COM (2018) 321 final
Punkt 21a) der 969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018 und zu
Punkt 21b) Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung des Mehrjährigen Finanzrahmens für die Jahre 2021 bis 2027 - COM (2018) 322 final - Drucksache 167/18 (PDF) -
Punkt 21c) Vorschlag für einen Beschluss des Rates über das Eigenmittelsystem der Europäischen Union - COM (2018) 325 final; Ratsdok. 8357/18 - Drucksache 168/18 (PDF) -
Punkt 21d) Vorschlag für eine Verordnung des Rates zur Festlegung von Durchführungsmaßnahmen für das Eigenmittelsystem der Europäischen Union - COM (2018) 327 final; Ratsdok. 8359/18 - Drucksache 169/18 (PDF) -
Punkt 21e) Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates über den Schutz des Haushalts der Union im Falle von generellen Mängeln in Bezug auf das Rechtsstaatsprinzip in den Mitgliedstaaten - COM (2018) 324 final; Ratsdok. 8356/18 - Drucksache 245/18 (PDF) -
Punkte 21a bis 21e der 969. Sitzung des Bundesrates am 6. Juli 2018
Der Bundesrat möge ergänzend zu BR-Drucksache 166/1/18 wie folgt beschließen:
- 1. Der Bundesrat betont, dass der Vorschlag der Kommission für den Mehrjährigen Finanzrahmen (MFR) der EU nach 2020 ein guter Ausgangspunkt für die anstehenden Verhandlungen der EU-Institutionen ist. Die enge Verknüpfung des Vorschlags mit den politischen Prioritäten der Union der 27 ist richtig und sinnvoll. Die von der Kommission angestrebte klare Ausrichtung des EU-Haushalts auf den europäischen Mehrwert sowie auf Ergebnisse und Effizienz ist zu unterstützen. Die EU ist angesichts ihrer stetig wachsenden Bedeutung und der zahlreichen neuen Herausforderungen finanziell angemessen auszustatten. Der Abschluss der Verhandlungen vor den Europawahlen 2019 ist eine hohe Priorität, auch wenn dies ein ambitioniertes Ziel ist.
- 2. Der Bundesrat hält die vorgesehen finanziellen Einschnitte bei der EU-Kohäsionspolitik für nicht zielführend. Der für Übergangs- und stärker entwickelte Regionen zur Verfügung gestellte Anteil an den Mitteln der Kohäsionspolitik ist anzuheben. Im Hinblick auf den für Deutschland drohenden überproportionalen Rückgang der Strukturfondsmittel ist hier nachzubessern. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Deutschland in besonderer Weise zur Schließung der durch den Brexit entstehenden Einnahmelücke und zur Finanzierung der politisch vereinbarten zusätzlichen Aufgaben beiträgt. Zudem tragen die deutschen Länder als Wachstums- und Innovationslokomotiven überdurchschnittlich zur wirtschaftlichen Stärke und zur Erreichung der Ziele der gesamten EU bei. Sie sollten daher auch in Zukunft stärker in die Strukturfondsförderung einbezogen werden.
- 3. Der Bundesrat begrüßt die von der Kommission vorgesehene Anhebung der oberen Schwelle der Übergangsregionen auf 100 Prozent des relativen BIP pro Kopf. Jedoch muss auch das Mittelvolumen für die Übergangsregionen entsprechend angehoben werden, um einerseits der deutlichen Erweiterung der in der Kategorie förderberechtigten Regionen Rechnung zu tragen und andererseits die Mittel für die stärker entwickelten Regionen nicht zu kürzen. Zu verweisen ist in diesem Zusammenhang auf die Feststellung im Siebten Kohäsionsbericht, wonach gerade Regionen mit einem Bruttoinlandsprodukt pro Kopf nahe dem Durchschnitt der EU an besonderen strukturellen Herausforderungen leiden und in einer "Falle der mittleren Einkommen" zu stagnieren drohen.
- 4. Der Bundesrat fordert, die vorgeschlagenen EU-Kofinanzierungssätze für EFRE, ESF und ELER zu erhöhen. Für die deutschen Regionen bedeutet die vorgeschlagene Absenkung der EU-Kofinanzierung einen erheblichen Einschnitt, der für die bestehenden Fördersysteme nur schwer verkraftbar ist. In Regionen mit vergleichsweise niedriger Förderintensität wird die Förderung über EFRE, ESF und ELER generell unattraktiv. Für Regionen mit überproportionaler Absenkung der EU-Kofinanzierung müssen daher Auffanglösungen gefunden werden.
- 5. Der Bundesrat begrüßt die Aufnahme und Integration von Flüchtlingen sowie die Dekarbonisierung als zusätzliche Indikatoren im Rahmen der "Berlin-Formel". Darüber hinaus sind spezifische demografische Probleme, nämlich einerseits die Überalterung der Bevölkerung und insbesondere der Erwerbsbevölkerung und andererseits das dynamische Wachstum der weltoffenen europäischen Metropolen, als zusätzliche Indikatoren zu berücksichtigen. Die Kommission wird darum gebeten, auch Vorschläge zu machen, wie die Betroffenheit von regionalen Strukturwandelprozessen im Rahmen der "Berlin-Formel" berücksichtigt werden kann.
- 6. Der Bundesrat bedauert sehr, dass die Kommission zwar den bedeutenden europäischen Mehrwert der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (INTERREG) anerkennt, zugleich jedoch eine Kürzung ihrer Gesamtmittel wie auch ihres Anteils an den Mitteln für die Kohäsionspolitik vorsieht. Dies gilt insbesondere für die deutlichen Kürzungen zu Lasten der grenzübergreifenden Zusammenarbeit sowie für den Verzicht auf finanzielle Mittelzuweisungen für die projektorientierte Zusammenarbeit innerhalb des bewährten INTERREG Europe-Programms. Die INTERREG-Förderung leistet einen fundamentalen Beitrag zur europäischen Integration und zur Förderung eines guten nachbarschaftlichen Miteinanders in Europa. Für INTERREG ist daher eine Mittelausstattung im kommenden MFR vorzusehen, die mindestens jener der aktuellen Förderperiode entspricht.
- 7. Der Bundesrat unterstützt alle Vorschläge der Kommission zur Vereinfachung im Rahmen der Förderung aus EFRE, ESF, EGFL und ELER. Wünschenswert sind hierzu jedoch weitere Konkretisierungen durch die Kommission und am Ende des Verhandlungsprozesses signifikante tatsächliche Erleichterungen für Verwaltungsbehörden sowie Begünstigte der Förderung.
- 8. Der Bundesrat sieht die Kürzungsvorschläge im Bereich der Gemeinsamen Agrarpolitik (GAP) kritisch, insbesondere die überproportionalen Kürzungen in der zweiten Säule. Die GAP leistet in der gesamten EU wichtige Beiträge zu den strategischen Prioritäten der EU. Dazu gehören die Ziele einer nachhaltigen, ressourcen- und umweltschonenden und wettbewerbsfähigen Wirtschaft sowie Natur- und Klimaschutz, Wachstum, Beschäftigung, und sozialer Zusammenhalt. Die EU-Ziele im Bereich der biologischen Vielfalt wurden bisher nicht erreicht. Eine angemessene Finanzierung der Umsetzung der einschlägigen EU-Naturschutzrichtlinien, der FFH- und Vogelschutzrichtlinie, die gemeinsam das Natura-2000-Schutzgebietsnetz bilden, muss daher sichergestellt sein.
- 9. Der Bundesrat betont, dass die neuen Umsetzungsstrukturen nicht dazu führen dürfen, dass die Förderung aus dem ELER auf nationaler Ebene zentralisiert wird und regionale Gestaltungsspielräume verloren gehen. Die Kommission wird aufgefordert sicherzustellen, dass fondsübergreifende Förderansätze zwischen ELER, EFRE und ESF möglich bleiben und der regionalen Zusammenarbeit zwischen diesen Fonds keine zusätzlichen regulatorischen oder bürokratischen Hindernisse in den Weg gestellt werden.
- 10. Der Bundesrat hält die Bestrebungen der Kommission, die strategische Forschungspolitik, die Innovationsfähigkeit und den europäischen Forschungsraum zu stärken sowie Exzellenz und Subsidiarität als Grundprinzipien der europäischen Forschungsförderung zu verankern, für besonders unterstützenswert. Hierzu sollten auch weiterhin die ESI-Nachfolge-Fonds beitragen. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, das Programm Erasmus+ deutlich auszuweiten. Im Ausbau der transeuropäischen Netze in allen drei Bereichen - Verkehr, Energie und Digitales - wird der europäische Mehrwert besonders sichtbar. Dies gilt auch für die Investitionen in Verkehrssysteme und die grenzüberschreitende Verkehrsinfrastruktur. Die vorgeschlagene Mittelausstattung für das Programm "Horizont Europa" und die "Connecting Europe Facility" werden deshalb begrüßt. Daran ist in den weiteren Verhandlungen festzuhalten.
- 11. Der Bundesrat begrüßt das Vorhaben der Kommission, für die Einbeziehung von Klimabelangen in alle EU-Programme noch ehrgeizigere Ziele zu setzen. Der geplante Einsatz jedes vierten Euros der EU-Ausgaben zur Verwirklichung der Klimaziele ist hierfür ein starkes Signal. Dies ist eine notwendige Maßnahme, um das Klimaabkommen von Paris umzusetzen. Der Bundesrat weist gleichzeitig darauf hin, dass für die klimaschutzwirksame Mittelverwendung eine höhere Kohärenz der verschiedenen Politikbereiche erforderlich ist. Es ist sicherzustellen, dass neben Maßnahmen der CO₂-Minderung auch Maßnahmen zur Klimafolgenanpassung unterstützt werden. Bei der Nachverfolgung der klimabezogenen Ausgaben sind geeignete Indikatoren und Gewichtungen zu wählen.
Begründung (nur gegenüber dem Plenum):
Die vorstehenden 11 Ziffern stellen die Kernforderungen der Länder zur Zukunft des MFR und der EU-Förderung dar. Sie sollten der detaillierten und nach den einzelnen Themen und Kapiteln des MFR-Entwurfs gegliederten Stellungnahme zu den 5 Drucksachen des MFR-Pakets vorangestellt werden.