Unterrichtung durch die Europäische Kommission
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Ziviloder Handelssachen

COM (2018) 378 final

Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.

Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.

Hinweis: vgl.
Drucksache 594/05 (PDF) = AE-Nr. 052013 Europäische Kommission
Brüssel, den 31.5.2018 COM (2018) 378 final 2018/0203 (COD)

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen

{SEC(2018) 271 final} - {SWD(2018) 284 final} - {SWD(2018) 285 final}

Begründung

1. Kontext des Vorschlags

- Gründe und Ziele des Vorschlags

Zu den Aufgaben der EU gehört die Entwicklung eines europäischen Rechtsraums in Zivilsachen auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen. Der Rechtsraum erfordert eine grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit.

Zu diesem Zweck und zur Erleichterung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts hat die EU Rechtsvorschriften über die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher Schriftstücke1 und über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme2 erlassen. Diese Rechtsakte sind für die Regelung der Rechtshilfe in Zivil-und Handelssachen zwischen den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung. Ihr gemeinsames Ziel ist die Schaffung eines effizienten Rahmens für die grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit. Sie sind an die Stelle des schwerfälligeren völkerrechtlichen Systems der Haager Übereinkommen3 zwischen den Mitgliedstaaten4 getreten.

Diese Rechtsvorschriften über die justizielle Zusammenarbeit wirken sich spürbar auf den Alltag der EU-Bürger aus, unabhängig davon, ob es sich um Privatpersonen oder um Unternehmer handelt. Sie werden in Gerichtsverfahren mit grenzüberschreitendem Bezug angewendet, in denen ihr ordnungsgemäßes Funktionieren unerlässlich ist, um den Zugang zur Justiz und faire Verfahren zu gewährleisten. Die Effizienz des Rahmens für die internationale Rechtshilfe wirkt sich unmittelbar darauf aus, wie die an grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten beteiligten Bürger das Funktionieren der Justiz und der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten wahrnehmen.

Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Gerichten ist auch für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts notwendig. Im Jahr 2018 werden rund 3,4 Millionen Verfahren vor den Zivil- und Handelsgerichten in der EU einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen.5 In vielen dieser Verfahren werden Beweismittel aus einem anderen Mitgliedstaat benötigt. Die Verordnung über die Beweisaufnahme stellt Instrumente bereit, die den Zugang zu diesen Beweismitteln erleichtern.

Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen ist ein wichtiges Instrument der europäischen justiziellen Zusammenarbeit, da oft entscheidend ist, dass vor Gericht ausreichende Beweise vorgelegt werden, um einen Anspruch zu stützen. Mit der Verordnung wird ein EU-weites System für die direkte, rasche Übermittlung und Erledigung von Ersuchen um Beweisaufnahme zwischen den Gerichten eingerichtet und genaue Vorschriften für Form und Inhalt dieser Ersuchen festgelegt. Insbesondere stellt sie eine Verbesserung gegenüber dem einschlägigen Haager Übereinkommen dar, da durch sie ein modernes, effizientes System des unmittelbaren Geschäftsverkehrs zwischen Gerichten (Übermittlung des Ersuchens und des Ergebnisses der Beweisaufnahme) eingeführt wird, das das umständliche Verfahren ersetzt, nach dem das Ersuchen vom Gericht in Mitgliedstaat A an die Zentralstelle in Mitgliedstaat A, von dieser an die Zentralstelle in Mitgliedstaat B und von dort schließlich an das Gericht in Mitgliedstaat B (und umgekehrt) übermittelt wurde. Sie ermöglicht auch die unmittelbare Beweisaufnahme durch Gerichte in anderen Mitgliedstaaten.

Um die einschlägigen umfassenden und aktuellen Analysen und Schlussfolgerungen zum Funktionieren der Verordnung in der Praxis (in Ergänzung der Ergebnisse anderer Evaluierungen6) zu unterstützen, hat die Kommission 2017 eine Evaluierung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) nach den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung vorgenommen, um das Funktionieren des Rechtsakts anhand der fünf obligatorischen Evaluierungskriterien Wirksamkeit, Effizienz, Relevanz, Kohärenz und EU-Mehrwert zu bewerten.

Die Ergebnisse des REFIT-Evaluierungsberichts wurden als Grundlage für die Problemstellung in der Folgenabschätzung zum vorliegenden Vorschlag herangezogen. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Kommunikation zwischen den mit der Verordnung benannten Stellen nach wie vor fast ausschließlich auf Papier erfolgt, was sich nachteilig auf Kosten und Wirksamkeit auswirkt. Auch Videokonferenzen werden nur selten genutzt, um Personen in einem anderen Mitgliedstaat zu vernehmen. Der Vorschlag befasst sich daher mit der notwendigen Modernisierung, insbesondere mit der Digitalisierung und dem Einsatz moderner Technologien bei der grenzüberschreitenden Beweisaufnahme. Ferner behandelt er die folgenden weiteren Probleme, die in der Evaluierung hervorgehoben wurden: Verzögerungen und Kosten für Bürger, Unternehmen und Mitgliedstaaten, Mängel beim Schutz der Verfahrensrechte sowie rechtliche Komplexität und Rechtsunsicherheit.

Ziel des Vorschlags ist es, das Funktionieren des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie des Binnenmarkts zu verbessern, indem die grenzüberschreitende Beweisaufnahme effizienter gemacht und beschleunigt wird. Dies soll durch die Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 an die technischen Entwicklungen, die Nutzung der Vorteile der Digitalisierung und den verstärkten Einsatz von Videokonferenzen erreicht werden. Die Initiative schafft mehr Rechtssicherheit und trägt somit dazu bei, Verzögerungen und unnötige Kosten für Bürger, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen zu vermeiden, und sie beseitigt Mängel beim Schutz der Verfahrensrechte der Parteien.

- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich

Diese Initiative steht in engem Zusammenhang mit der Initiative zur Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007.

Der Vorschlag steht mit den bestehenden Rechtsakten der Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im Einklang. Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 berührt nicht den möglichen Austausch von Informationen zwischen Behörden im Rahmen der Systeme, die in der Brüssel-IIa-Verordnung7 und der Unterhaltsverordnung8 festgelegt sind, selbst wenn diese Informationen Beweiskraft haben, sodass die ersuchende Behörde die Möglichkeit hat, die am besten geeignete Methode zu wählen.

- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen

Die vorgeschlagene Verordnung ist Teil des EU-Rahmens für die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen und trägt zum Ziel der EU bei, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, wie er in Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 67 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definiert ist. In diesem Zusammenhang muss die EU nach Artikel 81 AEUV eine justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen mit grenzüberschreitendem Bezug entwickeln, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht. Die Verordnung trägt auch zum Ziel der EU bei, einen Binnenmarkt zu schaffen (Artikel 26 AEUV).

In der EU-Justizagenda für 2020 wird betont, dass zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Justizsystemen der Mitgliedstaaten geprüft werden könnte, ob die Notwendigkeit besteht, die Verfahrensrechte im Zivilprozess zu stärken, z.B. in Bezug auf die Beweisaufnahme9. Das Ziel, den Rahmen für die justizielle Zusammenarbeit innerhalb der EU zu verbessern, steht auch mit den Zielen im Einklang, die die Kommission in der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt10 festgelegt hat. Darin wird im Zusammenhang mit elektronischen Behördendiensten (e-Government) darauf hingewiesen, dass mehr getan werden muss, um die öffentlichen Verwaltungen (einschließlich der Justiz) zu modernisieren, die grenzüberschreitende Interoperabilität herzustellen und das einfache Zusammenwirken mit den Bürgern zu erleichtern.

Die Kommission hat sich daher in ihrem Arbeitsprogramm für 2018 dazu verpflichtet, einen Vorschlag für die Überarbeitung der Verordnung über die Beweisaufnahme auszuarbeiten11.

2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT

- Rechtsgrundlage

Rechtsgrundlage des Vorschlags ist Artikel 81 AEUV (justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug).

Nach Artikel 81 Absatz 2 Buchstabe d ist die EU befugt, Maßnahmen zu erlassen, die die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln sicherstellen sollen.

- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)

Die Probleme, die mit der Initiative angegangen werden sollen, treten in grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren auf (die per definitionem über den Wirkungsbereich der nationalen Justizsysteme hinausgehen) und sind entweder auf unzureichende Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten oder auf mangelnde Interoperabilität und Kohärenz zwischen den innerstaatlichen Systemen und rechtlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen. Vorschriften auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts werden in Verordnungen festgelegt, da nur so die gewünschte Einheitlichkeit gewährleistet werden kann. Zwar sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht daran gehindert, ihre Kommunikation zu digitalisieren, die bisherigen Erfahrungen und Prognosen dessen, was ohne Maßnahmen auf EU-Ebene geschehen würde, zeigen jedoch, dass nur sehr langsam Fortschritte erzielt würden und dass, selbst wenn die Mitgliedstaaten tätig werden, die Interoperabilität ohne unionsrechtlichen Rahmen nicht sichergestellt werden kann. Das Ziel des Vorschlags kann daher von den Mitgliedstaaten selbst nicht ausreichend verwirklicht werden, sondern nur auf Unionsebene.

Der EU-Mehrwert besteht darin, die Effizienz und Schnelligkeit von Gerichtsverfahren dadurch weiter zu erhöhen, dass die Mechanismen für die Zusammenarbeit bei der Beweisaufnahme vereinfacht und beschleunigt werden und damit die Rechtspflege in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug verbessert wird.

- Verhältnismäßigkeit

Der Vorschlag entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er sich auf das für die Erreichung seiner Ziele absolut Notwendige beschränkt. Er greift nicht in die unterschiedlichen nationalen Regelungen für die Beweisaufnahme ein.

3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung

- Expost-Bewertung/Eignungsprüfung bestehender Rechtsvorschriften

Die Ergebnisse der Expost-Bewertung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, die der Folgenabschätzung beigefügt ist, lassen sich wie folgt zusammenfassen:

Insgesamt hat die Verordnung einen Beitrag zur Erreichung ihrer allgemeinen, spezifischen und operativen Ziele geleistet. Die Einführung gemeinsamer Methoden für die Beweisaufnahme wurde von den Angehörigen der Rechtsberufe begrüßt. Die Einführung von Standardformblättern und Kommunikationskanälen hat die Kommunikation erleichtert. Die Verordnung hat die Effizienz von Gerichtsverfahren verbessert, und zwar sowohl im Vergleich zum Haager Übereinkommen als auch im zeitlichen Vergleich zwischen 2001 und 2017. Sie trägt somit zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts bei. Sie stärkt das gegenseitige Vertrauen zwischen den Gerichten und trägt dazu bei, den Aufwand für Bürger und Unternehmen, die an grenzüberschreitenden Verfahren beteiligt sind, zu verringern.

Es wurde eine Reihe von Hindernissen ermittelt, die darauf hindeuten, dass es noch Raum für Verbesserungen gibt. Diese Hindernisse betreffen ganz überwiegend Verzögerungen und Kosten für Unternehmen und Bürger, die dadurch entstehen, dass das Potenzial moderner Technologien für schnellere Kommunikation und unmittelbare Beweisaufnahme nicht genutzt wird. Die augenfälligsten Beispiele dafür sind die mangelnde elektronische Kommunikation im Austausch zwischen den Gerichten und Behörden der Mitgliedstaaten, der nach wie vor zum größten Teil auf Papier erfolgt, und die geringe Nutzung von elektronischer Kommunikation und insbesondere Videokonferenzen für die unmittelbare Beweisaufnahme. Die Verordnung schreibt den Einsatz moderner Technologien in der Justiz derzeit nicht vor. Die Tatsache, dass dieser vollständig vom Engagement der einzelnen Mitgliedstaaten abhängt, und der allgemeine digitale Wandel haben dazu geführt, dass sowohl in absoluten Zahlen als auch im Vergleich zur Nutzung moderner Technologien im privaten Umfeld nur sehr langsame Fortschritte zu verzeichnen sind.

- Konsultation der Interessenträger

Die Kommission hat die Interessenträger umfassend konsultiert. Vom 8. Dezember 2017 bis zum 2. März 2018 wurde eine öffentliche Konsultation durchgeführt, die sich sowohl auf die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 als auch auf die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 bezog. Insgesamt gingen 131 Beiträge ein (die meisten aus Polen, gefolgt von Deutschland, Ungarn und Griechenland). Das Europäische Justizielle Netz befasste sich in zwei Sondersitzungen mit den praktischen Problemen und möglichen Verbesserungen der beiden Verordnungen. Mit Regierungssachverständigen der Mitgliedstaaten wurden eigene Sitzungen zu diesen Themen abgehalten. Für ausgewählte Interessenträger mit einem besonderen Interesse an Fragen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren fand ein Workshop statt. Die Ergebnisse dieser Konsultationen waren insgesamt positiv und zeigten, dass Handlungsbedarf besteht.

Über die Expertengruppe des Rates für die elektronische Zustellung von Schriftstücken und elektronische Kommunikation, die vier bis sechs Mal jährlich zusammentritt, führte die Kommission zudem einen regelmäßigen Dialog mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten.

- Einholung und Nutzung von Expertenwissen

Eine Expertengruppe für die Modernisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen hat zwischen Januar und April 2018 sechs Sitzungen abgehalten. Eine Studie aus dem Jahr 2016, die von einem Konsortium unter Federführung der Universität Maribor durchgeführt wurde, enthält eine vergleichende Analyse des Beweisrechts in 26 Mitgliedstaaten.12

- Folgenabschätzung

Dieser Vorschlag stützt sich auf die Folgenabschätzung in der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2018) 285.

Es wurden mehrere Optionen geprüft, von nichtlegislativen Maßnahmen bis hin zu unterschiedlich ehrgeizigen legislativen Maßnahmen.

Die bevorzugte Option ist ein Paket, das eine Reihe von Maßnahmen umfasst:

Der Ausschuss für Regulierungskontrolle prüfte den Entwurf der Folgenabschätzung in seiner Sitzung vom 3. Mai 2018 und gab am 7. Mai 2018 eine befürwortende Stellungnahme mit Anmerkungen ab. Den Empfehlungen des Ausschusses wurde Rechnung getragen. Insbesondere wird in der überarbeiteten Fassung des Berichts ausführlicher das Verhältnis zwischen den beiden Initiativen zur justiziellen Zusammenarbeit (Zustellung von Schriftstücken und Beweisaufnahme), der größere Rahmen und die Gründe erläutert, aus denen die Verordnung einen wichtigen Fortschritt gegenüber dem Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme darstellt. Zudem werden die wichtigsten Probleme und die Ausgangslage besser dargestellt und erläutert, und die Abschnitte über Subsidiarität und EU-Mehrwert wurden verbessert. Darüber hinaus wurden die Schlussfolgerungen der Evaluierung zur Wirksamkeit erweitert, und die Bewertung der Optionen konzentriert sich nun auf die wichtigsten Fragen (elektronische Kommunikation und Einsatz von Videokonferenzen).

- Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung

Die Initiative wurde als REFIT-Initiative in dem auf gegenseitigem Vertrauen basierenden Raum des Rechts und der Grundrechte in das Arbeitsprogramm der Kommission für 1813 aufgenommen.

Über die REFIT-Plattform empfahlen Interessenträger der Kommission zu prüfen, inwieweit die Beweisaufnahme in anderen Mitgliedstaaten beschleunigt werden könnte.

Das Paket dürfte für Bürger und Unternehmen, die an grenzüberschreitenden Verfahren beteiligt sind, Vorteile mit sich bringen. Mehr Rechtssicherheit und schnellere, kostengünstigere Verfahren würden dazu beitragen, Bürger und Unternehmen zu grenzüberschreitenden Transaktionen zu ermutigen, und damit grenzüberschreitende Geschäfte fördern und das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern. Den Mitgliedstaaten entstehen durch die elektronische Übermittlung und die Videokonferenzen zwar gewisse Kosten, dies sind jedoch einmalige Kosten, während die Vorteile von Dauer sind und zu Kosteneinsparungen führen (z.B. fallen für die Anhörung eines Zeugen per Videokonferenz geringere Kosten an als für eine persönliche Anhörung). Auch werden sich die mit dieser Verordnung verbundenen spezifischen Kosten durch die zunehmende Digitalisierung der Justiz im Allgemeinen verringern. Insgesamt würden die Vorteile die Kosten eindeutig überwiegen. Die Unternehmen würden als Verfahrenspartei von den Verbesserungen profitieren. Die übrigen Auswirkungen wären relativ neutral.

In der Verordnung ist auch die gegenseitige Anerkennung digitaler Beweismittel vorgesehen. Dies wird nicht nur den Aufwand für Bürger und Unternehmen in Verfahren verringern, sondern auch die Zahl der Fälle begrenzen, in denen elektronische Beweismittel zurückgewiesen werden.

- Grundrechte

Im Einklang mit der EU-Justizagenda für 2020 befasst sich der Vorschlag mit der Notwendigkeit, die Verfahrensrechte im Zivilprozess zu stärken, um das gegenseitige Vertrauen zwischen den Justizsystemen der Mitgliedstaaten zu festigen.

Die Einführung elektronischer Kommunikationsmittel und der verstärkte Einsatz von Videokonferenzen dürften den Zugang von Bürgern und Unternehmen zur Justiz verbessern.

Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Digitalisierung tragen den Anforderungen des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre Rechnung. Das System, das für den elektronischen Austausch zwischen den benannten Gerichten eingeführt werden soll, muss eine absolut zuverlässige und sichere technische Lösung sein, die die Integrität und den Schutz der übermittelten Daten gewährleistet. Dass der Kreis der Nutzer des Systems (nur Gerichte und andere Justizbehörden der Mitgliedstaaten) im Vorhinein festgelegt ist, bietet eine zusätzliche Gewähr für den ordnungsgemäßen Umgang mit personenbezogenen Daten. Zudem muss das System über eine dezentrale Struktur verfügen, die die direkte Kommunikation zwischen den Endpunkten ermöglicht und damit das Risiko durch Minimierung der Zahl der Daten verarbeitenden Stellen verringert.

Wichtige externe Faktoren für den Schutz personenbezogener Daten im Rahmen des vorgeschlagenen Pakets sind:

Es ist mit einer steigenden Zahl von Angriffen auf die öffentliche IT-Infrastruktur zu rechnen, die sich auch auf die Justiz in den Mitgliedstaaten auswirken. Ihre Folgen könnten sich durch die zunehmende Verflechtung der IT-Systeme (auf nationaler und auf EU-Ebene) noch verschärfen.

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Im Einklang mit den Randnummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 1615, in der die drei Organe bestätigen, dass Evaluierungen der geltenden Rechtsvorschriften und Politikmaßnahmen die Grundlage für die Abschätzung der Folgen von Optionen für weitergehende Maßnahmen bilden sollten, wird die Kommission die Verordnung evaluieren und dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss spätestens fünf Jahre nach Geltungsbeginn Bericht erstatten. Im Rahmen der Evaluierung werden die praktischen Auswirkungen der Verordnung anhand von Indikatoren bewertet, und es wird eingehend untersucht, inwieweit die Verordnung als relevant, wirksam und effizient eingestuft werden kann, ob sie einen hinreichenden EU-Mehrwert schafft und ob Kohärenz mit anderen EU-Politikbereichen besteht. In die Evaluierung werden auch Erfahrungswerte einfließen, durch die etwaige Mängel/Probleme bzw. Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Wirkung der Verordnung ermittelt werden können. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung des Berichts erforderlichen Angaben.

4. Auswirkungen auf den Haushalt

Der Vorschlag ist für die nationalen Verwaltungen nicht mit nennenswerten Kosten verbunden, sondern führt vielmehr zu Einsparungen. Die nationalen Behörden können mit effizienteren Gerichtsverfahren, einem geringeren Verwaltungsaufwand und niedrigeren Arbeitskosten rechnen.

Die Kosten für Entwicklung, Einführung und Pflege der elektronischen Kommunikation und des elektronischen Austauschs von Dokumenten sowie für Erwerb, Einführung und Betrieb hochwertiger professioneller Videokonferenzanlagen könnten kofinanziert werden.

Die wichtigsten Finanzierungsmöglichkeiten der EU im Rahmen der laufenden Finanzierungsprogramme sind das Programm "Justiz" und die Fazilität "Connecting Europe" (CEF). Das Programm "Justiz" (Mittelausstattung für 2018: 45,95 Mio. EUR) unterstützt die Durchsetzungs- und Rechtsschutzkapazitäten in den Mitgliedstaaten im Bereich der Ziviljustiz, die im Mittelpunkt seiner künftigen Finanzierungsprioritäten stehen und auch für die vorliegende Initiative von Belang sind. Die CEF, die über eine viel größere Mittelausstattung verfügt (130,33 Mio. EUR im Jahr 2018), bietet finanzielle Unterstützung für IT-Projekte, die die grenzüberschreitende Interaktion zwischen öffentlichen Verwaltungen, Unternehmen und Bürgern erleichtern. Sie wird bereits weithin zur Finanzierung der Digitalisierung und der E-Justiz-Arbeiten im Bereich der Ziviljustiz genutzt, etwa für das Europäische Justizportal und die Integration öffentlicher Urkunden in die nationalen Systeme für elektronische Behördendienste und das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (Business Registers Interconnection System - BRIS). Das am 2. Mai 2018 vorgestellte Paket des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für die Priorität "Digitaler Wandel" umfasst 3 Mrd. EUR für eine digitale Komponente der CEF zur Finanzierung digitaler Vernetzungsinfrastrukturen.

5. Weitere Angaben

- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten

Es werden solide Regelungen, einschließlich einer umfassenden Aufstellung qualitativer und quantitativer Indikatoren, für das Monitoring der Verordnung sowie ein klares, strukturiertes Berichterstattungs- und Monitoringverfahren eingeführt. Dies ist wichtig, damit die effiziente Umsetzung der Änderungen in den Mitgliedstaaten gewährleistet und geprüft werden kann, ob die mit der Verordnung angestrebten Ziele erreicht werden.

- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags

Artikel 1 Absatz 4

Der Begriff "Gericht" ist derzeit nicht bestimmt, was zu unterschiedlichen Auslegungen in den Mitgliedstaaten geführt hat. Einige verstehen darunter nur herkömmliche Gerichte, andere erledigen auch Ersuchen von anderen Justizbehörden (z.B. Notariaten), sofern diese nach nationalem Recht befugt sind, Aufgaben im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme wahrzunehmen. Diese Unsicherheiten sollten durch die Bestimmung des Begriffs "Gericht" beseitigt werden.

Artikel 6

Mit dieser Änderung wird die elektronische Übermittlung von Ersuchen und Mitteilungen nach der Verordnung als Regel zwingend vorgeschrieben (Absatz 1). In Ausnahmefällen, d.h. wenn das System gestört oder für die betreffende Übermittlung (z.B. Übersendung einer DNA-Probe als Beweismittel) nicht geeignet ist, können weiterhin andere Kanäle genutzt werden (Absatz 4).

Artikel 17 und 17a

Zweck der vorgeschlagenen Änderungen ist es, eine angemessenere, häufigere und raschere Nutzung der unmittelbaren Beweisaufnahme nach Artikel 17 per Videokonferenz zu gewährleisten, soweit die betreffenden Gerichte über diese Möglichkeit verfügen und dies angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen ist.

Artikel 17b

Ziel dieses neuen Artikels ist es, die Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter zu erleichtern. Der Artikel sieht vor, dass diese Personen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in dem Bereich, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, im Rahmen eines bei den Gerichten des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats anhängigen Verfahrens ohne vorheriges Ersuchen eine Beweisaufnahme durch Anhörung von Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats ohne Zwang durchführen können.

Artikel 18a

Mit diesem neuen Artikel soll sichergestellt werden, dass digitale Beweismittel, die nach dem Recht des Mitgliedstaats der Beweisaufnahme erhoben wurden, in anderen Mitgliedstaaten nicht allein wegen ihres digitalen Charakters als Beweismittel zurückgewiesen werden.

Artikel 19 und 20

Durch diese Änderungen wird die Verordnung mit Artikel 290 AEUV in Einklang gebracht.

Artikel 22a

Dieser Artikel sieht vor, dass die Kommission ein ausführliches Programm für das Monitoring der Leistungen, Ergebnisse und Auswirkungen dieser Verordnung erstellt.

Artikel 23

Nach diesem Artikel hat die Kommission eine Evaluierung der Verordnung im Einklang mit den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung und den Randnummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 vorzunehmen und dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die wichtigsten Ergebnisse Bericht zu erstatten.

Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen

Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 81, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:

Haben folgende Verordnung Erlassen:

Artikel 1

Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 wird wie folgt geändert:

1. In Artikel 1 wird folgender Absatz 4 angefügt:

(4) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Gericht" jede Justizbehörde in einem Mitgliedstaat, die für die Durchführung von Beweisaufnahmen nach dieser Verordnung zuständig ist."

2. Artikel 6 erhält folgende Fassung:

"Artikel 6
Übermittlung der Ersuchen und sonstigen Mitteilungen

3. Artikel 17 wird wie folgt geändert:

4. Es wird folgender Artikel 17a eingefügt:

"Artikel 17a
Unmittelbare Beweisaufnahme per Videokonferenz

5. Es wird folgender Artikel 17b eingefügt:

"Artikel 17b
Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter

Diplomatische oder konsularische Vertreter eines Mitgliedstaats können im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats innerhalb des Bereichs, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, im Rahmen eines bei den Gerichten des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats anhängigen Verfahrens ohne vorheriges Ersuchen nach Artikel 17 Absatz 1 eine Beweisaufnahme durch Anhörung von Staatsangehörigen des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats ohne Zwang durchführen."

6. Nach Artikel 18 wird folgender Abschnitt 6 eingefügt:

"Abschnitt 6 Gegenseitige Anerkennung

Artikel 18a
Digitalen Beweismitteln, die in einem Mitgliedstaat nach dessen Recht erhoben wurden, darf in anderen Mitgliedstaaten nicht allein wegen ihres digitalen Charakters die Anerkennung als Beweismittel verweigert werden."

7. Artikel 19 Absatz 2 erhält folgende Fassung:

(2) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, nach Artikel 20 delegierte Rechtsakte zur Änderung der Anhänge zu erlassen, um die Standardformblätter zu aktualisieren oder technische Anpassungen daran vorzunehmen."

8. Artikel 20 erhält folgende Fassung:

"Artikel 20
Ausübung der Befugnisübertragung

9. Es wird folgender Artikel 22a eingefügt:

"Artikel 22a
Monitoring

10. Artikel 23 erhält folgende Fassung:

"Artikel 23
Evaluierung

Artikel 2

Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.

Sie gilt ab dem [...].

Artikel 1 Nummer 2 gilt jedoch ab dem ... [24 Monate nach Inkrafttreten].

Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.

Geschehen zu Brüssel am [...]

Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates

Der Präsident Der Präsident