A. Problem und Ziel
- Das Europäische Übereinkommen vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (BGBl. 1978 II S. 321, 322) schränkt die Möglichkeit ein die Auslieferung von Personen, die eine schwere Straftat begangen haben, allein mit der Begründung zu verweigern, es handele sich um eine politische Straftat, eine mit einer politischen Straftat zusammenhängende oder um eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat. Die in dem Übereinkommen vorgesehene Möglichkeit der Vertragsstaaten, gegen die genannte Einschränkung einen Vorbehalt einzulegen, bedarf ihrerseits einer Einschränkung, um Auslieferungen zu erleichtern und Ablehnungsmöglichkeiten zu verringern.
- Mit dem Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (im Folgenden: Änderungsprotokoll) wird die internationale Zusammenarbeit der Vertragsstaaten bei der Bekämpfung des Terrorismus verbessert und es werden die Bestimmungen über die Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen dem heute geltenden internationalen Standard angepasst.
B. Lösung
- Durch den vorliegenden Gesetzentwurf sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifizierung des Änderungsprotokolls geschaffen werden.
C. Alternativen
- Keine
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsausgaben ohne Vollzugsaufwand
- Keine
2. Vollzugsaufwand
- Kein Vollzugsaufwand
E. Sonstige Kosten
- Keine
F. Bürokratiekosten
- Es werden keine Informationspflichten für Unternehmen, die Bürgerinnen und Bürger und die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Gesetzentwurf der Bundesregierung
Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus
Bundesrepublik Deutschland Berlin, den 23. April 2010
Die Bundeskanzlerin
An den
Präsidenten des Bundesrates
Hiermit übersende ich gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes den von der Bundesregierung beschlossenen
- Entwurf eines Gesetzes zu dem Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus
mit Begründung und Vorblatt.
Federführend ist das Bundesministerium der Justiz.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Dr. Angela Merkel
Entwurf
Gesetz zu dem Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus
Vom ... 2010
Der Bundestag hat das folgende Gesetz beschlossen:
Artikel 1
- Dem in Straßburg am 15. Mai 2003 von der Bundesrepublik Deutschland unterzeichneten Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (BGBl. 1978 II S. 321, 322) wird zugestimmt. Das Protokoll wird nachstehend mit einer amtlichen deutschen Übersetzung veröffentlicht.
Artikel 2
- (1) Dieses Gesetz tritt am Tag nach der Verkündung in Kraft.
- (2) Der Tag, an dem das Protokoll nach seinem Artikel 18 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, ist im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Begründung zum Vertragsgesetz
Durch das Vertragsgesetz sollen die Voraussetzungen nach Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes für die Ratifizierung des Protokolls vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus (im Folgenden: Änderungsprotokoll) geschaffen werden.
Zu Artikel 1
Auf das Änderungsprotokoll ist Artikel 59 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes anzuwenden da es sich auf Gegenstände der Bundesgesetzgebung bezieht.
Zu Artikel 2
Die Bestimmung des Absatzes 1 entspricht den Erfordernissen des Artikels 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Nach Absatz 2 ist der Zeitpunkt, zu dem das Änderungsprotokoll nach seinem Artikel 18 für die Bundesrepublik Deutschland in Kraft tritt, im Bundesgesetzblatt bekannt zu geben.
Schlussbemerkung
Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen durch dieses Gesetz keine Kosten.
Es hat auf Grund der bloßen Zustimmung zu dem Übereinkommen auch keine Auswirkungen auf die Einzelpreise oder das allgemeine Preisniveau, insbesondere das Verbraucherpreisniveau. Der Gesetzentwurf ist mit dem Recht der Europäischen Union und völkerrechtlichen Verträgen, die Deutschland abgeschlossen hat vereinbar.
Protokoll zur Änderung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus
(Übersetzung)
Die Mitgliedstaaten des Europarats, die dieses Protokoll unterzeichnen -
- eingedenk der Erklärung des Ministerkomitees des Europarats vom 12. September 2001 und seines Beschlusses vom 21. September 2001 über die Bekämpfung des internationalen Terrorismus sowie in Anbetracht der Erklärung von Wilna über die regionale Zusammenarbeit und die Festigung der demokratischen Stabilität in Gesamteuropa, angenommen vom Ministerkomitee auf seiner 110. Sitzung am 3. Mai 2002 in Wilna;
- eingedenk der Empfehlung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats 1550 (2002) über die Bekämpfung des Terrorismus und die Achtung der Menschenrechte;
- eingedenk der Resolution A/RES/51/ 210 der Generalversammlung der Vereinten Nationen über Maßnahmen zur Beseitigung des internationalen Terrorismus und der dieser als Anlage angefügten Erklärung zur Ergänzung der Erklärung von 1994 über Maßnahmen zur Beseitigung des internationalen Terrorismus sowie eingedenk ihrer Resolution A/RES/49/60 über Maßnahmen zur Beseitigung des internationalen Terrorismus und der dieser als Anlage angefügten Erklärung über Maßnahmen zur Beseitigung des internationalen Terrorismus;
- in dem Bestreben, die Bekämpfung des Terrorismus unter gleichzeitiger Achtung der Menschenrechte zu verstärken, und eingedenk der Leitlinien über die Menschenrechte und die Bekämpfung des Terrorismus, die vom Ministerkomitee des Europarats am 11. Juli 2002 angenommen worden sind;
- in der Erwägung folglich, dass es wünschenswert ist, das am 27. Januar 1977 in Straßburg zur Unterzeichnung aufgelegte Europäische Übereinkommen zur Bekämpfung des Terrorismus (SEV Nr. 90), im Folgenden als "Übereinkommen" bezeichnet, zu ändern;
- in der Erwägung, dass es wünschenswert ist, die Liste der in Artikel 1 des Übereinkommens aufgeführten internationalen Übereinkünfte zu aktualisieren und ein vereinfachtes Verfahren für künftige Aktualisierungen nach Bedarf vorzusehen;
- in der Erwägung, dass eine verstärkte Überwachung der Durchführung des Übereinkommens wünschenswert ist;
- in der Erwägung, dass eine Revision der Regelung betreffend Vorbehalte wünschenswert ist;
- in der Erwägung, dass es wünschenswert ist, das Übereinkommen für alle daran interessierten Staaten zur Unterzeichnung aufzulegen -
sind wie folgt übereingekommen:
Artikel 1
- (1) Artikel 1 des Übereinkommens wird Artikel 1 Absatz 1. Unter Buchstabe b wird das Wort "unterzeichneten" durch das Wort "geschlossenen" ersetzt und die Buchstaben c, d, e und f werden durch folgende Buchstaben ersetzt:
- "c) eine Straftat im Sinne des am 14. Dezember 1973 in New York angenommenen Übereinkommens über die Verhütung, Verfolgung und Bestrafung von Straftaten gegen völkerrechtlich geschützte Personen einschließlich Diplomaten;
- d) eine Straftat im Sinne des am 17. Dezember 1979 in New York angenommenen Internationalen Übereinkommens gegen Geiselnahme;
- e) eine Straftat im Sinne des am 3. März 1980 in Wien angenommenen Übereinkommens über den physischen Schutz von Kernmaterial;
- f) eine Straftat im Sinne des am 24. Februar 1988 in Montreal beschlossenen Protokolls zur Bekämpfung widerrechtlicher gewalttätiger Handlungen auf Flughäfen, die der internationalen Zivilluftfahrt dienen;".
- (2) Artikel 1 Absatz 1 des Übereinkommens wird durch folgende vier Buchstaben ergänzt:
- "g) eine Straftat im Sinne des am 10. März 1988 in Rom beschlossenen Übereinkommens zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit der Seeschifffahrt;
- h) eine Straftat im Sinne des am 10. März 1988 in Rom beschlossenen Protokolls zur Bekämpfung widerrechtlicher Handlungen gegen die Sicherheit fester Plattformen, die sich auf dem Festlandsockel befinden;
- i) eine Straftat im Sinne des am 15. Dezember 1997 in New York angenommenen Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung terroristischer Bombenanschläge;
- j) eine Straftat im Sinne des am 9. Dezember 1999 in New York angenommenen Internationalen Übereinkommens zur Bekämpfung der Finanzierung des Terrorismus."
- (3) Der Wortlaut des Artikels 1 des Übereinkommens wird durch folgenden Absatz ergänzt:
- (2) Soweit die nachstehenden Handlungen nicht durch die in Absatz 1 aufgeführten Übereinkünfte erfasst sind, gilt für die Zwecke der Auslieferung zwischen den Vertragsstaaten das Gleiche nicht nur für die Begehung dieser Haupttaten in der Eigenschaft als Haupttäter, sondern auch für
- a) den Versuch der Begehung einer dieser Haupttaten;
- b) die Beteiligung als Mittäter oder Gehilfe an der Begehung einer dieser Haupttaten oder an dem Versuch der Begehung einer dieser Haupttaten;
- c) die Organisation einer dieser Haupttaten oder die Anweisung an andere, eine dieser Haupttaten zu begehen oder den Versuch ihrer Begehung zu unternehmen."
- (2) Soweit die nachstehenden Handlungen nicht durch die in Absatz 1 aufgeführten Übereinkünfte erfasst sind, gilt für die Zwecke der Auslieferung zwischen den Vertragsstaaten das Gleiche nicht nur für die Begehung dieser Haupttaten in der Eigenschaft als Haupttäter, sondern auch für
Artikel 2
Artikel 2 Absatz 3 des Übereinkommens erhält folgende Fassung:
- (3) Das Gleiche gilt für
- a) den Versuch der Begehung einer der vorstehenden Straftaten;
- b) die Beteiligung als Mittäter oder Gehilfe an der Begehung einer der vorstehenden Straftaten oder an dem Versuch der Begehung einer dieser Straftaten;
- c) die Organisation einer der vorstehenden Straftaten oder die Anweisung an andere eine der vorstehenden Straftaten zu begehen oder den Versuch ihrer Begehung zu unternehmen."
Artikel 3
- (1) Der Wortlaut des Artikels 4 des Übereinkommens wird zu dessen Absatz 1 und am Ende jenes Absatzes wird folgender neuer Satz angefügt:
"Die Vertragsstaaten verpflichten sich, diese Straftaten in jedem zwischen ihnen zu schließenden Auslieferungsvertrag als der Auslieferung unterliegende Straftaten anzusehen."
- (2) Der Wortlaut des Artikels 4 des Übereinkommens wird durch folgenden Absatz ergänzt:
"(2) Erhält ein Vertragsstaat, der die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrags abhängig macht, ein Auslieferungsersuchen von einem anderen Vertragsstaat, mit dem er keinen Auslieferungsvertrag hat, so steht es dem ersuchten Vertragsstaat frei, dieses Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung in Bezug auf jede der in Artikel 1 oder 2 genannten Straftaten anzusehen."
Artikel 4
- (1) Der Wortlaut des Artikels 5 des Übereinkommens wird zu dessen Absatz 1.
- (2) Der Wortlaut des Artikels 5 des Übereinkommens wird durch folgende Absätze ergänzt:
(2) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen als verpflichte es den ersuchten Staat zur Auslieferung, wenn der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, die Folter droht.
- (3) Dieses Übereinkommen ist nicht so auszulegen als verpflichte es den ersuchten Staat zur Auslieferung, wenn der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, die Todesstrafe oder, falls die Rechtsvorschriften des ersuchten Staates keine lebenslange Freiheitsstrafe vorsehen, eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung droht, es sei denn, dass der ersuchte Staat nach den anwendbaren Auslieferungsverträgen zur Auslieferung verpflichtet ist, wenn der ersuchende Staat eine vom ersuchten Staat als hinreichend erachtete Zusicherung abgibt, dass die Todesstrafe nicht verhängt oder, sollte sie verhängt werden, nicht vollstreckt wird oder dass gegen den Verfolgten keine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung verhängt wird."
Artikel 5
- Nach Artikel 8 des Übereinkommens wird folgender neuer Artikel eingefügt:
"Artikel 9
- Die Vertragsstaaten können untereinander zwei- oder mehrseitige Übereinkünfte zur Ergänzung dieses Übereinkommens oder zur Erleichterung der Anwendung der darin enthaltenen Grundsätze schließen."
Artikel 6
- (1) Artikel 9 des Übereinkommens wird Artikel 10.
- (2) Absatz 1 des neuen Artikels 10 erhält folgende Fassung: "Der Europäische Ausschuss für Strafrechtsfragen (CDPC) hat den Auftrag, die Anwendung dieses Übereinkommens zu verfolgen. Der CDPC
- a) wird über die Anwendung des Übereinkommens auf dem Laufenden gehalten;
- b) schlägt Änderungen zur Erleichterung oder Verbesserung der Anwendung des Übereinkommens vor;
- c) richtet Empfehlungen zu den Änderungsvorschlägen an das Ministerkomitee und nimmt zu Änderungsvorschlägen Stellung, die von einem Vertragsstaat in Übereinstimmung mit den Artikeln 12 und 13 unterbreitet werden;
- d) nimmt auf Ersuchen eines Vertragsstaats zu Fragen der Anwendung des Übereinkommens Stellung;
- e) unternimmt, was erforderlich ist, um die gütliche Regelung aller Schwierigkeiten zu erleichtern, die sich etwa aus der Durchführung des Übereinkommens ergeben
- f) unterbreitet dem Ministerkomitee Empfehlungen im Hinblick auf die Einladung an Nichtmitgliedstaaten, dem Übereinkommen nach Artikel 14 Absatz 3 beizutreten;
- g) unterbreitet dem Ministerkomitee des Europarats jährlich einen Bericht über die Durchführung dieses Artikels im Hinblick auf die Anwendung des Übereinkommens."
- (3) Absatz 2 des neuen Artikels 10 wird gestrichen.
Artikel 7
- (1) Artikel 10 des Übereinkommens wird Artikel 11.
- (2) In Absatz 1 Satz 1 des neuen Artikels 11 werden die Worte "im Rahmen des Artikels 9 Absatz 2" durch die Worte "weder im Rahmen des Artikels 10 Absatz 1 Buchstabe e noch im Wege von Verhandlungen" ersetzt. In Satz 2 jenes Absatzes wird das Wort "beiden" gestrichen.
Die folgenden Sätze jenes Absatzes werden gestrichen.
- (3) Absatz 2 des neuen Artikels 11 wird zu dessen Absatz 6. Nach Satz 2 wird der Satz "Kommt keine Mehrheit zustande, so ist die Stimme des Obmanns ausschlaggebend." eingefügt und im letzten Satz werden die Worte "Sein Spruch" durch die Worte "Der Spruch des Gerichts" ersetzt.
- (4) Der Wortlaut des neuen Artikels 11 wird durch folgende Absätze ergänzt:
(2) Sind die Streitparteien Mitglieder des Europarats und hat eine Partei binnen drei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem das Schiedsverfahren verlangt worden ist, keinen Schiedsrichter nach Absatz 1 bestellt, so wird ein solcher auf Antrag der anderen Partei vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestellt.
- (3) Ist eine Streitpartei nicht Mitglied des Europarats und hat eine Partei binnen drei Monaten nach dem Zeitpunkt, zu dem das Schiedsverfahren verlangt worden ist keinen Schiedsrichter nach Absatz 1 bestellt so wird ein solcher auf Antrag der anderen Partei vom Präsidenten des Internationalen Gerichtshofs bestellt.
- (4) In den Fällen der Absätze 2 und 3 obliegt die Bestellung des Schiedsrichters, wenn der Präsident des betreffenden Gerichtshofs Staatsangehöriger einer Streitpartei ist, dem Vizepräsidenten des Gerichtshofs oder, falls dieser Staatsangehöriger einer Streitpartei ist, dem dienstältesten Mitglied des Gerichtshofs, das nicht Staatsangehöriger einer Streitpartei ist.
- (5) Die in Absatz 2 oder 3 und in Absatz 4 vorgesehenen Verfahren sind sinngemäß anzuwenden, wenn sich die Schiedsrichter nicht über die Wahl des Obmanns nach Absatz 1 einigen können."
Artikel 8
- Nach dem neuen Artikel 11 wird folgender neuer Artikel eingefügt:
"Artikel 12
- (1) Jeder Vertragsstaat oder das Ministerkomitee kann Änderungen dieses Übereinkommens vorschlagen. Diese Änderungsvorschläge werden den Vertragsstaaten vom Generalsekretär des Europarats übermittelt.
- (2) Das Ministerkomitee kann, nachdem es die Vertragsstaaten, die nicht Mitglieder sind und nötigenfalls den CDPC konsultiert hat die Änderung mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit beschließen. Jede beschlossene Änderung wird den Vertragsstaaten vom Generalsekretär des Europarats zur Annahme vorgelegt.
- (3) Jede nach Absatz 2 beschlossene Änderung tritt am dreißigsten Tag nach dem Tag in Kraft, an dem alle Vertragsparteien dem Generalsekretär deren Annahme notifiziert haben."
Artikel 9
- Nach dem neuen Artikel 12 wird folgender neuer Artikel eingefügt:
"Artikel 13
- (1) Zur Aktualisierung der Vertragsliste in Artikel 1 Absatz 1 kann jeder Vertragsstaat oder das Ministerkomitee Änderungen vorschlagen. Diese Änderungsvorschläge können nur Verträge betreffen, die im Rahmen der Vereinten Nationen geschlossen wurden, sich eigens mit dem internationalen Terrorismus befassen und in Kraft getreten sind. Die Änderungsvorschläge werden den Vertragsstaaten vom Generalsekretär des Europarats übermittelt.
- (2) Das Ministerkomitee kann, nachdem es die Vertragsstaaten, die nicht Mitglieder sind und nötigenfalls den CDPC konsultiert hat eine vorgeschlagene Änderung mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit beschließen. Diese Änderung tritt nach Ablauf eines Zeitabschnitts von einem Jahr nach ihrer Übermittlung an die Vertragsstaaten in Kraft. Während dieses Zeitabschnitts kann jeder Vertragsstaat dem Generalsekretär des Europarats einen Einspruch dahin gehend notifizieren, dass diese Änderung für ihn nicht in Kraft tritt.
- (3) Notifiziert ein Drittel der Vertragsstaaten dem Generalsekretär des Europarats einen Einspruch gegen das Inkrafttreten der Änderung, so tritt diese nicht in Kraft.
- (4) Notifiziert weniger als ein Drittel der Vertragsstaaten einen Einspruch, so tritt die Änderung für die Vertragsstaaten in Kraft, die keinen Einspruch notifiziert haben.
- (5) Ist eine Änderung nach Absatz 2 in Kraft getreten und hatte ein Vertragsstaat einen Einspruch gegen diese Änderung notifiziert, so tritt sie für diesen Staat am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem er dem Generalsekretär des Europarats ihre Annahme notifiziert hat."
Artikel 10
- (1) Artikel 11 des Übereinkommens wird Artikel 14.
- (2) In Absatz 1 Satz 1 des neuen Artikels 14 werden nach den Worten "Mitgliedstaaten des Europarats" die Worte "und Beobachterstaaten beim Europarat" eingefügt, Satz 2 erhält folgende Fassung: "Es bedarf der Ratifikation, der Annahme, der Genehmigung oder des Beitritts." und in Satz 3 werden die Worte "oder Genehmigungsurkunden" durch "Genehmigungs- oder Beitrittsurkunden" ersetzt.
- (3) Der Wortlaut des neuen Artikels 14 wird durch folgenden Absatz ergänzt:
"(3) Das Ministerkomitee des Europarats kann nachdem es den CDPC konsultiert hat jeden Nichtmitgliedstaat des Europarats, der nicht zu den in Absatz 1 genannten gehört, einladen, diesem Übereinkommen beizutreten. Der Beschluss wird mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit und mit einhelliger Zustimmung der Vertreter der Vertragsstaaten, die Anspruch auf einen Sitz im Ministerkomitee haben gefasst."
- (4) Absatz 3 des neuen Artikels 14 wird zu dessen Absatz 4 und die Worte "oder genehmigt" werden durch "genehmigt oder ihm beitritt" und die Worte "oder Genehmigungsurkunde" durch "Genehmigungsoder Beitrittsurkunde" ersetzt.
Artikel 11
- (1) Artikel 12 des Übereinkommens wird Artikel 15.
- (2) In Absatz 1 Satz 1 des neuen Artikels 15 werden die Worte "oder Genehmigungsurkunde" durch "Genehmigungs- oder Beitrittsurkunde" ersetzt.
- (3) In Absatz 2 Satz 1 des neuen Artikels 15 werden die Worte "oder Genehmigungsurkunde" durch " , Genehmigungsoder Beitrittsurkunde" ersetzt.
Artikel 12
- (1) Vorbehalte zum Übereinkommen, die vor Auflegung dieses Protokolls zur Unterzeichnung angebracht wurden, sind auf das Übereinkommen in der durch dieses Protokoll geänderten Fassung nicht anwendbar.
- (2) Artikel 13 des Übereinkommens wird Artikel 16.
- (3) In Absatz 1 Satz 1 des neuen Artikels 16 wird nach dem Wort "Staat" Folgendes eingefügt:
- " , der am 15. Mai 2003 Vertragspartei des Übereinkommens ist," und nach dem Wort "Genehmigungsurkunde" werden die Worte "zum Protokoll zur Änderung des Übereinkommens" eingefügt.
Nach dem Wort "ansieht" wird folgender Satz 2 eingefügt:
- "Der Vertragsstaat verpflichtet sich, diesen Vorbehalt im Einzelfall auf der Grundlage einer gebührend begründeten Entscheidung anzuwenden und bei der Bewertung der Straftat deren besonders schwerwiegende Merkmale gebührend zu berücksichtigen, insbesondere,".
Der Rest des Satzes 1 mit Ausnahme der Buchstaben a, b und c wird gestrichen.
- "Der Vertragsstaat verpflichtet sich, diesen Vorbehalt im Einzelfall auf der Grundlage einer gebührend begründeten Entscheidung anzuwenden und bei der Bewertung der Straftat deren besonders schwerwiegende Merkmale gebührend zu berücksichtigen, insbesondere,".
- " , der am 15. Mai 2003 Vertragspartei des Übereinkommens ist," und nach dem Wort "Genehmigungsurkunde" werden die Worte "zum Protokoll zur Änderung des Übereinkommens" eingefügt.
- (4) Der Wortlaut des neuen Artikels 16 wird durch folgenden Absatz ergänzt:
"(2) Wenn ein Vertragsstaat Absatz 1 anwendet, gibt er an, für welche Straftaten sein Vorbehalt gilt."
- (5) Absatz 2 des neuen Artikels 16 wird zu dessen Absatz 3. In Satz 1 jenes Absatzes wird das Wort "Staat" durch das Wort "Vertragsstaat" ersetzt.
- (6) Absatz 3 des neuen Artikels 16 wird zu dessen Absatz 4. In Satz 1 jenes Absatzes wird das Wort "Staat" durch das Wort "Vertragsstaat" ersetzt.
- (7) Der Wortlaut des neuen Artikels 16 wird durch folgende Absätze ergänzt:
- (5) Die nach Absatz 1 angebrachten Vorbehalte sind vom Tag des Inkrafttretens dieses Übereinkommens für den betreffenden Staat an für einen Zeitabschnitt von drei Jahren gültig. Diese Vorbehalte können jedoch für Zeitabschnitte derselben Dauer erneuert werden.
- (6) Zwölf Monate vor Erlöschen des Vorbehalts unterrichtet der Generalsekretär des Europarats den betreffenden Vertragsstaat über dieses Erlöschen. Spätestens drei Monate vor dem Erlöschen notifiziert der Vertragsstaat dem Generalsekretär seine Absicht, den Vorbehalt aufrechtzuerhalten, zu ändern oder zurückzunehmen. Notifiziert ein Vertragsstaat dem Generalsekretär des Europarats, dass er seinen Vorbehalt aufrechterhält, so erläutert er die Gründe für die Aufrechterhaltung. In Ermangelung einer Notifikation des betreffenden Vertragsstaats teilt der Generalsekretär des Europarats diesem Vertragsstaat mit, dass sein Vorbehalt automatisch um sechs Monate verlängert wird. Notifiziert der betreffende Vertragsstaat seine Entscheidung, seinen Vorbehalt aufrechtzuerhalten oder zu ändern, nicht vor Ablauf dieses Zeitabschnitts, so erlischt der Vorbehalt.
- (7) Liefert ein Vertragsstaat, nachdem er ein Auslieferungsersuchen eines anderen Vertragsstaats erhalten hat, eine Person in Anwendung eines nach Absatz 1 angebrachten Vorbehalts nicht aus, so unterbreitet er den Fall ohne jede Ausnahme und ohne unangemessene Verzögerung seinen zuständigen Behörden zur Strafverfolgung, sofern zwischen dem ersuchenden und dem ersuchten Staat nichts anderes vereinbart wird. Zum Zweck der Strafverfolgung in dem ersuchten Staat treffen die zuständigen Behörden ihre Entscheidung in der gleichen Weise wie im Fall einer schweren Straftat nach dem Recht dieses Staates. Der ersuchte Staat unterrichtet den ersuchenden Staat und den Generalsekretär des Europarats ohne unangemessene Verzögerung vom Ausgang des Verfahrens; der Generalsekretär teilt den Ausgang des Verfahrens der in Artikel 17 vorgesehenen Konferenz mit.
- (8) Die Entscheidung, das Auslieferungsersuchen auf der Grundlage eines nach Absatz 1 dieses Artikels angebrachten Vorbehalts abzulehnen, wird dem ersuchenden Staat umgehend mitgeteilt.
Ergeht im ersuchten Staat innerhalb einer angemessenen Frist keine gerichtliche Entscheidung in der Sache nach Absatz 7 dieses Artikels, so kann der ersuchende Staat dies dem Generalsekretär des Europarats mitteilen dieser unterbreitet die Angelegenheit der in Artikel 17 vorgesehenen Konferenz. Die Konferenz prüft die Angelegenheit und nimmt zu der Frage Stellung, ob die Ablehnung mit dem Übereinkommen in Einklang steht; diese Stellungnahme legt sie dem Ministerkomitee im Hinblick auf die Abgabe einer entsprechenden Erklärung vor. Wenn das Ministerkomitee seine Aufgaben aufgrund dieses Absatzes wahrnimmt, tagt es in seiner auf die Vertragsstaaten begrenzten Zusammensetzung."
Artikel 13
Nach dem neuen Artikel 16 des Übereinkommens wird folgender neuer Artikel eingefügt:
"Artikel 17
- (1) Unbeschadet der Anwendung des Artikels 10 wird eine Konferenz der Vertragsstaaten gegen Terrorismus (im Folgenden als "COSTER" bezeichnet) gebildet, welche die Aufgabe hat, Folgendes sicherzustellen:
- a) die wirksame Anwendung und Durchführung dieses Übereinkommens, einschließlich des Erkennens diesbezüglicher Probleme, in engem Kontakt zum CDPC;
- b) die Prüfung der in Übereinstimmung mit Artikel 16 angebrachten Vorbehalte und insbesondere das in Artikel 16 Absatz 8 vorgesehene Verfahren;
- c) den Austausch von Informationen über bedeutsame rechtliche und politische Entwicklungen auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung;
- d) auf Ersuchen des Ministerkomitees die Prüfung der im Rahmen des Europarats auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung getroffenen Maßnahmen und gegebenenfalls die Erarbeitung von Vorschlägen für zusätzliche Maßnahmen, die zur Verbesserung der internationalen Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung erforderlich sind, in Konsultation mit dem CDPC, soweit die Zusammenarbeit in Strafsachen betroffen ist;
- e) die Ausarbeitung von Stellungnahmen auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung und die Ausführung der vom Ministerkomitee erteilten Aufträge.
- (2) Die COSTER setzt sich aus Sachverständigen zusammen, von denen jeder Vertragsstaat je einen bestellt. Sie tritt einmal jährlich zu einer ordentlichen Tagung und auf Ersuchen des Generalsekretärs des Europarats oder mindestens eines Drittels der Vertragsstaaten zu außerordentlichen Tagungen zusammen.
- (3) Die COSTER gibt sich eine Geschäftsordnung. Die Ausgaben für die Teilnahme der Vertragsstaaten, die Mitglieder des Europarats sind, werden vom Europarat übernommen. Das Sekretariat des Europarats unterstützt die COSTER bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben nach diesem Artikel.
- (4) Der CDPC wird in regelmäßigen Abständen über die Arbeit der COSTER unterrichtet."
Artikel 14
- Artikel 14 des Übereinkommens wird Artikel 18.
Artikel 15
- Artikel 15 des Übereinkommens wird gestrichen.
Artikel 16
- (1) Artikel 16 des Übereinkommens wird Artikel 19.
- (2) Im einleitenden Halbsatz des neuen Artikels 19 werden die Worte "den Mitgliedstaaten des Rates" durch die Worte "den Vertragsstaaten" ersetzt.
- (3) Unter Buchstabe b des neuen Artikels 19 werden die Worte "oder Genehmigungsurkunde" durch " , Genehmigungsoder Beitrittsurkunde" ersetzt.
- (4) Unter Buchstabe c des neuen Artikels 19 wird die Zahl "11" durch "14" ersetzt.
- (5) Unter Buchstabe d des neuen Artikels 19 wird die Zahl "12" durch "15" ersetzt.
- (6) Die Buchstaben e und f des neuen Artikels 19 werden gestrichen.
- (7) Buchstabe g des neuen Artikels 19 wird dessen Buchstabe e und die Zahl "14" wird durch "18" ersetzt.
- (8) Buchstabe h des neuen Artikels 19 wird gestrichen.
Artikel 17
- (1) Dieses Protokoll liegt für die Mitgliedstaaten des Europarats, die das Übereinkommen unterzeichnet haben, zur Unterzeichnung auf; sie können ihre Zustimmung, gebunden zu sein, ausdrücken,
- a) indem sie es ohne Vorbehalt der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen oder
- b) indem sie es vorbehaltlich der Ratifikation, Annahme oder Genehmigung unterzeichnen und später ratifizieren, annehmen oder genehmigen.
- (2) Die Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunden werden beim Generalsekretär des Europarats hinterlegt.
Artikel 18
- Dieses Protokoll tritt am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf einen Zeitabschnitt von drei Monaten nach dem Tag folgt an dem alle Vertragsparteien des Übereinkommens nach Artikel 17 ihre Zustimmung ausgedrückt haben, durch das Protokoll gebunden zu sein.
Artikel 19
- Der Generalsekretär des Europarats notifiziert den Mitgliedstaaten des Europarats
- a) jede Unterzeichnung;
- b) jede Hinterlegung einer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde;
- c) jeden Zeitpunkt des Inkrafttretens dieses Protokolls nach Artikel 18;
- d) jede andere Handlung, Notifikation oder Mitteilung im Zusammenhang mit diesem Protokoll.
- Zu Urkund dessen haben die hierzu gehörig befugten Unterzeichneten dieses Protokoll unterschrieben.
- Geschehen zu Straßburg am 15. Mai 2003 in englischer und französischer Sprache, wobei jeder Wortlaut gleichermaßen verbindlich ist, in einer Urschrift, die im Archiv des Europarats hinterlegt wird. Der Generalsekretär des Europarats übermittelt allen Unterzeichnerstaaten beglaubigte Abschriften.
Denkschrift
I. Allgemeines
Das Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens zur Bekämpfung des Terrorismus (im Folgenden: Änderungsprotokoll) ergänzt das Europäische Übereinkommen vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus (BGBl. 1978 II S. 321, 322; im Folgenden: Übereinkommen). Es verfolgt das Ziel, die internationale Zusammenarbeit der Vertragsstaaten zu verbessern und die Bestimmungen über die Auslieferung und Rechtshilfe in Strafsachen dem heute geltenden internationalen Standard anzupassen. Deutschland hat das Protokoll am Tag der Auflegung zur Zeichnung, am 15. Mai 2003, unterzeichnet.
Zum besseren Verständnis des Änderungsprotokolls wird zunächst der Regelungsgegenstand des Übereinkommens kurz dargestellt. Bereits das Europäische Übereinkommen vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus hat eine Verbesserung der justiziellen Zusammenarbeit der Vertragsstaaten zum Ziel. Es soll gewährleisten dass Straftaten mit terroristischem Hintergrund ohne jede Ausnahme strafrechtlich verfolgt werden.
Insbesondere verpflichten sich die Vertragsstaaten des Übereinkommens daher, Auslieferungsersuchen wegen einer von dem Übereinkommen erfassten Straftat nicht mit der Begründung abzulehnen, es handele sich um eine politische Straftat. Allerdings können die Vertragsstaaten des Übereinkommens einen Vorbehalt gegen diese Regelung einlegen.
Das Übereinkommen begründet keine selbstständige Verpflichtung der Vertragsstaaten zur Auslieferung oder Rechtshilfe. Rechtsgrundlage für Auslieferung und Rechtshilfe sind die zwischen den Vertragsstaaten bestehenden zwei- oder mehrseitigen Verträge und Übereinkommen. Insoweit ergänzt das Übereinkommen bestehende Auslieferungsübereinkünfte und regelt, dass eine Auslieferung bei bestimmten, terroristisch motivierten Straftaten nicht mit der Begründung verweigert werden darf es handele sich um eine politische Straftat.
Das Änderungsprotokoll ändert die Struktur des Übereinkommens nicht. Es modifiziert und ergänzt die einzelnen Bestimmungen.
Eine Ergänzung des Übereinkommens war erforderlich, um auch die Straftaten, welche in den seit 1977 erarbeiteten sektoralen Übereinkommen und Protokollen der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus geregelt sind, in den Anwendungsbereich des Übereinkommens aufzunehmen. Damit soll der Einwand der politischen Straftat auch hinsichtlich dieser Straftaten ausgeschlossen werden.
In diesem Zusammenhang wurde ein vereinfachtes Ergänzungsverfahren eingeführt. Dadurch kann künftig die Liste der erfassten Übereinkommen und Protokolle (sogenannte Vertragsliste) aktualisiert und es können neue Tatbestände in den Anwendungsbereich des Übereinkommens aufgenommen werden, ohne dass es dazu eines förmlichen Änderungsprotokolls bedarf. Gleiches gilt ganz allgemein auch für sonstige Novellierungen.
Macht ein Vertragsstaat die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrages abhängig und erhält er ein Auslieferungsersuchen von einem anderen Vertragsstaat, mit dem er keinen Auslieferungsvertrag hat, so sieht das Änderungsprotokoll vor dass er das Übereinkommen als Rechtsgrundlage für die Auslieferung ansehen kann.
Das Änderungsprotokoll eröffnet auch den Staaten, die beim Europarat Beobachterstatus haben, die Möglichkeit, dem Übereinkommen beizutreten. Von Fall zu Fall kann das Ministerkomitee auch andere Staaten zum Beitritt auffordern.
Obwohl das Übereinkommen nicht unmittelbar allgemeine Auslieferungsfragen regelt, wurde die klassische Diskriminierungsklausel (als logische Folge des Verbots, bestimmte Taten als politisch motiviert von der Auslieferung auszunehmen) erweitert. Es ist nunmehr vorgesehen, dass die Auslieferung auch dann verweigert werden kann wenn der Täter Gefahr läuft, in dem betreffenden Land zum Tode verurteilt, gefoltert oder ohne die Möglichkeit bedingten Straferlasses zu lebenslanger Haft verurteilt zu werden.
Allerdings bleibt die Möglichkeit der Vertragsstaaten, bei politisch motivierten Taten einen Vorbehalt anzumelden, bestehen sofern die Staaten am 15. Mai 2003 bereits Vertragsparteien des Übereinkommens waren. Die Vorbehalte gelten nur für die Dauer von drei Jahren und können danach jeweils für weitere drei Jahre erneuert werden. Die Verpflichtung, entweder "auszuliefern oder selbst strafrechtlich zu verfolgen", wurde verstärkt. Wenn ein Staat die Auslieferung auf Grund eines Vorbehalts ablehnt muss er den Fall den zuständigen Strafverfolgungsbehörden zuleiten und den Europarat vom Ergebnis der strafrechtlichen Ermittlungen in Kenntnis setzen. Eine Überprüfung ist vorgesehen. Ergeht in dem ersuchten Staat innerhalb angemessener Frist keine gerichtliche Entscheidung, so kann auf Betreiben des ersuchenden Staates ein abgestuftes Verfahren in Gang gesetzt werden, in dessen Ergebnis das Ministerkomitee eine gegebenenfalls kritische Erklärung abgeben kann.
II. Besonderes
Zur Präambel
Die Präambel nimmt auf mehrere Entscheidungen und Empfehlungen des Europarats und der Vereinten Nationen betreffend den Kampf gegen den internationalen Terrorismus Bezug. Sie legt das Ziel des Änderungsprotokolls dar nämlich die Bekämpfung des Terrorismus unter gleichzeitiger Beachtung der Menschenrechte zu verstärken und nennt dafür die Kernpunkte.
Zu den Bestimmungen des Änderungsprotokolls im Einzelnen:
Zu Artikel 1
Der Hauptzweck des Änderungsprotokolls besteht in der Aktualisierung des Übereinkommens. In diesem Sinn ergänzt Artikel 1 des Änderungsprotokolls die Liste der im Übereinkommen aufgeführten strafbaren Handlungen, die für die Zwecke der Auslieferung nicht als politische Straftat, eine mit einer politischen Straftat zusammenhängende oder als eine auf politischen Beweggründen beruhende Straftat (im Folgenden: politische Straftat) angesehen werden. Die Vorschrift legt zudem den Anwendungsbereich des Übereinkommens fest und zählt abschließend die erfassten Übereinkommen und Protokolle der Vereinten Nationen zur Bekämpfung des Terrorismus auf.
Artikel 1 Absatz 1 und 2 des Änderungsprotokolls ergänzt die in Artikel 1 des Übereinkommens aufgezählten Übereinkommen und Protokolle der Vereinten Nationen um die unter den Buchstaben c bis j genannten Übereinkünfte. Das bedeutet, dass ein um Auslieferung ersuchter Vertragsstaat verpflichtet ist, die Straftaten, welche nach den neu eingefügten Übereinkommen der Vereinten Nationen strafrechtlich zu verfolgen sind, als solche des gemeinen Rechts anzusehen, ohne dass es auf die zugrunde liegende Motivation der Taten ankommt. Das hat wiederum zur Folge, dass der um Auslieferung ersuchte Vertragsstaat grundsätzlich die Auslieferung nicht mit dem Hinweis darauf verweigern darf die begangene Straftat sei von politischen Motiven getragen. Die Bestimmung begründet indessen keine Verpflichtung zur Auslieferung, da das Übereinkommen und sein Änderungsprotokoll kein Auslieferungsübereinkommen darstellen. Die rechtliche Grundlage der Auslieferung ist nach wie vor der entsprechende Auslieferungsvertrag oder das entsprechende Auslieferungsübereinkommen.
Das geänderte Übereinkommen kann von einem Vertragsstaat, der um Auslieferung ersucht wird als Rechtsgrundlage angesehen werden, wenn er die Auslieferung vom Bestehen eines Vertrages abhängig macht und mit dem ersuchenden Vertragsstaat kein Auslieferungsvertrag besteht (Artikel 3 Absatz 2 des
Änderungsprotokolls).
Das Änderungsprotokoll regelt in Artikel 1 Absatz 3 ferner dass auch Versuchs- und Teilnahmehandlungen zu den aufgezählten Haupttaten (Versuch, Mittäterschaft, Beihilfe, Anstiftung) nicht als politische Straftat angesehen werden dürfen. Neu im Verhältnis zum ursprünglichen Übereinkommen ist die Einbeziehung der Anstiftung.
Zu Artikel 2
Artikel 2 des Änderungsprotokolls ergänzt das Übereinkommen in seinem Artikel 2 Absatz 3.
Artikel 2 des Übereinkommens bietet den Vertragsstaaten die Möglichkeit, auch weitere schwerwiegende Straftaten, die nicht in Artikel 1 des Übereinkommens aufgeführt sind, zum Zweck der Auslieferung nicht als politische Straftaten anzusehen. Dabei handelt es sich um schwere Gewalttaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit oder die Freiheit einer Person und schwere Straftaten gegen Sachen, wenn eine Gemeingefahr für Personen herbeigeführt wird. Deutschland hat von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht und in Artikel 2 des Vertragsgesetzes zum Übereinkommen (BGBl. 1978 II S. 321) eine entsprechende Regelung hinsichtlich dieser Haupttaten aufgenommen. Diese Regelung bleibt bestehen und gilt weiter.
Durch Artikel 2 des Änderungsprotokolls wird die Anstiftung zu solchen Delikten ebenfalls einbezogen.
Im Ergebnis stellt Artikel 2 des Übereinkommens es in das Ermessen des um Auslieferung ersuchten Vertragsstaates, ob eine schwerwiegende Straftat als politische angesehen wird oder ob ihr krimineller Charakter als überwiegend angesehen wird. Da keine konkreten Kriterien für die Ausübung dieses Ermessens vorgegeben werden wird hier eine von den Umständen des konkreten Einzelfalls abhängige Entscheidung des ersuchten Vertragsstaates ermöglicht.
Zu Artikel 3
Artikel 3 des Änderungsprotokolls ist wichtig für Staaten, die für die Zusammenarbeit eine vertragliche Basis brauchen und die ihre Zusammenarbeit auf die Straftaten, die im betroffenen Staatsvertrag aufgelistet sind, begrenzen.
Nach Artikel 4 des Übereinkommens verpflichten sich die Vertragsstaaten, die in den Artikeln 1 und 2 des Übereinkommens aufgeführten Straftaten als auslieferungsfähige Straftaten anzusehen. Auslieferungsverträge und -übereinkommen zwischen den Vertragsstaaten, die abschließende Aufzählungen der auslieferungsfähigen Straftaten enthalten, sind dadurch als unmittelbar ergänzt anzusehen. Diese Bestimmung wurde als Absatz 1 Satz 1 unverändert übernommen.
Artikel 3 Absatz 1 des Änderungsprotokolls ergänzt diese Regelung mit einem Satz 2 um die Vorgabe, dass die in den Artikeln 1 und 2 des Übereinkommens aufgeführten Straftaten zukünftig in von den Vertragsstaaten zu schließenden zwei- oder mehrseitigen Auslieferungsverträgen und -übereinkommen als auslieferungsfähige Straftaten aufzunehmen sind.
Der durch Artikel 3 Absatz 2 des Änderungsprotokolls ebenfalls neu in Artikel 4 des Übereinkommens eingeführte Absatz 2 bestimmt, dass die Vertragsstaaten das Übereinkommen künftig als Rechtsgrundlage für eine Auslieferung ansehen können. Dies betrifft den Fall, dass ein Vertragsstaat nach seinem innerstaatlichen Recht eine Auslieferung nicht auf vertragsloser Basis durchführen darf. Sofern im konkreten Einzelfall ein solches Übereinkommen jedoch nicht vorliegt, besteht für den ersuchten Staat nunmehr die Möglichkeit, eine Auslieferung auf der Grundlage des Übereinkommens als entsprechende vertragliche Grundlage durchzuführen.
Für die Bundesrepublik Deutschland hat diese Bestimmung keine Bedeutung, weil sie auch ohne Vertrag, gestützt auf ihr Gesetz über die Internationale Rechtshilfe in Strafsachen (IRG), im Bereich der Rechtshilfe in Strafsachen mit anderen Staaten zusammenarbeiten kann.
Zu Artikel 4
Artikel 4 des Änderungsprotokolls soll sicherstellen, dass das Übereinkommen den Anforderungen nachkommt, die in der Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten festgehalten sind. Artikel 4 Absatz 1 des Änderungsprotokolls übernimmt den Inhalt von Artikel 5 des Übereinkommens und stellt klar, dass das Recht auf die Gewährung von Asyl nicht berührt werden soll. Eine Pflicht zur Auslieferung besteht danach nicht, wenn der ersuchte Staat ernstliche Gründe zu der Annahme hat, dass das Auslieferungsersuchen nicht nur gestellt wurde, um die betroffene Person wegen der ihr zur Last gelegten Straftat zu verfolgen, sondern zumindest auch um sie wegen ihrer Rasse, ihrer Religion, Staatsangehörigkeit oder politischer Anschauung zu verfolgen oder zu bestrafen, oder wenn aus einem dieser Gründe die Lage dieser Person erschwert werden könnte.
Als neue Regelungen sind die Absätze 2 und 3 in Artikel 5 des Übereinkommens aufgenommen. Diese beiden Absätze sollen - insbesondere im Hinblick auf die Öffnung Der neue Artikel 5 Absatz 2 des geänderten Übereinkommens regelt dass eine Auslieferung auch dann vom ersuchten Staat verweigert werden kann, wenn der betroffenen Person Folter droht. Die Bestimmung trifft jedoch keine abschließende Regelung, sondern ist vielmehr entsprechend dem Erläuternden Bericht so zu verstehen, dass eine Auslieferung auch bei vergleichbar drohenden schweren Verstößen gegen die Menschenrechte verweigert werden kann.
Das geänderte Übereinkommen sieht ferner im neuen Artikel 5 Absatz 3 die Möglichkeit vor, die Auslieferung abzulehnen wenn der Person, um deren Auslieferung ersucht wird, die Todesstrafe oder eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung droht. Dieser Einwand soll nur dann nicht greifen, wenn der ersuchte Staat selbst nach seinen Rechtsvorschriften eine lebenslange Freiheitsstrafe vorsieht d. h. ohne jegliche Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung, oder er nach den anwendbaren Auslieferungsverträgen zur Auslieferung verpflichtet ist und der ersuchende Staat eine vom ersuchten Staat als hinreichend erachtete Zusicherung abgibt, die Todesstrafe oder eine lebenslange Freiheitsstrafe ohne die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung nicht zu verhängen beziehungsweise die Todesstrafe nicht zu vollstrecken. In der Bundesrepublik Deutschland ist gemäß § 38 Absatz 1 und § 57a des Strafgesetzbuches die Möglichkeit der vorzeitigen Freilassung auf Bewährung gegeben.
Ein Staat, der diese Bestimmung anwendet und folglich die ersuchte Auslieferung ablehnt, muss dem ersuchenden Staat mitteilen, aus welchen Gründen er dem Auslieferungsersuchen nicht entsprochen hat.
Es gilt in diesen Fällen Artikel 7 des Übereinkommens, wonach der ersuchte Staat die Angelegenheit seinen für die Strafverfolgung zuständigen Behörden zu unterbreiten hat.
Zu Artikel 5
Der durch Artikel 5 des Änderungsprotokolls neu geschaffene Artikel 9 des Übereinkommens räumt den Vertragsstaaten die Möglichkeit ein, weitere zwei- oder mehrseitige Vereinbarungen zu treffen, welche die Anwendung des Übereinkommens erleichtern oder das Übereinkommen ergänzen.
Zu Artikel 6
Artikel 6 Absatz 2 des Änderungsprotokolls überträgt dem Europäischen Ausschuss für Strafrechtsfragen des Europarats (CDPC) die allgemeine Zuständigkeit, die Anwendung des geänderten Übereinkommens zu überwachen.
Der Kompetenz- und Aufgabenbereich des CDPC wird durch das Änderungsprotokoll erweitert. So soll er regelmäßig über die Anwendung des Übereinkommens informiert werden und kann gegenüber dem Ministerkomitee des Europarats Empfehlungen zur Änderung oder Ergänzung des Übereinkommens abgeben.
Zudem kann der CDPC von den Vertragsstaaten um seine Meinung zu Fragen der Anwendung des Übereinkommens ersucht werden. Er hat außerdem die Aufgabe, die gütliche Behebung aller Schwierigkeiten, die sich aus der Durchführung des Übereinkommens ergeben könnten, zu erleichtern. Schließlich empfiehlt er dem Ministerkomitee Beitritte von Nichtmitgliedstaaten und berichtet jährlich über die Anwendung des Übereinkommens.
Der Kompetenz- und Aufgabenbereich des CDPC bleibt durch die besondere Aufsichtskompetenz, die der Konferenz der Vertragsstaaten gegen Terrorismus (COSTER) gemäß Artikel 13 des Änderungsprotokolls (bzw. Artikel 17 des geänderten Übereinkommens) übertragen wird unberührt. CDPC und COSTER haben beide die Aufgabe, einen Beitrag zur Wirksamkeit des geänderten Übereinkommens zu leisten.
Zu Artikel 7
Artikel 7 des Änderungsprotokolls passt das im Übereinkommen geregelte Schiedsverfahren im Hinblick auf die Öffnung des Übereinkommens für Staaten, die nicht Mitglieder des Europarats sind, an. Soweit nur dem Europarat angehörende Staaten betroffen sind, wurden die Verfahrensregeln inhaltlich unverändert aus dem Übereinkommen übernommen.
Grundsätzlich gilt, dass jede Streitigkeit zwischen den Vertragsstaaten über die Auslegung oder die Anwendung des Übereinkommens einem Schiedsverfahren unterworfen wird sofern sie nicht durch Vermittlung des CDPC oder durch Verhandlungen behoben werden kann.
Jede Partei bestellt für das Schiedsverfahren einen Schiedsrichter, beide Schiedsrichter bestellen sodann einen weiteren Schiedsrichter, den Präsidenten ("Obmann") des Schiedsgerichtes.
Für den Fall, dass eine Vertragspartei nicht binnen einer Frist von drei Monaten einen Schiedsrichter bestellt, richtet sich das weitere Verfahren danach, ob der Vertragsstaat dem Europarat angehört oder nicht. Auf Antrag der anderen Vertragspartei wird nach Artikel 7 Absatz 4 des Änderungsprotokolls der Schiedsrichter für Staaten, die dem Europarat angehören, vom Präsidenten des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte bestellt; für nicht dem Europarat angehörende Staaten bestimmt der Präsident des Internationalen Gerichtshofs den Schiedsrichter. Für den Fall, dass der Präsident eines Gerichtshofs Staatsangehöriger einer Streitpartei ist, wird eine Vertretungsregelung getroffen.
Weiterhin wird in Artikel 7 Absatz 4 des Änderungsprotokolls geregelt wie zu verfahren ist, wenn sich die Schiedsrichter nicht auf einen Obmann für das Schiedsgericht einigen können.
Zu Artikel 8
Durch Artikel 8 des Änderungsprotokolls wird ein neuer Artikel 12 des Übereinkommens geschaffen. Er regelt die Verfahrensweisen für den Fall, dass eine Änderung des Übereinkommens vorgenommen werden soll.
Änderungsvorschläge können nach dem neuen Artikel 12 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens sowohl durch jeden Vertragsstaat als auch durch das Ministerkomitee unterbreitet werden. Die Vertragsstaaten werden darüber jeweils durch den Generalsekretär des Europarats unterrichtet.
Nach Konsultation der Staaten, die nicht dem Europarat angehören und gegebenenfalls des CDPC kann das Ministerkomitee die Annahme einer Änderung mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats vorgesehenen Mehrheit beschließen. Anschließend werden die Änderungen vom Generalsekretär des Europarats den Vertragsstaaten unterbreitet (Artikel 12 Absatz 2 des geänderten Übereinkommens).
Wenn nach Artikel 12 Absatz 3 des geänderten Übereinkommens alle Vertragsstaaten ihr Einverständnis erklären, tritt die Änderung am 30. Tag nach dem Tag in Kraft, an dem alle Parteien dem Generalsekretär ihre Annahme mitgeteilt haben.
Durch die Möglichkeit, das Übereinkommen nunmehr durch ein vereinfachtes Ergänzungsverfahren zu ändern - ohne dass es dazu eines förmlichen Änderungsprotokolls bedarf - wird das Ziel verfolgt, die praktische Durchführung des Übereinkommens zu verbessern.
Zu Artikel 9
Durch Artikel 9 des Änderungsprotokolls wird - weitestgehend ähnlich wie im durch Artikel 8 des Änderungsprotokolls eingeführten Verfahren - auch ein neues, vereinfachtes Änderungsverfahren zur Aktualisierung der in Artikel 1 Absatz 1 des Änderungsprotokolls und des Übereinkommens enthaltenen Liste der Übereinkünfte eingeführt. Die durch den neuen Artikel eingeführte Vereinfachung ersetzt die Aushandlung eines Zusatzprotokolls durch ein beschleunigtes Änderungsverfahren.
Gemäß Artikel 13 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens müssen für dieses beschleunigte Verfahren die folgenden Grundvoraussetzungen erfüllt sein:
- - Die Änderung bezieht sich auf die Liste der in Artikel 1 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens enthaltenen Übereinkünfte
- - Die Änderung betrifft ausschließlich Übereinkünfte, die im Rahmen der Vereinten Nationen geschlossen wurden, die sich eigens mit dem internationalen Terrorismus befassen und die in Kraft getreten sind. Artikel 9 des Änderungsprotokolls bzw. Artikel 13 Absatz 2 des geänderten Übereinkommens sieht vor, dass die Konsultation und die Annahme einer vorgeschlagenen Änderung durch das Ministerkomitee ebenfalls nach dem Verfahren erfolgen, das in Artikel 8 des Änderungsprotokolls bzw. Artikel 12 Absatz 2 des geänderten Übereinkommens festgehalten ist. Abweichend ist in Artikel 13 Absatz 2 des geänderten Übereinkommens lediglich bestimmt dass eine derartige Änderung nicht der Zustimmung aller Vertragsstaaten bedarf. Solche Änderungen treten bereits ein Jahr ab dem Zeitpunkt in Kraft, an dem sie den Vertragsstaaten übermittelt worden sind, es sei denn, mindestens ein Drittel der Vertragsstaaten widerspricht innerhalb dieser Frist mit einem sogenannten Einspruch (Artikel 13 Absatz 3 des geänderten Übereinkommens).
Falls weniger als ein Drittel der Vertragsstaaten widerspricht, tritt die Änderung gemäß Artikel 13 Absatz 4 des geänderten Übereinkommens nur für die Staaten in Kraft, die keinen Einspruch notifiziert haben. Gemäß Artikel 13 Absatz 5 des geänderten Übereinkommens tritt eine Änderung für jene Staaten, die einen Einspruch dagegen notifiziert haben, am ersten Tag des Monats in Kraft, der auf den Tag folgt, an dem sie dem Generalsekretär des Europarats ihre nachträgliche Annahme notifiziert haben.
Zu Artikel 10
Artikel 10 des Änderungsprotokolls sieht eine Öffnung des Übereinkommens für Beobachterstaaten des Europarats und für andere Staaten vor. Er bestimmt, welche Staaten zur Zeichnung des Protokolls berechtigt sind und beschreibt das Verfahren. Der neue Artikel 14 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens legt fest, dass das Übereinkommen nicht nur für Mitgliedstaaten des Europarats, sondern auch für Staaten mit Beobachterstatus, wie beispielsweise die Vereinigten Staaten von Amerika, Japan und Mexiko, zur Zeichnung offensteht.
Darüber hinaus kann das Ministerkomitee gemäß Artikel 14 Absatz 3 des geänderten Übereinkommens nach Anhörung des CDPC mit der in Artikel 20 Buchstabe d der Satzung des Europarats bezeichneten Mehrheit beschließen jeden weiteren Staat zum Beitritt einzuladen.
Dieser Unterschied bei der Behandlung von Nichtmitgliedstaaten mit und ohne Beobachterstatus resultiert aus dem speziellen Status der Beobachterstaaten beim Europarat, der einen Entscheid des Ministerkomitees voraussetzt.
Die Öffnung für die Beobachterstaaten gilt ab dem Inkrafttreten des Änderungsprotokolls.
Artikel 10 Absatz 4 des Änderungsprotokolls bzw.
Artikel 14 Absatz 4 des geänderten Übereinkommens (bisheriger Artikel 11 Absatz 3 des Übereinkommens, der aus formellen Gründen angepasst wird) legt fest, dass das geänderte Übereinkommen für jene Vertragsstaaten, die das Übereinkommen später ratifizieren, annehmen oder genehmigen, drei Monate nach Hinterlegung der Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde in Kraft tritt.
Zu Artikel 11
Durch Artikel 11 des Änderungsprotokolls wird der bisherige Artikel 12 des Übereinkommens weitgehend unverändert als neuer Artikel 15 übernommen. Im Hinblick auf die Erweiterung um Nichtmitgliedstaaten des Europarats erfolgen lediglich sprachliche Anpassungen.
Zu Artikel 12
Artikel 12 des Änderungsprotokolls regelt das System der Vorbehalte im geänderten Übereinkommen neu. Das bisherige System wurde überarbeitet und einer Reihe von Bedingungen sowie einem Kontrollverfahren unterstellt.
Absatz 1 der Vorschrift regelt, dass "alte" Vorbehalte gegen das Übereinkommen, die vor Unterzeichnung des vorliegenden Änderungsprotokolls angebracht wurden, auf das durch das Änderungsprotokoll überarbeitete "neue" Übereinkommen nicht anwendbar sind. Sie müssen also erneut eingelegt werden. Die Bundesrepublik Deutschland hat keinen Vorbehalt zum Übereinkommen eingelegt.
Das System der Vorbehalte des geänderten Übereinkommens unterliegt bestimmten Bedingungen:
- - Die Möglichkeit, einen Vorbehalt anzubringen, ist gemäß Artikel 12 Absatz 3 des Änderungsprotokolls bzw. Artikel 16 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens auf jene Staaten beschränkt, die am 15. Mai 2003 Vertragsparteien des Übereinkommens waren.
- - Die Vorbehalte, die diese Staaten zum Übereinkommen gemäß Artikel 13 des Übereinkommens angebracht haben werden gemäß Artikel 12 Absatz 1 des Änderungsprotokolls am Tag des Inkrafttretens des geänderten Übereinkommens unwirksam. Diese Staaten haben die Möglichkeit, ihre Vorbehalte zum Zeitpunkt der Unterzeichnung oder anlässlich der Hinterlegung ihrer Ratifikations-, Annahme- oder Genehmigungsurkunde zum Protokoll zur Änderung des Übereinkommens zu erklären.
- - Ein Staat, der einen solchen Vorbehalt anbringt, kann eine Auslieferung im Zusammenhang mit den in Artikel 1 des Übereinkommens aufgeführten strafbaren Handlungen ablehnen. Gemäß Artikel 12 Absatz 3 des Änderungsprotokolls bzw. Artikel 16 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens muss er jedoch den Vorbehalt im Einzelfall anwenden und dies auf der Grundlage einer "gebührend begründeten Entscheidung" ausüben d. h. - entsprechend dem Erläuternden Bericht - mit einer entsprechenden schriftlichen Erklärung, in der die tatsachenbezogenen und rechtlichen Beweggründe, die zur Ablehnung des Auslieferungsersuchens geführt haben, klar und detailliert erläutert werden. Besonders schwerwiegende Merkmale sind bei der Bewertung der Straftat entsprechend zu berücksichtigen.
Artikel 12 Absatz 4 des Änderungsprotokolls bestimmt, dass ein Vertragsstaat im Fall der Anwendung des Vorbehalts angeben muss, für welche Straftaten sein Vorbehalt gelten soll.
So können die Vertragsstaaten einen Vorbehalt einlegen, der ihnen im Einzelfall ermöglicht, eine Straftat, die an sich in den Anwendungsbereich des Übereinkommens fällt und für die nach Artikel 1 des Übereinkommens der Einwand der "politischen Tat" gegen ein Auslieferungsersuchen nicht möglich wäre, die Auslieferung dennoch aus politischen Gründen zu verweigern.
Im Gegensatz zur bislang nach Artikel 13 des Übereinkommens vorgesehenen unbegrenzten Gültigkeit von Vorbehalten sieht nunmehr Artikel 12 Absatz 7 des Änderungsprotokolls bzw. Artikel 16 Absatz 5 des geänderten Übereinkommens die folgenden Ergänzungen vor:
- - Die nach Artikel 16 des geänderten Übereinkommens angebrachten Vorbehalte sind gemäß Artikel 16 Absatz 5 des geänderten Übereinkommens nur für drei Jahre gültig ("Verfallsklausel"). Sie können aber beliebig oft mit gleicher Geltungsdauer ausdrücklich erneuert werden wobei die Erneuerung eines Vorbehalts gegenüber dem Generalsekretär des Europarats zu erklären und zu begründen ist.
- - In Artikel 16 Absatz 6 des geänderten Übereinkommens ist ein Verfahren für das automatische Erlöschen von nicht erneuerten Vorbehalten festgelegt. Danach muss ein Vertragsstaat, der seinen Vorbehalt aufrechterhält, die Gründe für die Aufrechterhaltung erläutern.
Damit soll gewährleistet werden, dass die Vertragsstaaten ihre angebrachten Vorbehalte regelmäßig überprüfen.
- - Kommt ein Vertragsstaat einem Auslieferungsersuchen unter Berufung auf einen Vorbehalt im Sinne dieses Artikels nicht nach, so hat er gemäß den Artikeln 6 und 7 des Übereinkommens wie folgt zu verfahren: der Vertragsstaat muss die Ablehnung des Auslieferungsersuchens zunächst ausführlich begründen.
Dann ist dieser Vertragsstaat gemäß Artikel 16 Absatz 7 des geänderten Übereinkommens verpflichtet, den Fall unverzüglich den innerstaatlich zuständigen Behörden zur Strafverfolgung zu übergeben ("aut dedere aut iudicare"), wobei diese Behörden ihre Entscheidungen dann in gleicher Weise treffen müssen wie im Fall einer schweren Straftat nach dem Recht ihres Staates. Außerdem hat der Vertragsstaat den ersuchenden Staat und den Generalsekretär des Europarats zeitnah über den Ausgang des Verfahrens zu unterrichten. Der Generalsekretär des Europarats unterrichtet hierüber die gemäß Artikel 13 des Änderungsprotokolls gebildete sogenannte Konferenz der Vertragsstaaten (COSTER).
Für den Fall, dass im ersuchten Staat innerhalb angemessener Zeit keine gerichtliche Entscheidung ergeht, ist gemäß Artikel 12 Absatz 7 des Änderungsprotokolls bzw. Artikel 16 Absatz 8 des geänderten Übereinkommens ein abgestuftes Verfahren vorgesehen, in dessen Ergebnis das Ministerkomitee eine gegebenenfalls kritische Erklärung abgeben kann.
Zu Artikel 13
Artikel 13 des Änderungsprotokolls ergänzt das Übereinkommen um einen Artikel 17. Diese Vorschrift regelt die Schaffung einer Konferenz der Vertragsstaaten, der sogenannten "COSTER" (steht für "Contracting States against Terrorism", im Deutschen: Vertragsstaaten gegen Terrorismus), mit dem wesentlichen Ziel, die Durchführung des Übereinkommens zu überwachen. An der Konferenz können sich alle Vertragsstaaten beteiligen.
Durch die Schaffung dieses speziellen Kontrollgremiums wird die Rolle, die dem Europäischen Ausschuss für Strafrechtsfragen des Europarats übertragen wird, nicht in Frage gestellt. COSTER soll mit diesem Ausschuss bei der Ausübung ihrer Funktionen eng zusammenarbeiten und spielt hinsichtlich der angebrachten Vorbehalte eine entscheidende Rolle. Sie hat das Verfahren zu gewährleisten, das zur Anwendung kommt, wenn geprüft werden muss ob die Ablehnung der Auslieferung mit dem Übereinkommen vereinbar ist.
COSTER soll nach Artikel 17 Absatz 1 des geänderten Übereinkommens insbesondere die wirksame Anwendung und Durchführung des Übereinkommens einschließlich dabei auftretender Probleme, die Prüfung von Vorbehalten und das oben dafür beschriebene Verfahren, den Informationsaustausch auf dem Gebiet der Terrorismusbekämpfung und bestimmte konzeptionelle Aufgaben im Auftrag des Ministerkomitees sicherstellen.
Gemäß Artikel 17 Absatz 2 des geänderten Übereinkommens besteht COSTER aus Sachverständigen der Vertragsstaaten und tritt einmal jährlich zu ordentlichen und unter bestimmten Voraussetzungen zu außerordentlichen Tagungen zusammen.
Zu Artikel 14
Artikel 14 des Änderungsprotokolls sieht die Übernahme des bisherigen Artikels 14 des Übereinkommens als neuen Artikel 18 vor.
Zu Artikel 15
Durch Artikel 15 des Änderungsprotokolls wird Artikel 15 des Übereinkommens aufgehoben.
Zu Artikel 16
Artikel 16 des Änderungsprotokolls enthält Einzelheiten zu den Notifizierungspflichten des Generalsekretärs des Europarats. Vor dem Hintergrund der umfassenden Überarbeitung des Übereinkommens durch das Änderungsprotokoll erfolgten redaktionelle Anpassungen.
Zu den Artikeln 17 bis 19
Die Artikel 17, 18 und 19 des Änderungsprotokolls enthalten die in den Übereinkommen des Europarats üblichen Modalitäten der Zeichnung, der Ratifikation, des Inkrafttretens und der gegebenenfalls durchzuführenden Notifikation durch den Generalsekretär des Europarats.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1044:
Gesetz zu dem Protokoll vom 15. Mai 2003 zur Änderung des Europäischen Übereinkommens vom 27. Januar 1977 zur Bekämpfung des Terrorismus
Der Nationale Normenkontrollrat hat den o. g. Gesetzentwurf auf Bürokratiekosten geprüft die durch Informationspflichten begründet werden.
Mit dem Gesetz werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben. Es entstehen keine neuen Bürokratiekosten für Wirtschaft, Verwaltung und Bürgerinnen und Bürger.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig | Bachmaier |
Vorsitzender | Berichterstatter |