Der Bundesrat hat in seiner 974. Sitzung am 15. Februar 2019 beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur Reduktion der Risiken unsicherer Kernkraftwerke für die Bevölkerung in grenznahen Regionen
- 1. Der Bundesrat stellt fest, dass in der deutschen Bevölkerung, insbesondere in den grenznahen Regionen, große Sorge in Bezug auf die Nutzung der Kernenergie zur Stromerzeugung in angrenzenden Nachbarländern besteht.
Wenn wiederholt Zwischenfälle auftreten und technische Auffälligkeiten in den kerntechnischen Anlagen festgestellt werden, ist die Sicherheit der Mitbürgerinnen und Mitbürger empfindlich berührt.
- 2. Der Bundesrat stellt zudem fest, dass seitens der Länder auf föderaler Ebene viele Anstrengungen unternommen werden, bei den benachbarten Staaten in konstruktiven Dialogen auf höchste Sicherheitsanforderungen und auf eine zügige Abschaltung von Reaktoren hinzuwirken, deren Sicherheit aus Sicht der Länder und weiten Teilen der Bevölkerung als kritisch beurteilt und wahrgenommen wird. Jedoch bedarf es hier der Unterstützung der Bundesregierung in ihrer Zuständigkeit für die internationalen Beziehungen.
- 3. Der Bundesrat fordert daher die Bundesregierung auf, weiter mit den Regierungen der angrenzenden Staaten in dieser Sache zu verhandeln und sich für ein möglichst umgehendes Ende des Betriebs der entsprechenden Risikokernkraftwerke einzusetzen.
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass die Bundesregierung verhindern will, dass Kernbrennstoffe aus deutscher Produktion in Anlagen im Ausland zum Einsatz kommen sollen, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist.
- 5. Der Bundesrat bittet deshalb die Bundesregierung, die Prüfung zur Verhinderung des Einsatzes deutscher Kernbrennstoffe in Anlagen im Ausland, deren Sicherheit aus deutscher Sicht zweifelhaft ist, unverzüglich zu beginnen und zügig einen rechtssicheren und europarechtskonformen Weg aufzuzeigen, wie ein solcher Export verhindert werden kann, und diesen durch konkrete Maßnahmen schnellstmöglich umzusetzen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, die Länder in geeigneter Weise über die Prüfschritte und Ergebnisse zu unterrichten.
- 6. Der Bundesrat stellt fest, dass es verschiedene Rechtsauffassungen darüber gibt, wie ein Lieferstopp für Brennelemente aus deutscher Herstellung an solche Risikokernkraftwerke umgesetzt werden kann. Der Bundesrat bittet vor diesem Hintergrund die Bundesregierung, in Rücksprache mit der EU-Kommission, mögliche Regelungsoptionen für eine EU-rechtskonforme Verhinderung solcher Exporte zu prüfen und zu klären, wie für diese Optionen der Vollzug in Deutschland gestaltet werden könnte, insbesondere:
- a) ob ein Exportverbot aus europarechtlichen Gründen stets auf die Sicherheit einer konkreten Anlage abzielen muss und wie die Frage der Sicherheit einer Anlage definiert werden kann bzw. muss;
- b) ob die Möglichkeit besteht, eine Regelung zu schaffen, die anhand von allgemeinen Tatbestandsmerkmalen leicht vollziehbar den Export untersagt. Hierfür sollten als Kriterien ein "Alter der Anlage" sowie der Prüfaspekt "Abstand der Anlage zur deutschen Grenze", der die Planung von Katastrophenschutzmaßnahmen oder anderen erheblichen vorsorgenden Maßnahmen auf deutschem Staatsgebiet erforderlich macht, mitberücksichtigt werden.
- 7. Der Bundesrat ist sich bewusst, dass deutsche Brennelementlieferungen durch andere Lieferungen ersetzt werden können. Er hält zur Risikoreduktion der Bevölkerung auf deutschem Staatsgebiet ein möglichst rasches Abschalten der vergleichsweise alten und störanfälligen grenznahen Kernkraftwerke für erforderlich, jedenfalls aber sollten sie nicht durch Laufzeitverlängerungen über ihr bisher geltendes Laufzeitende hinaus betrieben werden.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich auf europäischer Ebene
- a) für eine Begrenzung von Laufzeiten durch eine Höchstgrenze der Betriebszeit von Atomkraftwerken in der EU einzusetzen, damit zumindest die altersbedingte Störanfälligkeit von Reaktoren hierdurch eingeschränkt werden kann;
- b) um die Schaffung eines europaweiten Nuklearsicherheitssystems und ausreichender Kontroll- und Sanktionsmöglichkeiten auf EU-Ebene zu bemühen.