A. Problem und Ziel
Die Europäische Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Nichteinhaltung der Richtlinie 96/67/EG (im Folgenden: Richtlinie) eingeleitet. In ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 22.03.2010 wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland die mangelhafte Umsetzung einiger Bestimmungen der Richtlinie vor.
Zur Abwendung eines Vertragsverletzungsverfahrens und zur Verbesserung der Rechtssicherheit hat die Bundesregierung der Kommission in ihrer Mitteilung vom 07.06.2010 vorgeschlagen, die strittigen Bestimmungen in der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung (BADV) anzupassen.
Die Kommission hat mit ihrem Schreiben vom 09.08.2010 dem Vorschlag der Bundesregierung Deutschland zugestimmt und das Vertragsverletzungsverfahren ausgesetzt.
B. Lösung
Mit der Vierten Verordnung zur Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung sollen die entsprechenden Änderungen der BADV durchgeführt werden.
C. Alternativen
Keine
D. Finanzielle Auswirkungen
1. Haushaltsaufgaben ohne Vollzugsaufwand
Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen keine höheren oder zusätzlichen Aufwendungen.
2. Haushaltsausgaben mit Vollzugsaufwand
Für Bund, Länder und Gemeinden entstehen keine höheren oder zusätzlichen Aufwendungen.
3. Sonstige Kosten
Keine
E. Bürokratiekosten
1. Unternehmen
Es werden keine Informationspflichten für Unternehmen eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
2. Bürger
Es werden keine Informationspflichten für Bürger eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
3. Verwaltung
Es werden keine Informationspflichten für die Verwaltung eingeführt, vereinfacht oder abgeschafft.
Verordnung des Bundesministeriums für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Vierte Verordnung zur Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung
Der Chef des Bundeskanzleramtes Berlin, den 25. Februar 2011
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Hannelore Kraft
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
hiermit übersende ich die vom Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung zu erlassende Vierte Verordnung zur Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung mit Begründung und Vorblatt.
Ich bitte, die Zustimmung des Bundesrates aufgrund des Artikels 80 Absatz 2 des Grundgesetzes herbeizuführen.
Die Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gemäß § 6 Absatz 1 NKRG ist als Anlage beigefügt.
Mit freundlichen Grüßen
Ronald Pofalla
Vierte Verordnung zur Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung
Vom ...
Auf Grund des § 19c Absatz 2 sowie des § 32 Absatz 1 Satz 1 Nummer 3a des Luftverkehrsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 10. Mai 2007 (BGBl. I S. 698) verordnet das Bundesministerium für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung:
Artikel 1
Die Bodenabfertigungsdienst-Verordnung vom 10. Dezember 1997 (BGBl. I S. 2885), die zuletzt durch Artikel 5 der Verordnung vom 18. Januar 2010 (BGBl. I S. 11) geändert worden ist, wird wie folgt geändert:
1. § 7 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 1 Satz 5 wird aufgehoben.
- b) Absatz 5 Satz 1 wird wie folgt gefasst:
"Wird ein Dienstleister oder ein Selbstabfertiger für einen Zeitraum von weniger als sieben Jahren ausgewählt oder stellt ein Dienstleiter oder ein Selbstabfertiger seine Bodenabfertigungstätigkeit vor Ablauf des Zeitraums ein, für den er ausgewählt wurde, erfolgt die Neuvergabe wie in den Fällen eines regulären Vertragsablaufs gemäß des Auswahlverfahrens nach Absatz 1."
2. Unterabschnitt 2.3 der Anlage 2 zu § 7 wird wie folgt geändert:
- a) Dem Wortlaut des Absatz 3 wird folgender Satz vorangestellt:
"Die Bewertung und die Entscheidung über den Ausschluss nicht geeigneter Bewerber erfolgt in den Fällen, in denen der Flugplatzunternehmer selbst gleichartige Bodenabfertigungsdienste erbringt oder ein Unternehmen, das derartige Dienste erbringt, direkt oder indirekt beherrscht oder an einem solchen Unternehmen beteiligt ist, durch die Luftfahrtbehörde."
- b) In Absatz 5 werden die Sätze 1 und 2 durch folgenden Satz ersetzt:
"In den Fällen, in denen der Flugplatzunternehmer selbst gleichartige Bodenabfertigungsdienste erbringt oder ein Unternehmen, das derartige Dienste erbringt, direkt oder indirekt beherrscht oder an einem solchen Unternehmen beteiligt ist, öffnet die Luftfahrtbehörde nach Ablauf der Bewerbungsfrist die eingegangenen Bewerbungen und stellt eine Liste der Bewerber mit eingereichten Unterlagen zusammen."
3. Anlage 5 zu § 3 Absatz 2 wird wie folgt geändert:
- a) In den Bestimmungen zum Flughafen Dresden wird in der Spalte "Zahl Selbstabfertiger" der Tabelle die Angabe "2" durch das Wort"unbegrenzt" ersetzt.
- b) In den Bestimmungen zum Flughafen Münster/Osnabrück wird in der Spalte "Zahl Selbstabfertiger" der Tabelle die Angabe "2" durch das Wort"unbegrenzt" ersetzt.
- c) Die Bestimmungen zum Flughafen Tempelhof werden aufgehoben.
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am Tage nach der Verkündung in Kraft.
Der Bundesrat hat zugestimmt.
Berlin, den
Der Bundesminister für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Dr. Peter Ramsauer
Begründung:
I. Allgemeiner Teil
- 1. Die Europäische Kommission hat ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland wegen Nichteinhaltung der Richtlinie 96/67/EG (im Folgenden: Richtlinie) eingeleitet. In ihrer mit Gründen versehenen Stellungnahme vom 22.03.2010 wirft die Kommission der Bundesrepublik Deutschland die mangelhafte Umsetzung folgender Bestimmungen der Richtlinie vor:
- a. Nach Ansicht der Kommission steht § 7 Absatz 1 Satz 5 der Verordnung über Bodenabfertigungsdienste auf Flugplätzen (BADV) im Widerspruch zu den Bestimmungen von Artikel 21 der Richtlinie.
- b. Des Weiteren rügt die Kommission, dass die Art, in der die deutschen Behörden die Verlängerung der Gültigkeitsdauer der Auswahl von Dienstleistern durch Flughafenbetreiber in der Praxis handhaben, den Bestimmungen von Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie zuwiderläuft.
- c. Das Verfahren in Bezug auf die Vorauswahl der Dienstleister nach Punkt 2 der Anlage 2 der BADV widerspricht nach Auffassung der Kommission Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie.
- d. Schließlich ist die Kommission der Auffassung, dass die Bestimmungen der Anlage 5 der BADV hinsichtlich der Begrenzung der Anzahl der zur Selbstabfertigung befugten Luftfahrtunternehmen auf den Flughäfen Dresden und Münster sowie Berlin-Tempelhof gegen Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 der Richtlinie verstoßen.
Mit vorliegender Änderungsverordnung wird zur Abwendung eines Vertragsverletzungsverfahrens und Verbesserung der Rechtssicherheit eine Anpassung der strittigen Bestimmungen der BADV vorgenommen.
Durch den vorliegenden Verordnungsentwurf entsteht unmittelbar kein wesentlicher Vollzugsaufwand.
- 2. Die Managementregeln und Indikatoren der nationalen Nachhaltigkeitsstrategie wurden geprüft. Die Verordnung berührt keine Aspekte einer nachhaltigen Entwicklung.
Auswirkungen von gleichstellungspolitischer Bedeutung sind nicht zu erwarten
II. Zu den einzelnen Vorschriften
Zu Artikel 1
Zu Nummer 1a:
Um den Bedenken der Kommission entgegenzukommen und um Unklarheiten über die Reichweite des Rechtsschutzes im Auswahlverfahren nach der BADV zu beseitigen, wird die Spezialzuweisung zum Verwaltungsgericht nach Satz 5 des § 7 Absatz 1 BADV gestrichen. Zukünftig ergibt sich die Eröffnung des Verwaltungsrechtswegs aus der Generalklausel des § 40 Absatz 1 VwGO.
Zu Nummer 1b:
Bei der in § 7 Absatz 4 BADV und Art. 11 Absatz 1 Buchstabe d der Richtlinie genannten Frist von sieben Jahren handelt es sich um eine Maximalfrist. Auch die Festsetzung einer kürzeren Frist ist rechtlich zulässig und kann überdies sinnvoll und sogar sachlich geboten sein. Unabhängig davon wird durch die Ergänzung des § 7 Absatz 5 Satz 1 der BADV klargestellt, dass in jedem Fall ein neues Auswahlverfahren durch die Genehmigungsbehörde erfolgen muss.
Zu Nummer 2:
Die Auswahl und Unterrichtung der Teilnehmer erfolgt - auch bei einem eventuellen Ausschluss in der Vorauswahlphase -, solange der Flugplatzunternehmer direkt oder indirekt Bodenverkehrsdienstleistungen erbringt, allein durch die Luftfahrtbehörde mittels Verwaltungsakt. Die Luftfahrtbehörde allein ist insoweit Herrin des gesamten zweistufigen Auswahlverfahrens. Entsprechend sind die Ausschreibungen der Flughäfen inzwischen gestaltet. Seit der gerichtlichen Klärung entspricht die Praxis der deutschen Behörden in Bezug auf die Vorauswahl der Dienstleister den Vorgaben aus Artikel 11 Absatz 1 Buchstabe c der Richtlinie.
Zur Klarstellung der behördlichen Praxis wird in Anlage 2 (zu § 7 BADV) 2.3 Absatz 3 ein neuer Satz eingefügt und in Absatz 5 werden die ersten zwei Sätze durch einen neuen Satz ersetzt.
Zu Nummer 3:
Gemäß den Bestimmungen des Artikels 1 Absatz 1 Buchstabe b und Absatz 2 der Richtlinie ist die Anzahl der Selbstabfertiger an den Flughäfen Dresden und Münster/Osnabrück unbegrenzt; die Anlage 5 der BADV wird daher entsprechend angepasst.
Der Flughafen Tempelhof wird inzwischen nicht mehr betrieben. Die Bestimmungen zu diesem Flughafen in Anlage 5 zur BADV werden daher aufgehoben.
Zu Artikel 2
Diese Vorschrift regelt das Inkrafttreten entsprechend den Anforderungen von Artikel 82 Absatz 2 Satz 1 des Grundgesetzes.
Anlage
Stellungnahme des Nationalen Normenkontrollrates gem. § 6 Abs. 1 NKR-Gesetz:
NKR-Nr. 1525:
Entwurf einer Vierten Verordnung zur Änderung der Bodenabfertigungsdienst-Verordnung
Der Nationale Normenkontrollrat hat den Entwurf der o.g. Verordnung auf Bürokratiekosten, die durch Informationspflichten begründet werden, geprüft.
Mit dem Verordnungsentwurf werden keine Informationspflichten für die Wirtschaft, die Verwaltung sowie Bürgerinnen und Bürger eingeführt, geändert oder aufgehoben.
Der Nationale Normenkontrollrat hat im Rahmen seines gesetzlichen Prüfauftrages daher keine Bedenken gegen das Regelungsvorhaben.
Dr. Ludewig Prof. Dr. Wittmann
Vorsitzender Berichterstatter