtigt sein, die Höhe des wirtschaftlichen Vorteils zu schätzen. Die bisher nur für Kartellbehörden geltende Regelung in § 34 Absatz 4 GWB sollte entsprechende Anwendung finden.

Zu Buchstabe b

Die Herausgabe des wirtschaftlichen Vorteils nach § 34a GWB sowie die vollständige Zahlung von Bußgeldern nach § 82a Absatz 2 GWB an den Bundeshaushalt ist nicht gerechtfertigt. Geboten ist vielmehr eine gerechte Verteilung von Vorteilen und Lasten zwischen Bund und Ländern.

Die Verbraucherverbände und qualifizierten Einrichtungen werden institutionell mit Mitteln der jeweiligen Landeshaushalte gefördert. Mittelbar tragen daher die Länder das Prozessrisiko bei gerichtlichen Verfahren gemäß § 34a GWB mit. Darüber hinaus erfordert die Ermittlung des erzielten Vorteils regelmäßig komplizierte Beweisaufnahmen, was zu einer erheblichen Belastung der Kartellgerichte führt. Die Herausgabe der Gelder aus einer Vorteilsabschöpfung gemäß § 34a GWB an den Bundeshaushalt ist daher nicht gerechtfertigt.

Ebenso wenig ist gerechtfertigt, dass derzeit Bußgelder wegen Kartellrechtsverstößen gemäß § 82a Absatz 2 GWB ausschließlich in den Bundeshaushalt fließen. Zur Stärkung der institutionalisierten Verbraucherarbeit und zur Verringerung des Prozesskostenrisikos der im Kartellrecht klagebefugten Einrichtungen und Verbände, zu denen nach dem Gesetz auch die Verbraucherverbände gehören werden, erscheint es angemessen, zumindest einen Anteil der nach § 82a Absatz 2 GWB erhobenen Bußgelder nicht dem Bundeshaushalt zuzuführen. Der Gesamtheit der Verbraucherinnen und Verbraucher kommt als Funktionsträger einer informierten Marktentscheidung eine dem unternehmerischen Marktverhalten der anbietenden Wirtschaft gleichgewichtige Stellung zu. Eine effiziente Verbraucherarbeit liegt damit im Allgemeininteresse der Funktionsfähigkeit einer marktwirtschaftlichen Wettbewerbsordnung. Die organisatorische und institutionelle Verbraucherarbeit ist aus Gründen ihrer gesellschaftspolitischen Aufgabe notwendigerweise auf eine Drittmittelfinanzierung angewiesen. Entgeltliche Geschäftsmodelle der Verbraucherarbeit sind nach der Aufgabenstellung von Verbraucherorganisationen nur in einem eingeschränkten Umfang sachgerecht und nach den konkreten Satzungsbedingungen der Verbraucherorganisationen nur begrenzt zulässig. Es erscheint daher diskussionswürdig, die Eigenfinanzierung der institutionalisierten Verbraucherarbeit zu stärken und die anbietende Wirtschaft an der Finanzierung der Verbraucherarbeit zu beteiligen, indem von den Unternehmen erhobene Bußgelder teilweise für die Verbraucherarbeit eingesetzt werden.

Zu Buchstabe c

Die in Artikel 5 Absatz 7 des Gesetzes vorgesehene Änderung des § 95 Absatz 2 Nummer 1 GVG, mit der deliktische kartellrechtliche Schadensersatzansprüche aus der bisherigen Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen herausgelöst und - wegen der rechtlichen und sachlichen Komplexität dieser Verfahren - der mit drei Berufsrichtern besetzten Zivilkammer zugewiesen werden sollen, stößt auf Bedenken. Abgesehen von einer nicht sinnvollen Zuständigkeitszersplitterung (es werden nur die genannten Ansprüche aus der Zuständigkeit der Kammer für Handelssachen herausgelöst) haben die Kammern für Handelssachen große Erfahrung und Expertise in diesem Bereich und sind zudem in der Regel konstanter besetzt als eine allgemeine Zivilkammer. Vor diesem Hintergrund erscheint es sachgerechter, den Parteien - wie bisher - die Wahlmöglichkeit zu belassen, ob sie den Rechtsstreit vor der Zivilkammer oder der Kammer für Handelssachen verhandelt wissen wollen.]

6. Zu Artikel 1 (§§ 36, 37, 130 GWB)

Der Bundesrat hält es für erforderlich, betreffend §§ 130, 36 f GWB klarzustellen, dass allein die Trägerschaft mehrerer Unternehmen durch eine kommunale Gebietskörperschaft keine kartellrechtlich in Blick zu nehmende Struktur eines Zusammenschlusses oder Konzerns (insbesondere § 36 Absatz 2, § 37 GWB) begründet.

Begründung:

Die Bundesregierung hat in ihrer Gegenäußerung (vgl. BT-Drucksache 17/9852, Anlage 4) zugesagt, die Vorschläge des Bundesrates im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen. Da bislang keine Umsetzung vorliegt, wird der Antrag samt nachfolgender Begründung aufrechterhalten:

Allein die Trägerschaft mehrerer Unternehmen durch eine kommunale Gebietskörperschaft schafft keine Abhängigkeit oder Beherrschung oder Konzernstruktur zwischen diesen Unternehmen. Maßgeblicher Anknüpfungspunkt der kartellrechtlichen Zusammenschlusskontrolle ist das Unternehmen und nicht dessen Träger. Es muss einer Kommune unbenommen bleiben, ihre Aufgaben unter Beachtung der rechtlichen Vorgaben mittels verschiedener Unternehmen zu erfüllen.

7. Zu Artikel 1 Nummer 46a - neu - (§ 130 Absatz 1 Satz 1a - neu - GWB)

Nach Artikel 1 Nummer 46 ist folgende Nummer einzufügen:

Begründung:

Öffentlichrechtlich ausgestaltete Versorgungs- und Leistungsverhältnisse, vor allem Gebühren, unterliegen keiner kartellrechtlichen Prüfung. Ansatz des GWB ist die kartellrechtliche Entgeltkontrolle privater Unternehmen. Dies kann nicht auf eine landesrechtlich ausgestaltete kostenorientierte Gebührenerhebung übertragen werden. Gebühren und Beiträge sind nach den landesrechtlichen Vorschriften der Kommunalabgabengesetze kostendeckend zu erheben. Aus dem kommunalabgabenrechtlichen Kostendeckungsprinzip ergeben sich Limitierungen hinsichtlich der Gebührenhöhe. Kalkulation und Abrechnung unterliegen der kommunalaufsichtlichen und verwaltungsgerichtlichen Kontrolle. Für eine kartellrechtliche Prüfung besteht daher kein Raum.

Das Gesetz sollte an geeigneter Stelle und in geeigneter Form um eine klarstellende Regelung dahingehend ergänzt werden, dass die mit einer kommunalen Gebietsreform einhergehende Zusammenlegung von öffentlichen Einrichtungen und Betrieben nicht der kartellrechtlichen Fusionskontrolle unterliegt.

Begründung:

Ziel von kommunalen Gebietsreformen ist es nicht, wirtschaftliche Unternehmen zu vergrößern, um einen größeren Anteil am Markt zu erlangen. Stattdessen geht es darum, die öffentlichen Aufgaben der Gebietskörperschaften im Interesse aller Bürgerinnen und Bürger besser zu bewältigen. Wettbewerbsregelungen dürfen deshalb nicht dazu führen, kommunale Gebietsreformen zu erschweren bzw. unmöglich zu machen. Entgegen der Auffassung des Bundeskartellamts und des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie lösen kommunale Gebietsreformen und die damit verbundenen Zusammenlegungen kommunaler Einrichtungen und Betriebe eine kartellrechtliche Fusionskontrolle nicht aus. Das soll mit der erbetenen Ergänzung des Gesetzes klargestellt werden.

9. Zu Artikel 3 Nummer 1 (§ 4 Absatz 3 Satz 2 und 3 SGB V), Nummer 2 ( § 172a SGB V) und Artikel 5 Absatz 8 ( § 51 Absatz 3 SGG)

Begründung:

Die im Gesetzesbeschluss vorgesehenen Änderungen führen zu einer deutlichen Verschlechterung der Versorgungssituation und der Rechte und Möglichkeiten der gesetzlich Krankenversicherten.

Eine Gleichsetzung der am Gemeinwohl orientierten Krankenkassen mit privatwirtschaftlichen und gewinnorientierten Unternehmen zieht eine Unterordnung der Patienteninteressen unter die des Wettbewerbs nach sich.

Durch die Ausweitung der Zuständigkeiten des Bundeskartellamtes würde eine zusätzliche Behörde mit der Aufsicht über die Krankenkassen mit dem Ergebnis beauftragt, dass neue Bürokratie aufgebaut wird, ohne dass den Krankenkassen angemessene wettbewerbliche Handlungsspielräume eröffnet werden.

Krankenkassen sind keine Unternehmen im kartellrechtlichen Sinne. Ihr Verhalten sollte daher weiterhin nach sozialversicherungsrechtlichen Maßstäben und allein durch die zuständigen Rechtsaufsichtsbehörden beurteilt werden.

Das geplante Verbot der engen Zusammenarbeit der Krankenkassen untereinander widerspricht den Zielvorgaben des Sozialgesetzbuches, denen zufolge Krankenkassen im Interesse der Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit eng zusammenarbeiten sollen.

Die uneingeschränkte Übernahme der Vorgaben zu Kartellverbot und Missbrauchsaufsicht rückt die dem Sozialstaatsprinzip verpflichteten gesetzlichen Krankenkassen in die unmittelbare Nähe gewinnorientierter Wirtschaftsunternehmen. Dagegen fallen die Krankenkassen nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) nicht unter den europäischen Unternehmensbegriff und unterliegen daher auch nicht dem EU-Wettbewerbsrecht. Der EuGH begründet dies damit, dass die Krankenkassen nach Maßgabe des Fünften Buches Sozialgesetzbuch (SGB V) nicht wettbewerblich und gewinnorientiert sind, sondern in Erfüllung hoheitlicher Aufgaben handeln.

Die GWB-Novelle erhöht in erheblichem Maße die Wahrscheinlichkeit, dass der EuGH in seiner zukünftigen Rechtsprechung die Unternehmenseigenschaft der deutschen gesetzlichen Krankenkassen bejahen wird. Das hätte dann erhebliche Folgewirkungen in verschiedenen Bereichen, die nicht im Patienteninteresse stehen.

Dann würde das europäische Wettbewerbsrecht für das gesamte deutsche Gesundheitswesen gelten, also auch für die Beziehungen der Krankenkassen zu Ärzten, Krankenhäusern, Apotheken und so weiter. Der deutsche Gesetzgeber kann dann nur noch im Rahmen der dann geltenden europarechtlichen Vorgaben das deutsche Gesundheitssystem gestalten.

Durch den Vorrang der wettbewerbsrechtlichen Fusionskontrolle vor der sozialrechtlichen Genehmigung einer Vereinigung von Krankenkassen durch die Aufsichtsbehörden besteht die Gefahr, dass so genannte "Rettungsfusionen" von insolvenzgefährdeten Kassen erschwert und verzögert werden könnten bis hin zu ihrer Verhinderung. Gleichzeitig wird damit nachdrücklich in die gesetzlich normierte Aufgabenwahrnehmung der Länder eingegriffen, weil - mangels einer der Ministererlaubnis vergleichbaren Kompetenz der zuständigen Landes-Aufsichtsbehörden - gegen eine ablehnende Entscheidung des Bundeskartellamtes keine Genehmigung einer Fusion zulässig ist.

Außerdem ist zu befürchten, dass Kostensteuerungsmechanismen aufgrund von Kooperationen und verbandsmäßiger Koordination, wie zum Beispiel Arzneimittelrabattverträge, durch die geplanten kartellrechtlichen Änderungen in Frage gestellt werden.

Darüber hinaus ist für Rechtsstreitigkeiten in diesen Bereichen ein Zurückdrängen der Zuständigkeit der Sozialgerichte zu Gunsten der Kartellsenate der Oberlandesgerichte vorgesehen, ohne dass hierfür eine Notwendigkeit ersichtlich ist.

Die vom Deutschen Bundestag im Rahmen seiner Beratungen eingefügte Klarstellung, dass bei der Anwendung des Gesetzes zur Änderung gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) der Versorgungsauftrag der Krankenkassen zu berücksichtigen sein soll, ist nicht ausreichend, die Bedenken gegen den Gesetzesbeschluss auszuräumen. Da die Maxime des GWB nicht die Sicherstellung einer flächendeckenden, effizienten Aufgabenerfüllung der Krankenkassen durch freiwillig gestaltete Kooperation ist, sondern der Schutz des Wettbewerbs, sind bei Inkrafttreten dieses Gesetzes Zielkonflikte zwischen Wettbewerbsrecht und Sozialrecht weiterhin unausweichlich.

Angesichts zahlreicher öffentlicher Einlassungen des Bundeskartellamtes bestehen erhebliche Zweifel, ob das Amt diesen Konflikt im Sinne der Versorgungsqualität, also zu Gunsten eines "Primats des Sozialrechtes" auflösen wird. Damit würden jedoch die Krankenkassen bei allen Kooperationen, für die kein ausdrücklicher gesetzlicher Auftrag besteht, mit einem erheblichen Prognoserisiko bezüglich der Zulässigkeit ihres Handelns belastet, welches zu einer Lähmung von Innovationskräften und zur Verhinderung von Effizienzsteigerungen bei der Versorgung von Versicherten führen wird.

Begründung (nur gegenüber dem Plenum):

Die 85. Gesundheitsministerkonferenz hat am 27./28. Juni 2012 übereinstimmend festgestellt, dass bei der aus Versorgungssicht gewünschten und notwendigen Zusammenarbeit aller Beteiligten in der Gesetzlichen Krankenversicherung eine Anwendbarkeit der Vorschriften des GWB systemfremd und fachlich verfehlt sei. Insoweit haben die Gesundheitsministerinnen und -minister, -senatorinnen und -senatoren der Länder die beabsichtigte Novellierung des SGB V durch die 8. GWB-Novelle abgelehnt.

Zuvor hat bereits der Bundesrat mit Beschluss vom 11. Mai 2012 die Ausdehnung des Wettbewerbsrechts auf das Verhältnis der Krankenkassen untereinander und zu ihren Versicherten abgelehnt und eine Streichung der entsprechenden Passagen des Gesetzentwurfs verlangt (BR-Drucksache 176/12(B) HTML PDF , Ziffer 21).

In der Expertenanhörung am 27. Juni 2012 im Gesundheitsausschuss des Deutschen Bundestages haben sich die dem Bereich des Sozialrechts entstammenden Experten einstimmig gegen die beabsichtigte Änderung ausgesprochen.