Beschluss des Bundesrates
Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende

I.

Der Bundesrat hat in seiner 824. Sitzung am 7. Juli 2006 beschlossen, dem vom Deutschen Bundestag am 1. Juni 2006 verabschiedeten Gesetz gemäß Artikel 84 Abs. 1 des Grundgesetzes zuzustimmen.

II.

Der Bundesrat hat ferner die nachstehende Entschließung gefasst:

Der Bundesrat stimmt mit der Bundesregierung darin überein, dass die Grundsicherung für Arbeitsuchende dringend einer Fortentwicklung bedarf. Er sieht im vorliegenden Gesetz einen weiteren, kurzfristig notwendigen Schritt, um gravierende Fehlentwicklungen im SGB II zu korrigieren. Der Bundesrat begrüßt insbesondere, dass mit dem Gesetz notwendige Schritte zu einer Änderung des Leistungsrechts unternommen werden, die auch einen Beitrag zur Kostensenkung erwarten lassen. Darüber hinaus unterstützt der Bundesrat die Bundesregierung bei der Bekämpfung von Leistungsmissbrauch, wie sie beispielsweise bei der Verschärfung der Sanktionsregelungen oder der Beweislastumkehr bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften vorgesehen ist. Er weist jedoch darauf hin, dass weiterer, grundlegender Reformbedarf bei der Grundsicherung für Arbeitsuchende besteht.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, folgende Punkte bei der künftigen Weiterentwicklung des Gesetzes zu berücksichtigen:

Begründung

Das vorliegende Gesetz erweitert - im Interesse einer effektiven Bekämpfung von Sozialleistungsmissbrauch - die Möglichkeiten des automatisierten Datenabgleichs. So erlauben § 52 SGB II - neu und § 52a SGB II - neu den Abgleich mit Leistungsdaten nach dem SGB III, mit Leistungsdaten nach dem Wohngeldgesetz, mit Kraftfahrzeughalterdaten sowie mit den beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Daten über das Vorhandensein von Konten und Depots in EU-Mitgliedstaaten. § 397 SGB III - neu stellt zudem das bisher bereits von der Bundesagentur für Arbeit praktizierte DALEB-Verfahren auf eine ausdrückliche Ermächtigungsgrundlage und erlaubt der Bundesagentur, die ihr übermittelten Daten der Einzugsstellen über Beschäftigungsverhältnisse mit eigenen Leistungsdaten abzugleichen. Schließlich werden in Artikel 14 des Gesetzes die Vorschriften der Grundsicherungsdatenabgleichsverordnung den erweiterten Möglichkeiten des Datenabgleichs angepasst. Die genannten Gesetzesänderungen sind aus Sicht des Bundesrates zu begrüßen. Ihre Zielrichtung deckt sich mit der Zielrichtung der vom Bundesrat in seiner 819. Sitzung am 10. Februar 2006 gefassten Entschließung zur Bekämpfung von Sozialleistungsmissbrauch - BR-Drs. 892/05(B) HTML PDF . Allerdings wird dem Grundanliegen, das jener Entschließung konkret zu Grunde liegt, nicht ausreichend Rechnung getragen. Die Entschließung vom 10. Februar 2006 betraf

Das vorliegende Gesetz sieht weder Übermittlungsbefugnisse von Ermittlungsbehörden an die Sozialleistungsträger noch damit korrespondierende Datenabgleichbefugnisse der Sozialleistungsträger vor. Dies ist besonders unbefriedigend, wenn aus Sicht der Ermittlungsbehörden ein Verdacht auf Sozialleistungsmissbrauch im Raume steht, dieser sich aber noch nicht zu einem strafrechtlich relevanten Anfangsverdacht hinsichtlich bestimmter Personen verdichtet hat.

§ 52 Abs. 1 Nr. 3 SGB II - neu erweitert die Möglichkeit eines Abgleichs von SGB-II-Leistungsdaten mit den beim Bundeszentralamt für Steuern gespeicherten Informationen über ausländische Konten- und Depots. Die Erweiterung bezieht sich aber lediglich auf in EU-Mitgliedstaaten gelegene Konten und Depots, weil dem Bundeszentralamt auf Grund der Zinsinformationsverordnung nur Konteninformationen aus diesen Staaten zufließen. Von der Regelung nicht erfasst sind Konten und Depots, die sich in anderen Staaten befinden. Zwar dürfte die Mehrzahl der betroffenen Nicht-EU-Staaten derzeit nicht ohne Weiteres bereit sein, dem Bundeszentralamt entsprechende Konten- und Depotinformationen zukommen zu lassen, weshalb zur Zeit praktisch nur Informationen über in EU-Mitgliedstaaten gelegene Konten- und Depots erreichbar sein dürften. Es erscheint aber nicht ausgeschlossen, dass zukünftig mit einigen Nicht-EU-Staaten Kooperationsabkommen zu dieser Frage abgeschlossen oder - wie z.B. im Falle der Türkei - Sonderregelungen im Rahmen von Assoziationsabkommen getroffen werden. Im Hinblick auf diese Entwicklungsmöglichkeit sollte der konten- und depotbezogene Datenabgleich nicht von vorneherein auf in EU-Mitgliedstaaten gelegene Konten und Depots beschränkt werden.