Der Bundesrat hat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den von der Kommission vorgelegten Bericht über die Erfahrungen mit der Anwendung und dem parallelen Bestehen unterschiedlicher Förderinstrumente und -mechanismen für Strom aus erneuerbaren Energiequellen als wichtigen Bestandteil und Beitrag auf dem Weg zur Erhöhung des Anteils erneuerbarer Energien an der EU-Stromversorgung. Der Bericht gibt einen guten Überblick über administrative Hindernisse und netzspezifische Aspekte für den Ausbau der Stromerzeugung aus erneuerbaren Energiequellen. Die Kommission verfolgt mit dem Bericht u. a. den Zweck, durch Aufzeigen von Optimierungsmöglichkeiten einzelstaatlicher Regelungen und durch eine stärkere Kooperation zwischen Ländern sowie Harmonisierung von Regelungen auf europäischer Ebene die Effizienz der Förderinstrumente zur Steigerung der Erzeugung und Nutzung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu steigern und die damit verbundenen Kosten zu senken.
- 2. Der Bundesrat stellt fest, dass die Kommission die Förderung erneuerbarer Energien durch Einspeisevergütungssysteme - wie in Deutschland durch das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) - auf Grund des hohen Maßes an Investitionssicherheit als sehr wirkungsvoll insbesondere für den raschen Ausbau der Windkraft bewertet, zugleich aber auf die Gefahr der Überförderung und Schwierigkeiten bei der europäischen Harmonisierung hinweist.
- 3. Der Bundesrat hält es angesichts der europäischen Integration der Elektrizitätswirtschaft und der grenzüberschreitenden Stromflüsse im europäischen Verbundnetz für geboten, die unterschiedlichen Ansätze zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energiequellen zu harmonisieren, um die Fördereffizienz zu verbessern sowie einseitige Belastungen einzelner Mitgliedstaaten und eine Beeinträchtigung des Binnenmarktes zu vermeiden. In diesem Zusammenhang leistet die vorliegende Mitteilung der Kommission einen wichtigen Beitrag.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Kommission beschriebenen administrativen Hemmnisse für den Ausbau erneuerbarer Energien, wie eine Unzahl beteiligter Behörden und mangelnde Koordinierung, zu lange Genehmigungsverfahren (zwei bis sieben Jahre) und mangelnde Berücksichtigung der erneuerbaren Energien bei der Raumordnung in Deutschland nicht bestehen.
- 5. Viele der Kommissionsempfehlungen zu administrativen Hemmnissen sind in Deutschland bereits umgesetzt. So schließt etwa die für Windkraftanlagen ab einer Gesamthöhe von mehr als 50 m erforderliche immissionsschutzrechtliche Genehmigung andere die Anlage betreffende behördliche Entscheidungen (wie z.B. Baugenehmigungen) mit ein ("zentrale Anlaufstelle"). Windkraftanlagen bis 50 m unterliegen (nur) dem Baugenehmigungsverfahren. Darüber hinaus haben die Kommunen und die für die Raumordnung zuständigen Landesbehörden schon jetzt die Möglichkeit, Gebiete für die Stromerzeugung aus einzelnen erneuerbaren Energiequellen (insbesondere Wind- und Wasserenergie, Biomasse) auszuweisen, in denen derartige Vorhaben unter erleichterten Voraussetzungen errichtet werden können.
- 6. Aus der Sicht des Bundesrates sind Zielvorgaben für die Genehmigungsraten abzulehnen da sie die Besonderheiten des Einzelfalls und insbesondere der jeweiligen Standorte nicht berücksichtigen können. Die Genehmigungsverfahren unterliegen klaren gesetzlichen Voraussetzungen, die eine missbräuchliche Anwendung ausschließen. Sofern die Genehmigungsvoraussetzungen vorliegen ist nach deutschem Recht zwingend die Genehmigung zu erteilen.
- 7. Eine Verpflichtung der Regionen und Kommunen zur Ausweisung von Standorten für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien ist aus Sicht des Bundesrates gleichwohl nicht angezeigt. Eine derartige Verpflichtung stellte einen weitreichenden Eingriff in die kommunale Planungshoheit dar. Sie könnte darüber hinaus die Akzeptanz dieser Vorhaben bei den Betroffenen schmälern. Schließlich ist zu berücksichtigen, dass nach deutschem Recht ein Großteil der Vorhaben für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien bereits privilegiert zulässig ist.
- 8. Der Bundesrat stellt fest, dass die bisher geschaffenen Rahmenbedingungen für die Erzeugung von Strom aus erneuerbaren Quellen in dem Bericht positiv dargestellt und bewertet werden. Als einen Ansatz zur Optimierung nationaler Systeme wird in dem Bericht auf die Notwendigkeit von mehr rechtlicher Stabilität und geringerem Investitionsrisiko hingewiesen.
- 9. Vor diesem Hintergrund bittet der Bundesrat die Bundesregierung, bei der geplanten Überprüfung des EEG und bei der geplanten Neugestaltung der steuerlichen Rahmenbedingungen für die Förderung des Einsatzes von Biokraftstoffen den Aspekt der Stabilität rechtlicher Rahmenbedingungen für ein kalkulierbares Investitionsrisiko von Unternehmen maßgeblich zu berücksichtigen.
- 10. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass das EEG noch stärker an dem Erfordernis ausgerichtet werden muss, Strom aus erneuerbaren Energiequellen in die Wettbewerbsfähigkeit zu führen. Die Überprüfung der Vergütungssätze, Degressionsschritte und Förderzeiträume für die Stromeinspeisung nach dem EEG mit dem Ziel wirtschaftlichtechnisch verbesserter Fördereffizienz sind deshalb unverzüglich einzuleiten. Gleichzeitig muss insbesondere beim weiteren Ausbau der Windkraft den Erfordernissen der Netzstabilität verstärkt Rechnung getragen werden. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung deshalb nachdrücklich zu prüfen, ob der gesetzlich vorgesehene Erfahrungsbericht zum EEG bereits ein Jahr früher, mithin zum Ablauf des Jahres 2006, vorgelegt werden kann.
- 11. Der Bundesrat hält es ferner für erforderlich, dass bei der Ausgestaltung des nationalen Strategieplanes zur Umsetzung der ELER-Verordnung die energetische Nutzung von Biomasse mit den unterschiedlichen Möglichkeiten und erforderlichen Förderinstrumentarien den finanziellen Möglichkeiten entsprechend berücksichtigt wird.