KOM (2005) 35 endg.; Ratsdok. 6417/05
Der Bundesrat hat in seiner 810. Sitzung am 29. April 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt die Mitteilung der Kommission, mit der sie erste Vorstellungen über künftige Strategien der EU zur Bekämpfung der Klimaänderung vorgelegt hat. Er bekräftigt seine bereits in verschiedenen Beschlüssen zum Ausdruck gebrachte Unterstützung für eine nachhaltige Klimavorsorgepolitik.
- 2. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass die Bedeutung einer breiten internationalen Beteiligung bei der Bekämpfung der Klimaänderung nicht überschätzt werden kann. Da in den kommenden Jahrzehnten der Anteil der EU-25-Emissionen an den globalen Treibhausgas-Emissionen auf unter 10 % sinken dürfte, kann die EU alleine die Treibhausgaskonzentrationen in der Atmosphäre nicht nennenswert beeinflussen. Der Bundesrat unterstützt deshalb den Vorschlag der Kommission, durch Diskussionen über Emissionsminderungen innerhalb einer relativ kleinen Gruppe großer Verursacher in einem Rahmen ähnlich wie der G8 die Fortschritte auf globaler Ebene zu beschleunigen, parallel zu energischen Anstrengungen für eine Vereinbarung im Rahmen der UN. Darüber hinaus spricht sich der Bundesrat dafür aus, Schwellen- und Entwicklungsländer bei den anstehenden Investitionen in eine klimaverträgliche Energieinfrastruktur zu unterstützen. Die im Kyoto-Protokoll angelegten Instrumente "Internationaler Emissionshandel" und "Clean Development Mechanism" (CDM) sind für die Verbreitung europäischer Klimaschutztechnologien in diesen Ländern geeignet.
- 3. Da die erforderlichen Maßnahmen zur Reduzierung der Treibhausgas-Emissionen mit einem hohen technischen und wirtschaftlichen Aufwand verbunden sind, hält es der Bundesrat für unverzichtbar, den effizientesten und kostenwirksamsten Mix an Reduktionsmaßnahmen einzusetzen, um neben den Umweltbelangen auch den sozialen und wirtschaftlichen Belangen gerecht zu werden. Zur Vermeidung bzw. Begrenzung von Wettbewerbsverzerrungen zwischen den Mitgliedstaaten und gegenüber anderen Wirtschaftsräumen ist insbesondere auch eine bessere Abstimmung innerhalb der EU bzw. auf internationaler Ebene notwendig.
- 4. Der zum l. Januar 2005 gestartete Emissionshandel auf europäischer Ebene zeigt die Problematik unzureichend koordinierter Klimaschutzmaßnahmen. Es ist nicht gelungen, durch eine Abstimmung der Allokationspläne der Mitgliedstaaten gravierende Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern. Trotz der bereits geleisteten Anstrengungen der deutschen Wirtschaft beim Klimaschutz wird den deutschen Anlagen für den Zeitraum 2005 bis 2007 eine weitere Reduktionslast gegenüber den Emissionen in den Jahren 2000 bis 2002 auferlegt, während nahezu alle anderen Mitgliedstaaten ihren in den Emissionshandel einbezogenen Anlagen mehr Emissionsrechte zuteilen, als diese in der Basisperiode CO₂ emittierten.
Da durch die im Zuteilungsgesetz 2007 festgelegten Allokationsregeln die deutsche Wirtschaft ohne sachliche Berechtigung über Gebühr belastet wird, hatte der Bundesrat am 9. Juli 2004 gegen das Gesetz Einspruch eingelegt, der jedoch vom Deutschen Bundestag zurückgewiesen wurde.
Der Bundesrat hält eine Fortschreibung der bestehenden Nachteile für den Wirtschaftstandort Deutschland im zweiten Allokationszeitraum von 2008 bis 2012 für nicht akzeptabel. Er bittet die Bundesregierung und die Kommission, eine grundlegende Überarbeitung der EU-Richtlinie über ein System für den Handel mit Treibhausgas-Emissionszertifikaten mit dem Ziel anzustreben, Wettbewerbsverzerrungen zu verhindern.
Hierzu gehören neben einheitlichen Grundsätzen für die Erstellung der nationalen Allokationspläne insbesondere eine klare Anlagenabgrenzung, eine deminimis-Regel für die Emission von weniger als 25.000 Jahrestonnen CO₂ und ein einheitliches kosteneffizientes Monitoring-System. Der EU-weite Emissionshandel muss neben umweltpolitischen auch wirtschaftspolitischen Belangen Rechnung tragen.
- 5. Der Bundesrat teilt die Auffassung, dass die Klimaschutzanstrengungen auf weitere Politikbereiche ausgedehnt werden müssen. Insbesondere auf die hohen und weiter steigenden Treibhausgas-Emissionen des internationalen Flugverkehrs ist mit geeigneten Maßnahmen zu reagieren. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung und die Kommission, sich für eine international, zumindest EU-weit abgestimmte Kerosinsteuer einzusetzen.