Der Bundesrat hat in seiner 950. Sitzung am 4. November 2016 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass sich das Europäische Zentrum für die Förderung der Berufsbildung (Cedefop) auf europäischer Ebene etabliert hat. Er erkennt die Leistung von Cedefop insbesondere bezüglich Forschung und Analyse auf dem Gebiet der beruflichen Bildung an und spricht sich für die Weiterführung der Aufgaben des Cedefop aus.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kommission mittels ihres vorgelegten Vorschlags die Aufgabenbeschreibung für das Zentrum über den Bereich der beruflichen Bildung hinaus allgemein auf das Gebiet der Kompetenzen und Qualifikationen auszudehnen beabsichtigt.
- - Während die Aufgaben in der bisherigen Verordnung eher allgemein gefasst sind, präzisiert der Vorschlag für eine neue Cedefop-Verordnung das Tätigkeitenfeld stark. Hiernach soll Cedefop neben der Durchführung von Analysen auch Beiträge zu Entwicklungen leisten, die die Konzeption und Bescheinigung von Qualifikationen, ihre Strukturierung in Qualifikationsrahmen und ihre Funktion auf dem Arbeitsmarkt betreffen, um Transparenz und Anerkennung dieser Qualifikationen zu verbessern. Zudem soll Cedefop kompetenz-, berufs- und qualifikationsbezogene Instrumente und Dienstleistungen verwalten und bereitstellen. Der Bundesrat unterstreicht erneut, dass Konzeption und Bescheinigung von Qualifikationen sowie Fragen der Anerkennung und Validierung in den ausschließlichen Zuständigkeitsbereich der Mitgliedstaaten fallen. Auch mit Blick auf die Beschreibung des Ziels der Agentur, wonach sie die Kommission bei der Politikgestaltung und -durchführung unterstützen soll, verweist der Bundesrat auf die in den Artikeln 165 und 166 AEUV eng gesteckten Kompetenzen der EU.
- - Angesichts des Vorschlags, auch die Vorhersage von Arbeitsmarkttrends neu in den Aufgabenkanon des Cedefop mit aufzunehmen, erinnert der Bundesrat zudem an die bewährte Fokussierung des Cedefop auf Bildungsfragen, die nicht von anderen Zielsetzungen an den Rand gedrängt werden darf.
- - Überdies betont der Bundesrat, dass eine etwaige Ausweitung der Aufgaben des Cedefop nicht, zum Beispiel durch Anfragen an nationale und regionale Verwaltungsstellen, zu einer Erhöhung von Verwaltungslasten in den Mitgliedstaaten führen darf.
- 3. Nach der Begründung der Kommission zu dem Verordnungsvorschlag habe das Cedefop mittlerweile seine Tätigkeit über die Berufsbildung hinaus ausgedehnt und befasse sich auch mit Qualifikationen, insbesondere mit dem Europäischen Qualifikationsrahmen, mit Kompetenzanalyse und -prognose sowie mit der Validierung nichtformalen und informellen Lernens, um dem sich wandelnden politischen Kontext Rechnung zu tragen. Vor diesem Hintergrund beabsichtigt die Kommission, Ziele und Aufgaben des Cedefop anzupassen. Demgegenüber erinnert der Bundesrat daran, dass Einrichtungen auf europäischer Ebene insbesondere wegen des Prinzips der begrenzten Einzelermächtigung strikt an die ihnen zugrundeliegenden Rechtsgrundlagen gebunden sind.
- 4. Der Verordnungsvorschlag sieht vor, dass mehrere Außenstellen in einem oder mehreren Mitgliedstaaten eingerichtet werden können. Der Bundesrat hinterfragt die Notwendigkeit von Verwaltungsstellen in weiteren Mitgliedstaaten. Sollte hierdurch eine europäische Verwaltungsstruktur geschaffen werden, die sich mit Anerkennungs- und Validierungsfragen beschäftigen soll, würde dies nach Auffassung des Bundesrates der in den europäischen Verträgen festgelegten Kompetenzverteilung im Bildungsbereich zuwiderlaufen.
- 5. Bezüglich der vorgeschlagenen Verwaltungsvorschriften begrüßt der Bundesrat die Beibehaltung der trilateralen Struktur. Er ist dabei der Auffassung, dass die Rolle der Regierungsvertreter und der Vertreter der Arbeitgeber- sowie der Arbeitnehmerverbände nicht durch eine Ausweitung der Einflussmöglichkeiten der Kommission an den Rand gedrängt werden darf. Der Bundesrat betont zudem, dass dezentrale Agenturen wie Cedefop keine der Kommission zugeordneten Verwaltungseinheiten darstellen und gerade auch im Hinblick auf die Analysetätigkeiten des Cedefop eine gewisse Unabhängigkeit der Agentur erhalten bleiben muss.
- 6. Die Kommission legt in den Erwägungsgründen dar, dass sich die drei trilateralen Agenturen, das heißt Cedefop, die Europäische Stiftung zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbedingungen (Eurofound) und die Europäische Agentur für Sicherheit und Gesundheitsschutz am Arbeitsplatz (EU-OSHA) mit Fragen befassen, die den Arbeitsmarkt, das Arbeitsumfeld, Berufsbildung und Kompetenzen betreffen, und auch aus Gründen der Effizienzsteigerung und Stärkung von Synergien eine enge Koordinierung zwischen diesen drei Agenturen nötig sei. Der Bundesrat gesteht zu, dass die Verwaltungsstrukturen der Agenturen Ähnlichkeiten aufweisen, weist jedoch auch darauf hin, dass gerade Cedefop mit Bildung einen Bereich betrifft, der sich elementar von dem stärker vergemeinschafteten Beschäftigungsbereich unterscheidet. Er sieht vor diesem Hintergrund mit Sorge, dass die vorgeschlagene gesamte Cedefop-Verordnung mit den Rechtsgrundlagen für Eurofound und EU-OSHA ohne Einbeziehung von Bildungsausschuss und -rat ausschließlich in der Ratsarbeitsgruppe für Sozialfragen beraten und durch den Beschäftigungsministerrat verabschiedet werden soll. Nach Auffassung des Bundesrates ist zwingend zu gewährleisten, dass die für Bildung zuständigen Fachgremien des Rates auf Minister- sowie auf Arbeitsebene weiterhin federführend mit sämtlichen Bildungsthemen befasst werden, die auf europäischer Ebene diskutiert werden.
- 7. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung dazu auf, entsprechend der Kompetenzverteilung im Bildungsbereich auf nationaler Ebene die Rolle und Interessen der Länder bei der Arbeit der Bundesregierung im Rahmen der Verwaltung des Cedefop und insbesondere bei Entscheidungsprozessen im Verwaltungsrat entsprechend zu berücksichtigen. Zudem bittet der Bundesrat die Bundesregierung, einen regelmäßigen Informationsfluss über ihre Arbeit im Rahmen der Verwaltung des Cedefop sicherzustellen.