COM (2018) 471 final; Ratsdok. 10153/18
970. Sitzung des Bundesrates am 21. September 2018
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik (AIS) und der Finanzausschuss (Fz) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Wie der Bundesrat bereits bei der Stellungnahme zum Mehrjährigen Finanzrahmen 2020 bis 2027 (MFR) (BR-Drucksache 166/18(B) ) deutlich gemacht hat, ist es richtig und wichtig, dass die Kommission bei ihrem Vorschlag für den neuen MFR ein großes Augenmerk auf den Bereich Migration richtet. Eine wirksame, verantwortliche und nachhaltige Migrations-, Integrations- und Rückkehrpolitik bedarf der Zusammenarbeit und Solidarität aller Mitgliedstaaten.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit der Einrichtung eines Asyl- und Migrationsfonds eine Anschlussregelung für die bisherigen Instrumente des Migrations- und Grenzmanagements vorschlägt.
- 3. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, wonach im Rahmen der europäischen Asyl- und Migrationspolitik die Grundsätze der Solidarität und der geteilten Verantwortung unter den Mitgliedstaaten und den EU-Organen bestehen. Insbesondere den besonders betroffenen Mitgliedstaaten sollen ausreichende Mittel für die im gemeinsamen Interesse aller Mitgliedstaaten erfolgende Aufgabenerledigung bereitgestellt werden.
- 4. Der Bundesrat hält die von der Kommission vorgeschlagene Mittelerhöhung auf mehr als das Dreifache im Vergleich zum bisherigen Asyl-, Migrations- und Integrationsfonds angesichts der großen Herausforderungen seit den Migrationsbewegungen von 2015/2016 für gerechtfertigt, um einerseits die Entwicklung von Aufnahmekapazitäten für Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz in den Mitgliedstaaten und die Förderung der Nutzung legaler Migrationsmöglichkeiten vor dem Hintergrund der Schaffung bzw. Konsolidierung gemeinsamer Regeln und Verfahren des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu unterstützen und andererseits der Aufnahmeleistung der einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung zu tragen.
- 5. Unabhängig von der deutlichen Aufstockung der Mittel für das Grenzmanagement und die effiziente Steuerung von Migrationsströmen hält der Bundesrat es für erforderlich, ausreichend Mittel für die Integration von Migrantinnen und Migranten zur Verfügung zu stellen (vergleiche BR-Drucksache 166/18(B) ).
- 6. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kommission vorschlägt, den Begriff "Integration" aus dem Titel des neuen Programms zu streichen und 40 Prozent der Mittel für den Bereich "Rückkehr" vorzusehen. Die wesentliche Aufstockung des Asyl- und Migrationsfonds von 3,1 Milliarden Euro auf 10,4 Milliarden Euro würde somit nicht vorwiegend der Integration von Drittstaatsangehörigen dienen. Angesichts des in den vergangenen Jahren stark gestiegenen Bedarfs an Integrationsmaßnahmen hält der Bundesrat diesen Ansatz für nicht sachgerecht.
- 7. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass der Schwerpunkt der Maßnahmen im Bereich "Rückkehr" bei Re-Integrationsmaßnahmen liegen sollte, da von diesen nicht nur die Rückkehrer, sondern indirekt auch die Herkunftsstaaten profitieren und damit ein erheblicher Beitrag zur Vermeidung von illegaler Migration geleistet wird.
- 8. Die Finanzierung so genannter Registrierungszentren und anderer migrationsverhindernder Maßnahmen in Dritt- und/oder Transitstaaten lehnt der Bundesrat ab.
- 9. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dazu auf, sich in den weiteren Beratungen dafür einzusetzen, den Begriff "Integration" weiterhin im Titel zu führen sowie den spezifischen Zielen "Stärkung und Weiterentwicklung aller Aspekte des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems einschließlich seiner externen Dimension" (Artikel 3 Absatz 2a des Verordnungsvorschlags) und "Unterstützung der legalen Migration in die Mitgliedstaaten einschließlich Beitrag zur Integration von Drittstaatsangehörigen" (Artikel 3 Absatz 2b des Verordnungsvorschlags) jeweils mindestens ein Drittel der Gesamtmittel aus dem Fonds zuzuweisen.
- 10. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die längerfristige Integration von Migrantinnen und Migranten künftig vorrangig über den "Europäischen Sozialfonds Plus" erfolgen soll. Angesichts der Tatsache, dass dort keine Erhöhung der Mittel vorgesehen ist und die Aufnahme von Geflüchteten die Verteilung der ESF-Mittel nur unwesentlich beeinflussen soll, hält der Bundesrat die Integration von Geflüchteten dort jedoch für nicht ausreichend berücksichtigt.
- 11. Der Bundesrat weist erneut darauf hin, dass aus seiner Sicht die Bereiche Sicherheit und Grenzschutz einerseits sowie Asyl und Integration andererseits, deutlich voneinander abgegrenzt bleiben sollten (vergleiche BR-Drucksache 791/11(B) ).
- 12. Der Bundesrat ist der Überzeugung, dass der im Asyl- und Migrationsfonds verankerte Grundsatz der Solidarität eine Neuordnung der Asyl- und Flüchtlingspolitik in der Union nicht ersetzt, da der Fonds die unterschiedliche Betroffenheit der Mitgliedstaaten nicht ausgleichen kann. Der Bundesrat hält eine gerechte Verteilung von Asylbegehrenden und Flüchtlingen auf die Mitgliedstaaten für erforderlich.
- 13. Er unterstützt die Kommission bei ihren Bemühungen, die Verwaltung des Fonds zu vereinfachen. Die Neuregelung darf bei der Durchführung nicht zu zusätzlichem Verwaltungsaufwand für die Länder führen.
- 14. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die dem Gesamtstaat zufließenden europäischen Mittel, soweit sie nicht projektgebunden sind, Bund, Ländern und Gemeinden gemeinsam zustehen. Dies wird auch die Mittel aus dem künftigen Asyl- und Migrationsfonds betreffen. Die bisherigen politischen Festlegungen zur Beteiligung der einzelnen staatlichen Ebenen an den Flüchtlingskosten berücksichtigen diese zusätzlichen Mittel noch nicht.
B
- 15. Der Ausschuss für Innere Angelegenheiten empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.