Der Bundesrat hat in seiner 957. Sitzung am 12. Mai 2017 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt, dass die Kommission die Erneuerbare-Energien-Richtlinie aus dem Jahr 2009 mit Zielvorstellungen für das Jahr 2020 fortschreiben wird. Er begrüßt weiter, dass diese Fortschreibung im Paket mit anderen, für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien wichtigen Verordnungen und Richtlinien vorgenommen wird und damit eine koordinierte und kohärente Umsetzung der Klima- und Energiestrategie der Energieunion erfolgen soll.
- 2. Der Bundesrat unterstützt den Ansatz, Berichtspflichten zusammenzufassen und anzugleichen, die Öffentlichkeit stärker zu beteiligen und die Kommunikation mit der Kommission und den Mitgliedstaaten zu optimieren. Zudem begrüßt er es, dass der Richtlinienvorschlag von den Mitgliedstaaten verlangt, der Kommission integrierte Energie- und Klimapläne zur Prüfung vorzulegen.
- 3. Auch wenn der Zeitplan für die Weiterentwicklung der für den Ausbau der erneuerbaren Energien relevanten EU-Verordnungen und -Richtlinien sehr ambitioniert ist, unterstützt der Bundesrat diesen angesichts der Dringlichkeit der Umsetzung des Pariser Klimaschutzübereinkommens ausdrücklich.
- 4. Der Bundesrat hält die pauschale Vorgabe, darauf hinzuwirken, den Erneuerbaren-Energien-Anteil im Bereich Wärme- und Kälteversorgung um 1 Prozent pro Jahr zu steigern, jedoch für kein geeignetes Mittel. Aus seiner Sicht ist insbesondere positiv zu werten, dass die Kommission ausdrücklich die nationalen erneuerbaren Energien-Ausbauziele anerkennt. Hierbei ist jedoch darauf zu achten, dass die Anstrengungen gewürdigt werden, welche die Mitgliedstaaten im Bereich der erneuerbaren Energien in der Vergangenheit bereits geleistet haben. Namentlich Deutschland gehört im europäischen Vergleich zu den Spitzenreitern. Es darf nicht dazu kommen, dass das verbindliche Gesamtziel der EU allein von den europäischen Vorreitern im Bereich erneuerbarer Energien getragen wird.
- 5. Der Bundesrat hat die Sorge, dass ohne verbindliche Vorgaben zu Mindest-Ausbauzielen für jeden Mitgliedstaat und ohne damit verbundene konkrete Sanktionsregelungen bei Nichterreichen der Fall eintreten könnte, dass das EU-Ziel für den Anteil erneuerbarer Energien am EU-Endenergieverbrauch verfehlt wird.
- 6. Er spricht sich daher für die Einführung verbindlicher Mindest-Ausbauziele für erneuerbare Energien für jeden Mitgliedstaat und entsprechende Sanktionsregelungen bei Nicht-Erreichung dieser Ziele aus.
- 7. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass innerhalb der EU gemeinsame Regelungen für Fördersysteme erforderlich sind, um das Ziel einer stärkeren Harmonisierung der Fördersysteme zu erreichen und damit auch Rechtssicherheit für die Fortentwicklung bestehender Fördersysteme herzustellen. Auch aufgrund des unterschiedlichen Entwicklungsstandes der Energiewende in den Mitgliedstaaten sollten diese Regelungen den Mitgliedstaaten jedoch weiterhin auch Spielräume bei der Ausgestaltung der Fördersysteme ermöglichen. Es sollte beispielsweise klargestellt werden, dass sowohl fixe als auch gleitende Marktprämien möglich und technologiespezifische Ausschreibungen sowie eine Förderung bei negativen Preisen zulässig sind.
- 8. Er sieht jedoch die geplante stärkere Öffnung der nationalen Förderregelungen für erneuerbare Energien für Betreiber in anderen Mitgliedstaaten kritisch. Wettbewerbsverzerrungen zulasten deutscher Betreiber müssen vermieden werden. Mindestquoten für eine Öffnung sind aus Sicht des Bundesrates nur dann akzeptabel, wenn die Mitgliedstaaten darüber hinaus selbst über den Umfang der Öffnung entscheiden können. Zudem ist auf Gegenseitigkeit zu achten, und der geförderte Strom muss auch physikalisch im jeweiligen nationalen Stromnetz eingespeist werden.
- 9. Der Bundesrat hält zudem konkretere Regeln sowohl für die geplante Finanzierungsplattform für erneuerbare Energien als auch für die sogenannten speziellen Maßnahmen der regionalen Zusammenarbeit für erforderlich.
- 10. Er stellt fest, dass der Einspeisevorrang für erneuerbare Energien künftig nicht mehr in der Erneuerbare-Energien-Richtlinie, sondern in der EU-Elektrizitätsbinnenmarkt-Verordnung geregelt werden soll. Der Bundesrat spricht sich gleichwohl auch an dieser Stelle ausdrücklich für den Erhalt des Einspeisevorrangs für erneuerbare Energien aus. Die Beibehaltung des Einspeisevorrangs ist für den weiteren Ausbau der erneuerbaren Energien unabdingbar und notwendig für das Erreichen der klimapolitischen Ziele der EU.
- 11. Der Bundesrat bekräftigt die Bedeutung der Durchführung von Planungs- und Genehmigungsverfahren für den Ausbau der erneuerbaren Energien und damit für die Energiewende insgesamt. Er begrüßt daher die Intention der von der Kommission vorgeschlagenen Richtlinie zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen, eine zügige Durchführung von Genehmigungsverfahren sicherzustellen.
- 12. Im Hinblick auf die in Artikel 16 des Richtlinienvorschlags vorgesehenen neuen Vorgaben zur Organisation von Genehmigungsverfahren für Erneuerbare-Energien-Anlagen betont der Bundesrat den Zusammenhang einer solchen Regelung mit der Zuständigkeitsordnung des Grundgesetzes und der darin enthaltenen Verantwortung der Länder und des Bundes für die Durchführung von Genehmigungsverfahren.
- 13. Artikel 16 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags sieht vor, eine zentrale Anlaufstelle für Verwaltungsangelegenheiten zu schaffen. Diese soll die Verfahren zur Erteilung von Bau- und Betriebsgenehmigungen für Anlagen zur Erzeugung und Verteilung von Energie aus erneuerbaren Quellen koordinieren. Die Verfahren sollen durch eine Genehmigungsentscheidung der zentralen Anlaufstelle abgeschlossen werden, die grundsätzlich innerhalb einer dreijährigen Frist zu treffen ist. Die Regelung beträfe das Baugenehmigungsverfahren nach den Bauordnungen der Länder.
Die Bundesregierung wird gebeten, bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass der Vorschlag zentraler Anlaufstellen für Verwaltungsangelegenheiten bei der Erteilung von Bau- und Betriebsgenehmigungen für Anlagen im Sinne der in Deutschland bereits bestehenden Konzentrationswirkung von Genehmigungsverfahren (zum Beispiel § 13 Bundesimmissionsschutzgesetz - BImSchG) und dem damit verbundenen Koordinierungsgebot (zum Beispiel § 10 Absatz 5 BImSchG) klargestellt wird. Hierdurch wird bereits eine ausreichende Vereinfachung, Vereinheitlichung und Beschleunigung der Verfahren erzielt und zugleich ein ausreichender örtlicher Bezug gewahrt. Das Konzept eines "one stop shop" pro Mitgliedstaat im Sinne einer Genehmigungsbehörde mag für kleinere Mitgliedstaaten passend sein. Für große und erst recht föderal organisierte Mitgliedstaaten wie Deutschland ist eine Genehmigungsbehörde oder eine Koordinierungsbehörde für alle ErneuerbareEnergien-Anlagen einschließlich des dazugehörigen Netzanschlusses nicht sinnvoll. Zum einen unterfallen wegen unterschiedlicher Beschaffenheit nicht alle diese Anlagen dem Immissionsschutzrecht, sondern zahlreiche Anlagen dem Baurecht und schon von daher dem Zuständigkeitsbereich unterschiedlichen Behörden. Zum anderen bleibt angesichts unterschiedlicher landesrechtlicher Gegebenheiten und einer Vielzahl laufender Verfahren eine Durchführung der Verfahren durch mit diesen Gegebenheiten vertrautem Personal sinnvoll. Auch dürften ortsnahe Entscheidungen der Akzeptanz der Energiewende zuträglicher sein als eine zentrale Anlaufstelle in Form einer Zentralbehörde.
Gegen den Regelungsvorschlag bestehen Bedenken aus bauaufsichtlicher Sicht. Es ist nicht erforderlich, auf nationaler Ebene eine zentrale Anlaufstelle für Verwaltungsangelegenheiten zu schaffen. Die von dem Richtlinienvorschlag für die zentrale Anlaufstelle vorgesehenen Aufgaben - Information, Koordinierung und Einbeziehung anderer Behörden - werden bereits von den Baugenehmigungsbehörden erfüllt. Im Baugenehmigungsverfahren wird die Erforderlichkeit weiterer öffentlichrechtlicher Genehmigungen geprüft und die Beteiligung berührter Fachbehörden veranlasst.
Eine neue zentrale Anlaufstelle würde die Baugenehmigungsverfahren nicht beschleunigen, sondern zu zusätzlichem Koordinierungsaufwand und Doppelprüfungen führen, die die zügige Abwicklung der Genehmigungsverfahren hemmen. Damit würde die Umsetzung der vorgeschlagenen Richtlinie dem in den Ländern und von der Richtlinie selbst verfolgten Ziel der Beschleunigung der Baugenehmigungsverfahren widersprechen.
- 14. Die Bundesregierung wird gebeten, bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass der Vorschlag von Verfahrenshandbüchern dahingehend klargestellt wird, dass diese auch weiterhin technologiespezifisch durch die übergeordneten Landesbehörden erfolgen können. Es bestehen teilweise bereits umfangreiche Verfahrenshandbücher der Länder zum Beispiel in Form von Windenergie erlassen, fachbezogenen Leitfäden und weiteren Erlassen, welche die Verwaltungspraxis in den Ländern - zum Teil auf Basis länderspezifischer Regeln - standardisieren. Es besteht kein Bedarf an europäischen Vorgaben für die Verwaltungspraxis der Länder.
- 15. Artikel 17 des Richtlinienvorschlags (Verfahren für die einfache Mitteilung) ordnet die automatische Genehmigung des "Repowerings" von Anlagen zur Erzeugung von Energie aus erneuerbaren Quellen an, wenn das "Repowering" der zentralen Anlaufstelle mitgeteilt wird und sie die Mitteilung für hinreichend erachtet. "Repowering" wird von Artikel 2 Unterabsatz 2 Buchstabe z des Richtlinienvorschlags als "die Modernisierung von Kraftwerken, die erneuerbare Energie erzeugen, einschließlich des vollständigen oder teilweisen Austauschs von Anlagen oder Betriebssystemen und -geräten zum Ausgleich von Kapazität oder zur Steigerung der Effizienz" definiert.
Es bestehen Bedenken gegen das mit Artikel 17 des Richtlinienvorschlags vorgesehene "Verfahren für die einfache Mitteilung". Die Modernisierung von Kraftwerken wird häufig ein nach den Bauordnungen der Länder genehmigungsbedürftiges Vorhaben sein. Ob das "Repowering"-Vorhaben der automatischen Genehmigung unterfällt, bestimmt die zentrale Anlaufstelle nach den Vorgaben des Artikels 17 Absatz 2 Unterabsatz 1 Satz 1 des Richtlinienvorschlags allein anhand seiner ökologischen und sozialen Auswirkungen. Eine Prüfung, ob baurechtliche und gegebenenfalls weitere öffentlichrechtliche Belange betroffen sind, ist nicht vorgesehen. Auf eine solche Prüfung kann jedoch nicht verzichtet werden. Die Entscheidung über die Zulässigkeit von Modernisierungsvorhaben sollte daher weiter nach bestehendem Recht in der Verantwortung der zuständigen Genehmigungsbehörden verbleiben.
- 16. Der Bundesrat weist die Bundesregierung vorsorglich darauf hin, dass das in den Formulierungen der Kommission zum Ausdruck kommende Verständnis des "Repowerings" bestehender Anlagen zur Erzeugung erneuerbarer Energien sich eher mit dem Begriff der Instandhaltung deckt als mit dem bisher hierunter im Bundesrecht verstandenen Ersatzneubau. Aufgrund des für größere und damit leistungsstärkere Anlagen regelmäßig erforderlichen neuen Standorts werden diese wie Neuanlagen behandelt. Es wäre zielführend, klarzustellen, dass die Instandhaltung von Bestandsanlagen und ein "Repowering" in Form eines Ersatzneubaus an einem anderen Ort unterschiedliche Fallkonstellationen darstellen, die genehmigungsrechtlich unterschiedlich zu behandeln sind.
- 17. Der Bundesrat begrüßt die europäische Zielsetzung, den diskriminierungsfreien Zugang zu Fernwärme- und Kältesystemen aus erneuerbaren Quellen für Dritte zu eröffnen. Dies entspricht § 19 Absatz 1 in Verbindung mit 2 Nummer 4 Kartellgesetz, der auf einfachgesetzlicher Ebene bereits einen wettbewerbsrechtlichen Anspruch Dritter auf Mitbenutzung der Netze zur Belieferung eigener Kunden vorsieht. Die Durchleitungsrechte Dritter sollten dabei unter dem Vorbehalt der technischen Machbarkeit, der energetischen Effizienz und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit sowohl für den Netzbetreiber als auch für die Energieverbraucher stehen.
- 18. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung deshalb auf, bei der Umsetzung der Richtlinie in nationales Recht beim diskriminierungsfreien Drittzugang zu den Wärme- und Kältenetzen einerseits sowie bei der Wechselmöglichkeit von Energieverbrauchern andererseits die jeweiligen Besonderheiten des Fernwärmenetzes zu berücksichtigen.
- 19. Er begrüßt den ambitionierten Vorschlag der Kommission, mit Artikel 24 des Richtlinienvorschlags die Rolle der Energieverbraucher durch zusätzliche Informationen über die Energieeffizienz zu stärken. Der Bundesrat sieht jedoch bei der Wechselmöglichkeit nach Artikel 24 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags die Notwendigkeit, Wärmenetze zu schützen, um einen Stillstand bei deren Neu- und Ausbau zu verhindern. Dafür sollte weiterhin als Voraussetzung neben Artikel 2 Nummer 41 der Energieeffizienz-Richtlinie auch Artikel 2 Nummer 42 gelten, um Fernwärmenetze, die nicht den Anspruchsvoraussetzungen des Artikels 2 Nummer 41 genügen, zu schützen.
- 20. Der Bundesrat ist der Auffassung, dass es erheblicher Anstrengungen im Verkehrssektor bedarf, um einen angemessenen Beitrag zur Erreichung der Mindestziele von 27 Prozent erneuerbarer Energien am Bruttoendenergieverbrauch und 30 Prozent Senkung der Treibhausgasemissionen gegenüber 2005 bis 2030 in den Sektoren Verkehr, Gebäude und Landwirtschaft zu erreichen.
- 21. Er stellt fest, dass herkömmliche Biokraftstoffe aus Nahrungs- und Futterpflanzen im Verkehrssektor bisher den größten Beitrag zur Zielerreichung leisten. Zum Erhalt dieses Beitrages regt er an, heimische und importierte herkömmliche Biokraftstoffe differenziert unter weiteren objektiven Gesichtspunkten zu betrachten, um Folgeprobleme wie indirekte Landnutzungsänderungen zu vermeiden. Zur differenzierten Betrachtung kann beispielsweise die Berücksichtigung der Nutzung von Koppelprodukten als Tierfutter und die Anrechnung eingesparter Import-Futtermittel bei der Bilanzierung der Treibhausgasemissionen und bei der Bewertung indirekter Landnutzungsänderungen beitragen.
- 22. Neben dem nicht unwesentlichen Beitrag zur Dekarbonisierung des Verkehrssektors sind die bei der Erzeugung anfallenden Koppelprodukte ein zentraler Bestandteil der regionalen, nationalen und europäischen Eiweißstrategien.
- 23. Der Bundesrat begrüßt, dass fortschrittliche Kraftstoffe im Verkehrssektor eine zunehmende Rolle spielen sollen, um die Dekarbonisierung und die Diversifizierung der Energieversorgung zu fördern. Er weist jedoch darauf hin, dass die Verpflichtung für Kraftstoffanbieter, auf EU-Ebene einen bestimmten Anteil an fortschrittlichen Biokraftstoffen (das heißt der zweiten Generation, zum Beispiel aus Algen oder Stroh) bereitzustellen (3,6 Prozent bis zum Jahr 2030), angesichts des hierfür erforderlichen Investitionsumfangs und der Rohstoffverfügbarkeit äußerst ambitioniert ist.
- 24. Der Bundesrat weist darauf hin, dass zum Erhalt der Nutzung von Biogas als Biokraftstoff und zur Vermeidung ungewollter Beschränkungen zum Einsatz von Kraftstoffen aus erneuerbaren Energien Änderungen in den Begriffsbestimmungen zu Biokraftstoffen und Biogas in Artikel 2 Buchstabe g und qq des Richtlinienvorschlags sowie Änderungen in den Überschriften zu den Anhängen III und X, Teil A, erforderlich sind, und bittet um folgende Korrekturen: In Artikel 2 Buchstabe g des Richtlinienvorschlags müssen in der Begriffsbestimmung "Biokraftstoffe" auch gasförmige Kraftstoffe erfasst werden. In Artikel 2 Buchstabe qq des Richtlinienvorschlags müssen in der Begriffsbestimmung "Biogas" auch gasförmige Kraftstoffe erfasst werden. Im Anhang III des Richtlinienvorschlags muss in der Überschrift und in der Spaltenbezeichnung Kraftstoff ergänzt werden. In Anhang X Teil A des Richtlinienvorschlags muss in der Überschrift Biokraftstoffe ergänzt werden. Es wird alternativ angeregt, eine entsprechende Definition von "Kraftstoffen" und "Brennstoffen" zu ergänzen, um Fehlinterpretationen zu vermeiden.
- 25. Der Bundesrat bittet um Streichung der Beimischungspflicht in Artikel 25 Absatz 1 Satz 1 des Richtlinienvorschlags, um die Möglichkeit der Anrechnung von Reinkraftstoffen und reiner Elektromobilität auf den Mindestanteil an erneuerbaren Energien zu ermöglichen.
- 26. Er begrüßt, dass der Richtlinienvorschlag zur Förderung der Nutzung von Energie aus erneuerbaren Quellen neben den klimapolitischen Zielen ausdrücklich auch industriepolitische Ziele verfolgt, indem er den technologischen Vorteil, den die europäische Industrie durch Investitionen in erneuerbare Energien und Energieeffizienz erzielt, als wichtigsten Aspekt für die Schaffung von Wachstum und Arbeitsplätzen bezeichnet.
- 27. Vor diesem Hintergrund erwartet der Bundesrat von dem Richtlinienvorschlag Anstöße und Rahmenbedingungen, welche den inzwischen vielfach und hinreichend in Forschungs- und Demonstrationsvorhaben erprobten sogenannten Power-to-X-Technologien die Bewährung auf Märkten ermöglichen, um so den erreichten Technologievorteil für die europäische Industrie zu sichern.
- 28. Er teilt die in dem Richtlinienvorschlag zum Ausdruck gebrachte Einschätzung, dass das Hinterherhinken des Verkehrssektors bei der Dekarbonisierung der Antriebsenergie unter anderem auf das Fehlen starker Anreize für den Einsatz innovativer Technologien zurückzuführen ist.
- 29. Der Bundesrat vertritt die Auffassung, dass die benötigten starken Anreize für den Verkehrssektor neben der Weiterentwicklung der CO₂-Regulierung (zum Beispiel Berücksichtigung synthetischer Kraftstoffe beim Flottenverbrauch) auch über die vorgeschlagene Richtlinie kommen müssen und hier insbesondere über eindeutigere Regelungen für die Einbeziehung erneuerbarer Energien im Verkehrssektor der EU.
- 30. Er stellt fest, dass in den letzten Jahren die CO₂-Emissionen im Verkehrssektor nicht wie zum Beispiel im Stromsektor gesunken sind. Vor diesem Hintergrund fordert der Bundesrat die Bundesregierung auf, zu überprüfen, inwieweit eine ambitioniertere Zielsetzung für den Anteil erneuerbarer Kraftstoffe nicht biogenen Ursprungs und Elektrizität aus erneuerbaren Quellen im Verkehrssektor zur ressourcen- und kosteneffizienten Erreichung der Klimaschutzziele beitragen kann, ohne dass dies zu einer disproportionalen Verteuerung von Kraftstoffen und damit zu sozialen Disparitäten in der Mobilität führt. Der Bundesrat bekräftigt in diesem Zusammenhang seine Stellungnahme vom 31. März 2017 (BR-Drucksache 809/16(B) , Ziffer 6).
- 31. Eine Schlüsselrolle kommt nach Auffassung des Bundesrates den "flüssigen oder gasförmigen erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs" zu, womit vor allem wasserstoffbasierte Kraftstoffe gemeint sind, bei denen der Wasserstoff über Power-to-Gas-Verfahren unter Einsatz erneuerbaren Stroms erzeugt wird. Um den Einsatz dieser Verfahren stärker anzureizen, sind die in Artikel 25 Absatz 3 des Richtlinienvorschlags niedergelegten Regelungen deutlich zu restriktiv. Indem eine volle Anrechnung der eingesetzten Elektrizität für die Erzeugung von im Verkehrssektor eingesetzten flüssigen oder gasförmigen erneuerbaren Kraftstoffen nicht biogenen Ursprungs nur bei netzungebundenen Anlagen zur Energieerzeugung zugelassen werden soll, wird die Entwicklung eines Marktes für Powerto-Gas-Produkte ohne Not stark beschränkt und darüber hinaus der sinnvolle systemdienliche Einsatz der Anlagen als zu- bzw. abschaltbare Last verhindert.
- 32. Vor diesem Hintergrund schlägt der Bundesrat vor, die volle Anrechnung der eingesetzten Elektrizität unter folgenden Voraussetzungen generell zu ermöglichen, wenn
- - die Elektrizität ausschließlich aus erneuerbaren Quellen stammt,
- - für die Elektrizität keine staatlich regulierte Förderung in Anspruch genommen wurde (in Deutschland wäre das erneuerbarer Strom aus der sogenannten Sonstigen Direktvermarktung, für den keine EEG-Vergütung gezahlt wird) und
- - für die Elektrizität Herkunftsnachweise nach Artikel 19 des Richtlinienvorschlags entwertet wurden.
- 33. Er vertritt schließlich die Auffassung, dass sich ein erheblicher Schub für einen Markt für Produkte aus Power-to-Gas-Anwendungen ergeben würde, wenn Raffinerien gestattet würde, die Verwendung von "grünem" Wasserstoff im Produktionsprozess herkömmlicher Kraftstoffe auf ihre Verpflichtung zur Reduktion von Treibhausgasen anzurechnen. Dieses würde insbesondere der Industrie eine alternative Möglichkeit zur Minderung der Treibhausgase für die in den Verkehr gebrachten Kraftstoffe im Sinne der Entschließung des Europäischen Parlaments und deren Begründung zum Verzicht auf Palmöl im Diesel ab 2020 bieten. Eine entsprechende Regelung ist bislang im Artikel 25 des Richtlinienvorschlags nicht explizit enthalten. Vor dem Hintergrund, dass der im Produktionsprozess eingesetzte "grüne" Wasserstoff wie ein in der Raffinerie fossilem Treibstoff beigemischter Biokraftstoff energetisch zum größten Teil im Kraftstoff verbleibt, empfiehlt der Bundesrat, eine klarstellende Regelung explizit in den Artikel 25 des Richtlinienvorschlags bzw. seine Begründung aufzunehmen.
- 34. Der Bundesrat begrüßt die schrittweise Reduktion des Höchstbeitrages von flüssigen Biobrennstoffen aus Nahrungs- und Futtermittelpflanzen zur EU-Zielerreichung für Energie aus erneuerbaren Quellen.
- 35. Er begrüßt zudem vor dem Hintergrund der besonderen Betroffenheit der Wälder und der Waldbesitzer durch den Klimawandel und der bereits bisherigen wertvollen Beiträge des Sektors Forst und Holz zum Klimaschutz die vorgesehene verstärkte nachhaltige Mobilisierung bestehender Holzressourcen, weist jedoch auch auf die zwar wichtigen, aber mengenmäßig begrenzten Beiträge der Holzenergie zur künftigen vollständig dekarbonisierten Energieversorgung hin. Erwartungen an und Regelungen zur nachhaltigen Holzproduktion und energetischen Holzverwendung sollten daher stets von Augenmaß und Praxistauglichkeit geleitet sein.
- 36. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, in den Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass in Artikel 2 des Richtlinienvorschlags die Begriffsbestimmung "Genehmigung für die Holzernte" dahingehend ergänzt wird, dass geeignete nationale/subnationale Rechtsvorschriften zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung gleichrangig zur Erteilung von Einschlagserlaubnissen im Einzelfall sind.
- 37. Die Forstwirtschaft in Deutschland ist nachhaltig und an den Kriterien ausgewogener waldrechtlicher Vorschriften ausgerichtet. Daher bittet er die Bundesregierung, in den Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass die Regelungen in Artikel 26 Absatz 5 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags zur Nachhaltigkeit von Energieträgern aus forstwirtschaftlicher Biomasse gestrafft und auf die vorhandenen gesetzlichen Regelungen zur nachhaltigen Waldbewirtschaftung hin ausgerichtet werden.
- 38. Aus Sicht des Bundesrates sollen die Formulierungen in Artikel 26 Absatz 5 Buchstabe b des Richtlinienvorschlags deutlich herausstellen, dass dieser Abschnitt als Auffangvorschrift nur für den Fall zur Anwendung kommt, dass in der Herkunftsregion eine nachhaltige Forstgesetzgebung, wie sie zum Beispiel mit den Waldgesetzen des Bundes und der Länder in Deutschland besteht, nicht vorhanden ist.
- 39. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, hinsichtlich Artikel 27 Absatz 4 des Richtlinienvorschlags sicherzustellen, dass für Holz aus Regionen mit nachhaltiger Waldgesetzgebung als Beleg die Glaubhaftmachung der Herkunft ausreicht. Ansonsten käme es zu einer unverhältnismäßigen Belastung gerade für Waldbesitzer mit geringer Fläche und Streubesitz.
- 40. Er ist besorgt, dass der Richtlinienvorschlag zur Anrechnung für die Treibhausgasemissionsbilanz aus der Stromerzeugung in Biogasanlagen nur Gülle und Mais als nutzbare Rohstoffe vorsieht. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei der Kommission darauf hinzuwirken, dass das Spektrum der möglichen, aus Umweltsicht vorteilhaften Substrate, wie zum Beispiel Reststoffe, ausgeweitet und zugleich der Anbau von Mais eingeschränkt wird.
- 41. Er bittet die Bundesregierung darüber hinaus, bei den für Biomethan festgelegten Standardwerten für die Treibhausgas-Minderung zu prüfen, ob die vorgenommene Einteilung - "ohne" bzw. "mit" Abgasnachbehandlung - sachgerecht ist.
- 42. Der Bundesrat weist darauf hin, dass die Ausführungen im Anhang V des Richtlinienvorschlags unter Abschnitt C Nummer 6 und VI unter Abschnitt B Nummer 6 zur Methodologie zu der Möglichkeit der Berücksichtigung von Emissionseinsparungen infolge besserer landwirtschaftlicher Bewirtschaftungspraktiken sehr allgemein gefasst sind und einen weiten Interpretationsspielraum zulassen. Ein transparentes Verfahren zur Nachweisanerkennung bzw. -koordinierung auf europäischer Ebene ist nicht vorgesehen. Daher bittet er die Bundesregierung, sich bei der Kommission für klare und transparente Regelungen einzusetzen, um somit mögliche Ungleichbehandlungen von Wirtschaftsbeteiligten über die Grenzen der Mitgliedstaaten hinweg zu vermeiden.
- 43. Der Bundesrat sieht durch die starke Erhöhung des fossilen Vergleichswertes bei flüssigen Biobrennstoffen zum Zweck der Elektrizitätserzeugung die Gefahr, dass hierdurch eine starke Nachfrage nach flüssigen Biobrennstoffen erzeugt wird. Er bittet daher die Bundesregierung um Prüfung dieses Punktes, da im Hinblick auf die Restriktionen bei biogenen Kraftstoffen eine Verlagerung der Nachfrage in diesen Bereich nicht nachvollziehbar wäre.
- 44. Der Bundesrat stellt fest, dass der Richtlinienvorschlag noch eine Reihe von Erläuterungen, Klarstellungen und Korrekturen bedarf. Er bittet die Bundesregierung, sich insbesondere für die Klärung folgender Punkte einzusetzen:
- - die Auslegung der Ausführungen in Bezug auf Einführung einer niedrigeren Obergrenze mit Bezug auf indirekte Landnutzungsänderungen (Artikel 7 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags);
- - der Umgang mit unvollständigen Listen auf europäischer Ebene (Anhang VI des Richtlinienvorschlags unter "Landwirtschaftliche Optionen");
- - Aufnahme von Begriffsbestimmungen/-erläuterungen zu "Biomethan", "kleine Anlagen", "N₂O-Emissionen", "Abgasverbrennung" und "LHV" (Anlage V Abschnitt C des Richtlinienvorschlags, Methodologie).
- 45. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.