888. Sitzung des Bundesrates am 14. Oktober 2011
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union und der Ausschuss für Agrarpolitik und Verbraucherschutz empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat erkennt die Notwendigkeit an, dass die in der Verordnung nach dem bisherigen Komitologiebeschluss vorgesehenen Durchführungsbefugnisse der Kommission überprüft und an die mit dem Vertrag von Lissabon geänderten Möglichkeiten angepasst werden müssen. Dabei müssen jedoch die Vorgaben der Artikel 290 und 291 AEUV strikt beachtet werden. Der Bundesrat nimmt insoweit auf seine Stellungnahme vom 18. März 2011 (BR-Drucksache 097/11(B) ) Bezug.
- 2. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei den weiteren Verhandlungen auf EU-Ebene dafür einzusetzen, dass
- - hinsichtlich der Begriffsbestimmung, Bezeichnung, Aufmachung und Etikettierung von aromatisierten Weinerzeugnissen keine zusätzlichen Tatbestände aufgenommen werden, die über die bisherigen Ermächtigungen der Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 des Rates und über die Regelungsinhalte der Verordnungen hinausgehen, - sofern bestimmte nicht wesentliche Vorschriften im Wege von delegierten Rechtsakten festgelegt werden, diese erst nach vorheriger Anhörung von Experten und Mitgliedstaaten erlassen werden,
- - die Herstellung von aromatisierten Weinen und aromatisierten weinhaltigen Getränken wie bisher Erzeugnissen aus den Mitgliedstaaten der EU vorbehalten bleibt,
- - neue Kriterien für die Anerkennung geografischer Angaben im Segment der aromatisierten Weinerzeugnisse auf das erforderliche Maß beschränkt werden, - die Festlegung neuer Verkehrsbezeichnungen der bisherigen Systematik folgt und die Transparenz für Verbraucherinnen und Verbraucher erhalten bleibt,
- - die Definition von zugelassenen Aromastoffen nicht mit unbestimmten Rechtsbegriffen erfolgt und an dem Erfordernis, dass sich aromatisierte Weinerzeugnisse sensorisch deutlich von ihren Ausgangserzeugnissen gemäß Anhang XIb der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007 unterscheiden müssen, festgehalten wird.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
- - Eine Kompetenzverschiebung der Regelungsbefugnis in allen inhaltlich wesentlichen Bereichen des Vorschlages hin zur Kommission ist weder sachlich zu rechtfertigen noch liegen die Voraussetzungen nach Artikel 290 und 291 des AEUV vor, wonach die Übertragung der Befugnis zum Erlass delegierter Rechtsakte einer inhaltlichen und/oder zeitlichen Begrenzung unterliegt. - Die Herstellung von aromatisierten Weinen und aromatisierten weinhaltigen Getränken aus Drittlandserzeugnissen führt zu Verlusten von Marktanteilen europäischer Erzeuger in diesem Marktsegment.
- - Durch die neuen Kriterien für die Anerkennung geografischer Angaben im Segment der aromatisierten Getränke aus Weinbauerzeugnissen wird die Verordnung im Vergleich zur derzeit gültigen Verordnung (EWG) Nr. 1601/91 umfangreich aufgebläht, obwohl der Geografie in der Bezeichnung solcher Erzeugnissen praktisch kaum Bedeutung zukommt.
- - Die Festlegung neuer Verkehrsbezeichnungen ist unsystematisch und für die Verbraucher verwirrend. Durch den Verzicht auf die Verpflichtung zur Angabe der bisher gängigen Verkehrsbezeichnung neben neu zugelassenen Bezeichnungen wird der Verbraucher in einzelnen Fällen nur unzureichend informiert.
- - Die inhaltlich neuen Regeln zur Definition einer Aromatisierung sind zu unbestimmt, insbesondere im Hinblick auf die Zusammensetzung dieser Stoffe. Durch den Verzicht auf die Voraussetzung, dass sich die in Rede stehenden Erzeugnisse sensorisch deutlich von ihren Ausgangserzeugnissen unterscheiden müssen, fehlt es an der erforderlichen klaren Abgrenzung zu den Erzeugnissen gemäß Anhang XIb der Verordnung (EG) Nr. 1234/2007.