COM (2018) 378 final
Der Bundesrat wird über die Vorlage gemäß § 2 EUZBLG auch durch die Bundesregierung unterrichtet.
Der Europäische Wirtschafts- und Sozialausschuss wird an den Beratungen beteiligt.
Hinweis: vgl.
Drucksache 594/05 (PDF) = AE-Nr. 052013 Europäische Kommission
Brüssel, den 31.5.2018 COM (2018) 378 final 2018/0203 (COD)
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen
{SEC(2018) 271 final} - {SWD(2018) 284 final} - {SWD(2018) 285 final}
Begründung
1. Kontext des Vorschlags
- Gründe und Ziele des Vorschlags
Zu den Aufgaben der EU gehört die Entwicklung eines europäischen Rechtsraums in Zivilsachen auf der Grundlage gegenseitigen Vertrauens und der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher Entscheidungen. Der Rechtsraum erfordert eine grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit.
Zu diesem Zweck und zur Erleichterung des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts hat die EU Rechtsvorschriften über die grenzüberschreitende Zustellung gerichtlicher Schriftstücke1 und über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Beweisaufnahme2 erlassen. Diese Rechtsakte sind für die Regelung der Rechtshilfe in Zivil-und Handelssachen zwischen den Mitgliedstaaten von entscheidender Bedeutung. Ihr gemeinsames Ziel ist die Schaffung eines effizienten Rahmens für die grenzüberschreitende justizielle Zusammenarbeit. Sie sind an die Stelle des schwerfälligeren völkerrechtlichen Systems der Haager Übereinkommen3 zwischen den Mitgliedstaaten4 getreten.
Diese Rechtsvorschriften über die justizielle Zusammenarbeit wirken sich spürbar auf den Alltag der EU-Bürger aus, unabhängig davon, ob es sich um Privatpersonen oder um Unternehmer handelt. Sie werden in Gerichtsverfahren mit grenzüberschreitendem Bezug angewendet, in denen ihr ordnungsgemäßes Funktionieren unerlässlich ist, um den Zugang zur Justiz und faire Verfahren zu gewährleisten. Die Effizienz des Rahmens für die internationale Rechtshilfe wirkt sich unmittelbar darauf aus, wie die an grenzüberschreitenden Rechtsstreitigkeiten beteiligten Bürger das Funktionieren der Justiz und der Rechtsstaatlichkeit in den Mitgliedstaaten wahrnehmen.
Eine reibungslose Zusammenarbeit zwischen den Gerichten ist auch für das ordnungsgemäße Funktionieren des Binnenmarkts notwendig. Im Jahr 2018 werden rund 3,4 Millionen Verfahren vor den Zivil- und Handelsgerichten in der EU einen grenzüberschreitenden Bezug aufweisen.5 In vielen dieser Verfahren werden Beweismittel aus einem anderen Mitgliedstaat benötigt. Die Verordnung über die Beweisaufnahme stellt Instrumente bereit, die den Zugang zu diesen Beweismitteln erleichtern.
Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen ist ein wichtiges Instrument der europäischen justiziellen Zusammenarbeit, da oft entscheidend ist, dass vor Gericht ausreichende Beweise vorgelegt werden, um einen Anspruch zu stützen. Mit der Verordnung wird ein EU-weites System für die direkte, rasche Übermittlung und Erledigung von Ersuchen um Beweisaufnahme zwischen den Gerichten eingerichtet und genaue Vorschriften für Form und Inhalt dieser Ersuchen festgelegt. Insbesondere stellt sie eine Verbesserung gegenüber dem einschlägigen Haager Übereinkommen dar, da durch sie ein modernes, effizientes System des unmittelbaren Geschäftsverkehrs zwischen Gerichten (Übermittlung des Ersuchens und des Ergebnisses der Beweisaufnahme) eingeführt wird, das das umständliche Verfahren ersetzt, nach dem das Ersuchen vom Gericht in Mitgliedstaat A an die Zentralstelle in Mitgliedstaat A, von dieser an die Zentralstelle in Mitgliedstaat B und von dort schließlich an das Gericht in Mitgliedstaat B (und umgekehrt) übermittelt wurde. Sie ermöglicht auch die unmittelbare Beweisaufnahme durch Gerichte in anderen Mitgliedstaaten.
Um die einschlägigen umfassenden und aktuellen Analysen und Schlussfolgerungen zum Funktionieren der Verordnung in der Praxis (in Ergänzung der Ergebnisse anderer Evaluierungen6) zu unterstützen, hat die Kommission 2017 eine Evaluierung der Effizienz und Leistungsfähigkeit der Rechtsetzung (REFIT) nach den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung vorgenommen, um das Funktionieren des Rechtsakts anhand der fünf obligatorischen Evaluierungskriterien Wirksamkeit, Effizienz, Relevanz, Kohärenz und EU-Mehrwert zu bewerten.
Die Ergebnisse des REFIT-Evaluierungsberichts wurden als Grundlage für die Problemstellung in der Folgenabschätzung zum vorliegenden Vorschlag herangezogen. Aus dem Bericht geht hervor, dass die Kommunikation zwischen den mit der Verordnung benannten Stellen nach wie vor fast ausschließlich auf Papier erfolgt, was sich nachteilig auf Kosten und Wirksamkeit auswirkt. Auch Videokonferenzen werden nur selten genutzt, um Personen in einem anderen Mitgliedstaat zu vernehmen. Der Vorschlag befasst sich daher mit der notwendigen Modernisierung, insbesondere mit der Digitalisierung und dem Einsatz moderner Technologien bei der grenzüberschreitenden Beweisaufnahme. Ferner behandelt er die folgenden weiteren Probleme, die in der Evaluierung hervorgehoben wurden: Verzögerungen und Kosten für Bürger, Unternehmen und Mitgliedstaaten, Mängel beim Schutz der Verfahrensrechte sowie rechtliche Komplexität und Rechtsunsicherheit.
Ziel des Vorschlags ist es, das Funktionieren des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts sowie des Binnenmarkts zu verbessern, indem die grenzüberschreitende Beweisaufnahme effizienter gemacht und beschleunigt wird. Dies soll durch die Anpassung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 an die technischen Entwicklungen, die Nutzung der Vorteile der Digitalisierung und den verstärkten Einsatz von Videokonferenzen erreicht werden. Die Initiative schafft mehr Rechtssicherheit und trägt somit dazu bei, Verzögerungen und unnötige Kosten für Bürger, Unternehmen und öffentliche Verwaltungen zu vermeiden, und sie beseitigt Mängel beim Schutz der Verfahrensrechte der Parteien.
- Kohärenz mit den bestehenden Vorschriften in diesem Bereich
Diese Initiative steht in engem Zusammenhang mit der Initiative zur Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") nach der Verordnung (EG) Nr. 1393/2007.
Der Vorschlag steht mit den bestehenden Rechtsakten der Union im Bereich der justiziellen Zusammenarbeit in Zivilsachen im Einklang. Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 berührt nicht den möglichen Austausch von Informationen zwischen Behörden im Rahmen der Systeme, die in der Brüssel-IIa-Verordnung7 und der Unterhaltsverordnung8 festgelegt sind, selbst wenn diese Informationen Beweiskraft haben, sodass die ersuchende Behörde die Möglichkeit hat, die am besten geeignete Methode zu wählen.
- Kohärenz mit der Politik der Union in anderen Bereichen
Die vorgeschlagene Verordnung ist Teil des EU-Rahmens für die justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen und trägt zum Ziel der EU bei, einen Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts zu schaffen, wie er in Artikel 3 Absatz 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV) und Artikel 67 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) definiert ist. In diesem Zusammenhang muss die EU nach Artikel 81 AEUV eine justizielle Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen mit grenzüberschreitendem Bezug entwickeln, die auf dem Grundsatz der gegenseitigen Anerkennung gerichtlicher und außergerichtlicher Entscheidungen beruht. Die Verordnung trägt auch zum Ziel der EU bei, einen Binnenmarkt zu schaffen (Artikel 26 AEUV).
In der EU-Justizagenda für 2020 wird betont, dass zur Stärkung des gegenseitigen Vertrauens zwischen den Justizsystemen der Mitgliedstaaten geprüft werden könnte, ob die Notwendigkeit besteht, die Verfahrensrechte im Zivilprozess zu stärken, z.B. in Bezug auf die Beweisaufnahme9. Das Ziel, den Rahmen für die justizielle Zusammenarbeit innerhalb der EU zu verbessern, steht auch mit den Zielen im Einklang, die die Kommission in der Strategie für einen digitalen Binnenmarkt10 festgelegt hat. Darin wird im Zusammenhang mit elektronischen Behördendiensten (e-Government) darauf hingewiesen, dass mehr getan werden muss, um die öffentlichen Verwaltungen (einschließlich der Justiz) zu modernisieren, die grenzüberschreitende Interoperabilität herzustellen und das einfache Zusammenwirken mit den Bürgern zu erleichtern.
Die Kommission hat sich daher in ihrem Arbeitsprogramm für 2018 dazu verpflichtet, einen Vorschlag für die Überarbeitung der Verordnung über die Beweisaufnahme auszuarbeiten11.
2. Rechtsgrundlage, Subsidiarität und VERHÄLTNISMÄẞIGKEIT
- Rechtsgrundlage
Rechtsgrundlage des Vorschlags ist Artikel 81 AEUV (justizielle Zusammenarbeit in Zivilsachen mit grenzüberschreitendem Bezug).
Nach Artikel 81 Absatz 2 Buchstabe d ist die EU befugt, Maßnahmen zu erlassen, die die Zusammenarbeit bei der Erhebung von Beweismitteln sicherstellen sollen.
- Subsidiarität (bei nicht ausschließlicher Zuständigkeit)
Die Probleme, die mit der Initiative angegangen werden sollen, treten in grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren auf (die per definitionem über den Wirkungsbereich der nationalen Justizsysteme hinausgehen) und sind entweder auf unzureichende Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten oder auf mangelnde Interoperabilität und Kohärenz zwischen den innerstaatlichen Systemen und rechtlichen Rahmenbedingungen zurückzuführen. Vorschriften auf dem Gebiet des Internationalen Privatrechts werden in Verordnungen festgelegt, da nur so die gewünschte Einheitlichkeit gewährleistet werden kann. Zwar sind die Mitgliedstaaten grundsätzlich nicht daran gehindert, ihre Kommunikation zu digitalisieren, die bisherigen Erfahrungen und Prognosen dessen, was ohne Maßnahmen auf EU-Ebene geschehen würde, zeigen jedoch, dass nur sehr langsam Fortschritte erzielt würden und dass, selbst wenn die Mitgliedstaaten tätig werden, die Interoperabilität ohne unionsrechtlichen Rahmen nicht sichergestellt werden kann. Das Ziel des Vorschlags kann daher von den Mitgliedstaaten selbst nicht ausreichend verwirklicht werden, sondern nur auf Unionsebene.
Der EU-Mehrwert besteht darin, die Effizienz und Schnelligkeit von Gerichtsverfahren dadurch weiter zu erhöhen, dass die Mechanismen für die Zusammenarbeit bei der Beweisaufnahme vereinfacht und beschleunigt werden und damit die Rechtspflege in Fällen mit grenzüberschreitendem Bezug verbessert wird.
- Verhältnismäßigkeit
Der Vorschlag entspricht dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da er sich auf das für die Erreichung seiner Ziele absolut Notwendige beschränkt. Er greift nicht in die unterschiedlichen nationalen Regelungen für die Beweisaufnahme ein.
3. Ergebnisse der EX-POST-BEWERTUNG, der Konsultation der Interessenträger und der Folgenabschätzung
- Expost-Bewertung/Eignungsprüfung bestehender Rechtsvorschriften
Die Ergebnisse der Expost-Bewertung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001, die der Folgenabschätzung beigefügt ist, lassen sich wie folgt zusammenfassen:
Insgesamt hat die Verordnung einen Beitrag zur Erreichung ihrer allgemeinen, spezifischen und operativen Ziele geleistet. Die Einführung gemeinsamer Methoden für die Beweisaufnahme wurde von den Angehörigen der Rechtsberufe begrüßt. Die Einführung von Standardformblättern und Kommunikationskanälen hat die Kommunikation erleichtert. Die Verordnung hat die Effizienz von Gerichtsverfahren verbessert, und zwar sowohl im Vergleich zum Haager Übereinkommen als auch im zeitlichen Vergleich zwischen 2001 und 2017. Sie trägt somit zu einem Raum der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts und zum reibungslosen Funktionieren des Binnenmarkts bei. Sie stärkt das gegenseitige Vertrauen zwischen den Gerichten und trägt dazu bei, den Aufwand für Bürger und Unternehmen, die an grenzüberschreitenden Verfahren beteiligt sind, zu verringern.
Es wurde eine Reihe von Hindernissen ermittelt, die darauf hindeuten, dass es noch Raum für Verbesserungen gibt. Diese Hindernisse betreffen ganz überwiegend Verzögerungen und Kosten für Unternehmen und Bürger, die dadurch entstehen, dass das Potenzial moderner Technologien für schnellere Kommunikation und unmittelbare Beweisaufnahme nicht genutzt wird. Die augenfälligsten Beispiele dafür sind die mangelnde elektronische Kommunikation im Austausch zwischen den Gerichten und Behörden der Mitgliedstaaten, der nach wie vor zum größten Teil auf Papier erfolgt, und die geringe Nutzung von elektronischer Kommunikation und insbesondere Videokonferenzen für die unmittelbare Beweisaufnahme. Die Verordnung schreibt den Einsatz moderner Technologien in der Justiz derzeit nicht vor. Die Tatsache, dass dieser vollständig vom Engagement der einzelnen Mitgliedstaaten abhängt, und der allgemeine digitale Wandel haben dazu geführt, dass sowohl in absoluten Zahlen als auch im Vergleich zur Nutzung moderner Technologien im privaten Umfeld nur sehr langsame Fortschritte zu verzeichnen sind.
- Konsultation der Interessenträger
Die Kommission hat die Interessenträger umfassend konsultiert. Vom 8. Dezember 2017 bis zum 2. März 2018 wurde eine öffentliche Konsultation durchgeführt, die sich sowohl auf die Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 als auch auf die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 bezog. Insgesamt gingen 131 Beiträge ein (die meisten aus Polen, gefolgt von Deutschland, Ungarn und Griechenland). Das Europäische Justizielle Netz befasste sich in zwei Sondersitzungen mit den praktischen Problemen und möglichen Verbesserungen der beiden Verordnungen. Mit Regierungssachverständigen der Mitgliedstaaten wurden eigene Sitzungen zu diesen Themen abgehalten. Für ausgewählte Interessenträger mit einem besonderen Interesse an Fragen im Zusammenhang mit grenzüberschreitenden Gerichtsverfahren fand ein Workshop statt. Die Ergebnisse dieser Konsultationen waren insgesamt positiv und zeigten, dass Handlungsbedarf besteht.
Über die Expertengruppe des Rates für die elektronische Zustellung von Schriftstücken und elektronische Kommunikation, die vier bis sechs Mal jährlich zusammentritt, führte die Kommission zudem einen regelmäßigen Dialog mit den Interessenträgern und den Mitgliedstaaten.
- Einholung und Nutzung von Expertenwissen
Eine Expertengruppe für die Modernisierung der justiziellen Zusammenarbeit in Zivil- und Handelssachen hat zwischen Januar und April 2018 sechs Sitzungen abgehalten. Eine Studie aus dem Jahr 2016, die von einem Konsortium unter Federführung der Universität Maribor durchgeführt wurde, enthält eine vergleichende Analyse des Beweisrechts in 26 Mitgliedstaaten.12
- Folgenabschätzung
Dieser Vorschlag stützt sich auf die Folgenabschätzung in der beigefügten Arbeitsunterlage der Kommissionsdienststellen SWD(2018) 285.
Es wurden mehrere Optionen geprüft, von nichtlegislativen Maßnahmen bis hin zu unterschiedlich ehrgeizigen legislativen Maßnahmen.
Die bevorzugte Option ist ein Paket, das eine Reihe von Maßnahmen umfasst:
- - Nutzung der elektronischen Übermittlung als Standardkanal für die Kommunikation und den Austausch von Dokumenten,
- - Förderung von modernen Mitteln der Beweisaufnahme wie Videokonferenzen, wenn eine Person aus einem anderen Mitgliedstaat vernommen werden muss, und Anreize (über die Finanzierung nationaler Projekte) für die Ausstattung von Gerichten mit Videokonferenzanlagen durch die Mitgliedstaaten,
- - Beseitigung rechtlicher Hindernisse für die Zulassung elektronischer (digitaler) Beweismittel,
- - Lösung des Problems der unterschiedlichen Auslegung des Ausdrucks "Gericht",
- - Vermittlung der Bedeutung der in der Verordnung vorgesehenen einheitlichen Standards (gestraffte Verfahren, gleicher Standard für den Schutz der Rechte der Beteiligten),
- - bewährte Methoden für die zuständigen Gerichte, um sie bei der ordnungsgemäßen und fristgerechten Anwendung der Verfahren zu unterstützen, und
- - Schärfung des Bewusstseins der Gerichte und der Angehörigen der Rechtsberufe für die Verfügbarkeit des in der Verordnung vorgesehenen direkten Kanals für die Beweisaufnahme.
Der Ausschuss für Regulierungskontrolle prüfte den Entwurf der Folgenabschätzung in seiner Sitzung vom 3. Mai 2018 und gab am 7. Mai 2018 eine befürwortende Stellungnahme mit Anmerkungen ab. Den Empfehlungen des Ausschusses wurde Rechnung getragen. Insbesondere wird in der überarbeiteten Fassung des Berichts ausführlicher das Verhältnis zwischen den beiden Initiativen zur justiziellen Zusammenarbeit (Zustellung von Schriftstücken und Beweisaufnahme), der größere Rahmen und die Gründe erläutert, aus denen die Verordnung einen wichtigen Fortschritt gegenüber dem Haager Übereinkommen über die Beweisaufnahme darstellt. Zudem werden die wichtigsten Probleme und die Ausgangslage besser dargestellt und erläutert, und die Abschnitte über Subsidiarität und EU-Mehrwert wurden verbessert. Darüber hinaus wurden die Schlussfolgerungen der Evaluierung zur Wirksamkeit erweitert, und die Bewertung der Optionen konzentriert sich nun auf die wichtigsten Fragen (elektronische Kommunikation und Einsatz von Videokonferenzen).
- Effizienz der Rechtsetzung und Vereinfachung
Die Initiative wurde als REFIT-Initiative in dem auf gegenseitigem Vertrauen basierenden Raum des Rechts und der Grundrechte in das Arbeitsprogramm der Kommission für 1813 aufgenommen.
Über die REFIT-Plattform empfahlen Interessenträger der Kommission zu prüfen, inwieweit die Beweisaufnahme in anderen Mitgliedstaaten beschleunigt werden könnte.
Das Paket dürfte für Bürger und Unternehmen, die an grenzüberschreitenden Verfahren beteiligt sind, Vorteile mit sich bringen. Mehr Rechtssicherheit und schnellere, kostengünstigere Verfahren würden dazu beitragen, Bürger und Unternehmen zu grenzüberschreitenden Transaktionen zu ermutigen, und damit grenzüberschreitende Geschäfte fördern und das Funktionieren des Binnenmarkts verbessern. Den Mitgliedstaaten entstehen durch die elektronische Übermittlung und die Videokonferenzen zwar gewisse Kosten, dies sind jedoch einmalige Kosten, während die Vorteile von Dauer sind und zu Kosteneinsparungen führen (z.B. fallen für die Anhörung eines Zeugen per Videokonferenz geringere Kosten an als für eine persönliche Anhörung). Auch werden sich die mit dieser Verordnung verbundenen spezifischen Kosten durch die zunehmende Digitalisierung der Justiz im Allgemeinen verringern. Insgesamt würden die Vorteile die Kosten eindeutig überwiegen. Die Unternehmen würden als Verfahrenspartei von den Verbesserungen profitieren. Die übrigen Auswirkungen wären relativ neutral.
In der Verordnung ist auch die gegenseitige Anerkennung digitaler Beweismittel vorgesehen. Dies wird nicht nur den Aufwand für Bürger und Unternehmen in Verfahren verringern, sondern auch die Zahl der Fälle begrenzen, in denen elektronische Beweismittel zurückgewiesen werden.
- Grundrechte
Im Einklang mit der EU-Justizagenda für 2020 befasst sich der Vorschlag mit der Notwendigkeit, die Verfahrensrechte im Zivilprozess zu stärken, um das gegenseitige Vertrauen zwischen den Justizsystemen der Mitgliedstaaten zu festigen.
Die Einführung elektronischer Kommunikationsmittel und der verstärkte Einsatz von Videokonferenzen dürften den Zugang von Bürgern und Unternehmen zur Justiz verbessern.
Die vorgeschlagenen Maßnahmen zur Digitalisierung tragen den Anforderungen des Datenschutzes und des Schutzes der Privatsphäre Rechnung. Das System, das für den elektronischen Austausch zwischen den benannten Gerichten eingeführt werden soll, muss eine absolut zuverlässige und sichere technische Lösung sein, die die Integrität und den Schutz der übermittelten Daten gewährleistet. Dass der Kreis der Nutzer des Systems (nur Gerichte und andere Justizbehörden der Mitgliedstaaten) im Vorhinein festgelegt ist, bietet eine zusätzliche Gewähr für den ordnungsgemäßen Umgang mit personenbezogenen Daten. Zudem muss das System über eine dezentrale Struktur verfügen, die die direkte Kommunikation zwischen den Endpunkten ermöglicht und damit das Risiko durch Minimierung der Zahl der Daten verarbeitenden Stellen verringert.
Wichtige externe Faktoren für den Schutz personenbezogener Daten im Rahmen des vorgeschlagenen Pakets sind:
- - die seit Mai 2018 geltende Datenschutz-Grundverordnung (DSGVO)14" die das Bewusstsein und umgehende Maßnahmen für die Gewährleistung der Sicherheit und Integrität von Datenbanken sowie schnelle Reaktionen auf Verletzungen der Privatsphäre in der Justiz fördert, und
- - die anhaltenden Bedrohungen der Cybersicherheit im öffentlichen Sektor.
Es ist mit einer steigenden Zahl von Angriffen auf die öffentliche IT-Infrastruktur zu rechnen, die sich auch auf die Justiz in den Mitgliedstaaten auswirken. Ihre Folgen könnten sich durch die zunehmende Verflechtung der IT-Systeme (auf nationaler und auf EU-Ebene) noch verschärfen.
- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Im Einklang mit den Randnummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 1615, in der die drei Organe bestätigen, dass Evaluierungen der geltenden Rechtsvorschriften und Politikmaßnahmen die Grundlage für die Abschätzung der Folgen von Optionen für weitergehende Maßnahmen bilden sollten, wird die Kommission die Verordnung evaluieren und dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss spätestens fünf Jahre nach Geltungsbeginn Bericht erstatten. Im Rahmen der Evaluierung werden die praktischen Auswirkungen der Verordnung anhand von Indikatoren bewertet, und es wird eingehend untersucht, inwieweit die Verordnung als relevant, wirksam und effizient eingestuft werden kann, ob sie einen hinreichenden EU-Mehrwert schafft und ob Kohärenz mit anderen EU-Politikbereichen besteht. In die Evaluierung werden auch Erfahrungswerte einfließen, durch die etwaige Mängel/Probleme bzw. Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung der Wirkung der Verordnung ermittelt werden können. Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung des Berichts erforderlichen Angaben.
4. Auswirkungen auf den Haushalt
Der Vorschlag ist für die nationalen Verwaltungen nicht mit nennenswerten Kosten verbunden, sondern führt vielmehr zu Einsparungen. Die nationalen Behörden können mit effizienteren Gerichtsverfahren, einem geringeren Verwaltungsaufwand und niedrigeren Arbeitskosten rechnen.
Die Kosten für Entwicklung, Einführung und Pflege der elektronischen Kommunikation und des elektronischen Austauschs von Dokumenten sowie für Erwerb, Einführung und Betrieb hochwertiger professioneller Videokonferenzanlagen könnten kofinanziert werden.
Die wichtigsten Finanzierungsmöglichkeiten der EU im Rahmen der laufenden Finanzierungsprogramme sind das Programm "Justiz" und die Fazilität "Connecting Europe" (CEF). Das Programm "Justiz" (Mittelausstattung für 2018: 45,95 Mio. EUR) unterstützt die Durchsetzungs- und Rechtsschutzkapazitäten in den Mitgliedstaaten im Bereich der Ziviljustiz, die im Mittelpunkt seiner künftigen Finanzierungsprioritäten stehen und auch für die vorliegende Initiative von Belang sind. Die CEF, die über eine viel größere Mittelausstattung verfügt (130,33 Mio. EUR im Jahr 2018), bietet finanzielle Unterstützung für IT-Projekte, die die grenzüberschreitende Interaktion zwischen öffentlichen Verwaltungen, Unternehmen und Bürgern erleichtern. Sie wird bereits weithin zur Finanzierung der Digitalisierung und der E-Justiz-Arbeiten im Bereich der Ziviljustiz genutzt, etwa für das Europäische Justizportal und die Integration öffentlicher Urkunden in die nationalen Systeme für elektronische Behördendienste und das System zur Verknüpfung von Unternehmensregistern (Business Registers Interconnection System - BRIS). Das am 2. Mai 2018 vorgestellte Paket des mehrjährigen Finanzrahmens (MFR) für die Priorität "Digitaler Wandel" umfasst 3 Mrd. EUR für eine digitale Komponente der CEF zur Finanzierung digitaler Vernetzungsinfrastrukturen.
5. Weitere Angaben
- Durchführungspläne sowie Monitoring-, Bewertungs- und Berichterstattungsmodalitäten
Es werden solide Regelungen, einschließlich einer umfassenden Aufstellung qualitativer und quantitativer Indikatoren, für das Monitoring der Verordnung sowie ein klares, strukturiertes Berichterstattungs- und Monitoringverfahren eingeführt. Dies ist wichtig, damit die effiziente Umsetzung der Änderungen in den Mitgliedstaaten gewährleistet und geprüft werden kann, ob die mit der Verordnung angestrebten Ziele erreicht werden.
- Ausführliche Erläuterung einzelner Bestimmungen des Vorschlags
Artikel 1 Absatz 4
Der Begriff "Gericht" ist derzeit nicht bestimmt, was zu unterschiedlichen Auslegungen in den Mitgliedstaaten geführt hat. Einige verstehen darunter nur herkömmliche Gerichte, andere erledigen auch Ersuchen von anderen Justizbehörden (z.B. Notariaten), sofern diese nach nationalem Recht befugt sind, Aufgaben im Zusammenhang mit der Beweisaufnahme wahrzunehmen. Diese Unsicherheiten sollten durch die Bestimmung des Begriffs "Gericht" beseitigt werden.
Artikel 6
Mit dieser Änderung wird die elektronische Übermittlung von Ersuchen und Mitteilungen nach der Verordnung als Regel zwingend vorgeschrieben (Absatz 1). In Ausnahmefällen, d.h. wenn das System gestört oder für die betreffende Übermittlung (z.B. Übersendung einer DNA-Probe als Beweismittel) nicht geeignet ist, können weiterhin andere Kanäle genutzt werden (Absatz 4).
Artikel 17 und 17a
Zweck der vorgeschlagenen Änderungen ist es, eine angemessenere, häufigere und raschere Nutzung der unmittelbaren Beweisaufnahme nach Artikel 17 per Videokonferenz zu gewährleisten, soweit die betreffenden Gerichte über diese Möglichkeit verfügen und dies angesichts der besonderen Umstände des Einzelfalls angemessen ist.
Artikel 17b
Ziel dieses neuen Artikels ist es, die Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter zu erleichtern. Der Artikel sieht vor, dass diese Personen im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats in dem Bereich, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, im Rahmen eines bei den Gerichten des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats anhängigen Verfahrens ohne vorheriges Ersuchen eine Beweisaufnahme durch Anhörung von Staatsangehörigen dieses Mitgliedstaats ohne Zwang durchführen können.
Artikel 18a
Mit diesem neuen Artikel soll sichergestellt werden, dass digitale Beweismittel, die nach dem Recht des Mitgliedstaats der Beweisaufnahme erhoben wurden, in anderen Mitgliedstaaten nicht allein wegen ihres digitalen Charakters als Beweismittel zurückgewiesen werden.
Artikel 19 und 20
Durch diese Änderungen wird die Verordnung mit Artikel 290 AEUV in Einklang gebracht.
Artikel 22a
Dieser Artikel sieht vor, dass die Kommission ein ausführliches Programm für das Monitoring der Leistungen, Ergebnisse und Auswirkungen dieser Verordnung erstellt.
Artikel 23
Nach diesem Artikel hat die Kommission eine Evaluierung der Verordnung im Einklang mit den Leitlinien der Kommission für bessere Rechtsetzung und den Randnummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 vorzunehmen und dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss über die wichtigsten Ergebnisse Bericht zu erstatten.
- 1. Verordnung (EG) Nr. 1393/2007 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. November 2007 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen in den Mitgliedstaaten ("Zustellung von Schriftstücken") und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1348/2000 des Rates (ABl. L 324 vom 10.12.2007, S. 79).
- 2. Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1).
- 3. Übereinkommen vom 15. November 1965 über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke im Ausland in Zivil- oder Handelssachen; Übereinkommen vom 18. März 1970 über die Beweisaufnahme im Ausland in Zivil- oder Handelssachen.
- 4. Die Verordnungen gelten für alle EU-Mitgliedstaaten mit Ausnahme Dänemarks. Dänemark hat am 19. Oktober 2005 ein Parallelabkommen mit der Europäischen Gemeinschaft über die Zustellung gerichtlicher und außergerichtlicher Schriftstücke in Zivil- oder Handelssachen geschlossen, mit dem die Bestimmungen der Zustellungsverordnung und die dazugehörigen Durchführungsbestimmungen auf Dänemark ausgedehnt werden. Das Abkommen ist am 1. Juli 2007 in Kraft getreten (siehe ABl. L 300 vom 17.11.2005, S. 55; ABl. L 120 vom 5.5.2006, S. 23). Ein Parallelabkommen über die Beweisaufnahme gibt es nicht.
- 5. Diese Zahl entspricht den Schätzungen in der Deloitte-Wirtschaftsstudie zur Folgenabschätzung. Die Schätzungen beruhen auf Daten von Eurostat, der Europäischen Kommission des Europarats für die Wirksamkeit der Justiz (CEPEJ) und der Europäischen Kommission sowie auf den Informationen, die in den Befragungen gesammelt wurden. Die Studie wurde unter der Vertragsnummer JUST/2017/JCOO/FW/CIVI/0087 (2017/07) bei Deloitte in Auftrag gegeben. Der Abschlussbericht ist noch nicht veröffentlicht.
- 6. Siehe Fußnote 5.
- 7. Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1).
- 8. Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. L 7 vom 10.1.2009, S. 1).
- 9. Die EU-Justizagenda für 2020 - Stärkung von Vertrauen, Mobilität und Wachstum in der Union (COM (2014) 144 final), S. 8.
- 10. COM (2015) 192 final vom 6.5.2015, S. 16.
- 11. Arbeitsprogramm der Kommission 2018: Agenda für ein enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa (COM (2017) 650 final vom 24.10.2017), Anhang II Nummern 10 und 11.
- 12. http://www.acj.si/en/presentation-evidence
- 13. Arbeitsprogramm der Kommission 2018: Agenda für ein enger vereintes, stärkeres und demokratischeres Europa (COM (2017) 650 final vom 24.10.2017), Anhang II Nummer 10, S. 4.
- 14. Verordnung (EU) Nr. 2016/679 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 27. April 2016 zum Schutz natürlicher Personen bei der Verarbeitung personenbezogener Daten, zum freien Datenverkehr und zur Aufhebung der Richtlinie 95/46/EG (ABl. L 119 vom 4.5.2016, S. 1).
- 15. Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016 (ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1). 2018/0203 (COD)
Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Änderung der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen
Das Europäische Parlament und der Rat der Europäischen Union - gestützt auf den Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union, insbesondere auf Artikel 81, auf Vorschlag der Europäischen Kommission, nach Zuleitung des Entwurfs des Gesetzgebungsakts an die nationalen Parlamente, nach Stellungnahme des Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschusses1, gemäß dem ordentlichen Gesetzgebungsverfahren, in Erwägung nachstehender Gründe:
- (1) Im Interesse des reibungslosen Funktionierens des Binnenmarkts muss die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten bei der Beweisaufnahme weiter verbessert und beschleunigt werden.
- (2) In der Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates2 sind Vorschriften für die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen festgelegt.
- (3) Um eine schnelle Übermittlung von Ersuchen und Mitteilungen sicherzustellen, sollten alle geeigneten Mittel der modernen Kommunikationstechnologie genutzt werden. Daher sollten die gesamte Kommunikation und der gesamte Dokumentenaustausch in der Regel über ein dezentrales IT-System erfolgen, das sich aus nationalen IT-Systemen zusammensetzt.
- (4) Um die gegenseitige Anerkennung digitaler Beweismittel zu gewährleisten, sollte solchen Beweismitteln, die in einem Mitgliedstaat nach dessen Recht erhoben wurden, in anderen Mitgliedstaaten nicht allein wegen ihres digitalen Charakters die Anerkennung als Beweismittel verweigert werden.
- (5) Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 sollte die Möglichkeit unberührt lassen, dass Behörden Informationen im Rahmen von Systemen austauschen, die in anderen Rechtsakten der Union wie der Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates3 oder der Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates4 festgelegt sind, selbst wenn diese Informationen Beweiskraft haben, sodass die Wahl der am besten geeigneten Methode der ersuchenden Behörde überlassen bleibt.
- (6) Das Potenzial von modernen Kommunikationstechnologien, insbesondere Videokonferenzen, die ein wichtiges Mittel zur Vereinfachung und Beschleunigung der Beweisaufnahme darstellen, wird derzeit nicht voll ausgeschöpft. Wenn Beweis erhoben werden soll, indem eine Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, als Zeuge, Partei oder Sachverständiger gehört wird, sollte das Gericht diese Beweisaufnahme unmittelbar per Videokonferenz durchführen, sofern die betreffenden Gerichte über diese Möglichkeit verfügen, wenn es den Einsatz dieser Technologie aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls als angemessen ansieht.
- (7) Um die Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter zu erleichtern, sollten diese im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats innerhalb des Bereichs, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, im Rahmen eines bei den Gerichten des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats anhängigen Verfahrens ohne vorheriges Ersuchen eine Beweisaufnahme in Form einer Anhörung von Staatsangehörigen des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats ohne Zwang durchführen können.
- (8) Da die Ziele dieser Verordnung, unter anderem die Schaffung eines rechtlichen Rahmens, der die schnelle Übermittlung von Ersuchen und Mitteilungen im Zusammenhang mit der Durchführung der Beweisaufnahme sicherstellt, von den Mitgliedstaaten nicht ausreichend verwirklicht werden können, sondern vielmehr auf Unionsebene besser zu verwirklichen sind, kann die Union im Einklang mit dem in Artikel 5 des Vertrags über die Europäische Union verankerten Subsidiaritätsprinzip tätig werden. Entsprechend dem in demselben Artikel genannten Grundsatz der Verhältnismäßigkeit geht diese Verordnung nicht über das für die Erreichung dieses Ziels erforderliche Maß hinaus.
- (9) Nach Artikel 3 und Artikel 4a Absatz 1 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 21 über die Position des Vereinigten Königreichs und Irlands hinsichtlich des Raums der Freiheit, der Sicherheit und des Rechts [haben das Vereinigte Königreich und Irland] [hat das Vereinigte Königreich/Irland] [schriftlich mitgeteilt, dass sie/es sich an der Annahme und Anwendung dieser Verordnung beteiligen möchten/möchte] / [beteiligen sich das Vereinigte Königreich und Irland] [beteiligt sich das Vereinigte Königreich/Irland] [nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für sie/es weder bindend noch ihnen/ihm gegenüber anwendbar ist].
- (10) Nach den Artikeln 1 und 2 des dem Vertrag über die Europäische Union und dem Vertrag über die Arbeitsweise der Europäischen Union beigefügten Protokolls Nr. 22 über die Position Dänemarks beteiligt sich Dänemark nicht an der Annahme dieser Verordnung, die daher für Dänemark weder bindend noch Dänemark gegenüber anwendbar ist.
- (11) Um die Standardformblätter in den Anhängen zu aktualisieren oder technische Anpassungen an diesen Formblättern vorzunehmen, sollte der Kommission die Befugnis übertragen werden, nach Artikel 290 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union Rechtsakte zur Änderung der Anhänge zu erlassen. Es ist von besonderer Bedeutung, dass die Kommission im Zuge ihrer Vorbereitungsarbeit geeignete Konsultationen, auch auf der Ebene von Sachverständigen, durchführt und dass diese Konsultationen nach den Grundsätzen der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung* erfolgen. Um insbesondere eine gleichberechtigte Beteiligung an der Ausarbeitung delegierter Rechtsakte zu gewährleisten, erhalten das Europäische Parlament und der Rat alle Dokumente zur gleichen Zeit wie die Sachverständigen der Mitgliedstaaten, und ihre Sachverständigen haben systematisch Zugang zu den Sitzungen der Sachverständigengruppen der Kommission, die mit der Ausarbeitung der delegierten Rechtsakte befasst sind.
- (12) Nach den Nummern 22 und 23 der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung sollte die Kommission diese Verordnung auf der Grundlage der Informationen evaluieren, die im Rahmen spezifischer Monitoring-Regelungen eingeholt werden, um die tatsächlichen Auswirkungen der Verordnung zu bewerten und zu prüfen, ob weitere Maßnahmen notwendig sind.
- (13) Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 sollte daher entsprechend geändert werden -
- *. Interinstitutionelle Vereinbarung zwischen dem Europäischen Parlament, dem Rat der Europäischen Union und der Europäischen Kommission über bessere Rechtsetzung vom 13. April 2016 (ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1).
Haben folgende Verordnung Erlassen:
Artikel 1
Die Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 wird wie folgt geändert:
1. In Artikel 1 wird folgender Absatz 4 angefügt:
(4) Im Sinne dieser Verordnung bezeichnet der Ausdruck "Gericht" jede Justizbehörde in einem Mitgliedstaat, die für die Durchführung von Beweisaufnahmen nach dieser Verordnung zuständig ist."
2. Artikel 6 erhält folgende Fassung:
"Artikel 6
Übermittlung der Ersuchen und sonstigen Mitteilungen
- (1) Die Ersuchen und Mitteilungen nach dieser Verordnung werden über ein dezentrales IT-System übermittelt, das sich aus nationalen IT-Systemen zusammensetzt; diese sind über eine Kommunikationsinfrastruktur vernetzt, die den sicheren und zuverlässigen grenzüberschreitenden Informationsaustausch zwischen den nationalen IT-Systemen ermöglicht.
- (2) Für die Ersuchen und Mitteilungen, die über das in Absatz 1 genannte dezentrale IT-System übermittelt werden, gilt der mit der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates5 geschaffene allgemeine Rechtsrahmen für die Verwendung von Vertrauensdiensten.
- (3) Erfordern oder enthalten die in Absatz 1 genannten Ersuchen und Mitteilungen ein Siegel oder eine eigenhändige Unterschrift, so können stattdessen "qualifizierte elektronische Siegel" bzw. "qualifizierte elektronische Signaturen" im Sinne der Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates verwendet werden.
- (4) Ist die Übermittlung nach Absatz 1 aufgrund einer unvorhergesehenen außergewöhnlichen Störung des dezentralen IT-Systems nicht möglich oder ist eine solche Übermittlung in anderen Ausnahmefällen nicht möglich, so erfolgt die Übermittlung auf dem schnellstmöglichen Weg, mit dem sich der ersuchte Mitgliedstaat einverstanden erklärt hat."
3. Artikel 17 wird wie folgt geändert:
- a) Absatz 2 wird gestrichen.
- b) Absatz 4 Unterabsatz 3 erhält folgende Fassung:
"Ist dem ersuchenden Gericht innerhalb von 30 Tagen nach Übersendung des Ersuchens nicht mitgeteilt worden, ob dem Ersuchen stattgegeben wurde, so wird davon ausgegangen, dass ihm stattgegeben wurde."
4. Es wird folgender Artikel 17a eingefügt:
"Artikel 17a
Unmittelbare Beweisaufnahme per Videokonferenz
- (1) Soll Beweis erhoben werden, indem eine Person, die ihren Wohnsitz in einem anderen Mitgliedstaat hat, als Zeuge, Partei oder Sachverständiger gehört wird, und ersucht das Gericht nicht nach Artikel 1 Absatz 1 Buchstabe a das zuständige Gericht eines anderen Mitgliedstaats um Beweisaufnahme, so führt das Gericht eine unmittelbare Beweisaufnahme per Videokonferenz nach Artikel 17 durch, wenn es den Einsatz dieser Technologie aufgrund der besonderen Umstände des Einzelfalls als angemessen ansieht und sofern die betreffenden Gerichte über diese Möglichkeit verfügen.
- (2) Wird um eine unmittelbare Beweisaufnahme per Videokonferenz ersucht, so findet die Anhörung in den Diensträumen eines Gerichts statt. Das ersuchende Gericht und die Zentralstelle oder die in Artikel 3 Absatz 3 genannte zuständige Behörde oder das Gericht, in dessen Diensträumen die Anhörung stattfinden soll, vereinbaren die praktischen Modalitäten der Videokonferenz.
- (3) Erfolgt die Beweisaufnahme per Videokonferenz, so
- a) kann die Zentralstelle oder die in Artikel 3 Absatz 3 genannte zuständige Behörde im ersuchten Mitgliedstaat ein Gericht bestimmen, das an der Beweisaufnahme teilnimmt, um die Wahrung der wesentlichen Grundsätze des Rechts des ersuchten Mitgliedstaats zu gewährleisten;
- b) sorgt die Zentralstelle oder die in Artikel 3 Absatz 3 genannte zuständige Behörde erforderlichenfalls auf Ersuchen des ersuchenden Gerichts, der zu hörenden Person oder des Richters im ersuchten Mitgliedstaat, der an der Anhörung teilnimmt, dafür, dass die zu hörende Person oder der Richter von einem Dolmetscher unterstützt wird."
5. Es wird folgender Artikel 17b eingefügt:
"Artikel 17b
Beweisaufnahme durch diplomatische oder konsularische Vertreter
Diplomatische oder konsularische Vertreter eines Mitgliedstaats können im Hoheitsgebiet eines anderen Mitgliedstaats innerhalb des Bereichs, in dem sie ihre Aufgaben wahrnehmen, im Rahmen eines bei den Gerichten des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats anhängigen Verfahrens ohne vorheriges Ersuchen nach Artikel 17 Absatz 1 eine Beweisaufnahme durch Anhörung von Staatsangehörigen des von ihnen vertretenen Mitgliedstaats ohne Zwang durchführen."
6. Nach Artikel 18 wird folgender Abschnitt 6 eingefügt:
"Abschnitt 6 Gegenseitige Anerkennung
Artikel 18a
Digitalen Beweismitteln, die in einem Mitgliedstaat nach dessen Recht erhoben wurden, darf in anderen Mitgliedstaaten nicht allein wegen ihres digitalen Charakters die Anerkennung als Beweismittel verweigert werden."
7. Artikel 19 Absatz 2 erhält folgende Fassung:
(2) Der Kommission wird die Befugnis übertragen, nach Artikel 20 delegierte Rechtsakte zur Änderung der Anhänge zu erlassen, um die Standardformblätter zu aktualisieren oder technische Anpassungen daran vorzunehmen."
8. Artikel 20 erhält folgende Fassung:
"Artikel 20
Ausübung der Befugnisübertragung
- (1) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte wird der Kommission unter den in diesem Artikel festgelegten Bedingungen übertragen.
- (2) Die Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte nach Artikel 19 Absatz 2 wird der Kommission auf unbestimmte Zeit ab dem ... [Tag des Inkrafttretens dieser Verordnung] übertragen.
- (3) Die Befugnisübertragung nach Artikel 19 Absatz 2 kann vom Europäischen Parlament oder vom Rat jederzeit widerrufen werden. Der Beschluss über den Widerruf beendet die Übertragung der in diesem Beschluss angegebenen Befugnis. Er wird am Tag nach seiner Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union oder zu einem im Beschluss über den Widerruf angegebenen späteren Zeitpunkt wirksam. Die Gültigkeit von delegierten Rechtsakten, die bereits in Kraft sind, wird von dem Beschluss über den Widerruf nicht berührt.
- (4) Im Einklang mit den Grundsätzen der Interinstitutionellen Vereinbarung vom 13. April 2016 über bessere Rechtsetzung6 konsultiert die Kommission vor dem Erlass eines delegierten Rechtsakts die von den einzelnen Mitgliedstaaten benannten Sachverständigen.
- (5) Sobald die Kommission einen delegierten Rechtsakt erlässt, übermittelt sie ihn gleichzeitig dem Europäischen Parlament und dem Rat.
- (6) Ein delegierter Rechtsakt, der nach Artikel 19 Absatz 2 erlassen wurde, tritt nur in Kraft, wenn weder das Europäische Parlament noch der Rat innerhalb einer Frist von zwei Monaten nach Übermittlung dieses Rechtsakts an das Europäische Parlament und den Rat Einwände erhoben haben oder wenn vor Ablauf dieser Frist das Europäische Parlament und der Rat beide der Kommission mitgeteilt haben, dass sie keine Einwände erheben werden. Auf Initiative des Europäischen Parlaments oder des Rates wird diese Frist um zwei Monate verlängert."
9. Es wird folgender Artikel 22a eingefügt:
"Artikel 22a
Monitoring
- (1) Die Kommission erstellt spätestens [zwei Jahre nach Geltungsbeginn] ein ausführliches Programm für das Monitoring der Leistungen, Ergebnisse und Auswirkungen dieser Verordnung.
- (2) In dem Monitoring-Programm werden die Instrumente benannt, mit denen Daten und sonstige erforderliche Nachweise zu erfassen sind, und die Zeitabstände der Erfassung angegeben. Darin wird auch festgelegt, welche Maßnahmen die Kommission und die Mitgliedstaaten bei der Erfassung und Auswertung der Daten und sonstigen Nachweise zu treffen haben.
- (3) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für das Monitoring erforderlichen Daten und sonstigen Nachweise."
10. Artikel 23 erhält folgende Fassung:
"Artikel 23
Evaluierung
- (1) Frühestens [fünf Jahre nach Geltungsbeginn dieser Verordnung] führt die Kommission eine Evaluierung dieser Verordnung durch und legt dem Europäischen Parlament, dem Rat und dem Europäischen Wirtschafts- und Sozialausschuss einen Bericht mit den wichtigsten Ergebnissen vor.
- (2) Die Mitgliedstaaten übermitteln der Kommission die für die Ausarbeitung dieses Berichts erforderlichen Angaben."
Artikel 2
Diese Verordnung tritt am zwanzigsten Tag nach ihrer Veröffentlichung im Amtsblatt der Europäischen Union in Kraft.
Sie gilt ab dem [...].
Artikel 1 Nummer 2 gilt jedoch ab dem ... [24 Monate nach Inkrafttreten].
Diese Verordnung ist in allen ihren Teilen verbindlich und gilt gemäß den Verträgen unmittelbar in den Mitgliedstaaten.
Geschehen zu Brüssel am [...]
Im Namen des Europäischen Parlaments Im Namen des Rates
Der Präsident Der Präsident
- 1. ABl. C vom, S. .
- 2. Verordnung (EG) Nr. 1206/2001 des Rates vom 28. Mai 2001 über die Zusammenarbeit zwischen den Gerichten der Mitgliedstaaten auf dem Gebiet der Beweisaufnahme in Zivil- oder Handelssachen (ABl. L 174 vom 27.6.2001, S. 1).
- 3. Verordnung (EG) Nr. 2201/2003 des Rates vom 27. November 2003 über die Zuständigkeit und die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen in Ehesachen und in Verfahren betreffend die elterliche Verantwortung und zur Aufhebung der Verordnung (EG) Nr. 1347/2000 (ABl. L 338 vom 23.12.2003, S. 1).
- 4. Verordnung (EG) Nr. 4/2009 des Rates vom 18. Dezember 2008 über die Zuständigkeit, das anwendbare Recht, die Anerkennung und Vollstreckung von Entscheidungen und die Zusammenarbeit in Unterhaltssachen (ABl. L 7 vom 10.1.2009, S. 1).
- 5. Verordnung (EU) Nr. 910/2014 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. Juli 2014 über elektronische Identifizierung und Vertrauensdienste für elektronische Transaktionen im Binnenmarkt und zur Aufhebung der Richtlinie 1999/93/EG (ABl. L 257 vom 28.8.2014, S. 73).
- 6. ABl. L 123 vom 12.5.2016, S. 1.