Bundesministerium für Arbeit und Soziales
Berlin, 3. April 2017
Parlamentarische Staatssekretärin
An die Präsidentin des Bundesrates
Frau Ministerpräsidentin
Malu Dreyer
Sehr geehrte Frau Präsidentin,
anbei übersende ich Ihnen die erbetene Stellungnahme der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrates (BR-Drs. 554/13(B) ) "Jugendarbeitslosigkeit in der EU wirksam bekämpfen".
Mit freundlichen Grüßen
Gabriele Lösekrug-Möller
Stellungnahme der Bundesregierung zur Entschließung des Bundesrats "Jugendarbeitslosigkeit in der EU wirksam bekämpfen" vom 5. Juli 2013 (BR-Drs. 554/13 (PDF) Beschluss) vom 31. März 2017
Seit der Verabschiedung der Ratsempfehlung zur Jugendgarantie im April 2013 hat sich die Arbeitsmarktsituation junger Menschen verbessert. Dies wird in der Mitteilung über die bisherigen Fortschritte bei der Jugendgarantie und der Jugendbeschäftigungsinitiative deutlich, die die Europäische Kommission am 4. Oktober 2016 vorgelegt hat. Seit Einführung der Jugendgarantie ist die Zahl der erwerbslosen Jugendlichen um 1,4 Mio. zurückgegangen. Rund 9 Mio. junge Menschen haben laut Europäischer Kommission ein Angebot im Rahmen der Jugendgarantie angenommen, die meisten davon Stellenangebote. Jugendarbeitslosigkeit bleibt dennoch nach wie vor ein gravierendes Problem in vielen Mitgliedstaaten. Die Jugenderwerbslosigkeit betrug im Jahreswert 2016 EU-weit immer noch 18,7% und lag damit etwa doppelt so hoch wie die der Gesamtbevölkerung. Die weitere Stärkung der Jugendbeschäftigung bleibt damit ein prioritäres Ziel der EU.
Die Bundesregierung teilt die Auffassung des Bundesrates, dass die berufliche Ausbildung eine zentrale Rolle für die Beschäftigungschancen junger Menschen in Europa spielt und grenzüberschreitende Maßnahmen zur Stärkung der Mobilität und Zusammenarbeit in der beruflichen Bildung zu existenzsichernden, stabilen Bildungs- und Beschäftigungsstrukturen für Jugendliche beitragen können.
Die Bundesregierung unterstützt verschiedene Staaten in Europa bei der Reform der Berufsbildungssysteme mit dem Ziel, diese verstärkt auf betriebliche Ausbildung auszurichten und damit die Arbeitsmarktchancen der Jugendlichen zu steigern. Es ist die Strategie der Bundesregierung, die Aktivitäten der vier maßgeblich für die internationale berufliche Bildung zuständigen Bundesministerien zu verzahnen. Das Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) geht sukzessive weitere strategische Kooperationen mit Industrie- und Schwellenländern ein, um Ausbildungsgänge mit Modellcharakter und Strategieprojekte der Sozialpartner zu fördern; das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) schafft mit seiner Förderung der Auslandshandelskammern eine Plattform für die duale Berufsausbildung nach deutschem Vorbild; das Auswärtige Amt (AA) richtet an zahlreichen Auslandsvertretungen Runde Tische zur Koordinierung der verschiedenen Aktivitäten, zum Austausch von Erfahrungen sowie zur Sicherung eines einheitlichen Auftretens im Gastland ein; das Bundesministerium für wirtschaftliche
Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ) fördert den Aufbau leistungsfähiger Berufsbildungssysteme in Entwicklungs- und Schwellenländern.
Das BMBF organisiert regelmäßige Abstimmungsrunden zur Internationalen Berufsbildungszusammenarbeit (Runder Tisch auf Arbeits- und Staatssekretärsebene). Teilnehmer sind neben den Vertreterinnen und Vertretern der Bundesministerien (AA, BMAS, BMBF, BMEL, BMG, BMUB, BMWi, BMZ) auch die Bundesländer, vertreten durch KMK und WMK. Hier findet ein Austausch über die jeweiligen Aktivitäten statt, wobei anlassbezogen auch einzelne Bundesländer gesondert ihre internationalen Kooperationen darstellen.
Darüber hinaus hat das BMBF am 3. November 2016 die Bundesländer auf KMK- und WMKEbene zu einem vertieften Gespräch über die Kooperationsmöglichkeiten eingeladen. Teilgenommen haben Bremen, Hamburg, Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen. Dabei wurde vereinbart, dass die Bundesländer die von der Zentralstelle der Bundesregierung zur internationalen Berufsbildungszusammenarbeit (GOVET) eingerichtete Datenbank zu internationalen Aktivitäten konsequent nutzen und das BMBF den Ländern ermöglicht, vor Tagungen der internationalen Arbeitsgruppen ihre Anliegen in die Gespräche einzubringen.
Mit der Konzeption von MobiPro-EU, einem grenzüberschreitenden Mobilitäts- und Ausbildungsprogramm für junge EU-Bürgerinnen und Bürger, hat Deutschland innerhalb der EU eine Vorreiterfunktion und Verantwortung übernommen, die auch wegen der damit verbundenen alleinigen Finanzierung aus dem Bundeshaushalt außergewöhnlich und in diesem Rahmen zeitlich begrenzt ist. Gesetztes Ziel des Pilotprogrammes ist die Erprobung von über die bestehenden gesetzlichen Fördermöglichkeiten hinausgehenden Maßnahmen und Instrumenten für künftige Handlungsoptionen. MobiPro-EU wird programmbegleitend bis zu seinem Auslaufen im Jahr 2020 fortlaufend evaluiert.
Die Förderung der beruflichen Mobilität innerhalb der EU soll einen Beitrag zur Verwirklichung des europäischen Arbeitsmarkts und zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit innerhalb der EU leisten. Der Auftrag hierzu ergab sich 2013 aus dem Koalitionsvertrag. Dort steht im Kapitel "Starkes Europa" (Seite 114):
"Wir setzen uns dafür ein, dass die Mobilität und Durchlässigkeit in einem gemeinsamen europäischen Ausbildungs- und Arbeitsmarkt deutlich gestärkt werden. Wir ergreifen Ziele und Maßnahmen, die es qualifizierten Jugendlichen aus anderen Mitgliedstaaten erleichtern, ihre Berufsausbildung in Deutschland zu absolvieren bzw. eine Beschäftigung in Deutschland aufzunehmen." Das Sonderprogramm MobiPro-EU ist hierbei ein wichtiges Instrument zur Erprobung von Möglichkeiten, wie diese Mobilität gestaltet werden kann und für das duale Ausbildungssystem im europäischen Ausland, wo diese Form der Berufsausbildung i.d.R. nicht bekannt ist, zu werben.
Die Herkunftsländer der Programmteilnehmenden können auf Grundlage der Erkenntnisse und Erfahrungen im Kontext MobiPro-EU die Entscheidung treffen, ob sie mit eigenen Mobilitätsprogrammen daran anknüpfen wollen. Neben aktuellen Ausschreibungen der Europäischen Kommission im Rahmen des Vorhabens "Investieren in Europas Jugend" sind erste regionale Ansätze hierzu bereits erkennbar.
MobiPro-EU wird seit Januar 2016 durch ein Vernetzungsprojekt begleitet, welches die Aufgabe hat, gemeinsam mit dem BMAS, den Trägern und der FGQ (Fachgruppe Qualitätssicherung in MobiPro-EU) Ergebnisse und Erkenntnisse wie z.B. gute Praxisbeispiele transferfähig zu sichern und künftigen Akteuren zur Verfügung zu stellen.
Die vorrangige Bedeutung von MobiPro-EU, die auch das weitreichendste Transferpotenzial in sich trägt, liegt in den geschilderten qualitativen Wirkungen, d.h. vor allem in der Gewinnung von Erfahrungen und Lerneffekten und dem Aufbau von Strukturen bei der Berufsausbildung und in der Beschäftigung junger Menschen aus anderen Sprach- und Kulturkreisen.
Aus der Spending Review erging die Empfehlung des Lenkungsausschusses, das Sonderprogramm MobiPro-EU mit dem Ausbildungsjahrgang 2016 auslaufen zu lassen, der der Bundestag zustimmte. Eine erneute Weiterentwicklung der im Jahr 2014 geänderten Förderrichtlinie erging nicht.
Grenzüberschreitende Mobilität, auch im Bereich der beruflichen Bildung, wird europaweit unterstützt durch das EURES-Netzwerk sowie ERASMUS+. Die Europäische Kommission sieht laut ihrer Mitteilung "Investieren in Europas Jugend" vom 7. Dezember 2016 vor, dass Auszubildende über ERASMUS+ zukünftig auch längerfristige Praktika von bis zu 12 Monaten im EU-Ausland absolvieren können.