Antrag des Landes Nordrhein-Westfalen
Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes

Punkt 40 der 886. Sitzung des Bundesrates am 23. September 2011

Der Bundesrat möge beschließen:

Zu Artikel 1 Nummer 1 Buchstabe 0a - neu - und 0b - neu - (Inhaltsübersicht Abschnitt 1, §§ 2, 2a - neu - und 2b - neu - TPG) und Nummer 2a - neu - bis 2c - neu - (§§ 2, 2a - neu - und 2b - neu - TPG)

'2a. § 2 wird wie folgt gefasst:

" § 2 Aufklärung der Bevölkerung

Die nach Landesrecht zuständigen Stellen, die Bundesbehörden im Rahmen ihrer Zuständigkeit, insbesondere die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung sowie die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen, klären auf der Grundlage dieses Gesetzes die Bevölkerung über die Möglichkeiten der Organ- und Gewebespende, die Voraussetzungen der Organ- und Gewebeentnahme und die Bedeutung der Organ- und Gewebeübertragung einschließlich einer möglichen medizinischen Anwendung von aus Geweben hergestellten Arzneimitteln auf. Sie informieren auch über die Inhalte und das Verfahren nach § § 2a und 2b, weisen auf die Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung hin und stellen der Bevölkerung diese Informationen zusammen mit geeigneten Aufklärungsunterlagen zur Verfügung. Die Krankenkassen und privaten Krankenversicherungsunternehmen unterrichten alle Versicherten ab vollendetem 16. Lebensjahr in regelmäßigen Abständen entsprechend."

2b. Nach § 2 wird folgender § 2a eingefügt:

" § 2a Erklärung zur Organ- und Gewebespende

2c. Nach dem neuen § 2a wird folgender § 2b eingefügt:

" § 2b Speicherung der Erklärung zur Organ- und Gewebespende

Begründung:

Zu Buchstabe a:

Die Untergliederung des bisherigen § 2 in drei Paragraphen entzerrt die komplexe Vorschrift und hebt die besondere Bedeutung der drei Regelungsbereiche "Aufklärung", "Erklärungslösung" und "Registrierung der Erklärungen" hervor. Darüber hinaus trägt die Differenzierung zur besseren Lesbarkeit bei.

Zu Buchstabe b:

Zu Artikel 1 Nummer 2a (§ 2)

Die Vorschrift betont das Anliegen des Gesetzgebers, durch breite und fundierte Aufklärung mehr Akzeptanz für das Thema Organspende und damit eine höhere Spendenbereitschaft zu erreichen. Die Neuformulierungen in § 2 nehmen einerseits die für die Aufklärung zuständigen Stellen stärker in die Pflicht, die Bevölkerung zu informieren und dazu geeignete Unterlagen zur Verfügung zu stellen. Sie weisen andererseits konkret auf wesentliche Inhalte der Informationen in den Aufklärungsunterlagen hin, insbesondere zu der Verpflichtung zur Abgabe einer Erklärung sowie zum Verfahren nach §§ 2a und 2b.

Zu Artikel 1 Nummer 2b (§ 2a)

Diese Vorschrift führt mit den Absätzen 1 und 2 die Erklärungslösung in das Gesetz ein. Bürgerinnen und Bürger sollen künftig in einem geregelten Verfahren über die Organspende informiert und zu einer persönlichen Erklärung aufgefordert werden, ob sie einer Organspende zustimmen, nicht zustimmen oder sich nicht erklären möchten. Bei unterbliebener Erklärung soll eine Organentnahme erlaubt sein, wenn die Angehörigen zustimmen.

Da Appelle sowie regelmäßige Informationen allein bisher nicht zu der gewünschten Zunahme von Organspenden geführt haben, verpflichtet der Gesetzgeber die Bürgerinnen und Bürger deutscher Staatsangehörigkeit, sich mindestens einmal in ihrem Leben zur Organspende zu verhalten. Dem Selbstbestimmungsrecht der einzelnen Personen wird dadurch Rechnung getragen, dass sie sich zustimmend oder ablehnend zur Organspende positionieren, aber auch ausdrücklich von einer Festlegung Abstand nehmen können. Der Gesetzgeber fordert eine aktive Stellungnahme ein, die sich auf eine möglichst umfassende Aufklärung und Information stützen soll. Die Erklärungsmöglichkeiten des heutigen Organspendeausweises werden damit um die Option, keine verbindliche Erklärung abgeben zu wollen, erweitert.

Nach Einführung der eGK könnte eine weitere Möglichkeit zur Abgabe der Erklärung zur Organ- und Gewebespende eröffnet werden. Dazu wären dann entsprechende Änderungen im Fünften Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) vorzunehmen.

Für die Nutzung der eGK sprechen insbesondere das fachliche Setting, im Rahmen eines Arzt-Patientengespräches eine Erklärung abzugeben sowie die hohe Erreichbarkeit der Bürgerinnen und Bürger, die statistisch gesehen etwa 18 mal im Jahr eine Ärztin oder einen Arzt aufsuchen. Die gute technische Umsetzbarkeit der Dokumentation der Erklärung auf der eGK sowie der hohe datenschutzrechtliche Standard könnten ebenfalls für die eGK sprechen.

In Absatz 3 wird mit Aufnahme einer Übergangsregelung für die Wirksamkeit von Willenserklärungen auf Organ- und Gewebespendeausweisen verdeutlicht, dass diese Erklärungen auch nach Inkrafttreten des Gesetzes zur Änderung des Transplantationsgesetzes (TPG) weiterhin Bestand haben. Solange keine Erklärungen nach neuem Recht erfolgt sind, soll sichergestellt werden, dass die bereits auf Organ- und Gewebespendeausweisen dokumentierten Erklärungen gültig bleiben. Wenn Verstorbene als Organspender nach §§ 3 oder 4 TPG in Frage kommen, ist nach § 2 Absatz 3 zunächst zu überprüfen, ob eine in einem Register erfasste Erklärung vorliegt. Ist dies nicht der Fall, gilt die Erklärung auf dem Organ- und Gewebespendeausweis.

Zu Artikel 1 Nummer 2c (§ 2b)

Mit § 2b wird sichergestellt, dass die Bundesregierung bis zum 31. Dezember 2012 eine Rechtsverordnung zur Datenerfassung, -speicherung und -auskunft erlässt. Durch die Fristsetzung soll gewährleistet werden, dass die notwendigen Ausführungsbestimmungen noch innerhalb der jetzigen 17. Legislaturperiode umgesetzt werden.

Die Vorschrift trägt der Notwendigkeit Rechnung, die eingeforderten Erklärungen der Bürgerinnen und Bürger zuverlässig und zugriffssicher zu dokumentieren. Sie bestätigt zudem den unbedingten Vorrang der Erklärung der Betroffenen zu Lebzeiten vor der Entscheidung von Angehörigen oder Vertrauenspersonen im Todesfall. Die Speicherung der Erklärung dient auch dazu, Hinterbliebene in einer emotional hoch belastenden Situation von der Erforschung des mutmaßlichen Willens der Verstorbenen zu entlasten.

Soweit die Nutzung der eGK zur Speicherung der Erklärung zur Organ- und Gewebespende in Betracht gezogen wird, hat der Gesetzgeber nicht nur der Intention dieses Gesetzes und den datenschutzrechtlichen Vorgaben des Bundes und der Länder zu entsprechen, sondern auch notwendige Erhebungs-, Speicherungs-, Verarbeitungs- und Zugriffsrechte zu regeln. Darüber hinaus hat der Gesetzgeber Regelungen für die Übertragung der auf der eGK hinterlegten Erklärungen in laufende Register zu treffen.