Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU),
der Finanzausschuss (Fz),
der Ausschuss für Kulturfragen (K),
der Rechtsausschuss (R) und
der Wirtschaftsausschuss (Wi)
empfehlen dem Bundesrat,
zu der Vorlage
gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG
wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Bestrebungen der Kommission, eine Vereinfachung in allen Bereichen des Siebten Forschungsrahmenprogramms (FRP 7) herbeizuführen. Er weist jedoch darauf hin, dass die von der Kommission angekündigten Schritte zur Verwirklichung des Bürokratieabbaus, wie z.B. die vollelektronische Einreichung der Anträge, das einheitliche Registrierungssystem sowie die Reduzierung der Berichtspflichten, eine hohe Erwartungshaltung wecken, die es zielgerecht und wirksam umzusetzen gilt.
- 2. Der Bundesrat begrüßt daher, dass zahlreiche Vorschläge zur Verfahrensvereinfachung Eingang in den vorgelegten Verordnungsvorschlag gefunden haben; damit wird einem dringenden Anliegen aller beteiligten Kreise Rechnung getragen. Einheitliche Vorgaben zur Überprüfung der Teilnehmer, wie dies im Vorschlag vorgesehen ist, sind ein wesentliches Element zur Schaffung von Transparenz und Vorhersehbarkeit der zu erwartenden Anforderungen sowie zur Vermeidung divergierender Verfahrenspraktiken. Dies erfordert aber auch, dass die einschlägigen Regularien möglichst vor der ersten Ausschreibung des FRP 7 veröffentlicht sind.
- 3. Der Bundesrat stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die vorgesehenen Regeln für die Verbreitung und Nutzung der Ergebnisse den Grundsatz der Vereinfachung nicht erkennen lassen.
- 4. Der Bundesrat nimmt die Einrichtung von "clearing houses" zur Kenntnis und erhofft sich dadurch eine einheitlichere Auslegung der rechtlichen und finanziellen Bestimmungen durch alle Kommissionsdienststellen, ohne den Aufbau zusätzlicher bürokratischer Hürden. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass sich diese Absichtserklärung im Vorwort, nicht aber im Text der Verordnung selbst wieder findet. Letzteres sollte entsprechend aufgegriffen werden.
- 5. Der Bundesrat lehnt die neue Definition von öffentlichen Einrichtungen gemäß Artikel 2 Abs. 9 ab. Nach dieser Bestimmung gilt als öffentliche Einrichtung nur die Rechtsperson, die nach nationalem öffentlichem Recht gegründet wurde. Damit wären jedoch die Einrichtungen, die zwar nach privatem Recht gegründet wurden, aber öffentliche Zwecke verfolgen, in einigen Punkten schlechter gestellt, wie beispielsweise bei den Rückgriffsmaßnahmen nach Artikel 38. An diesem Punkt wird deutlich, dass eine unterschiedliche Behandlung gleichermaßen vom Staat grundfinanzierter Einrichtungen in Abhängigkeit allein von der Rechtsform nicht sachgerecht ist. Die Wahl der Rechtsform muss den Mitgliedstaaten überlassen bleiben. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Beratungen über den Verordnungsvorschlag auf eine entsprechende Änderung hinzuwirken.
- 6. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Artikel 15 Abs. 3 aufgrund einer "Soll"-Formulierung eine Abweichung von der Projektauswahl auf Grundlage objektiv definierter Exzellenzkriterien darstellt.
- 7. Die darin gewählte "Soll-"Formulierung sollte daher entfallen.
- 8. Die Formulierung sollte vielmehr so gewählt werden, dass die Auswahl ausschließlich auf der Grundlage des Bewertungskriteriums erfolgt.
- 9. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass der Vorgang der Benennung von unabhängigen Sachverständigen (vgl. Artikel 17) und ihre Dokumentation von Anfang an mit größtmöglicher Transparenz erfolgt. Der Bundesrat regt daher an, den Absatz 5 in Artikel 17 in der Weise zu präzisieren, dass die Kommission von Anfang an eine Dokumentation erstellt, die eine Auflistung aller benannten Sachverständigen enthält. Diese Dokumentation kann zu jeder Zeit eingesehen werden. Zusätzlich erfolgt jährlich eine Veröffentlichung dieser Dokumentation in einem dafür geeigneten Medium.
- 10. Der Bundesrat begrüßt die Tatsache, dass das Prinzip der gesamtschuldnerischen Haftung, das im FRP 6 eingeführt wurde, aufgegeben wird. Insbesondere aus Sicht der KMU und der Hochschulen war diese Haftungsregelung nicht {sachgerecht} und gerechtfertigt. Der Bundesrat weist darauf hin, dass sich die Regelung, dass "Teilnehmer derselben indirekten Maßnahme die Arbeiten gesamtschuldnerisch gegenüber der Gemeinschaft durchführen" (Artikel 18 Abs. 1) im Widerspruch hierzu befindet. Nach Auffassung des Bundesrates bedarf es hier auch einer Klarstellung in Abgrenzung zu der Haftungsregelung über den neu eingeführten Risikofonds.
- 11. Der Bundesrat befürwortet zwar die Aufgabe der gesamtschuldnerischen Haftung, die durch die Einführung eines so genannten Risikofonds ersetzt werden soll. Allerdings zeigt sich bei diesem die nachteilige Wirkung der Begriffsdefinition der öffentlichen Einrichtungen für solche Forschungseinrichtungen, die nach Maßgabe privaten Rechts organisiert sind. Diese wären auch dann nicht gemäß Artikel 38 Abs. 2 von dem Kreis derjenigen, die den Risikofonds aufbringen müssen, ausgenommen, wenn sie wie öffentlichrechtlich organisierte Forschungseinrichtungen gleichermaßen öffentliche bzw. gemeinnützige Zwecke verfolgen.
- 12. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass die Musterfinanzhilfevereinbarung den "Grundsätzen der Europäischen Charta für Forscher und dem Verhaltenskodex für die Einstellung von Forschern niedergelegten Grundsätzen" Rechnung tragen wird (Artikel 19 Abs. 8). Der Bundesrat bittet die Bundesregierung hierbei darauf zu achten, dass Antragssteller im FRP 7 nicht zur Unterzeichnung der Charta verpflichtet werden, was von vornherein potenzielle Projektpartner ausschließen würde.
- 13. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass die Deutsche Forschungsgemeinschaft Richtlinien zur Sicherung guter wissenschaftlicher Praxis erarbeitet hat, denen sich die Hochschulen verpflichtet haben. Das Anliegen der Kommission ist bereits durch innerstaatliche Regelungen erfüllt.
- 14. Der Bundesrat spricht sich dafür aus, dass für die in Artikel 27 vorgesehenen Überprüfungen konkretere Formulierungen gewählt werden. An die gemäß Artikel 19 Abs. 4 einzureichenden Tätigkeitsberichte sind eindeutige methodische Anforderungen zu stellen.
- 15. Der Bundesrat begrüßt die nach Artikel 31 ermöglichte Anerkennung von Durchschnittssätzen für Personalkosten, sofern diese den Buchhaltungsgrundsätzen des Teilnehmers und den etwaigen tatsächlichen Kosten entspricht. Dies dürfte vor allen Dingen für viele Industrieteilnehmer eine Vereinfachung darstellen, da diese häufig über entsprechende Abrechnungsmodalitäten verfügen.
- 16. Artikel 33 Abs. 1 legt fest, dass der finanzielle Beitrag der EU für öffentliche Einrichtungen, Hochschulen und Forschungsorganisationen maximal 75 % der gesamten erstattungsfähigen Kosten betragen wird.
- 17. Dies stellt aus Sicht der Hochschulen einen für die Forschung in Europa problematischen Kurswechsel dar. Der Bundesrat stellt fest, dass die von der Kommission vorgeschlagene Limitierung der erstattungsfähigen Projektkosten sowohl für Hochschulen als auch für kleinere Institute, die nur über wenige Haushaltsstellen verfügen, sowie für Institute, die an vielen Drittmittelprojekten beteiligt sind, ein großes Problem darstellt. Für sie wird es sehr schwierig oder unmöglich sein, die entstehenden Deckungslücken gegen zu finanzieren.
- 18. Gerade im Bereich der Hochschulen und {Universitäten} wird die hierdurch zu erwartende geringere Beteiligung an EU-Projekten auch zulasten der Beschäftigungsmöglichkeiten von Nachwuchswissenschaftler/innen gehen. Dies steht im deutlichen Gegensatz zu sämtlichen EU-Initiativen, Forschung und Entwicklung in Europa zu stärken und den Brain Drain von Wissenschaftler/innen aus Europa zu reduzieren. Der Bundesrat spricht sich daher - auch im Hinblick auf die bestehenden FuE-Defizite in Europa - nachdrücklich für die Beibehaltung der bisherigen Kostenerstattung aus. Er fordert die Bundesregierung {daher} auf, sich energisch für die Beibehaltung des bisherigen Zusatzkostenmodells für Hochschulen, öffentliche Einrichtungen und Forschungseinrichtungen einzusetzen.
- 19. Der Bundesrat fordert, dass öffentliche und gemeinnützige Forschungseinrichtungen weiterhin dazu berechtigt sein müssen, 100 % ihrer direkten Kosten geltend zu machen. Die vorgesehene 75 %-Förderung der Gesamtkosten könnte für die Forschungseinrichtungen finanziell sogar günstiger sein, aber solange den meisten Forschungseinrichtungen in Deutschland die betriebswirtschaftliche Grundlage für eine Vollkostenrechnung fehlt, ist eine Übergangsregelung oder eine Möglichkeit zur Extrapolation der indirekten Kosten erforderlich. Die nun vorgesehene Eigenbeteiligung stellt für eine ganze Anzahl kleinerer Einrichtungen ein Zugangshindernis zum FRP 7 dar, das letztlich dazu führen kann, dass von einer (Mit-)Antragstellung an einem Projekt Abstand genommen wird, da der erforderliche Eigenanteil nicht aufgebracht werden kann. Damit bliebe jedoch der in kleineren Forschungseinrichtungen häufig vorhandene spezielle Sachverstand, der deutliche Impulse für gemeinsame Projekte und die davon erhofften Erkenntnisse erbringen kann, verschlossen. Dies würde letztlich dazu führen, dass nicht alle Wissensressourcen zur Steigerung der Innovationsfähigkeit der europäischen Wirtschaft und damit letztlich auch zur Erreichung der Lissabon-Ziele aktiviert würden.
- 20. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, eine Erstattung von bis zu 100 % der Verwaltungs- und Managementkosten (Artikel 33 Abs. 4) zu gewähren.
- 21. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass ein Höchstbetrag bei den Verwaltungskosten von Konsortien von 7 %, wie er in den Beteiligungsregeln des FRP 6 festgelegt wurde, weiterhin gesetzlich fixiert werden sollte.
- 22. Der Bundesrat schlägt vor, bei indirekten Maßnahmen, die eine Pauschalsumme oder einen einheitlichen Prozentsatz als Förderungsform erhalten, auf die Vorlage von Audit-Zertifikaten zu verzichten. Der Vereinfachungseffekt, der mit der Gewährung von Pauschalsummen erreicht wird, würde sonst zumindest teilweise wieder rückgängig gemacht.
- 23. Der Bundesrat begrüßt die erhöhte Förderquote für KMU, die einen zusätzlichen Ansporn für diese zur Beteiligung an EU-Forschungsprojekten bieten kann. Der Bundesrat gibt allerdings zu bedenken, dass eine Förderung von KMU i. H. v. 75 % auch bei Entwicklung und Demonstration zu einer Verringerung der Zahl der erfolgreichen Teilnehmer bzw. der finanzierbaren Projekte führen kann. Dies gilt umso mehr, als der ursprünglich vorgesehene Mittelaufwuchs für das Forschungsrahmenprogramm auf Grund der bestehenden Unsicherheiten über die finanzielle Vorausschau für die Jahre 2007 bis 2013 nicht gewährleistet ist. Wenn der von der Kommission und den Mitgliedstaaten gewollte Schub zu mehr Innovation und Wachstum insbesondere bei KMU erreicht werden soll, müssen für diese auch tatsächlich mehr Mittel zur Verfügung stehen. Die aktuell erörterten Budgetkürzungen z.B. beim Programm für Wettbewerbsfähigkeit und Innovation stehen hierzu im Widerspruch.
- 24. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die in Artikel 35 vorgegebene Pauschalfinanzierung über "Stückkostenansätze" bei Exzellenznetzwerken in Höhe von 23 500 Euro pro Forscher und Jahr nicht sachgerecht hinsichtlich der festgelegten Höhe und der Pauschalfinanzierung als solcher, unabhängig von den entstandenen, tatsächlichen Kosten, ist. Der Bundesrat bezweifelt, dass dieses Finanzierungsmodell die Arbeit derartiger Netzwerke vereinfacht und zu besseren Ergebnissen führt.
- 25. Der Bundesrat ist ferner der Auffassung, dass das Konzept der Exzellenznetzwerke mit Blick auf die angestrebte Wirkung der Defragmentierung der europäischen Wissenschaftslandschaft noch weiter verbessert werden muss. Hierzu ist eine umfassende Überprüfung erforderlich. Er bittet die Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass der Übergang zum FRP 7 dazu genutzt wird, die Netzwerke betreffende Durchführungsbestimmungen zu überarbeiten.
- 26. In Artikel 39 Abs. 1 ist vorgesehen, dass in den dort genannten Fällen neue Kenntnisse und Schutzrechte Eigentum der Kommission sind. Artikel 21 Abs. 1 der Verordnung (EG) Nr. 2321/2002 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 16. Dezember 2002 über Regeln für die Beteiligung von Unternehmen, Forschungszentren und Hochschulen an der Durchführung des FRP 6 der EG (2002 bis 2006) sowie für die Verbreitung der Forschungsergebnisse (ABl. EG L 355 S. 23) weist das Eigentum an Kenntnissen, die bei Arbeiten im Rahmen einer direkten Maßnahme erworben werden, dagegen der Gemeinschaft zu. Gründe, weshalb künftig nicht mehr die Gemeinschaft, sondern die Kommission das Eigentum an neuen Kenntnissen und Schutzrechten erwerben soll, werden im Verordnungsvorschlag nicht genannt und sind auch nicht ersichtlich. Artikel 39 Abs. 1 steht vielmehr sogar in offenem Widerspruch zu der von der Kommission benannten Zielsetzung, "betreffend der Verbreitung, Nutzung und Zugangsrechte (Eigentum, Schutz, Veröffentlichung, Verbreitung und Nutzung, Zugangsrechte zu neuen und vorhandenen Kenntnissen und Schutzrechten) größtmögliche Kontinuität mit FRP 6 zu behalten" (BR-Drucksache 009/06 (PDF) , S. 4).
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung daher, bei den anstehenden Beratungen darauf hinzuwirken, Artikel 39 Abs. 1 dahin gehend zu ändern, dass in den dort genannten Fällen die Gemeinschaft das Eigentum an neuen Kenntnissen und Schutzrechten erwirbt.
- 27. Der Bundesrat hält die Auffangregelung von Artikel 40, wonach mangels abweichender Vereinbarung die Erkenntnisse aus einem Projekt gemeinsames Eigentum der Teilnehmer bilden, für eine sachgerechte Lösung.
- 28. Aus Sicht des Bundesrates erscheint die Definition der "speziellen Gruppe", der nach Artikel 41 bei zu ihren Gunsten durchgeführten Maßnahmen das gemeinsame Eigentum an Kenntnissen und Schutzrechten zustehen soll, klärungsbedürftig. Sofern hiermit Forschungsvereinigungen bei Maßnahmen gemeint sind, die speziell für KMU durchgeführt wurden, sollte dies entsprechend klargestellt werden.
- 29. Der Bundesrat hält die Regelungen zum Zugang zu bestehenden Schutzrechten (Artikel 50 und 51) für änderungsbedürftig. Nach Ansicht des Bundesrates muss die Gewährung von Zugangsrechten zu bestehenden Schutzrechten von FTE-Akteuren (z.B. Hochschulen) auch entgeltlich erfolgen können. Artikel 50 Abs. 2 und Artikel 51 Abs. 5 sollten daher auch abweichende Regelungen zulassen.