Beschluss des Bundesrates
Entschließung des Bundesrates - Faire Rahmenbedingungen für die heimische Stahlindustrie schaffen

Der Bundesrat hat in seiner 944. Sitzung am 22. April 2016 die aus der Anlage ersichtliche Entschließung gefasst.

Anlage
Entschließung des Bundesrates - Faire Rahmenbedingungen für die heimische Stahlindustrie schaffen

Begründung:

Die Stahlbranche zählt zum industriellen Kern Europas und Deutschlands. Deutschland ist der größte Stahlhersteller in der EU und der siebtgrößte Stahlhersteller der Welt. Die Stahlindustrie ist ein Werkstofflieferant mit zentraler Bedeutung für industrielle Wertschöpfungsnetzwerke. Sie ist notwendig und unverzichtbar zur Sicherung der Leistungs- und Innovationsfähigkeit der Industrie sowie der Wertschöpfung und Beschäftigung vor Ort und strahlt in ihrer Wirkung weit über die Bundesrepublik nach Europa aus.

Die Branche steht vor massiven Herausforderungen, die sich im Wesentlichen auf die folgenden Problemfelder konzentrieren:

Die Stahlindustrie befindet sich zurzeit weltweit in einer Krise aufgrund massiver Überkapazitäten weltweit und vor allem in China. Der Weltmarkt wird mit Stahlprodukten zu Niedrigstpreisen überschwemmt. Allein die Exporte chinesischer Stahlunternehmen erreichten in 2015 rund 112 Millionen Tonnen. Zum Vergleich: die Stahlnachfrage in der gesamten EU beläuft sich auf nur 150 Millionen Tonnen. Mit ihren gedumpten bzw. subventionierten Produkten behindert die chinesische Stahlindustrie den fairen Wettbewerb. Notwendig ist daher eine europäische Außenhandelspolitik, deren Instrumente wirkungsvoll ausgestaltet sind und effektiv eingesetzt werden. Das bisherige handelspolitische Instrumentarium der EU ist im Vergleich zu anderen Weltregionen zu schwerfällig. Erst bei Nachweis einer erheblichen Schädigung über einen Zeitraum von 12 Monaten werden Klageverfahren von den EU-Behörden überhaupt akzeptiert. So dauert es in der EU ca. rund 20 Monate und damit doppelt so lang wie in den USA, bis effektive Gegenmaßnahmen zum Schutz der heimischen Industrie greifen. Die Verfahren müssen daher deutlich verkürzt werden.

Das EU-Handelsschutzinstrumentarium würde durch die Vergabe des Marktwirtschaftsstatus an China noch weiter geschwächt. Handelsschutzrechtliche Maßnahmen würden aufgrund der dann unterschiedlichen Berechnungsmethodik an Wirkung verlieren. Am 11. Dezember 2016 läuft die in Artikel 15 des WTO-Beitrittsprotokolls festgelegte Klausel aus, die es ermöglicht, China als Nichtmarktwirtschaft zu behandeln. Die Kommission untersucht derzeit die daraus zu ziehenden Konsequenzen. Die Anerkennung Chinas als Marktwirtschaft muss von der Erfüllung der fünf technischen Kriterien abhängig sein, die die EU selbst als Voraussetzung hierfür definiert hat.

Bei der letzten Überprüfung durch die Kommission hatte China nur eines von fünf Kriterien erfüllt.

Die Kommission muss zum einen alle Beteiligten einschließlich der Stahlindustrie frühzeitig in ihren Entscheidungsprozess über einen möglichen Marktwirtschaftsstatus für China einbeziehen, zum anderen die enge Abstimmung mit anderen Industriestaaten in der WTO suchen. Nur so kann verhindert werden, dass vorschnell und womöglich ohne juristische Not wirksame Instrumente zum Schutz eines fairen Wettbewerbs aufgegeben werden. Denn fairer Wettbewerb muss Ziel einer Industriepolitik sein, die sich für die heimischen Standorte und Arbeitsplätze starkmacht.

Darüber hinaus dürfen die Vorschläge der Kommission zur zukünftigen Ausgestaltung des Emissionsrechtehandels keine Carbon-Leakage-Effekte für die Stahlindustrie in Europa auslösen.

Das betrifft im Besonderen die Vorschläge:

Auch müssen die Produkt-Benchmarks für die Stahlindustrie die Stromerzeugung aus Kuppelgasen und anderen Restenergien, die maßgebliche Beiträge zur Erreichung der Klimaschutz- und Energieeffizienzziele leisten, mit abbilden.

Sollte der Vorschlag der Kommission unverändert umgesetzt werden, werden selbst die effizientesten Stahlwerke erheblich mit zusätzlichen Kosten belastet. Damit verbunden wäre eine erhebliche Verschlechterung der Wettbewerbsfähigkeit der entsprechenden Standorte.

Die Kosten für die Internalisierung der externen Kosten im Rahmen des Klimaschutzes müssen so verteilt werden, dass sie auch für die energieintensiven und außenhandelsabhängigen Industrien tragbar bleiben. CarbonLeakage-Effekte können ansonsten zu Betriebsverlagerungen führen, die in anderen Regionen der Welt die globalen Emissionen erhöhen würden.