Stellungnahme des Bundesrates
Entwurf eines Gesetzes zur Neuregelung des Familiennachzugs zu subsidiär Schutzberechtigten
(Familiennachzugsneuregelungsgesetz)

Der Bundesrat hat in seiner 968. Sitzung am 8. Juni 2018 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:

1. Zu Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a (§ 32 Absatz 1 Nummer 5 AufenthG)

In Artikel 1 Nummer 4 Buchstabe a § 32 Absatz 1 ist Nummer 5 zu streichen.

Begründung:

Die Blaue Karte EU, die ICT-Karte und die Mobiler-ICT-Karte sind Titel des Abschnitts 4 und somit bereits in § 32 Absatz 1 Nummer 1 AufenthG-E enthalten.

2. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 36a Absatz 1 und 2 AufenthG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob und gegebenenfalls wie die Voraussetzungen und das Verfahren für den Familiennachzug zu subsidiär Schutzberechtigten insgesamt noch klarer und rechtssicherer geregelt werden können. Es sollte insbesondere klar bestimmt werden, ob die humanitären Gründe im Sinne von § 36a Absatz 1 und 2 AufenthG-E als Tatbestandsvoraussetzungen (volle gerichtliche Überprüfbarkeit) oder als ermessenslenkende Kriterien (eingeschränkte gerichtliche Überprüfbarkeit) zu verstehen sind. Gleiches gilt für die nach § 36a Absatz 2 Satz 3 und 4 AufenthG-E zu berücksichtigenden Belange des Kindeswohls und Integrationsaspekte. Zudem sollte das Verhältnis dieser Belange zu den humanitären Gründen aus der Vorschrift klar ersichtlich sein. Die Kontingentbestimmung in § 36a Absatz 2 Satz 2 AufenthG-E sollte als Verfahrensregelung bevorzugt getrennt von den materiellen Kriterien in einem eigenen Absatz geregelt werden. Darüber hinaus sollte erwogen werden, eine Verordnungsermächtigung für die Regelung der Einzelheiten des Auswahlverfahrens nach § 36a AufenthG-E mit aufzunehmen.

Begründung:

Es ist zu erwarten, dass die Verwaltungsgerichte über eine Vielzahl von Eilanträgen oder Klagen gegen ablehnende Entscheidungen zum Familiennachzug nach § 36a AufenthG-E zu entscheiden haben. Daher besteht ein besonderes justizielles Interesse an einer praktikablen und rechtssicher zu handhabenden Regelung. Unklarheiten bei der Auslegung der Vorschrift sollten so weit wie möglich vermieden werden. Insbesondere sollte klargestellt werden, ob es sich bei den humanitären Gründen im Sinne von § 36a Absatz 1 und 2 AufenthG-E um Tatbestandsmerkmale oder ermessenslenkende Kriterien handelt. Gleiches gilt für die weiteren Belange in § 36a Absatz 2 Satz 3 und 4 AufenthG-E. Zudem ist das Verhältnis zwischen den aufgeführten humanitären Gründen und den darüber hinaus zu berücksichtigenden Belangen des Kindeswohls und Integrationsaspekten nicht hinreichend klar. Es empfiehlt sich zudem, die Kontingentbestimmung als Verfahrensregelung in einem eigenen Absatz zu regeln. Schließlich sollte erwogen werden, eine Verordnungsermächtigung zur Regelung der Einzelheiten des Verfahrens mit aufzunehmen.

3. Zu Artikel 1 Nummer 6 (§ 36a Absatz 2 Satz 2 AufenthG)

Für den Fall, dass es bei der im Gesetzentwurf vorgeschlagenen Kontingentlösung bleibt, bittet der Bundesrat, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, in welcher Weise ein transparentes und mit den Ländern abgestimmtes Verfahren zur Festlegung eines Rankings geschaffen werden kann. Der vorliegende Gesetzentwurf lässt offen, welche Gewichtung das Bundesverwaltungsamt bei der Anwendung der im Gesetz verankerten Kriterien vornehmen wird. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, die Länder bei der Entwicklung und Gewichtung von Kriterien für ein Ranking zu beteiligen.

4. Zu Artikel 1 Nummer 6 ( § 36a AufenthG)

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren zu prüfen, ob die Zuständigkeit des Bundesverwaltungsamts für die intern rechtlich verbindlichen Entscheidungen einer neu zu schaffenden Rechtsgrundlage bedarf.

Begründung:

Im Rahmen der Visaverfahren haben bislang stets die Auslandsvertretungen, gegebenenfalls unter Beteiligung der zuständigen Ausländerbehörden, über Visaanträge entschieden. Die entsprechenden Rechtsgrundlagen finden sich in § 71 AufenthG und §§ 31 ff. AufenthV. Die Tätigkeiten des Bundesverwaltungsamtes beschränkten sich dabei in der Regel auf den Datentransfer zwischen Auslandsvertretung und Ausländerbehörde. Nunmehr soll das Bundesverwaltungsamt im Rahmen des § 36a AufenthG-E intern rechtlich verbindliche Entscheidungen treffen und dabei unter anderem auch sicherheitsrelevante Sachverhalte verarbeiten. Eine derartige Zuständigkeit ist weder im Aufenthaltsgesetz noch in der Aufenthaltsverordnung verankert.

5. Zum Gesetzentwurf allgemein - Evaluierung

Der Bundesrat bittet, im weiteren Gesetzgebungsverfahren eine Regelung zur Evaluierung in das Gesetz aufzunehmen.

Die im Gesetz vorgesehenen komplexen Prüfvorschriften und deren Ausführung im Zusammenwirken von Bundesverwaltungsamt, Auswärtigem Amt, Auslandsvertretungen, Ausländerbehörden sowie Sicherheitsbehörden von Bund und Ländern stellen Neuerungen dar, deren Wirkung in der Praxis vorab schwer absehbar ist. Der Normenkontrollrat sieht in seiner Stellungnahme "erhebliche Vollzugsunsicherheiten" und hält eine Evaluierung für angezeigt. Er verweist zudem auf einen Beschluss des Staatssekretärs-Ausschusses Bürokratieabbau, wonach Regelungsvorhaben mit einem Erfüllungsaufwand von über eine Million Euro zu evaluieren sind.