Der Bundesrat hat in seiner 914. Sitzung am 20. September 2013 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich, dass die Kommission Marktzutrittsschranken durch nicht interoperable, rein nationale Standards für die elektronische Rechnungsstellung vermeiden möchte. Sofern mehrere EU-Mitgliedstaaten bei öffentlichen Aufträgen die elektronische Rechnungsstellung zwingend unter Verwendung ihrer eigenen nationalen Standards vorschreiben, könnte dies zu erhöhtem Aufwand bei Unternehmen führen, die sich in verschiedenen Mitgliedstaaten um öffentliche Aufträge bewerben.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass der Richtlinienvorschlag der Kommission für Auftragnehmer nur die Möglichkeit, jedoch keine Verpflichtung vorsieht, Rechnungen elektronisch zu stellen oder den neu zu schaffenden europäischen Standard zu verwenden. Der Bundesrat stellt klar, dass entsprechende Verpflichtungen für Auftragnehmer abzulehnen sind. Derartige Verpflichtungen könnten gerade kleine und mittlere Unternehmen (KMU) belasten und zu Zurückhaltung bei der Beteiligung an Vergabeverfahren der öffentlichen Hand führen.
- 3. Der Bundesrat regt an, nochmals zu prüfen, ob der Bereich der öffentlichen Auftragsvergabe tatsächlich isoliert betrachtet werden soll. Sofern nämlich eine Abkopplung von der allgemeinen Diskussion über die elektronische Rechnungsstellung erfolgt, wäre zu befürchten, dass Unternehmen letztlich unterschiedliche Standards beachten müssten, je nachdem, ob es sich um einen öffentlichen oder privaten Auftrag handelt. Dies würde zu zusätzlichen Kosten führen und Unternehmen unnötig belasten.
- 4. Sofern ein europäischer Standard erarbeitet wird, fordert der Bundesrat, dass Wirtschaft, Verbände und öffentliche Verwaltung bei der Erarbeitung dieses Standards intensiv eingebunden werden. Die Einbeziehung von Expertenwissen sowie von Erfahrungen und Vorarbeiten, die bereits in einigen Mitgliedstaaten sowie in Teilen der Wirtschaft existieren, ist zwingend erforderlich.
- 5. Der Bundesrat fordert, dass das semantische Datenmodell der elektronischen Basisrechnung einfach ausgestaltet wird und keine überzogenen Anforderungen gestellt werden. Ein komplizierter Standard würde zu zusätzlicher Bürokratie für Auftraggeber ebenso wie für Auftragnehmer führen. Insbesondere KMU könnten von der Verwendung des neuen europäischen Standards abgehalten werden. Aber auch öffentliche Auftraggeber, wie beispielsweise kleinere Kommunen, die nach dem Richtlinienvorschlag verpflichtet wären, Rechnungen zu akzeptieren, die der europäischen Norm genügen, könnten durch einen komplizierten Standard erheblich belastet werden. Begrüßenswert ist die Ankündigung in Erwägungsgrund 7 des Richtlinienvorschlags, dass keine elektronische Signatur erforderlich sein soll.
- 6. Der Bundesrat wendet sich gegen die im Richtlinienvorschlag vorgesehene Regelung zur Umsetzungsfrist (48 Monate ab Erlass der Richtlinie). Der Erlass der Richtlinie ist kein geeigneter Anknüpfungspunkt für die Bemessung der Umsetzungsfrist. Durch die Richtlinie soll nämlich zunächst die Kommission ermächtigt werden, die zuständige europäische Normungsorganisation mit der Erarbeitung einer europäischen Norm zu beauftragen. Wie lange die Erarbeitung dieser europäischen Norm dauert, ist nicht absehbar. Vor Veröffentlichung der Fundstelle der Norm im Amtsblatt der EU kann mit der Erstellung der Anwendersoftware und dem Testbetrieb sowie der Umsetzung in den Mitgliedstaaten nicht begonnen werden. Außerdem dürfte die Umsetzung schon angesichts der Vielzahl der in der Bundesrepublik Deutschland ansässigen öffentlichen Auftraggeber und Vergabestellen mit erheblichem Aufwand verbunden sein. Daher sollte auch darauf geachtet werden, dass die Umsetzungsfrist ausreichend lang bemessen wird.
- 7. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.