Der Bundesrat hat in seiner 931. Sitzung am 6. März 2015 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt grundsätzlich das Ziel, mit der Einrichtung des Europäischen Fonds für strategische Investitionen (EFSI) zusätzliche Investitionen zu ermöglichen. Der Bundesrat verweist in diesem Zusammenhang auf seine Stellungnahme zur Mitteilung der Kommission "Eine Investitionsoffensive für Europa" (BR-Drucksache 580/14(B) ). Der EFSI, der Aufbau einer Europäischen Plattform für Investitionsberatung sowie ein europäisches Investitionsprojekteverzeichnis können einen Beitrag leisten, die Investitionsschwäche zu beseitigen.
- 2. Der Bundesrat unterstützt die zeitlich ambitionierte Planung der Kommission und des Ratsvorsitzes zur Umsetzung des Verordnungsvorschlages, damit der EFSI möglichst noch 2015 seine Arbeit aufnehmen kann. Er geht davon aus, dass unbeschadet dessen die Verfahren zur Beteiligung des Bundesrates eingehalten werden.
- 3. Es sollte auch nicht aus dem Blick geraten, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Berechenbarkeit der regulatorischen Rahmenbedingungen und die Vollendung des Binnenmarktes weitere wichtige Elemente der Investitionsoffensive darstellen und parallel weiter vorangebracht werden müssen.
- 4. Der Bundesrat begrüßt, dass strategische Investitionen besonders der Entwicklung von kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) zugutekommen sollen.
- 5. Es müssen dabei nach Auffassung des Bundesrates bestimmte Anforderungen hinsichtlich der Mobilisierung der Finanzmittel und der Lenkung in die Realwirtschaft erfüllt werden.
- 6. Der Bundesrat hält die Einrichtung einer Europäischen Plattform für Investitionsberatung für einen richtigen Schritt im Zusammenhang mit der Schaffung des EFSI.
- 7. Die Rolle der Investitionsplattformen sollte jedoch klarer gefasst werden, insbesondere in welchem Verhältnis die dort unterstützten und begleiteten Projekte zu einer Förderung durch den EFSI stehen.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung dafür einzutreten, dass die Kommission die Aufstockung von Verwaltungsaufgaben der Europäischen Investitionsbank (EIB), und den damit verbundenen Mehraufwand in Höhe von 158 Millionen Euro bis 2020, wie sie nach Artikel 2 und Ziffer 4 der Begründung des Verordnungsvorschlags vorgesehen sind, kritisch hinterfragt. Die Kommission möge vielmehr, gegebenenfalls unter Änderung von Prioritäten und Umschichtung von Aufgaben, die Abdeckung des mit der Investitionsoffensive verbundenen möglichen Beratungs- und Steuerungsbedarfs möglichst aufwandsneutral organisieren.
- 9. Der Bundesrat begrüßt den Umfang von 315 Milliarden Euro an Investitionen, die infolge der Hebelwirkungen des EFSI in den Mitgliedstaaten ausgelöst werden sollen. Gleichzeitig bittet der Bundesrat die Bundesregierung, die Kommission um Auskunft zu ersuchen, in welchem Umfang infolge von Umschichtungen aus dem Rahmenprogramm für Forschung und Innovation Horizont 2020 und aus der Fazilität "Connecting Europe" dort Investitionen ausbleiben, die in eine Gegenrechnung einfließen müssten.
- 10. Das Ziel, die von Seiten der Kommission genannten Investitionsmittel von 315 Milliarden Euro in den Jahren 2015 bis 2017 in den Mitgliedstaaten zu mobilisieren, ist ambitioniert und birgt das Risiko suboptimaler Mittelverwendungen. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sofern sie Einfluss auf die zur Mittelsteuerung vorgesehenen Gremien erhält, dafür Sorge zu tragen, dass die gebotene Sorgfalt bei der Projektauswahl und der Investitionskontrolle angewandt wird.
- 11. Insbesondere lehnt der Bundesrat jegliche Übernahme von EU-Garantien oder andere Förderinstrumente für Investitionen in Atomkraftwerke ab.
- 12. Der Bundesrat betont die Wichtigkeit der Berücksichtigung der Bereiche Umwelt und natürliche Ressourcen in den Bestimmungen zum Einsatz der EU-Garantie. Er spricht sich dafür aus, den im Verordnungsvorschlag formulierten Anwendungsbereich und die benannten allgemeinen Ziele um die Bereiche Klimaschutz und Nachhaltigkeit zu erweitern.
- 13. Der Bundesrat hält es für notwendig und zielführend, die Mittel des EFSI insbesondere dazu einzusetzen, Technologieführerschaft in wichtigen Zukunftsbranchen anzustreben und zu sichern. Die aktuellen Innovationsstrategien der Länder bilden hierzu im Einklang mit der Europa-2020-Strategie eine gute, auf den regionalen Stärken basierte Handlungsgrundlage. Deshalb sollten sich die Investitionen des EFSI auf Projekte in Forschung und Entwicklung sowie marktrelevante Innovationen entsprechend fokussieren, beispielsweise in den Bereichen Informations- und Kommunikationstechnologie sowie allen Bereichen der digitalen Gesellschaft und der Industrie 4.0, Breitbandversorgung, Umwelttechnik, Gesundheitswirtschaft, Werkstoffe, grenzüberschreitende Energie- und Energiespeicherinfrastruktur, Energie- und Ressourceneffizienz sowie Erneuerbare Energien.
- 14. Bei den nun vorgesehenen Regelungen insbesondere für die Leitungsstruktur und die strategische Ausrichtung des EFSI und im Hinblick auf die Auswahl der Projekte sieht der Bundesrat noch Änderungsbedarf.
- 15. Die in der vorgeschlagenen Verordnung vorgesehene Stimmberechtigung im Lenkungsrat für jeden der EFSI-Vereinbarung beitretenden Mitgliedstaat oder privaten Dritten in Höhe des jeweiligen Beitrags wird kritisch gesehen. Der Lenkungsrat entscheidet über die strategische Ausrichtung und Portfoliostrukturierung sowie die operationellen Grundsätze und ernennt die unabhängigen Experten des Investitionsausschusses. Er legt damit die Regeln für die tatsächlichen Entscheidungen des Investitionsausschusses fest und nimmt unmittelbar Einfluss auf die Auswahl der Mitglieder des Investitionsausschusses. Auch wenn einvernehmliche Beschlüsse des Lenkungsrates angestrebt werden, ist letztendlich eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit und einem Vetorecht für die Kommission und die EIB vorgesehen. Der Lenkungsrat sollte frei von jeglicher tatsächlicher oder hypothetischer Einflussnahme durch die Mitgliedstaaten oder private Dritte bleiben.
- 16. Der Verordnungsvorschlag lässt zudem nicht erkennen, dass das Verwaltungssystem des EFSI sicherstellen wird, dass Forschungs- und Entwicklungsvorhaben vom EFSI in einem angemessenen Ausmaß profitieren können.
- 17. Der Bundesrat teilt die Auffassung der Kommission, dass eine wirtschaftliche und technische Tragfähigkeit für alle durch den Fonds finanzierten Projekte gegeben sein muss (Erwägungsgrund 16). Im Rahmen der Projektprüfung sollte auch sichergestellt werden, dass durch den EFSI keine privaten Projektfinanzierungen verdrängt werden.
- 18. Nach Auffassung des Bundesrates ist bei der Konkretisierung der Investitionsgrundsätze des EFSI zur Vermeidung von Fehlinvestitionen eine Projektauswahl nach strengen Kriterien sicherzustellen.
- 19. Der Bundesrat hält es für geboten, dass bei den Investitionsgrundsätzen und den Kriterien der Projektauswahl neben wirtschaftspolitischen Kriterien auch solche in engem Zusammenhang mit den Zielen der EU beim Klima- und Umweltschutz berücksichtigt werden.
- 20. Zu den Kriterien für die Projektauswahl sollten daher die Sicherung eines europäischen Mehrwertes, die Förderung nachhaltigen Wachstums, die besondere Berücksichtigung von KMU und die Aktivierung von weiteren privaten Investitionen zählen.
- 21. Dabei sollten die Investitionsgrundsätze so ausgestaltet werden, dass ein möglichst nachhaltiges Wachstum in Europa erzielt wird und insbesondere Projekte gefördert werden, die zu mehr Beschäftigung und einer Senkung insbesondere von Jugendarbeitslosigkeit beitragen.
- 22. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass Investitionen in Innovationen und Forschung entscheidend sind für Europas Zukunftsfähigkeit und der EFSI einen möglichst großen Beitrag zur Stärkung Europas Wettbewerbs- und Zukunftsfähigkeit leisten soll. Er unterstreicht, dass die Auswahlkriterien gemäß Artikel 5 der vorgeschlagenen Verordnung präzisiert werden müssen, damit gewährleistet werden kann, dass mit dem EFSI gerade auch innovative und nachhaltige Projekte unterstützt werden.
- 23. In Zusammenhang mit den Investitionsgrundsätzen und der Projektauswahl ist der Bundesrat der Auffassung, dass eine Entscheidung nach sektoralen oder geographischen Quoten den oben genannten Gedanken widersprechen würde.
- 24. Der Bundesrat begrüßt daher ausdrücklich, dass die Projektauswahl durch unabhängige Experten mit ausreichender Erfahrung sowie ohne geografische Quoten nur anhand projektspezifischer Vor- und Nachteile erfolgen soll (Artikel 3 Absatz 5). Die Überprüfung der genannten Kriterien und Auswahl von konkreten Projekten nach objektiven und transparenten Maßstäben sollte durch Experten erfolgen.
- 25. Der Bundesrat erachtet das von der Kommission geplante Europäische Investitionsprojekteverzeichnis als ein sinnvolles Instrument zur Identifizierung förderungs- und investitionswürdiger Initiativen.
- 26. Die Regelung zum Europäischen Investitionsprojekteverzeichnis bedarf aber der Konkretisierung. Zwar wird dort ausgeführt, dass dieses Verzeichnis nicht der endgültigen Projektauswahl vorgreift. Es sollte aber auch klargestellt werden, dass nicht nur Projekte gefördert werden können, die zuvor in das Verzeichnis aufgenommen wurden. Insbesondere darf es hierbei, wie in Artikel 9 festgelegt, zu keinerlei Vorfestlegungen bezüglich einer möglichen Finanzierung durch den EFSI kommen.
- 27. Aus Sicht des Bundesrates ist das vorgesehene Investitionsprojekteverzeichnis so transparent wie möglich auszugestalten und nach den für private Investoren üblichen relevanten Kriterien (zum Beispiel Finanzierungsvolumen, Risikoklasse, Eigen- oder Fremdkapital, Branche, regionaler Schwerpunkt et cetera) zu klassifizieren. Er bittet die Bundesregierung, bei der Erstellung und Aktualisierung des Verzeichnisses die Länder kontinuierlich mit einzubeziehen, das Verfahren transparent zu gestalten und einen angemessenen zeitlichen Ablauf zu gewährleisten. Es sollte zudem klargestellt werden, dass sich Investoren für mögliche Projektfinanzierungen unmittelbar an die EIB wenden können. Abgelehnt wird die Pflicht für die Mitgliedstaaten, nationale Verzeichnisse zu erstellen. Es wird darin kein Mehrwert für Investitionen gesehen, und zudem wirft dies schwierige Fragen zum Verhältnis zum Europäischen Verzeichnis auf.
- 28. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung im Hinblick auf die Zielsetzung der Initiative, eine schnelle Realisierung der Investitionen insbesondere mit Blick auf eine rechtssichere Umsetzung des europäischen Beihilferechts sicherzustellen. Dabei ist der besonderen Förderwürdigkeit von KMU entsprechend Rechnung zu tragen.
- 29. Er bedauert, dass die sehr unterschiedlichen Kürzungen der einzelnen Programmlinien von Horizont 2020 nicht begründet werden und keinen klaren Kriterienkatalog erkennen lassen. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass sofern die Verwendung von Horizont-2020-Mitteln verwirklicht werden sollte die Lasten der vorgeschlagenen Kürzung des Horizont-2020-Budgets sachgerecht und nach transparenten Kriterien auf die einzelnen Programmlinien zu verteilen sind und dass insbesondere die Programmlinie "Zugang zu Risikokapital" einen deutlichen Beitrag zur Finanzierung des EFSI leisten muss.
- 30. Die Einrichtung des EFSI ist eine außerordentliche Maßnahme, mit der die Kommission die Investitionstätigkeit erhöhen will, die infolge der Wirtschaftsund Finanzkrise erheblich gesunken ist. Obwohl die Investitionsinitiative der Kommission auf die Jahre 2015 bis 2017 ausgelegt ist, sieht der Verordnungsvorschlag keine Befristung der Laufzeit des EFSI vor. Der EFSI und die damit verbundene EU-Garantie sollten daher, unbeschadet genehmigter Garantien, bis Ende 2017 befristet werden. Über eine darüber hinausgehende Fortführung bei Bewährung des EFSI sollte der Rat entscheiden.
- 31. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.