Punkt 64 der 895. Sitzung des Bundesrates am 30. März 2012
Der Bundesrat möge die Entschließung in folgender Fassung beschließen:
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass es in den Jahren 2010 und 2011 zu einem sehr hohen Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen von jeweils rund 7.500 Megawatt gekommen ist. Insbesondere zum Ende des Jahres 2011 kam es aufgrund der bevorstehenden Vergütungsabsenkung nochmals zu erheblichen Vorzieheffekten und der Installation von schätzungsweise 3.000 Megawatt allein im Monat Dezember. Mit der bereits gesetzlich verankerten und vollzogenen Förderabsenkung durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) zum 1. Januar 2012 von 15 Prozent wird einem weiteren Ausbau über den Zielkorridor von jährlich bis 3,5 Gigawatt Leistung hinaus entgegengewirkt. Die bisherige Aufteilung in Basisdegression und einem marktabhängigen Degressionsbestandteil als flexibles marktabhängiges Instrument hat sich als "atmender Deckel" zur Nachsteuerung bewährt. Der Bundesrat begrüßt, dass dieses Instrument nach dem Gesetzesbeschluss des Deutschen Bundestages auch weiterhin Bestand haben wird. Auch künftig sollte für den Zubau neuer Photovoltaik-Anlagen ein Zielkorridor angestrebt werden, der der Bedeutung der Photovoltaik für die Energiewende gerecht wird und nicht unter dem bisherigen Zielkorridor liegt. Die feste und marktabhängige Degression muss so gewählt sein, dass dieser Zielkorridor erreicht wird.
- 2. Die Photovoltaik hat in den vergangenen Jahren unter den erneuerbaren Energien die höchsten Kostenreduktionspotentiale ausgeschöpft. Zwischenzeitlich liegt die EEG-Förderung knapp über oder für einzelne Anlagentypen bereits unter dem marktgängigen Strombezugspreis für Haushaltskunden. Der Bundesrat spricht sich deshalb grundsätzlich gegen eine Begrenzung der vergütungsabhängigen Strommengen aus. Bei Kleinanlagen besteht durch das Unterschreiten der Netzparität bereits ein ausreichender Anreiz für den Eigenverbrauch. Bei Großanlagen bestehen im geltenden Erneuerbaren-Energien-Gesetzes (EEG) bereits ausreichende Möglichkeiten zur Direktvermarktung. Der Bundesrat sieht in einem begrenzten Maße über die bereits gesetzlich verankerten Degressionsschritte hinaus Potentiale zur Reduktion der Förderung. Dies bedarf jedoch zunächst einer grundlegenden Überprüfung aller Folgen für die heimische Solarwirtschaft und des betroffenen Handwerks sowie der möglichen Wirkung auf die Investitionsbereitschaft in Solartechnik. Die vom Deutschen Bundestag beschlossene abrupte Absenkung des Förderniveaus um 20 bis über 30 Prozent führt jedoch in allen Marktsegmenten zu erheblichen kurzfristigen Einschnitten, die in dem geplanten Umfang nicht kostenseitig aufgefangen werden können. Der Bundesrat steht den weitgehenden Einschnitten kritisch gegenüber, die sich nicht nur durch einmalige Absenkungen, sondern auch durch das Marktintegrationsmodell, monatliche Degressionsschritte, Einführung neuer Größenklassen für die Vergütungssätze sowie Größenbeschränkungen bei Freiflächenanlagen ergeben.
- 3. Der Bundesrat erachtet eine bessere Netzintegration von Photovoltaik-Anlagen als ein wichtiges energiepolitisches Ziel. Der Bundesrat bedauert es, dass mit der im Bundestag verabschiedeten EEG-Novelle kein Anreiz zur Verwendung von Energiespeichern gesetzt wird.
- 4. Investitionssicherheit und Planbarkeit sind nach Auffassung des Bundesrates der wesentliche Garant, um die Energiewende hin zu erneuerbaren Energien zu meistern. Der Bundesrat lehnt kurzfristige und rückwirkend geltende Kürzungen der EEG-Vergütung ab. Bereits begonnene oder in Planung befindliche PV-Anlagen würden dadurch unweigerlich in die Unrentabilität rutschen, Arbeitsplätze sowie die ökonomische Existenz von Unternehmen und privaten Investoren gefährdet und langfristig das Vertrauen von Investoren in verlässliche Rahmenbedingungen zerstört werden. Der Bundesrat setzt sich dafür ein, bei Anpassungen der EEG-Vergütung ausreichende Übergangsregelungen zu schaffen.
- 5. Der Bundesrat sieht mit Sorge den drohenden Kompetenzverlust für Innovationen und Forschung bei den in Deutschland ansässigen Photovoltaikherstellern und Zulieferbetrieben durch internationalen Wettbewerbs- und Preisdruck. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, Maßnahmen zu ergreifen, um dieser Entwicklung und der abnehmenden Wettbewerbsfähigkeit entgegenzuwirken. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf zu prüfen, ob dazu als Übergangsvorschrift die Festlegung einer Quote für Produkte, deren Wertschöpfung in der EU liegt (local content-Regelung) gehören könnte sowie das Ziel der Erhöhung der Eigenverbrauchsrate an Solarstrom mit Blick auf die Verbesserung der Netzstabilität durch dezentrale Speicherkapazitäten zu erreichen wäre.