Der Bundesrat hat in seiner 861. Sitzung am 18. September 2009 beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen.
Anlage
Entschließung des Bundesrates zur besseren Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten
- 1. Die für die Lebensmittelüberwachung zuständigen Landesbehörden haben in jüngster Zeit verstärkt die Verwendung von Lebensmittelimitaten in Nahrungsmitteln festgestellt.
Bei verpackten im Einzelhandel angebotenen Nahrungsmitteln erfolgt die derzeitige Produktkennzeichnung von Imitaten im Zutatenverzeichnis mit abstrakten Begriffen wie "Lebensmittelzubereitung unter Verwendung von Milcheiweiß und Pflanzenfett" oder "mit ... Geschmack", dabei sind Produkte an der Gesamtaufmachung (Art der Verpackung, Abbildungen etc.) vom Original kaum zu unterscheiden. Durch solche verschleiernden Angaben werden Imitate nur von den wenigsten Verbrauchern erkannt und der Verbraucher kann seine Fehlvorstellung nicht korrigieren.
In der Gastronomie und beim Verkauf unverpackter bzw. "loser" Ware im Einzelhandel etwa in Bäckereien zeigt sich, dass die von Seiten der Hersteller meist korrekt gekennzeichneten Imitate nach der Weiterverarbeitung allerdings oftmals nicht mehr als solche bezeichnet werden. Beispielsweise werden Erzeugnisse unter Verwendung eines Käseimitats in Speisekarten oder auf Preisaushängen häufig unter der irreführenden Bezeichnung "Käse" angeboten. Verbraucher haben in solchen Fällen keine Chance, den Kauf eines mit Imitaten hergestellten Lebensmittels zu umgehen.
- 2. Der Bundesrat begrüßt, dass Unternehmen im globalisierten Wettbewerb auch bei Lebensmitteln Innovationen auf den Markt bringen. Innovative Produkte werden auch von Verbrauchern geschätzt. Allerdings erwerben Verbraucher oftmals Imitate in dem Glauben, ein Originalprodukt gekauft zu haben.
Einerseits dürfen neue Produkte nicht zu Lasten der Verbraucher auf dem Markt positioniert werden. Auf der anderen Seite dürfen Innovationen nicht durch einen überzogenen Verbraucherschutz verhindert werden. Ziel muss es sein, eine für alle Wirtschaftsbeteiligten tragbare Lösung zu finden.
- 3. Die Entscheidung, ob ein Originalprodukt, wie z.B. Käse, oder ein Imitat erworben wird, muss beim Verbraucher und nicht beim Produzenten liegen. Transparente Angaben sind daher für eine bewusste Kaufentscheidung unerlässlich. Nach derzeitiger Rechtsauslegung, die vor allem durch den Europäischen Gerichtshof geprägt wurde, genügt es meistens, nachgemachte Lebensmittel im Zutatenverzeichnis zu umschreiben. Der Bundesrat ist daher der Auffassung, dass das derzeit geltende Recht nicht ausreicht, er spricht sich für eine klare, gut sichtbare und verständliche Kennzeichnung von Imitaten und ihre klare Abgrenzung vom Original aus.
Imitate sollten zukünftig direkt in Verbindung mit der in Bezug genommenen Verkehrsbezeichnung auf der Schauseite der Verpackung kenntlich gemacht werden und nicht erst anhand des sorgfältigen Lesens der Zutatenliste identifizierbar sein.
Die Kennzeichnung loser Ware in der Gastronomie oder im Handwerk sollte entsprechend geregelt werden.
- 4. Der Lebensmittelkennzeichnung liegt europäisches Recht zu Grunde. Eine EU-einheitliche Verbesserung der Kennzeichnungsbestimmungen ist daher unabdingbar. Ende Januar 2008 legte die EU-Kommission den "Vorschlag für eine Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates betreffend die Information der Verbraucher über Lebensmittel 2008/0028 (COD)" vor. Dieser Verordnungsvorschlag wird derzeit im Europäischen Parlament und im Europäischen Rat beraten.
Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, sich bei der Europäischen Union dafür einzusetzen, dass transparentere und strengere Regelungen bei der Kennzeichnung von Lebensmittelimitaten in den aktuell diskutierten Verordnungsvorschlag integriert werden und zeitnah in Kraft treten.