Der Bundesrat hat in seiner 936. Sitzung am 25. September 2015 beschlossen, zu dem Gesetzentwurf gemäß Artikel 76 Absatz 2 des Grundgesetzes wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Zur Eingangsformel:
Die Eingangsformel ist wie folgt zu fassen:
"Der Bundestag hat mit Zustimmung des Bundesrates das folgende Gesetz beschlossen:"
Begründung:
Die bisherige Eingangsformel zum Gesetzentwurf bringt zum Ausdruck, dass der Gesetzentwurf ein bloßes Einspruchsgesetz nach Artikel 77 Absatz 3 des Grundgesetzes zum Gegenstand habe. Dies ist verfassungsrechtlich nicht zutreffend. Das durch den Gesetzentwurf beabsichtigte Gesetz wäre vielmehr gemäß Artikel 84 Absatz 1 des Grundgesetzes zustimmungsbedürftig. Der Bund nutzt nämlich seine Kompetenz zur bundeseinheitlichen Regelung des Verwaltungsverfahrens im Ausnahmefall ohne Abweichungsmöglichkeit für die Länder insbesondere dadurch, dass der Gesetzentwurf bestimmt, dass die Marktüberwachungsbehörden der Länder die Marktüberwachung auf Grundlage eines Marktüberwachungsprogrammes zu gewährleisten haben und die Wirksamkeit des Überwachungsprogramms mindestens alle vier Jahre zu überprüfen und zu bewerten haben. Darüber hinaus erlegt der Gesetzentwurf den Ländern ohne Abweichungsmöglichkeit die Pflicht auf, dass die obersten Landesbehörden die Funktionsweise der Marktüberwachungstätigkeit zu überprüfen haben und hierüber den Bund zu unterrichten haben. Die Voraussetzungen des Artikel 84 Absatz 1 Satz 6 des Grundgesetzes für die Zustimmungsbedürftigkeit zur gesetzgebungstechnischen Einheit sind also gegeben.
2. Zu Artikel 1 (§ 3 Satz 2 - neu - TextilKennzG)
In Artikel 1 ist dem § 3 folgender Satz anzufügen:
"Als Händler im Sinne dieses Gesetzes gilt auch jeder, der wesentliche Teile des Verkaufsablaufs nach der Bestellung, wie Lagerung, Kommissionierung, Transport und Auslieferung, vornimmt."
Begründung:
Im Bereich des Vollzuges des Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetzes stellt sich bezogen auf Fälle des eCommerce-Handels sehr häufig das Problem, dass Unternehmen große Lagerhallen - so genannte Fulfillment-Center - in Deutschland betreiben und Aktivitäten entfalten, die denen eines Händlers entsprechen, diese aber dabei nicht offiziell als Händler in Erscheinung treten.
Diese Unternehmen argumentieren dann damit, dass sie keine Händler seien, weil die Produkte nicht in ihrem Eigentum ständen und sie nur gewisse logistische Tätigkeiten für das ausländische Unternehmen übernähmen. Wenn man dieser Argumentation folgen würde, gäbe es keinen verantwortlichen Inverkehrbringer, der im Sinne des Gesetzes in Anspruch genommen werden könnte.
3. Zu Artikel 1 (§ 6 Absatz 1 und 2 TextilKennzG)
In Artikel 1 ist § 6 wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 1 ist Satz 3 zu streichen.
- b) Absatz 2 ist wie folgt zu ändern:
- aa) In Satz 3 sind die Wörter "die Zollstelle örtlich" durch die Wörter "den betroffenen Wirtschaftsakteur" zu ersetzen.
- bb) Folgende Sätze sind anzufügen:
"Die Meldung einer Aussetzung kann auch gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde des Landes abgegeben werden, in dem der betroffene Wirtschaftsakteur seinen Sitz hat. Die oberste Landesbehörde leitet die Meldung unverzüglich an die zuständige Marktüberwachungsbehörde weiter."
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Maßnahmen zur Marktüberwachung betreffend die Kennzeichnung von Textilien sind Angelegenheiten, die sich auf den Betrieb eines Unternehmens oder einer seiner Betriebsstätten, auf die Ausübung eines Berufs oder auf eine andere dauernde Tätigkeit beziehen. Nach § 3 Absatz 1 Nummer 2 VwVfG liegt somit die örtliche Regelzuständigkeit bei der Behörde, in deren Bezirk das Unternehmen oder die Betriebsstätte betrieben oder der Beruf oder die Tätigkeit ausgeübt wird. Über die in § 6 Absatz 1 Satz 3 des Gesetzentwurfes vorgesehene Parallelzuständigkeit für nur einen Teil der Marktaufsicht wird die Tätigkeit der regelmäßig zuständigen Behörde erschwert. Soweit ein Einführer über mehrere unterschiedliche Zollbehörden einführt, könnten gegebenenfalls diverse Marktüberwachungsbehörden nebeneinander gegen denselben Einführer tätig sein, unter Umständen sogar ohne dass die regelmäßig zuständige Behörde hiervon unterrichtet ist. Anstelle einer Schaffung einer parallelen örtlichen Zuständigkeit reicht es, wenn - wie es im folgenden Absatz 2 Sätze 4 und 5 vorgesehen wird - die Zollbehörden die Aussetzungsmeldung auch gegenüber der zuständigen obersten Landesbehörde des Landes abgeben werden können, in dem der betroffene Wirtschaftsakteur seinen Sitz hat.
Zu Buchstabe b:
Zu Doppelbuchstabe aa:
Die Änderung in § 6 Absatz 2 Satz 3 ist eine systematische Folge der Streichung von § 6 Absatz 1 Satz 3, da die Marktüberwachungsbehörde, die für die Zollbehörde örtlich zuständig ist, nach der Streichung von § 6 Absatz 1 Satz 3 keine Maßnahmen gegenüber dem betroffenen Wirtschaftsakteur mehr durchführen darf.
Zu Doppelbuchstabe bb:
Mit der Ergänzung der Sätze 4 und 5 in § 6 Absatz 2 wird es den Zollbehörden in Anbetracht der kurzen Dreitagesfrist nach Artikel 28 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 möglich gemacht, eine Aussetzung alternativ auch an die zuständige oberste Landesbehörde des Sitzlandes des betroffenen Wirtschaftsakteurs zu melden, falls die Zollbehörde die zuständige Marktüberwachungsbehörde nicht kurzfristig selbst ermitteln kann.
4. Zu Artikel 1 (§ 8 Absatz 1 und 2 TextilKennzG)
In Artikel 1 ist § 8 wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 1 ist das Wort "jährlich" durch die Wörter "alle vier Jahre beginnend mit dem Jahr 2016" zu ersetzen.
- b) Absatz 2 ist zu streichen.
Folgeänderung:
Die Absatzbezeichnung "(1)" ist zu streichen.
Begründung:
Die Pflicht zur Weiterleitung eines Berichts an die Kommission besteht nach Artikel 18 Absatz 6 Satz 2 der Marktüberwachungsverordnung nur alle vier Jahre. Dass der Gesetzentwurf vorsieht, dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie jährlich zu berichten ist nicht erforderlich. Im Sinne einer Bürokratieentlastung der zuständigen obersten Landesbehörden ist die jährliche Berichtspflicht durch eine vierjährige Berichtspflicht, wie in Artikel 18 Absatz 6 der Marktüberwachungsverordnung gegenüber der Kommission vorgesehen, zu ersetzen.
Dass § 8 Absatz 2 des Gesetzentwurfs neben der jährlichen Berichterstattung den zuständigen obersten Landesbehörden auch eine regelmäßige Informierungspflicht an das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie auferlegt, ist nicht erforderlich.
§ 8 Absatz 2 ist daher zu streichen.
Die von Artikel 18 Absatz 6 der Marktüberwachungsverordnung verlangte und von der Bundesregierung als Begründung für die regelmäßige Informationspflicht herangezogene Bewertung der Funktionsweise der Überwachungstätigkeiten lässt sich mit der Berichterstattung verbinden.
Der Vier-Jahres-Zeitraum empfiehlt sich auch deswegen, weil nach § 7 Absatz 3 des Gesetzentwurfs auch die Marktüberwachungsprogramme von den obersten Landesbehörden nur alle vier Jahre zu überprüfen und zu bewerten sind.
5. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 3 und 4 TextilKennzG)
In Artikel 1 sind in § 9 die Absätze 3 und 4 wie folgt zu fassen:
- (3) Die Marktüberwachungsbehörden können die erforderlichen Maßnahmen treffen, wenn sie den begründeten Verdacht haben, dass Textilerzeugnisse die Anforderungen an die Etikettierung oder Kennzeichnung nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und dieses Gesetzes nicht erfüllen oder die angegebene Faserzusammensetzung nicht mit der tatsächlichen Faserzusammensetzung nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 übereinstimmt. Sie sind befugt,
- 1. zu verlangen, dass ihnen Unterlagen, die gemäß § 5 aufzubewahren sind, innerhalb von zehn Tagen nach Anforderung vorzulegen sind und
- 2. das Anbieten, Ausstellen oder Verkaufen eines Textilerzeugnisses für längstens drei Monate zu untersagen.
- (4) Erfüllen Textilerzeugnisse die Anforderungen an die Etikettierung oder Kennzeichnung nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 und dieses Gesetzes nicht oder stimmt die angegebene Faserzusammensetzung nicht mit der tatsächlichen Faserzusammensetzung nach Maßgabe der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 überein, sollen die Marktüberwachungsbehörden die erforderlichen Maßnahmen treffen. Sie sind insbesondere befugt,
- 1. Maßnahmen anzuordnen, die gewährleisten, dass eine unrichtige oder unvollständige Etikettierung oder Kennzeichnung oder Begleitdokumente korrigiert werden,
- 2. Maßnahmen anzuordnen, die gewährleisten, dass ein Textilerzeugnis erst dann auf dem Markt bereitgestellt wird, wenn es die Anforderungen nach diesem Gesetz oder der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 erfüllt,
- 3. das Anbieten, Ausstellen oder Verkaufen eines Textilerzeugnisses zu untersagen,
- 4. das Inverkehrbringen oder die Bereitstellung auf dem Markt eines Textilerzeugnisses zu untersagen."
Begründung:
Das Ziel eines effektiven Verwaltungshandelns und insbesondere das Ziel, mit der Abstufung der Maßnahmen in § 9 Absätze 3 bis 5 des Gesetzentwurfs die Geltung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit umzusetzen, wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf nicht erreicht.
Insbesondere ist es für Maßnahmen nach § 9 Absätze 4 und 5 des Gesetzentwurfs tatbestandsseitig erforderlich, dass eine andere Maßnahme zuvor verfügt wurde. Im Fall des § 9 Absatz 5 muss noch hinzukommen, dass der betroffene Wirtschaftsakteur auch der Maßnahme nach § 9 Absatz 4 nicht nachkommt. Hier müsste sicherlich vor der Anordnung einer weiteren Maßnahme zunächst versucht werden, die bereits erlassene Maßnahme mit Zwangsmitteln durchzusetzen.
Auch werden die Marktüberwachungsbehörden durch die im Gesetzentwurf vorgesehene Formulierung "haben" zu einem Handeln verpflichtet. Den Marktüberwachungsbehörden muss Ermessen eingeräumt werden.
Mit der Änderung werden nur noch zwei Fallgruppen unterschieden:
- 1. Verdachtsfälle (§ 9 Absatz 3), in denen lediglich Unterlagen angefordert oder ein längstens dreimonatiges Anbietungs-, Ausstellungs- oder Verkaufsverbot ausgesprochen werden kann;
- 2. alle übrigen Fälle (§ 9 Absatz 4), wenn die Anforderungen nach diesem Gesetz oder der Verordnung (EU) Nr. 1007/2011 objektiv nicht erfüllt sind.
6. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 4a - neu - TextilKennzG)
In Artikel 1 ist in § 9 folgender Absatz 4a einzufügen:
- (4a) Die Marktüberwachungsbehörde kann ihre Anordnungen durch die Festsetzung von Zwangsgeldern nach den für die Vollstreckung von Verwaltungsmaßnahmen geltenden landesrechtlichen Vorschriften durchsetzen. Die Höhe des Zwangsgeldes beträgt mindestens 1 000 Euro."
Begründung:
Zur Durchsetzung der Anordnungen der Marktüberwachungsbehörde soll von den nach Landesrecht gegebenenfalls möglichen Zwangsmitteln (Zwangsgeld, Ersatzvornahme und Ersatzzwangshaft) nur das Zwangsgeld zur Anwendung kommen. Außerdem soll wie z.B. in § 94 EnWG die Mindesthöhe des Zwangsgelds festgelegt sein.
Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit der Mittel ist dem Aufwand für die jeweilige Marktüberwachungsbehörde gegenüberzustellen. Das Zwangsgeld ist hier als Maßnahme ausreichend.
7. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 5 TextilKennzG)
In Artikel 1 ist § 9 Absatz 5 wie folgt zu fassen:
(5) Die Marktüberwachungsbehörde hat eine Maßnahme nach den Absätzen 3 und 4 zu widerrufen oder zu ändern, wenn der Wirtschaftsakteur nachweist, dass er wirksame Maßnahmen ergriffen hat."
Begründung:
Der neugefasste Absatz 5 fasst die Vorgabe aus Artikel 21 Absatz 4 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 zusammen, die im vorliegenden Gesetzentwurf in § 9 jeweils letzter Satz der Absätze 3, 4 und 5 enthalten war.
8. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 6 TextilKennzG)
In Artikel 1 ist § 9 Absatz 6 wie folgt zu fassen:
(6) Die Marktüberwachungsbehörden haben sich bei Marktüberwachungsmaßnahmen nach den Absätzen 1 bis 5 zu informieren und unterstützen, wenn sie von derselben Marktüberwachungsmaßnahme betroffen sind."
Begründung:
Eine gegenseitige Information der Marktüberwachungsbehörden bei jeder Marktüberwachungsmaßnahme in ganz Deutschland wäre unnötig und unverhältnismäßig. Dazu besteht nach Artikel 18 Absatz 1 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 auch kein Erfordernis. Eine gegenseitige Information und Unterstützung ist nur angebracht, wenn eine gegenseitige Betroffenheit besteht, z.B. wenn eine Behörde einen Verstoß in einem Einzelhandelsgeschäft festgestellt hat, der Sitz des Herstellers oder Importeurs des beanstandeten Produkts sich aber im Zuständigkeitsbereich einer anderen Behörde befindet.
9. Zu Artikel 1 (§ 9 Absatz 7 - neu -TextilKennzG)
In Artikel 1 ist dem § 9 folgender Absatz 7 anzufügen:
(7) Die Kosten für die Maßnahmen der Marktüberwachungsbehörden werden nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften erhoben."
Folgeänderung:
In Artikel 1 ist in § 11 Absatz 2 der Satz 2 zu streichen.
Begründung:
Der neue Absatz 7 in § 9 stellt klar, dass die Kosten für die Maßnahmen der Marktüberwachungsbehörden nach den jeweiligen landesrechtlichen Vorschriften erhoben werden. Die in § 11 Absatz 2 Satz 2 enthaltene Beschränkung der Länder, die Kosten für Amtshandlungen (Gebühren und Auslagen) vollumfänglich zu regeln, ist nicht nachvollziehbar und zu streichen.
10. Zu Artikel 1 (§ 12 Absatz 1, 2 und 2a - neu - TextilKennzG)
In Artikel 1 ist § 12 wie folgt zu ändern:
- a) In Absatz 1 ist nach Nummer 4 folgende Nummer 4a einzufügen:
(4a) einer Maßnahme nach § 9 Absatz 3 oder 4 nicht Folge leistet oder zuwiderhandelt,".
- b) In Absatz 2 ist das Wort "fünftausend" durch das Wort "zehntausend" zu ersetzen.
- c) Nach Absatz 2 ist folgender Absatz 2a einzufügen:
(2a) Die Geldbuße soll den wirtschaftlichen Vorteil, der aus der Ordnungswidrigkeit gezogen wurde, übersteigen. Reicht der in Absatz 2 genannte Betrag hierfür nicht aus, so kann er überschritten werden."
Begründung:
Zu Buchstabe a:
Auch das Nichtbefolgen einer Maßnahme oder das Zuwiderhandeln gegen eine Maßnahme nach § 9 Absatz 3, 4 oder 5 der Marktüberwachungsbehörden muss sanktionsbewehrt sein.
Zu Buchstabe b:
Bereits nach dem Textilkennzeichnungsgesetz vom 1. April 1969 war die Höhe des Bußgelds gemäß § 12 Absatz 2 auf 10 000 Deutsche Mark (entsprechen 5 112,92 Euro) begrenzt. Nach 45 Jahren ist zumindest ein Kaufkraftausgleich vorzunehmen."
Zu Buchstabe c:
Es ist möglich, dass wirtschaftliche Vorteile, die aus Zuwiderhandlungen gegen das TextilKennzG erlangt werden, den Betrag von 10 000 Euro übersteigen. Damit auch diese wirtschaftlichen Vorteile abgeschöpft werden, ist wie z.B. in § 43 BDSG eine dem § 17 Absatz 4 OWiG entsprechende Regelung aufzunehmen.