Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 5194 - vom 22. Oktober 2008.
Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 9. Oktober 2008 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis des Berichts der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament vom 23.Mai 2007 über die Auswirkungen des Ausschlusses selbständiger Kraftfahrer vom Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben (KOM (2007) 0266),
- - in Kenntnis des 23. Berichts der Kommission vom 12. Oktober 2007 über die Durchführung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr im Zeitraum 2003-2004 (KOM (2007) 0622),
- - in Kenntnis der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vom 20. Dezember 1985 über die Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr1,
- - in Kenntnis der Richtlinie 2002/15/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 11. März 2002 zur Regelung der Arbeitszeit von Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben2,
- - in Kenntnis der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 zur Harmonisierung bestimmter Sozialvorschriften im Straßenverkehr und zur Änderung der Verordnungen (EWG) Nr. 3821/85/EWG und (EG) Nr. 2135/98 des Rates sowie zur Aufhebung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates3,
- - in Kenntnis der Richtlinie 2006/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 15. März 2006 über Mindestbedingungen für die Durchführung der Verordnungen (EWG) Nr. 3820/85 und (EWG) Nr. 3821/85/EWG des Rates über Sozialvorschriften für Tätigkeiten im Kraftverkehr sowie zur Aufhebung der Richtlinie 88/599/EWG des Rates4,
- - in Kenntnis des Urteils vom 24. September 2004 in den verbundenen Rechtssachen C-184/02 und C-223/02 Königreich Spanien und Republik Finnland gegen das Europäische Parlament und den Rat der Europäischen Union5 in denen der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften entschied, dass selbständige Kraftfahrer nicht dauerhaft vom Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG ausgeschlossen werden könnten,
- - in Kenntnis der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zu der "Mitteilung der Kommission an den Rat und das Europäische Parlament: Für ein mobiles Europa - Nachhaltige Mobilität für unseren Kontinent - Halbzeitbilanz zum Verkehrsweißbuch der Europäischen Kommission von 2001"6,
- - in Kenntnis der Schreiben des Vorsitzenden des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten an das Mitglied der Kommission Vladimir Spidla und an den Vizepräsidenten Jacques Barrot vom 21. Juni 2007 bzw. vom 29. Juni 2007 und der Antwort des Vizepräsidenten Jacques Barrot vom 3. Oktober 2007,
- - in Kenntnis des Berichts der Europäischen Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen mit dem Titel "Impact of the working time directive on collective bargaining in the road transport sector"7,
- - gestützt auf Artikel 45 seiner Geschäftsordnung,
- - in Kenntnis des Berichts des Ausschusses für Beschäftigung und soziale Angelegenheiten sowie der Stellungnahme des Ausschusses für Verkehr und Fremdenverkehr (A6-0357/2008),
A. in der Erwägung, dass eine Reihe von Mitgliedstaaten die gemäß der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 des Rates vorzulegenden Informationen zur Kontroll- und Durchsetzungstätigkeit im Zeitraum 2003-2004 nicht fristgemäß übermittelt haben, mit dem Ergebnis, dass der Bericht der Kommission zur Durchführung dieser Verordnung im genannten Zeitraum (KOM (2007) 0622) mit eineinhalbjähriger Verzögerung vorgelegt wurde,
B. in der Erwägung, dass die durchschnittliche Zahl der festgestellten Zuwiderhandlungen stabil geblieben ist, obwohl die Gesamtzahl der protokollierten Verstöße in einer Reihe von Mitgliedstaaten erheblich angestiegen ist, wobei die Verstöße gegen Unterbrechungen und Ruhezeiten zugenommen haben, während die Verstöße gegen die Bestimmungen für die Lenkzeiten zurückgingen,
C. in der Erwägung, dass der nächste Zweijahresbericht erstmals Angaben zur Umsetzung der Richtlinie 2002/15/EG enthalten muss,
D. in der Erwägung, dass es von allgemeinem Interesse ist, dass die Vorschriften über Arbeits-, Lenk- und Ruhezeiten des fahrenden Personals und der selbständigen Kraftfahrer ordnungsgemäß angewandt werden,
E. in der Erwägung, dass das Ziel der Richtlinie 2002/15/EG darin besteht, Mindestvorschriften für die Gestaltung der Arbeitszeit festzulegen, um die Sicherheit und die Gesundheit der Personen, die Fahrtätigkeiten im Bereich des Straßentransports ausüben, verstärkt zu schützen, die Sicherheit im Straßenverkehr zu erhöhen und die Wettbewerbsbedingungen stärker aneinander anzugleichen,
F. in der Erwägung, dass die Richtlinie 2002/15/EG am 23. März 2002 in Kraft trat, dass die Mitgliedstaaten für die Umsetzung der darin festgelegten Bestimmungen bis zum 23. März 2005 drei Jahre Zeit hatten und dass es den meisten Mitgliedstaaten während dieser dreijährigen Übergangszeit nicht gelungen ist, die Richtlinie umzusetzen,
G. in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten zwei Jahre nach der für die Umsetzung der Richtlinie 2002/15/EG vorgesehenen Übergangszeit die Bestimmungen der Richtlinie noch nicht vollständig umgesetzt haben,
H. in der Erwägung, dass selbständige Kraftfahrer zumindest bis zum 23. März 2009 nicht in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG fallen,
I. in der Erwägung, dass im Bericht der Kommission über die Auswirkungen des Ausschlusses selbständiger Kraftfahrer vom Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG die Vor- und Nachteile der Einbeziehung bzw. des Ausschlusses der selbständigen Kraftfahrer dargelegt sind, jedoch ohne dass daraus endgültige Schlussfolgerungen gezogen werden,
J. in der Erwägung, dass das Parlament mehrfach darauf hingewiesen hat, dass es gegen die im Sektor verbreitete missbräuchliche Praxis der Umwidmung von zahlreichen Arbeitnehmern in scheinselbständige Kraftfahrer vorzugehen gilt,
K. in der Erwägung, dass es wichtig ist, Ungleichheiten zwischen den Mitgliedstaaten zu vermeiden und durch die Einbeziehung der selbständigen Kraftfahrer zur Gewährleistung der Wettbewerbsgleichheit im Straßenverkehr beizutragen,
L. in der Erwägung, dass es wichtig ist, dass der Geltungsbereich der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85 im Hinblick auf Lenkzeiten und Ruhezeiten konsistent bleibt und keinen Unterschied zwischen den Kraftfahrern macht,
M. in der Erwägung, dass sich die Begrenzung der Arbeitszeit im Straßenverkehr wesentlich positiver auf die Straßenverkehrssicherheit auswirkt, wenn die selbständigen Kraftfahrer einbezogen werden,
N. in der Erwägung, dass die Einbeziehung der selbständigen Kraftfahrer für diese keinerlei Einschränkung bei der Ausübung der notwendigen administrativen und die Betriebsführung betreffenden Tätigkeiten mit sich bringt, da sich die Arbeitszeit im Sinne der Richtlinie 2002/15/EG auf die in direktem Zusammenhang mit dem Straßenverkehr stehenden Tätigkeiten beschränkt,
O. in der Erwägung, dass bei den im Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss vertretenen sozialen Akteuren ein breiter Konsens darüber besteht, dass die selbständigen Kraftfahrer einbezogen werden sollten, um auf diese Weise die Gleichbehandlung aller in diesem Sektor tätigen Personen sicherzustellen, Wettbewerbsverzerrungen zu vermeiden und bessere Arbeitsbedingungen zu fördern,
P. in der Erwägung, dass der Gerichtshof der Europäischen Gemeinschaften klar festgestellt hat, dass Artikel 71 des EG-Vertrags eine geeignete und ausreichende Rechtsgrundlage für die Anwendung der Richtlinie 2002/15/EG auf selbständige Kraftfahrer darstellt, weil er zur Verwirklichung der Ziele der Sicherheit im Straßenverkehr und der Angleichung der Wettbewerbsbedingungen beiträgt,
Q. in der Erwägung, dass gemäß der vorgenannten Mitteilung und dem vorgenannten Bericht der Kommission über die Auswirkungen des Ausschlusses selbständiger Kraftfahrer vom Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG die in einigen Mitgliedstaaten zu verzeichnenden Verzögerungen bei der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2002/15/EG und der übrigen Sozialvorschriften im Straßenverkehr weiterhin Anlass zur Sorge bieten,
R. in der Erwägung, dass die zweijährlichen Umsetzungsberichte entsprechend dem in der Richtlinie 2002/15/EG festgelegten Zeitplan vorzulegen sind, obwohl einige Mitgliedstaaten die Richtlinie noch nicht umgesetzt haben,
- 1. bedauert die immer noch sehr unterschiedliche Anwendung und Durchsetzung der Verordnung (EWG) Nr. 3820/85; stellt fest, dass die Mitgliedstaaten verstärkte Anstrengungen unternehmen müssen, um eine effiziente und harmonisierte Umsetzung der verbesserten Sozialvorschriften zu gewährleisten;
- 2. ist besorgt über die Mängel und Verzögerungen bei der Umsetzung und Anwendung der Richtlinie 2002/15/EG in einigen Mitgliedstaaten; wünscht eine baldige Klarstellung und Kommentare seitens der betreffenden Mitgliedstaaten zu den Gründen für die Nichtumsetzung zusammen mit Angaben dazu, welche Hindernisse möglicherweise bestehen bleiben;
- 3. weist erneut darauf hin, dass die Richtlinie 2002/15/EG "Mindestvorschriften" vorsieht und dass deren Umsetzung nicht zu einem niedrigeren Schutzniveau für die Arbeitnehmer bzw. zu einer geringeren Einhaltung der durch die allgemeine Arbeitsgesetzgebung oder Tarifverträge geschaffenen günstigeren Bedingungen in bestimmten Mitgliedstaaten führen darf;
- 4. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Umsetzungsprozess voranzutreiben und die Sozialvorschriften im Straßenverkehr mit größter Sorgfalt durchzuführen, um dem allgemeinen Interesse der Sicherheit der Bürger im Straßenverkehr und der Gesundheit und Sicherheit der Kraftfahrer in angemessener Weise Rechnung zu tragen und klare Rahmenbedingungen für einen fairen Wettbewerb zu schaffen;
- 5. fordert die Kommission auf, wie vorgesehen alle zwei Jahre einen Bericht über die Umsetzung der Richtlinie 2002/15/EG zu verfassen, obwohl die Bestimmungen der Richtlinie von einigen Mitgliedstaaten noch nicht in nationales Recht umgesetzt wurden
- 6. zeigt sich besorgt über die konstant hohe Durchschnittszahl der Zuwiderhandlungen gerade auch im Bereich Personentransport und erwartet von den Mitgliedstaaten eine bessere Durchsetzung der Vorschriften; fordert die Mitgliedstaaten auf, vermehrt gemeinsame Initiativen zur Förderung des Austauschs von Informationen und Personal sowie abgestimmte Kontrollen durchzuführen;
- 7. fordert die Kommission auf, Verstöße der Mitgliedstaaten gegen das Gemeinschaftsrecht in Bezug auf Sozialvorschriften im Straßenverkehr mit größtem Nachdruck zu ahnden, Zwangsmaßnahmen für den Fall der Nichteinhaltung der Vorschriften festzulegen, präventive Maßnahmen zu treffen und erforderlichenfalls gerichtlich vorzugehen, um die strikte Einhaltung des Gemeinschaftsrechts sicherzustellen
- 8. fordert die Kommission auf, im Rahmen des Ausschussverfahrens nach der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 bis Oktober 2008 Leitlinien für eine einheitliche Definition und Klassifikation von Verstößen vorzulegen;
- 9. fordert die Kommission auf, der sozialen Dimension der Straßenverkehrssicherheit sowie der Sicherheit und Gesundheit der Kraftfahrer und anderer Verkehrsteilnehmer bei der offiziellen Folgenabschätzung im Hinblick auf einen Legislativvorschlag zur Änderung der Richtlinie 2002/15/EG gemäß Artikel 2 Absatz 1 dieser Richtlinie angemessenen Vorrang einzuräumen;
- 10. fordert die Kommission auf, in der oben genannten offiziellen Folgenabschätzung die schwierigen Arbeitsbedingungen zu berücksichtigen, denen sich Lastkraftwagenfahrer auf ihren Fahrten durch Europa aufgrund der Tatsache gegenübersehen, dass es keinen ausreichenden Zugang zu geeigneten Rastplätzen gibt, obwohl Artikel 12 der Verordnung (EG) Nr. 561/2006 die Bedeutung einer ausreichenden Zahl sicherer Rastplätze für Berufskraftfahrer entlang der Strecken des Autobahnnetzes der Union implizit anerkennt; fordert daher die Kommission auf, das vom Europäischen Parlament initiierte Pilotprojekt für sichere Rastplätze unter Berücksichtigung der Maßnahmen, die in der Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema "Die europäische Straßenverkehrssicherheitspolitik und die Berufskraftfahrer - sichere Rastplätze"8 empfohlen werden, weiterzuverfolgen;
- 11. fordert die Kommission auf, in der oben genannten offiziellen Folgenabschätzung dem Standpunkt und den Argumenten des Parlaments vollständig Rechnung zu tragen, damit die selbständigen Kraftfahrer vollständig in den Geltungsbereich der Richtlinie 2002/15/EG einbezogen werden;
- 12. fordert die Kommission auf, in der oben genannten offiziellen Folgenabschätzung die im Verkehrssektor allgemein vorherrschende Auffassung, dass selbständige Kraftfahrer einbezogen werden sollten, und ist der Auffassung, dass die rechtliche Abgrenzung und Ahndung von Scheinselbständigkeit extrem schwierig wäre, abgesehen von den praktischen und bürokratischen Schwierigkeiten, die überwunden werden müssten, um zu verhindern, dass zur Umgehung der Arbeitszeitbegrenzung in hohem Maße auf Scheinselbständige zurückgegriffen wird;
- 13. fordert die Kommission auf, rechtzeitig alle zweckdienlichen Maßnahmen vorzulegen, damit die gesamte Richtlinie 2002/15/EG am 23. März 2009 uneingeschränkt in all ihren Bestandteilen in Kraft treten und ihr Geltungsbereich auf die selbständigen Kraftfahrer ausgedehnt werden kann;
- 14. fordert die Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Folgenabschätzungen so schnell wie möglich abgeschlossen werden, damit ohne weitere Verzögerung objektiv geprüft werden kann, ob und welche Änderungen erwogen werden sollen;
- 15. fordert die Kommission auf, die Verfahren von Verkehrskontrollen in jedem Mitgliedstaat zu überprüfen und dem Parlament einen Bericht darüber zu übermitteln; fordert die Kommission auf, falls Kontrollverfahren, die den freien Güter- oder Personenverkehr einschränken, aufgedeckt werden, die bestehenden Rechtsvorschriften zu überprüfen und deren Änderung vorzuschlagen, um ein einheitliches System von Straßenverkehrskontrollen zu gewährleisten;
- 16. fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, die Informationen und darauf aufbauenden Durchführungsberichte rascher vorzulegen, damit anhand der Analyse der Umsetzung potentiell erforderlich werdende rechtliche Korrekturen ohne weitere Verzögerungen angegangen werden können;
- 17. fühlt sich angesichts der Zahlen über Verstöße nochmals darin bestätigt, dass es dringend gesetzlichen Anpassungsbedarf gibt; zeigt sich angesichts der im Mai 2006 in Kraft getretenen Richtlinie 2006/22/EG und der im April 2007 in Kraft getretenen Verordnung (EG) Nr. 561/2006 deswegen zuversichtlich, dass es zu einer strengeren und einheitlichen Durchsetzung der Vorschriften kommen wird;
- 18. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission sowie den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten, dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss und dem Ausschuss der Regionen zu übermitteln.
- 1 ABl. L 370 vom 31.12.1985, S. 1.
- 2 ABl. L 80 vom 23.3.2002, S. 35.
- 3 ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 1.
- 4 ABl. L 102 vom 11.4.2006, S. 35.
- 5 Slg. 2004, I-7789.
- 6 ABl. C 161 vom 13.7.2007, S. 89.
- 7 http://www.eurofound.europa.eu/docs/eiro/tn0704039s/tn0704039s.pdf
- 8 ABl. Nr. C 175 vom 27.7.2007, S. 88.