937. Sitzung des Bundesrates am 16. Oktober 2015
A
Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union (EU), der Finanzausschuss (Fz) und der Ausschuss für Innere Angelegenheiten (In) empfehlen dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt den Vorschlag der Kommission, zur Entlastung von Italien, Griechenland und Ungarn auf der Grundlage von Artikel 78 Absatz 3 AEUV als vorläufige Maßnahme 120 000 Personen, die eindeutig internationalen Schutz benötigen, in andere Mitgliedstaaten umzusiedeln.
- 2. Der Bundesrat nimmt zur Kenntnis, dass sich die Mitgliedstaaten am 22. September 2015 zumindest auf einen Minimalkonsens zur Entlastung der besonders betroffenen Erstaufnahmestaaten geeinigt haben. Die vereinbarte Umsiedlung von Flüchtlingen in andere Mitgliedstaaten wird dazu beitragen sicherzustellen, dass die Asylsuchenden angemessen versorgt werden und die ordnungsgemäße Durchführung des Asylverfahrens möglich ist.
- 3. Der Bundesrat erkennt an, dass die Kommission die Verhinderung von Sekundärmigration als wichtige Komponente dieser Umsiedlungsmaßnahme herausstellt, um deren Gelingen und praktische Wirksamkeit zu gewährleisten.
- 4. Der Bundesrat weist jedoch darauf hin, dass die von der Kommission dargelegten Maßnahmen zur Verhinderung von Sekundärmigration nicht ausreichend sind. Es bedarf aus Sicht des Bundesrates weitergehender und effektiverer Maßnahmen.
- 5. Zum einen sollte geregelt werden, dass im Rahmen dieser Umverteilung der Bezug von Sozialleistungen auf den nach der Verteilung zuständigen Mitgliedstaat beschränkt ist.
- 6. Zum anderen sollte bestimmt werden, dass im Fall der Missachtung einer Umverteilungsentscheidung eine Überstellung in den nach der Verteilung zuständigen Mitgliedstaat in einem speziellen, schnell abzuwickelnden Verfahren erfolgt. Die bislang hierfür vorgesehene Anwendung der Dublin-IIIVerordnung ist aufgrund des damit verbundenen Zeitbedarfs und des verwaltungsorganisatorischen Aufwands nicht ausreichend.
- 7. Da weiterhin mit hohen Flüchtlingszahlen gerechnet werden muss, kann der Ratsbeschluss vom 22. September 2015 nur ein erster Schritt in Richtung mehr Solidarität zwischen den EU-Mitgliedstaaten sein. Anzustreben ist ein permanenter Mechanismus zur Verteilung von Flüchtlingen, mit dem gewährleistet wird, dass jeder Mitgliedstaat nach seinen Möglichkeiten an der Bewältigung des Flüchtlingszustroms mitwirkt.
- 8. Zu der solidarischen Lastentragung muss auch eine angemessene finanzielle Ausstattung der Gebietskörperschaften gehören, die durch den Flüchtlingszustrom besonders belastet sind.
- 9. Ein ganz wesentlicher Fokus wird zukünftig darauf gerichtet werden müssen, Fluchtursachen zu identifizieren und ihnen möglichst ortsnah abzuhelfen. In diesem Sinne ist auch die Erklärung der EU-Staats- und Regierungschefs vom 23. September 2015 zu begrüßen: Der Vorschlag, zur Deckung des dringendsten Bedarfs der Flüchtlinge in der Herkunftsregion durch Unterstützung des Hohen Flüchtlingskommissars der Vereinten Nationen, des Welternährungsprogramms und anderer Agenturen einen zusätzlichen Beitrag von mindestens einer Milliarde Euro aufzuwenden, zielt auf die Bekämpfung der Fluchtursachen ab. Dadurch kann am besten verhindert werden, dass Menschen sich unter Gefahr für Leib und Leben auf den Weg in eine ferne und ungewisse Zukunft machen und es in überforderten Aufnahmeländern zu Friktionen kommt.
- 10. Der Bundesrat übermittelt diese Stellungnahme direkt an die Kommission.
B
- 11. Der Ausschuss für Arbeit, Integration und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.