Punkt 65 der 878. Sitzung des Bundesrates am 17. Dezember 2010
Der Bundesrat möge anstelle der Empfehlungen in Drucksache 667/1/10 wie folgt beschließen:
I. Grundsätzliche Anmerkungen
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die ursprünglich für 2008/2009 erwartete Mitteilung zur Überprüfung des EU-Haushalts nunmehr vorgelegt hat. Er sieht darin eine Fortsetzung des 2007 eingeleiteten Diskussionsprozesses und verweist insofern auf die Stellungnahme des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission "Den Haushalt reformieren, Europa verändern - Konsultationspapier im Hinblick auf die Überprüfung des EU-Haushalts (2008/2009)" vom 14. März 2008 (BR-Drucksache 657/07(B) ). Der Bundesrat bedauert allerdings, dass die Kommission die Mitteilung zur Überprüfung des EU-Haushalts zwei Jahre verspätet und somit erst kurz vor dem Verhandlungsbeginn zum mehrjährigen Finanzrahmen vorgelegt hat.
- 2. Der Bundesrat sieht die große Bedeutung des Unionshaushaltes als Ausdruck und Instrument der fortgeschrittenen europäischen Integration und der europäischen Solidarität. Die EU muss finanziell handlungsfähig und mit angemessenen Eigenmitteln ausgestattet sein.
- 3. Der Bundesrat zeigt sich enttäuscht, dass der Auftrag des Europäischen Rates vom Dezember 2005, mit dem die Kommission aufgefordert wurde, "... eine vollständige, weit reichende Überprüfung vorzunehmen, die sämtliche Aspekte der EU-Ausgaben, einschließlich der GAP, und der Eigenmittel, einschließlich der Ausgleichzahlung an das Vereinte Königreich, abdeckt, und darüber 2008/2009 Bericht zu erstatten..."1 mit dieser Mitteilung nicht erfüllt wurde. Hierzu mangelt es sowohl der Mitteilung als auch dem Begleitdokument an einer ausreichenden Datenbasis. Außerdem fehlt es an einer Gewichtung der aufgeführten Aufgabenbereiche.
- 4. Die Mitteilung enthält wesentliche Anregungen zur Verbesserung der Ergebnisorientierung, des europäischen Mehrwerts und der Ausgabenqualität des EU-Haushalts. Angesichts der Lasten, die die Wirtschafts- und Finanzkrise allen öffentlichen Haushalten aufgebürdet hat, sollte der künftige Finanzrahmen den Konsolidierungsbedarf der nationalen Haushalte berücksichtigen und auf das notwendige, sachlich begründete Volumen beschränkt werden. Unabhängig von der künftigen Struktur der Eigenmittel werden alle öffentlichen Mittel letztlich direkt oder indirekt von den europäischen Steuerzahlerinnen und Steuerzahlern aufgebracht.
- 5. Daher unterstützt der Bundesrat die Verhandlungsposition der Bundesregierung, dass die Beiträge der Mitgliedstaaten an die EU ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit entsprechen müssen. Nicht alle europäischen Aufgaben und zukünftigen Herausforderungen machen eine europäische Finanzierung notwendig. Angesichts der leeren öffentlichen Kassen auf allen politischen Ebenen muss auch die EU auf eine sparsame Haushaltsführung achten. Die Finanzierungen der EU dürfen nur im Rahmen ihrer Kompetenzen erfolgen.
- 6. Der Bundesrat unterstützt die Kommission in ihren Bemühungen, die Ausgaben auf die politischen Prioritäten der EU zu konzentrieren und dabei insbesondere auch auf die Verwirklichung der Strategie Europa 2020 auszurichten. Angesichts des relativ geringen Anteils des EU-Haushalts von etwa einem Prozent des BIP der EU kann und soll die Ausgabenpolitik der EU jedoch nicht das Hauptinstrument zur makroökonomischen Steuerung und zur Umsetzung der 1 Rat der Europäischen Union, Finanzielle Vorausschau 2007-2013, Dok.-Nr. 15915/05 vom 19. Dezember 2005 S. 32 Strategie Europa 2020 werden. Diesbezüglich kommt der Koordinierung der Wirtschaftspolitik der Mitgliedstaaten und Regionen und der Vervollkommnung des Rechtsrahmens auf EU-Ebene jeweils unter Beachtung der Kompetenzen der Mitgliedstaaten die größere Bedeutung zu.
II. Prioritäten für den künftigen Finanzrahmen
- 7. Der Bundesrat weist darauf hin, dass es sich bei intelligentem, nachhaltigen und integrativen Wachstum um sich gegenseitig verstärkende Prioritäten handelt, auf die die verschiedenen Ausgabenkategorien des Finanzrahmens nicht schematisch aufgeteilt werden können. Der neue Wachstumsansatz der EU-2020-Strategie bildet vielmehr ein Querschnittsziel, zu dessen Umsetzung die verschiedenen Ausgaben der Union innerhalb der bestehenden Budgets der spezifischen Politikbereiche in jeweils spezifischer Weise beitragen müssen. Klarheit und Transparenz der Ausgaben sollten Vorrang vor der schematischen Abbildung politischer Strategien haben.
II.1. Innovation und Bildung
- 8. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich die von der Kommission eingeleiteten Schritte zur geplanten Leitinitiative Innovationsunion und verweist insoweit auf die Stellungnahme des Bundesrates zur Mitteilung der Kommission "Leitinitiative der Strategie Europa 2020 - Innovationsunion" vom 5. November 2010 (BR-Drucksache 616/10(B) ). Die Leitinitiative formuliert einen grundsätzlich tragfähigen Politikansatz, fasst die Definition des Begriffs Innovation zu Recht weit, nimmt die großen Herausforderungen unserer Gesellschaft in den Fokus und berücksichtigt Schlüsseltechnologien. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission mit der vorgelegten Mitteilung die Leistungen der Länder und Regionen und der Zivilgesellschaft mit einbezieht und diese als bedeutende Akteure anerkennt.
- 9. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass mit der von der Kommission vorgeschlagenen Leitinitiative keine Zentralisierung der Innovationspolitik verbunden sein darf. Innovationspolitik im Rahmen der Strategie Europa 2020 geht über die von der Kommission vorgeschlagene Leitinitiative hinaus. Insofern dürfen die Finanzmittel der EU für Forschung und Innovation auch nicht auf die Umsetzung der Leitinitiativen der Kommission beschränkt werden. Innovationspolitik sollte weiterhin auch Ausfluss dezentraler Entscheidungsfindung sein. Da Innovation in den Ländern und Regionen stattfindet, sollten die dort vorhandenen Strukturen genutzt und ihre innovativen Netzwerke eingebunden werden. Den Ländern und Regionen müssen ausreichende Spielräume für ihre eigenen bildungs- und innovationspolitischen Zielsetzungen bleiben, die parallel zu Europa 2020 fortbestehen.
- 10. Der Bundesrat unterstreicht den hohen Stellenwert, der Bildung, Qualifizierung, Wissenschaft, Forschung, Technologie und Innovation im Rahmen der EU-2020-Strategie für die Verwirklichung eines intelligenten, nachhaltigen und integrativen Wachstums beigemessen wird. Dabei sind die vertragsrechtlichen Kompetenzen, vor allem im Bildungsbereich, strikt zu beachten. Der Bundesrat weist insbesondere darauf hin, dass Bildung, Wissenschaft und Kultur als Kernbereiche der Eigenstaatlichkeit der Länder über ökonomisch motivierte Zielsetzungen hinausgehen und aus diesen Gründen auch künftig nicht der Wirtschafts-, Sozial- oder Beschäftigungspolitik untergeordnet werden dürfen. Bildung erschöpft sich nicht darin, die Beschäftigungsfähigkeit zu verbessern, sondern muss das Ziel haben, Werte zu vermitteln und die gesamte Persönlichkeit zur Entfaltung zu bringen.
II.2. Transeuropäische Netze, Energie- und Klimapolitik
- 11. Der Bundesrat sieht in der Beseitigung von grenzübergreifenden Engpässen strategischer transnationaler Achsen der Verkehrs-, Kommunikations- und Energienetze einen Mehrwert von hohem gesellschaftlichen Nutzen, der dem neuen Wachstumsansatz der EU entspricht. Um den erforderlichen Modernisierungsschub zu unterstützen, sollte die Union wie bisher eine Politik anbieten, die sich vorrangig auf die Erarbeitung von Leitlinien, die Erhöhung der Interoperabilität der Netze, die Auswahl von Vorhaben von gemeinsamem Interesse und die Erarbeitung von Durchführbarkeitsstudien richtet. Der Ausbau bedarfsgerechter, qualitativ hochwertiger Infrastruktur und die Beseitigung kritischer Engpässe sollten grundsätzlich vor dem Hintergrund der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit der EU wie auch der ausgeglichenen und nachhaltigen Entwicklung erfolgen. Von besonderer Bedeutung sind dabei Knotenpunkte, Verbindungen von höchster strategischer und wirtschaftlicher Bedeutung sowie die intelligente Verknüpfung verschiedener Verkehrsträger. Die vorhandenen Finanzierungsinstrumente in Form von Anleihebürgschaften oder Zinszuschüssen sollten gezielt und im Rahmen der vereinbarten Ausgabenobergrenzen auf solche Vorhaben und Programme ausgerichtet werden, die eine eindeutig positive Wirkung für Europa haben. Die EU sollte im Rahmen ihrer finanziellen Unterstützung der Verkehrsinfrastruktur auch zur Internalisierung von externen Effekten beitragen.
- 12. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission bei der Reform des EU-Haushalts Umweltschutz, Klimawandel und Verknappung natürlicher Ressourcen als langfristige Herausforderungen anerkennt und die politische Bedeutung der Klima- und Energieziele unterstreicht. Er ist der Auffassung, dass zur Bewältigung dieser Herausforderungen eine Neuausrichtung der Prioritäten innerhalb der bestehenden Programme die bessere Alternative zur Schaffung eigener Fonds ist. Zu Recht weist die Kommission darauf hin, dass die Mittel so mehreren Zielen gleichzeitig dienen können. Die einschlägigen EU-Programme und die Fonds aus den Bereichen Forschung, Kohäsion, Landwirtschaft und Entwicklung des ländlichen Raumes müssen entsprechend angepasst werden. Der Bundesrat weist in diesem Zusammenhang darauf hin, dass den Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel in Zukunft eine besondere Bedeutung zukommt.
II.3. Gemeinsame Agrarpolitik
- 13. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Landwirtschaft als Teil der EU-Wirtschaft anerkennt. Die Landwirtschaft kann sowohl bei der Bewältigung der neuen Herausforderungen (Klimawandel, Erhalt der Biodiversität, Wassermanagement, Nutzung erneuerbarer Energien etc.) als auch bei den ursprünglichen Zielsetzungen (Versorgungssicherheit, Lebensmittelsicherheit etc.) ihren Beitrag für die Erreichung der Ziele der Strategie Europa 2020 und zur Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen im ländlichen Raum leisten. Dieser Aspekt muss in den kommenden Jahren gestärkt werden.
- 14. Um die künftigen Herausforderungen im Spannungsfeld zwischen der wettbewerbsfähigen europäischen Erzeugung qualitativ hochwertiger Nahrungsmittel und den gesellschaftlichen Anforderungen an Umwelt, Klima, Wassermanagement und Biodiversität sowie die Erhaltung vitaler ländlicher Räume zu bewältigen, benötigt die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) eine wirkungsstarke 1. und 2. Säule. Auch im Rahmen eines reformierten Finanzsystems muss eine angemessene und verlässliche Finanzierung der GAP sichergestellt sein. Der Bundesrat hält es dabei für erforderlich, künftige Zahlungen nach dem Prinzip öffentliche Zahlungen für öffentliche Güter zu gestalten sowie stärker und konkreter an gesellschaftlich gewünschten Leistungen auszurichten.
- 15. Der Bundesrat weist darauf hin, dass Deutschland 2013 bei den Direktzahlungen ein reines Regionalmodell mit vollständig entkoppelten Prämienzahlungen haben wird. Es ist zunächst erforderlich, dass auch die anderen Mitgliedstaaten auf diesem Weg zu vollständig entkoppelten Direktzahlungen weiter voranschreiten. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass eine Angleichung der Direktzahlungen ausgehend von der derzeitigen Verteilung allenfalls in geringem Umfang anhand objektiver Kriterien, die den spezifischen Bedingungen in den einzelnen Mitgliedstaaten Rechnung tragen, und verteilt über einen längeren Zeitraum erfolgen kann.
- 16. Der Bundesrat befürwortet die stärkere Ausrichtung der zweiten Säule der Agrarpolitik auf umweltpolitische Ziele und auf die Entwicklung der ländlichen Räume, so dass auch innovative Produktionsprozesse und -techniken, Umwelt- und Klimaschutz, effiziente Wasserbewirtschaftung und Ressourceneffizienz sowie Diversifizierung der Wirtschaft im ländlichen Raum und Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der Land- und Forstwirtschaft unterstützt werden. Es wird begrüßt, dass die ländliche Entwicklung durch eine engere Abstimmung mit den Zielen und Instrumenten der EU-Strukturfonds und durch eine bessere Nutzung von Synergien weitere Impulse erhalten soll.
- 17. Der Bundesrat unterstützt nachdrücklich das Anliegen der Kommission, bei den Anforderungen an Kontrollsysteme nicht nur auf die Effizienz und Effektivität, sondern auch auf die Verhältnismäßigkeit zwischen Kontrollaufwand und Kontrollnutzen zu achten. Insbesondere bei der Umsetzung der Direktzahlungen einschließlich der Cross-Compliance-Regelungen werden Möglichkeiten gesehen, den hohen Verwaltungs- und Prüfaufwand zu reduzieren, ohne dabei die Wirksamkeit der Kontrollen zu beeinträchtigen. Hierbei spielen niedrige Kontrollquoten und höhere Toleranzschwellen eine wesentliche Rolle.
II.4. Kohäsionspolitik
- 18. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die Kohäsionspolitik eines der erfolgreichsten Instrumente zur solidarischen Unterstützung schwächerer Regionen ist und auch zur Schaffung von Wachstum und Wohlstand in ganz Europa beiträgt. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission auch zukünftig eine Kohäsionspolitik in der gesamten Union und damit in allen Regionen für erforderlich hält, um den wirtschaftlichen, sozialen und territorialen Zusammenhalt und die harmonische Entwicklung der Union als Ganzes durch intelligentes, nachhaltiges und integratives Wachstum zu fördern. Auch künftig sollte daher ein erheblicher Teil der EU-Haushaltsmittel für strukturpolitische Förderaktivitäten in den Regionen vorgesehen werden. In Bekräftigung der bisherigen Beschlüsse2 der Länder hebt der Bundesrat hervor, dass
- - die europäische Kohäsionspolitik eine horizontale Politik zur Unterstützung einer nachhaltigen und integrierten Regionalentwicklung bleiben muss und ihren Beitrag zur Strategie Europa 2020 leistet, - die EU mit ihrer Strukturpolitik auch zukünftig ein Angebot für alle Regionen bereithalten muss,
- - für Regionen, die derzeit im Rahmen des Ziels "Konvergenz" gefördert werden, deren BIP/Kopf aber 75 Prozent des Unionsdurchschnitts übersteigt, angemessene und gerechte Übergangsregelungen vorgesehen werden müssen; die Mittel hierfür sollen im Ziel Konvergenz aufgebracht werden,
- - sich die Struktur der Kohäsionspolitik mit drei grundlegenden Zielen bewährt hat und beibehalten werden sollte,
- - dabei die EU-weite Förderung von regionaler Wettbewerbsfähigkeit und Beschäftigung im Einklang mit Nachhaltigkeitserfordernissen als integraler Bestandteil der Kohäsionspolitik sicherzustellen ist, wobei die Förderung2 Gemeinsame Bund-Länder-Stellungnahmen zum Vierten Kohäsionsbericht vom Januar 2008 und zum Grünbuch der Kommission zum territorialen Zusammenhalt vom Februar 2009, Beschluss der Ministerpräsidenten "Eckpunkte zur Zukunft der EU-Kohäsionspolitik nach 2013" vom 16. Dezember 2009 von Forschung, Innovation und Qualifizierung sowie von Maßnahmen zum Klimaschutz eine wichtige Rolle spielt,
- - der Europäische Sozialfonds unverzichtbarer Bestandteil einer integrierten Kohäsionspolitik bleiben muss, - die Förderung der grenzübergreifenden, transnationalen und interregionalen Zusammenarbeit verstärkt werden soll,
- - die städtische Dimension im Rahmen der Kohäsionspolitik beibehalten werden muss,
- - die Kohärenz und Komplementarität zwischen der Kohäsionspolitik und der europäischen Politik zur Entwicklung des ländlichen Raumes verstärkt werden soll, - zur Steigerung der Effizienz und zur Erzielung von Synergieeffekten eine bessere Koordinierung der Kohäsionspolitik mit den sektoralen Gemeinschaftspolitiken erforderlich ist,
- - das Verwaltungs- und Finanzkontrollsystem im Interesse von Subsidiarität und Bürokratieabbau konsequent vereinfacht werden soll.
- 19. Der Bundesrat verweist darauf, dass detaillierte Positionen zur Zukunft der EU-Kohäsionspolitik in einer gemeinsamen Bund-Länder-Stellungnahme zum Fünften Kohäsionsbericht der Europäischen Kommission übermittelt werden.
II.5. Weitere EU-Finanzierungsinstrumente
- 20. Die Entscheidung über die Zukunft des Europäischen Globalisierungsfonds (EGF) erfordert eine vorherige Evaluation.
- 21. Der Bundesrat unterstützt die Absicht der Kommission, die europäischen Aktionsprogramme zur Förderung der Kultur und der bürgerschaftlichen Begegnung in einem großen Programm zusammenzufassen. Das dient der Übersichtlichkeit und der Verwaltungsvereinfachung.
- 22. Der Bundesrat teilt die Einschätzung der Kommission, dass die bestehenden EU-Programme im Bildungsbereich im Sinne des lebenslangen Lernens erfolgreich dazu beitragen, Qualifikationen, Wissen und Bildung der Teilnehmer zu verbessern. Die Mobilitätsprogramme der EU im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung ergänzen die Programme und Maßnahmen in den Mitgliedstaaten - auch vor dem Hintergrund drohenden Fachkräftemangels (GMK) - wirkungsvoll und erzeugen einen hohen europäischen Mehrwert. Vor diesem Hintergrund begegnet der Bundesrat der Ankündigung der Kommission, für die EU-Bildungsprogramme ein stärker integriertes Konzept auszuarbeiten, um die Zielsetzungen von "Jugend in Bewegung" zu fördern, mit großer Zurückhaltung. Da sich aus Sicht der Länder das Programm für Lebenslanges Lernen als Instrument zur Förderung der Mobilität junger Menschen bewährt hat, spricht sich der Bundesrat stattdessen dafür aus, dieses Programm auch im Rahmen des nächsten mehrjährigen Finanzrahmens in seiner derzeitigen bewährten Grundstruktur fortzuführen und nur in einzelnen Programmteilen weiterzuentwickeln. Vor diesem Hintergrund wird eine entsprechende finanzielle Ausstattung der Programme für alle Bildungsbereiche als notwendig erachtet.
- 23. Die gleichen Feststellungen treffen auch für die europäische Forschungsförderung zu. Vor dem Hintergrund des Ziels, 3 Prozent des BIP der EU für Forschung und Entwicklung aufzuwenden, sollen die zentralen Elemente der Forschungsrahmenprogramme, insbesondere auch das spezifische Programm "Zusammenarbeit", im Interesse der grenzübergreifenden Kooperation der Hochschulen und der Grundlagenforschung in europäischen Verbünden fortgesetzt und weiter entwickelt werden.
- 24. Der Bundesrat bekennt sich zur nachbarschaftlichen Solidarität im Katastrophenschutz. Mit dem Monitoring and Information Centre (MIC) steht ein geeignetes und die Kapazitäten von 27 Mitgliedstaaten koordinierendes Instrument zur Verfügung. Der Bundesrat bekräftigt seine Position, dass jeder Mitgliedstaat grundsätzlich selbst für den Schutz seiner Bevölkerung verantwortlich ist. Beim weiteren Ausbau eines handlungsfähigen Zivilschutznetzes sollte sich die Union daher auf koordinierende Maßnahmen konzentrieren.
- 25. Der Europäische Solidaritätsfonds ist Ausdruck des Füreinander-Einstehens der Mitgliedstaaten. Er sollte erhalten bleiben und weiterhin bei außergewöhnlich schweren Naturkatastrophen zum Einsatz kommen. Eine Änderung der Vergabekriterien ist nicht erforderlich, allerdings sollte geprüft werden, ob und wie die Einsatzmöglichkeiten des Europäischen Solidaritätsfonds bei grenzüberschreitenden Schadensfällen verbessert werden können. Die Verfahren sollten transparenter und konkreter gefasst und die Mittelbereitstellung beschleunigt werden.
- 26. Der Bundesrat ist der Ansicht, dass zur Verwirklichung des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts vor allem legislative und koordinierende Maßnahmen notwendig sind. Die darüber hinaus erforderlichen Mittel sind zu bündeln und die Aufgaben auf die kostengünstigste Weise durchzuführen.
- 27. Der Bundesrat hält Vorbeitrittshilfen grundsätzlich weiter für erforderlich. Sie helfen, die Beitrittskandidaten an die Union heranzuführen. Dabei muss die Höhe der Mittel jedoch in einem angemessenen Verhältnis zu Stand und Perspektiven der Beitrittsvorbereitung stehen. Die Förderung muss insbesondere auf die Prioritäten der Beitrittspartnerschaft Bezug nehmen, konkrete Ziele aufweisen und eine Leistungsüberwachung beinhalten.
II.6. Maßnahmen im Außenbereich
- 28. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass die vom Vertrag von Lissabon geschaffenen außenpolitischen Strukturen das gemeinsame strategische Handeln und den flexiblen Einsatz der außenpolitischen Instrumente der EU erleichtern. Europa muss eine angemessene Rolle auf der internationalen Bühne wahrnehmen und seine führende Position in der weltweiten Entwicklungszusammenarbeit beibehalten. Die EU muss über ein effektives Kriseninterventionspotential verfügen und die notwendige haushaltspolitische Flexibilität für rasche Nothilfen bei Katastrophenfällen haben. Der Bundesrat unterstützt den Ansatz der Kommission, dass die europäischen außenpolitischen Ausgaben sich am europäischen Mehrwert und den politischen Prioritäten orientieren und alle Instrumente ergebnisoffen überprüft werden müssen.
- 29. Richtig ist auch, dass der finanzielle Beitrag der EU zum internationalen Klimaschutz deutlich erkennbar sein muss. Der EU-Beitrag kann sich nur im Rahmen des haushaltspolitischen Spielraums der EU unter Beachtung der weiteren Prioritäten bewegen. Der Bundesrat ist der Meinung, dass die Mittel effektiv und effizient eingesetzt werden müssen.
- 30. Der Bundesrat unterstützt die Europäische Nachbarschaftspolitik. Die EU ist auch in Zukunft gefordert, in ihrer Nachbarschaft politischen Gestaltungswillen zu zeigen, um Sicherheit und Wohlstand in Europas Umfeld zu fördern. Die Nachbarschaftspolitik muss noch attraktiver, wirksamer und glaubwürdiger gestaltet werden. Das Europäische Nachbarschafts- und Partnerschaftsinstrument (ENPI) muss mit seiner finanziellen Ausstattung weiter in der Lage bleiben, seine Hebelwirkung zu entfalten. Die von der Kommission genannten Prioritäten, Freihandel, Anpassung an das Binnenmarktrecht, Energie, Migration, Grenzschutz und Umweltschutz sowie Ausbau von Kapazitäten und Institutionen, werden unterstützt.
III. Erhöhung der Wirksamkeit der Ausgabenpolitik
- 31. Der Bundesrat begrüßt die Ankündigung der Kommission, ihre Verwaltungsausgaben auf den Prüfstand zu stellen. Auch die Kommission darf nicht von Konsolidierungsanstrengungen und strenger Haushaltsdisziplin ausgenommen werden. Allerdings darf eine Verminderung der Verwaltungsausgaben der Kommission nicht zur Schaffung neuer Exekutivagenturen oder zu einer Verlagerung auf die Mitgliedstaaten führen.
- 32. Der Bundesrat befürwortet, die Erschließung zusätzlicher privater Finanzmittel für geeignete Projekte zu prüfen. Hierbei können neue Finanzierungsinstrumente oder in geeigneten Fällen auch projektbezogene Anleihen in Erwägung gezogen werden. Die Ausgabe solcher Anleihen sowie die Übernahme von Bürgschaften und Garantien kann allerdings ausschließlich Aufgabe der EIB, nationaler Staatsbanken, privater Banken oder Konsortien unter Einschluss der EIB, nicht aber anderer EU-Institutionen sein. Die Ausgabenobergrenzen und das Verschuldungsverbot dürfen nicht aufgeweicht werden.
- 33. Der Bundesrat weist aber darauf hin, dass bei den europäischen Förderprogrammen nicht in allen Bereichen die Anreizfunktion von verbilligten Krediten ausreicht und dort weiterhin Zuschüsse notwendig sein können. Soweit EU-Förderprogramme über die europäischen Finanzinstitutionen umgesetzt werden sollen, ist sicherzustellen, dass diese nicht nur mit den nationalen, sondern auch mit den regionalen Förderinstituten unmittelbar zusammenarbeiten.
- 34. Der Bundesrat hält Großprojekte, die nur gemeinschaftlich realisiert werden können und in hohem Maße zur globalen Wettbewerbsfähigkeit beitragen, weiterhin für erforderlich. Allerdings betrachtet er die Kostenexplosion bei einigen Projekten mit großer Sorge. Bessere Planung und besseres Management sind erforderlich. Die Beauftragung privater Projektträger, die das Risiko einer Kostenüberschreitung tragen, kann bei entsprechender Kosten-Nutzen-Relation einen Beitrag dazu leisten.
IV. Struktur und Geltungsdauer des Finanzrahmens
- 35. Der Vorschlag der Kommission, die ersten drei Rubriken des Mehrjährigen Finanzrahmens durch Rubriken entsprechend der drei Ziele der EU-2020-Strategie zu ersetzen, verkennt ihre enge Interdependenz. Ein bestehender Wirkungszusammenhang würde künstlich aufgeteilt.
- 36. Der Bundesrat sieht keine Veranlassung, die Zahl der Rubriken auf drei große (interne, externe Ausgaben und Verwaltungsausgaben) zu reduzieren. Wenige große Rubriken weisen einen hohen Aggregationsgrad und damit einen entsprechenden Informationsverlust auf. Die großen Rubriken müssten durch aussagekräftige Unterkategorien untersetzt werden. Gewinne an Transparenz würden sich dadurch nicht ergeben.
- 37. Aus Sicht des Bundesrates sprechen überzeugende Gründe dafür, dass auch zukünftige Finanzrahmen siebenjährige Perioden abbilden sollten. Diese Zeitspanne hat sich für die Strukturfondsprogramme und die anderen Förderprogramme der EU bewährt und entspräche dem Zeithorizont der derzeitigen Strategie Europa 2020. Eine Verkürzung der Laufzeit des Finanzrahmens würde den Abstimmungs- und Verwaltungsaufwand unnötig erhöhen und die Planungssicherheit reduzieren. Diesen Nachteil wiegt eine Synchronisierung mit den Mandatsperioden der Kommission und des Europäischen Parlaments nicht auf. Die von der Kommission vorgeschlagene zehnjährige Laufzeit des Finanzrahmens mit ausführlicher Halbzeitüberprüfung ("55") kann - abhängig von der konkreten Ausgestaltung - einer Verkürzung der Laufzeit gleichkommen, da zur Halbzeit mit ausführlichen und gegebenenfalls langwierigen Verhandlungen zu rechnen wäre. Mit Blick auf die Strukturfondsprogramme käme eine Laufzeit "55" allenfalls dann in Betracht, wenn die inhaltliche Grundstruktur, die Verwaltungs- und Kontrollsysteme und der Finanzierungskern genehmigter Operationeller Programme für die gesamte Laufzeit rechtssicher gewährleistet wären.
- 38. Innerhalb des Finanzrahmens sind die Vorteile eines langfristig auf Stabilität ausgelegten EU-Haushalts den Vorteilen größerer Flexibilität gegenüberzustellen. Zusätzliche Ausgaben sind vorrangig durch interne Mittelumschichtungen zu finanzieren. Nicht verbrauchte Mittel sollten auch zukünftig an die Mitgliedstaaten erstattet werden. Die Option einer Übertragung nicht genutzter Spielräume des Vorjahres oder einer freien Verschiebung von Mitteln auf frühere oder spätere Jahre steht dem entgegen.
- 39. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die auch von ihm seit langem geäußerte Kritik aufgreift und den Verwaltungsaufwand bei der Inanspruchnahme der europäischen Programme reduzieren will. Die zum Teil sehr komplizierten Verfahrensvorschriften stellen eine hohe Hürde für die Teilnahme an EU-Programmen dar und sollten daher anwenderfreundlicher ausgestaltet werden. Bei der angekündigten Standardisierung der europäischen Durchführungsbestimmungen muss darauf geachtet werden, dass den unterschiedlichen Ausgangs- und Rahmenbedingungen der einzelnen Politikbereiche Rechnung getragen wird. Die Kommission verweist auf ihren vor kurzem vorgelegten Vorschlag zur Überarbeitung der Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der EU. Der Bundesrat hält die erneute grundlegende Umstellung des Systems der Strukturfondsförderung nicht für sinnvoll. Er ist der Auffassung, dass der Vorschlag für eine Verordnung über die Haushaltsordnung für den Gesamthaushaltsplan der EU (Neufassung) insbesondere für die fondsfinanzierten Förder- und Ausgleichsmaßnahmen einen erheblichen zusätzlichen Verwaltungsaufwand mit sich bringt. Dies würde zu Unsicherheiten, erheblichem Mehraufwand sowie Reibungsverlusten und neuen Fehlerquellen führen. Die zusätzlichen Kontrollebenen und -stufen verschlechtern das Verhältnis zwischen Verwaltungsaufwand und eingesetzten Geldern. Im Einzelnen hat der Bundesrat dazu am 24. September 2010 Stellung genommen (BR-Drucksache 347/10(B) ).
V. Reform des Einnahmensystems der EU
- 40. Der Bundesrat bekräftigt seine Erwartung, dass die Reform des Finanzsystems der EU dessen Stärken ausbaut und derzeitige Unzulänglichkeiten beseitigt; hierfür werden eine Überprüfung der Einnahmen und Ausgaben des EU-Haushalts sowie mehr Gerechtigkeit bei der Verteilung der Finanzierungslasten auf die Mitgliedstaaten als erforderlich angesehen.
- 41. Der Bundesrat erwartet, dass die Finanzreform zu einer transparenten und gerechten Gestaltung der Einnahmen und Ausgaben der EU führt. Das bedeutet, dass die Finanzbeiträge der Mitgliedstaaten an die EU und die Rückflüsse an die Mitgliedstaaten aus der EU in einem angemessenen Verhältnis zum relativen Wohlstand der Mitgliedstaaten stehen müssen. Dementsprechend müssen die Beitragslasten an der Wirtschaftsleistung der Mitgliedstaaten ausgerichtet und exzessive Haushaltssalden für einzelne Mitgliedstaaten vermieden werden.
- 42. Die traditionellen Eigenmittel (insbesondere Zölle) sollten der EU weiterhin verbleiben.
- 43. Das bestehende Verschuldungsverbot hat sich in vollem Umfang bewährt und ist aufrechtzuerhalten.
- 44. Der Bundesrat hält einen allgemeinen Korrekturmechanismus für erforderlich, der allen durch ihre Nettobeiträge übermäßig belasteten Mitgliedstaaten zugute kommt und Sonderregelungen zu Gunsten einzelner Mitgliedstaaten, wie etwa den Britenrabatt, möglichst überflüssig macht. Für den Fall, dass es nicht gelingt, sich über einen derartigen Mechanismus zu einigen, müssen weiterhin Adhoc-Mechanismen zum Ausgleich exzessiver Nettosalden herangezogen werden können.
VI. Direktzuleitung an die Kommission
- 45. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.