956. Sitzung des Bundesrates am 31. März 2017
A
Der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich den Ansatz der Kommission, die Umsetzung der EU-Umweltpolitik zu überprüfen. Als Teil der Strategie für bessere Rechtsetzung ist diese Überprüfung durchaus geeignet, zur Verbesserung der Umsetzung geltender Vorschriften und Maßnahmen beizutragen.
- 2. Der Bundesrat nimmt mit Sorge das Ergebnis der Überprüfung zur Kenntnis, dass in 23 von 28 Mitgliedstaaten - und EU-weit insgesamt in mehr als 130 Städten - die EU-Vorschriften zur Luftreinhaltung immer noch nicht eingehalten werden. Darunter ist auch Deutschland und als Hauptursache hierfür benennt die Kommission den Verkehr. Im Länderbericht zu Deutschland (Begleitunterlage der Mitteilung) führt die Kommission dazu insbesondere die anhaltenden Verletzungen der Luftqualitätsgrenzwerte bei PM10 und NO₂ an.
- 3. Der Bundesrat stimmt mit der Kommission darin überein, dass zur Verbesserung der Luftqualität in Deutschland weitere Schritte zur Reduzierung umweltschädlich wirkender Subventionen unternommen werden sollten. Dabei führt die Kommission mit Bezug zum Verkehrsbereich reduzierte Steuersätze auf bestimmte Energieträger und steuerliche Vergünstigungen für Firmenwagen an.
- 4. Der Bundesrat bittet vor diesem Hintergrund die Bundesregierung, die steuerliche Absetzbarkeit von Dienstwagen zu begrenzen und die Steuervorteile wie in anderen EU-Ländern zu deckeln. Dabei sollte die volle steuerliche Absetzbarkeit von Dienstwagen an den CO₂-Ausstoß gekoppelt und auf die jeweils gültigen EU-Zielwerte - derzeit 130 g CO₂/km - begrenzt werden. Für die teilweise steuerliche Absetzbarkeit sollten zudem Obergrenzen in Bezug auf den CO₂-Ausstoß eingeführt werden.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die gegenwärtige Dienstwagenbesteuerung schafft massive Fehlanreize, durch die die notwendigen Reduktionen bei CO₂ und Luftschadstoffen der deutschen Pkw-Flotte konterkariert und die sozialen Sicherungssysteme belastet werden und zudem die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Automobilindustrie mittelbis langfristig gefährdet wird. Im Gegensatz zu anderen EU-Staaten existieren in Deutschland keine Begrenzungen der steuerlichen Anerkennung von PkwDienstwagenzulassungen bezüglich der Subventionierung des Kaufpreises bzw. der laufenden Betriebskosten. Je nach Rechtsform werden die Anschaffungs- bzw. Betriebskosten von Dienstwagen zwischen 40 Prozent bis 59 Prozent vom Staat erstattet - egal, wie viel das Auto kostet. Dies hat dazu geführt, dass derzeit rund zwei Drittel aller Pkw-Neuwagen als Dienstwagen verkauft werden und im Durchschnitt nach drei Jahren in den Gebrauchtwagenmarkt diffundieren. Im Schnitt sind dabei Dienstwagen stärker motorisiert mit höheren CO₂-Emissionen als private Pkw-Neuwagen. Die steuerliche Absetzbarkeit von Kosten für die Anschaffung und den Betrieb von Dienstwagen hat maßgeblichen Einfluss auf die Ausrichtung der deutschen Automobilindustrie auf das sogenannte Premiumsegment und erschwert damit eine ambitionierte und zeitgemäße europäische Festlegung von Flottenverbrauchsgrenzwerten für Pkw-Neuwagen. Vor diesem Hintergrund sollte die volle steuerliche Absetzbarkeit von Dienstwagen an den CO₂-Ausstoß gekoppelt und auf die jeweils gültigen EU-Zielwerte - derzeit 130 g CO₂/km - begrenzt werden. Für die teilweise steuerliche Absetzbarkeit sollten zudem Obergrenzen in Bezug auf den CO₂-Ausstoß eingeführt werden.
- 5. Der Bundesrat hält angesichts der emissionsseitigen Auswirkungen der steuerlichen Bevorzugung des Dieselkraftstoffs in Deutschland eine Änderung der steuerlichen Belastung der verschiedenen Kraftstoffe für notwendig. Neben der Kritik in dieser Mitteilung zu reduzierten Steuersätzen auf bestimmte Energieträger hat die Kommission in ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 15. Februar 2017 zum Vertragsverletzungsverfahren gegen Deutschland wegen Nichterfüllung der Verpflichtungen gemäß Luftqualitätsrichtlinie festgestellt, dass durch die Besserstellung des Diesel-Treibstoffs Steueranreize existieren, die kontraproduktiv hinsichtlich der Einhaltung der Grenzwerte der Luftqualitätsrichtlinie sind. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, die Energiebesteuerung von Dieselkraftstoff schrittweise an die von Benzin anzugleichen und gleichzeitig die Kfz-Steuer von Diesel-Pkw an die von Benzin-Pkw anzupassen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die niedrigere Besteuerung des Dieselkraftstoffs begünstigte bei ihrer Einführung den gewerblichen Straßengüterverkehr, denn zu dieser Zeit gab es kaum Pkw mit Dieselmotoren. Mittlerweile beträgt in Deutschland der Anteil an Diesel-Pkw im Bestand jedoch 32,2 Prozent im Jahr 2015. Mit 47,04 Cent/l liegt der Energiesteuersatz für Dieselkraftstoff um 18,41 Cent/l unter dem Steuersatz von 65,45 Cent/l für Benzin. Unter Berücksichtigung der Umsatzsteuer ist die steuerliche Begünstigung des Dieselkraftstoffes noch höher (21,9 Cent/l). Dies macht auch Pkw mit Dieselmotoren sehr attraktiv. Um die ungerechtfertigte steuerliche Vergünstigung für Diesel-Pkw auszugleichen, unterliegen diese zwar einer höheren Kfz-Steuer, dennoch hat sich in Deutschland der Anteil an Diesel-Pkw im Bestand von 14,5 Prozent im Jahr 2001 bis zum Jahr 2015 mehr als verdoppelt. Die Vergünstigung ist nicht sachgerecht, weil bei der Verbrennung von Dieselkraftstoff mehr klimaschädliches CO₂ und gesundheitsgefährdende Abgase (insbesondere NOx) emittiert werden als bei Benzinkraftstoffen. Zudem werden durch die geringere Besteuerung von Diesel auch Effizienzbemühungen konterkariert. Es sollte daher eine sozial und ökonomisch verträgliche, stufenweise Anpassung der Kraftstoffbesteuerung vorgenommen werden, die flankiert werden muss mit einer Entlastung bei der Kfz-Steuer, die Dieselfahrzeuge aktuell schlechterstellt.
B
- 6. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz, der Verkehrsausschuss und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.