Der Bundesrat hat in seiner 814. Sitzung am 23. September 2005 gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG die folgende Stellungnahme beschlossen:
- 1. Der Bundesrat ist im Einklang mit den Vorstellungen der Kommission der Auffassung, dass die Erhöhung der Energieeffizienz ein wichtiges Ziel ist, welches sowohl eine preisgünstige als auch umwelt- und klimafreundliche Energienutzung fördern, als auch helfen kann, die Versorgungssicherheit bei fossilen Energieträgern zu verbessern.
- 2. Der Bundesrat weist auf die große inhaltliche Nähe zwischen den Zielen einer verbesserten Energieeffizienz und den Zielen des Klimaschutzes hin. Kostengünstige Maßnahmen zum Klimaschutz innerhalb der EU sind in vielen Fällen zugleich Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Deutschland setzt im Gegensatz zu anderen Mitgliedstaaten in seinem Allokationsplan bisher stark auf innereuropäische Maßnahmen. Eine europäische Initiative zur Energieeffizienz kann nur auf der Basis eines europäischen Grundkonsenses erfolgreich sein, dass wichtigster Ansatzpunkt zur Erreichung der klimapolitischen Ziele die innereuropäische Energieeffizienz ist.
- 3. Der Bundesrat begrüßt und unterstützt das Anliegen der Kommission, eine umfassende Diskussion zur Verbesserung der Energieeffizienz und der Energieversorgung in der Gemeinschaft in Gang zu setzen. Die von der Kommission im Zusammenhang mit ihrem Fragenkatalog zur Diskussion gestellten Maßnahmen begegnen im Einzelnen jedoch Bedenken.
- 4. Der Bundesrat weist daraufhin, dass in der Bundesrepublik Deutschland in der Vergangenheit große Fortschritte bei der Verbesserung der Energieeffizienz und Verringerung der Energieintensität erzielt wurden und weitere Fortschritte zu erwarten sind. Weiter gehende Verpflichtungen der Unternehmen, der Verbraucher und der öffentlichen Hand zur Energieeffizienz sind auch von der Wirtschaftlichkeit der Maßnahme abhängig zu machen.
- 5. Sonderanforderungen für den öffentlichen Sektor in seiner "Vorbildfunktion" sind grundsätzlich sinnvoll. Angesichts der angespannten Situation der öffentlichen Haushalte kommen allerdings vorrangig solche Maßnahmen in Frage, die nicht mit zusätzlichen Kostenbelastungen verbunden sind. Dies gilt insbesondere für gesetzliche Verpflichtungen, die Energieeffizienz bei öffentlichen Aufträgen insbesondere im Gebäude- und Kfz-Bereich zu berücksichtigen.
- 6. In jüngerer Vergangenheit sind Konzepte diskutiert und Richtlinien verabschiedet worden, denen dieselbe Zielsetzung zugrunde liegt, insbesondere die Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Endenergieeffizienz und zu Energiedienstleistungen. Es sollte daher ein schlüssiges Gesamtkonzept erarbeitet werden, zu dem das Grünbuch einen wertvollen Beitrag leisten kann.
- 7. Der Bundesrat weist darauf hin, dass Maßnahmen zur Verbesserung der Energieeffizienz nicht per se wirtschaftlich sind, sondern in vielen Fällen zu zusätzlichen Kosten führen können. Es ist daher besonders darauf zu achten, dass alle Instrumente schlüssig auf einander abgestimmt sind, zusätzliche Kosten nach Möglichkeit vermieden und einseitige Belastungen ausgeschlossen werden. Der Fortentwicklung bestehender Instrumente sollte der Vorrang gegeben werden vor der Einrichtung neuer Instrumente. So sollten sich die vorgeschlagenen Maßnahmen im Bereich Energieerzeugung und Industrie bei einem sinnvoll funktionierenden Emissionshandel eigentlich erübrigen.
- 8. Das Grünbuch enthält ein sehr breites Spektrum von Vorschlägen zur Verbesserung der Energieeffizienz. Dieser umfassende Ansatz enthält Risiken:
- - Ein Großteil der Vorschläge bezieht sich auf bereits in anderem Zusammenhang begonnene Initiativen. Ein erneutes Aufgreifen im Rahmen einer umfassenden Initiative zu Energieeffizienz verspricht kaum zusätzliche Impulse. Vielmehr besteht die Gefahr, dass Vorhaben durch die Neueröffnung des Diskussionsprozesses verzögert werden.
- - Nur ein Teil der vorgeschlagenen Maßnahmen kann auf europäischer Ebene wirkungsvoll umgesetzt werden. Andere Maßnahmen, wie z.B. eine sachgerechte öffentliche Beschaffung oder finanzielle Förderung, können auf nationaler bzw. regionaler Ebene besser angesprochen werden.
Mehr Erfolg als ein umfassender Vorstoß verspricht daher eine Fokussierung der Initiative auf Maßnahmen, die auf europäischer Ebene besonders wirkungsvoll und kostengünstig umgesetzt werden können.
- 9. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, im Konsultationsprozess und bei den weiteren Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass sich Vorschläge der Kommission im Rahmen des Aktionsplans zur Energieeffizienz unter Beachtung des Subsidiaritätsprinzips am marktwirtschaftlichen Grundsatz der Eigenverantwortung orientieren und vorrangig marktwirtschaftliche Instrumente vorsehen, wie z.B. gezielte und konkrete Informationen von Unternehmen und Verbrauchern über Möglichkeiten zur Verbesserung der Energieeffizienz einschließlich Finanzierung sowie freiwillige Selbstverpflichtungen der Wirtschaft. Der Wettbewerb auf den Energiemärkten darf nicht behindert werden. Durch die Vorschläge bzw. Maßnahmen im Rahmen des Aktionsplans zur Energieeffizienz dürfen nationale Bestrebungen zur Deregulierung, Entbürokratisierung und Vereinfachung von Verfahrensabläufen nicht konterkariert werden.
- 10. Forschungs- und Entwicklungsprojekte (FuE) zum Energiemanagement und zu Energieeffizienztechnologien bringen die Innovation auf diesem Sektor voran. In Deutschland haben Bund und Länder bereits verschiedene Fördermaßnahmen wie Investitionsbeihilfen, steuerliche Ermäßigungen oder Befreiungen aufgelegt. Wegen der restriktiven Vergabe von Risikokapital für Forschungs- und Entwicklungsprojekte bei Energieeffizienztechnologien durch Banken sollten auch europäische Finanzierungsquellen erschlossen werden.
- 11. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, sich bei der Kommission dafür einzusetzen, dass Risikokapitalfonds für die Förderung von Energieeffizienztechnologien auf europäischer Ebene durch die Europäische Investitionsbank eingerichtet werden.
Zu einzelnen Fragen des Grünbuchs nimmt der Bundesrat darüber hinaus wie folgt Stellung:
Zur Frage der Energieeffizienz in Gebäuden (Frage 8)
- 12. Die Umsetzung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Gebäuderichtlinie) ist den Mitgliedstaaten bis zum 4. Januar 2006 vorgeschrieben. Die Debatte über weiter gehende Maßnahmen wird von der Kommission zu einem Zeitpunkt angestoßen, zu dem eine Bewertung der bei der Anwendung der Richtlinie erzielten Erfolge noch nicht möglich ist. Unter Berücksichtigung der Übergangsfristen nach Artikel 15 der Richtlinie ist ein Wirksamwerden der Richtlinie europaweit möglicherweise erst ab ca. 2010 zu erwarten. Zu bedenken ist auch, dass die Gebäuderichtlinie die Bürger, die Wirtschaft und den Staat mit erheblichen Kosten belasten wird. Der ab 2006 europaweit vorgegebene Rahmen sollte zunächst erfolgreich ausgefüllt werden, bevor höhere und neue Anforderungen den erreichbaren Erfolg gefährden.
- 13. Überwachung der Anwendung der Richtlinie über die Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden (Gebäuderichtlinie) durch die Kommission
In Deutschland ist beabsichtigt, die Gebäuderichtlinie zeitgerecht durch Ergänzung der bestehenden Energieeinsparverordnung des Bunds vom 2. Dezember 2004 umzusetzen. Die Überwachung der Anwendung wird durch die Länder erfolgen. Schon die geltende Energieeinsparverordnung in Verbindung mit dem Energieeinsparungsgesetz sieht Sanktionen für den Fall der Nichtbeachtung vor, sodass national nicht nur die Umsetzung der Gebäuderichtlinie, sondern auch deren Anwendung sichergestellt ist. Die Länder haben bereits in vorbildlicher Weise gezeigt, dass sie auf Grund nationaler Regelungen seit Jahren eine konsequente Strategie der Energieeffizienzsteigerung verfolgen. Die Ausweitung von Überprüfungskompetenzen auf die Kommission würde gegen das Subsidiaritätsprinzip verstoßen und wird deshalb abgelehnt.
- 14. Vorgabe rechtsverbindlicher Standards, falls die Anwendung der von der Kommission als Instrument zur Festlegung materieller Anforderungen zukünftig zur Verfügung gestellten 30 Berechnungs-Standards auf freiwilliger Basis scheitern sollte
Rat und Parlament haben in Artikel 3 der Gebäuderichtlinie bestimmt, dass die Methode zur Berechnung der Gesamtenergieeffizienz von Gebäuden von den Mitgliedstaaten auf nationaler und regionaler Ebene selbst festgelegt werden soll. Die Kommission hat zum gegenwärtigen Zeitpunkt, zu dem die Gebäuderichtlinie nicht in allen EU-Staaten in nationales Recht umgesetzt ist, keinerlei Anhaltspunkte dafür, dass die Standards auf freiwilliger Basis nicht eingehalten werden. Eine Diskussion über die Vorgabe rechtsverbindlicher Standards für den Fall, dass die zur freiwilligen Anwendung empfohlenen Standards nicht eingehalten werden, hält der Bundesrat für nicht sachgerecht und lehnt sie deshalb ab.
- 15. Unterschreitung bzw. Aufhebung der nach der Gebäuderichtlinie definierten Grenznutzfläche von 1 000 qm im Fall von Bestandsrenovierungen
Mit der Energieeinsparverordnung des Bunds vom Februar 2002 hat Deutschland bereits einen wesentlichen Anteil der Gebäuderichtlinie erfasst und verfügt somit über einen Ergebnis- und Erfahrungsvorsprung gegenüber der Mehrzahl der EU-Mitgliedstaaten.
Die Verordnung vereinigte die bisherige Wärmeschutz- und Heizungsanlagen-Verordnung und setzt gleichzeitig deutlich höhere Standards für den Neubau und den Gebäudebestand. Sie gilt für alle Gebäude, d.h. anders als die Gebäuderichtlinie bezieht sie schon heute auch kleinere Gebäude unter 1 000 qm im Bestand ein. Hierbei werden sowohl Gebäudehülle als auch Wärmeerzeuger ganzheitlich und unter Berücksichtigung der Nutzung regenerativer Energiequellen bei Neubauten und bei Renovierungsmaßnahmen im Bestand oberhalb von Bagatellgrenzen erfasst. Mit der Verordnung sollen vor allem der Energiebedarf für die Beheizung von Gebäuden und die Warmwasserbereitung nachhaltig begrenzt werden. Das führte zur Verschärfung der Anforderungen:
Im Neubaubereich (Niedrigenergiehausstandard)- - Absenkung des Energiebedarfs um ca. 30 % gegenüber dem geltenden Recht;
- - ganzheitliche Betrachtung von Hülle und Anlagentechnik zur flexiblen Umsetzung unter Wirtschaftlichkeitsgesichtspunkten;
- - Weiterentwicklung von Nachweisverfahren;
- - Erleichterung des Einsatzes von regenerativen Energien in der Anlagentechnik und
- - Erhöhung der Transparenz für Bauherren und Nutzer durch aussagefähige Energieausweise.
- - Verschärfung der energetischen Anforderungen bei wesentlichen Änderungen an Bauteilen, die erneuert, ersetzt oder erstmalig eingebaut werden;
- - Verpflichtung der Außerbetriebnahme besonders alter, ineffizienter Heizkessel;
- - Dämmung von obersten Geschossdecken und von ungedämmten Rohrleitungen und
- - Rahmen für die freiwillige Angabe von Energieverbrauchskennwerten.
- 16. Finanzierung der aus den Empfehlungen der Gebäuderichtlinie folgenden Maßnahmen
Im Grünbuch wird die Verantwortung der Mitgliedstaaten für die finanzielle Unterstützung von Maßnahmen festgestellt, die Empfehlungen der vorgeschriebenen Energieausweise bezüglich kostengünstiger Verbesserungen des Energieprofils umsetzen. Dies sind in der Regel bauliche und andere investive Maßnahmen. Neben der Bundesförderung (KfW-Mittel) haben einige Länder eigene Landesprogramme aufgelegt, die von den Bauherren oder Eigentümern für die Finanzierung von Maßnahmen zur Verbesserung des Energieprofils von Wohngebäuden genutzt werden können.
Zu den Fragen 11, 17-19, 21 für eine Diskussion - 17. Aus den Fragestellungen geht hervor, dass die Kommission bestimmte Grundsatzfragen im Bereich des energieeffizienten Verkehrs bereits für entschieden hält. Diese Einschätzung teilt der Bundesrat in einigen Punkten nicht.
- 18. Grundsätzlich hält der Bundesrat ein europaweit abgestimmtes Vorgehen beim Thema Energieeffizienz für richtig. So kann zum Einsparen von Energie beigetragen werden, ohne dass Wettbewerbsnachteile zu befürchten sind.
- 19. Andererseits darf der Grundsatz der Subsidiarität nicht missachtet werden: Gerade da, wo es um die Steuerung des täglichen Verhaltens der Bürgerinnen und Bürger geht, ist die Beachtung kultureller Unterschiede von Bedeutung. Diesen Unterschieden kann der nationale Gesetzgeber besser Rechnung tragen als der europäische. Folgende Prämissen des Grünbuchs hält der Bundesrat für überdenkenswert:
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20. Haltung zur Mobilität
Das Grünbuch scheint eine skeptische Haltung gegenüber der Mobilität einzunehmen. Dies hält der Bundesrat nicht für gerechtfertigt. Die motorisierte Mobilität ist eine wichtige Grundlage für das wirtschaftliche Wohlergehen Europas. Sie ist Voraussetzung des weiteren kulturellen und ökonomischen Zusammenwachsens der EU. Nicht zuletzt sorgt sie über ihren Beitrag zur wirtschaftlichen Entwicklung auch dafür, dass innovative Konzepte zur Energieeffizienz überhaupt entwickelt und angewendet werden können.
Studien zeigen, dass es auch ansonsten nicht im Sinne einer höheren Energieeffizienz liegt, die motorisierte Mobilität einzuschränken. So sind in demjenigen Szenario der Shell-Studie, in dem die Gesellschaft der motorisierten Mobilität (vor allem: Autoverkehr) aufgeschlossen gegenübersteht, die Fortschritte bei der Modernisierung der Fahrzeugflotten und damit bei Energieeffizienz und Klimaschutz besonders eindrucksvoll.
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21. Verhältnis der Verkehrsträger
Politik, die die Bürgerinnen und Bürger zum Umstieg vom Pkw auf den öffentlichen Personenverkehr anhalten will, kann nach Auffassung des Bundesrates nicht die entscheidende Rolle beim Streben nach mehr Energieeffizienz einnehmen. Folgende Gründe sprechen dagegen:
Jede motorisierte Mobilität kostet Energie und erzeugt Umweltschäden, auch die motorisierte Mobilität mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Die Effizienzunterschiede "innerhalb" der konkurrierenden Verkehrsträger (also etwa innerhalb der öffentlichen Verkehrsmittel auf der Schiene oder innerhalb des Pkw-Verkehrs) sind im statistischen Durchschnitt aber weit größer als die Effizienzunterschiede zwischen den Verkehrsträgern. Dem trägt das bloße Umsteuern von privatem zu öffentlichem Verkehr jedoch keine Rechnung.
Hinzu kommt, dass das Verkehrsverhalten der Bürgerinnen und Bürger durch eine Vielzahl von Gründen bestimmt wird. Dem entsprechend bilden verkehrspolitische Maßnahmen immer nur eines von vielen Motiven bei der Entscheidung für ein bestimmtes Verkehrsmittel. Ihre Wirksamkeit ist daher begrenzt.
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22. Ökonomische Effizienz
Erfolgversprechende verkehrspolitische Maßnahmen müssen auch wirtschaftlich sein. Das gilt insbesondere, wenn die Allgemeinheit zur Finanzierung herangezogen wird, muss aber auch gelten, wenn der Einzelne oder die Wirtschaft belastet wird.
Das entspricht dem Grundgedanken von Kyoto, wonach diejenigen Maßnahmen zum Klimaschutz mit Priorität zu behandeln sind, die im Verhältnis zum ökonomischen Aufwand den größten relativen Nutzen erbringen.
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23. Individuelle Handlungsfreiheit
Das Auto hat nicht nur verkehrstechnische, zeitökonomische oder materielle Vorteile. Seine Benutzung ist in den Industrienationen auch Ausdruck der individuellen Handlungsfreiheit. "Notwendige" Mobilität einerseits und Selbstverwirklichung andererseits können kaum voneinander getrennt werden, erst recht nicht durch staatliche Instanzen.
Nur in Ausnahmefällen darf der Staat in diese Handlungsfreiheit eingreifen. Daher sollte der Staat vor allem informierend tätig werden. Umfangreiche, vielfältige und moderne Informationsangebote über die optimalen Reisemöglichkeiten sind daher zu begrüßen. Demgegenüber dürfen Lenkungs- oder gar Zwangsinstrumente nur in äußerst begrenztem Umfang eingesetzt werden - auch wenn sie nicht ordnungs-, sondern preispolitischer Art sind.
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24. Reduzierung des Kraftstoffverbrauchs von Fahrzeugen (Frage 11)
Um die Entwicklung des Kraftstoffverbrauchs richtig einzuschätzen, ist der anhaltende Anstieg der Rohölpreise stärker in die Überlegungen einzubeziehen. Der Anstieg der Kraftstoffpreise führt bereits jetzt zu einem anderen Fahrverhalten und wird in Zukunft auch das Kaufverhalten der Verbraucherinnen und Verbraucher beeinflussen. Ebenso wird der Preisanstieg Auswirkungen auf die Modellpolitik der Autohersteller haben.
Gesetzliche Vorgaben für Verbrauchsverringerungen müssen die Grenzkosten beachten. Die Grenzkosten für jedes weitere eingesparte Prozent Kraftstoff (entsprechend: Kohlendioxid-Ausstoß) steigen ab einem bestimmten Punkt so stark an, dass durch entsprechende Vorgaben das Gebot der Wirtschaftlichkeit verletzt und Wirtschaft wie Verbraucherinnen und Verbraucher unverhältnismäßig belastet würden.
Daher muss zunächst diskutiert werden, welche Grenzkosten für weitere technische Verbesserungen in ökonomischer und gesellschaftlicher Hinsicht akzeptabel sind. Erst danach können die Entwicklungsziele und der Zeitraum, in dem sie erreicht werden sollen, festgelegt werden.
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25. Gebührenerhebung (Frage 21)
Der lokale Verkehr verursacht durch Verbrennungsprodukte und Abrieb nur etwa 25 % der gemessenen Feinstaubwerte und würde durch derartige Maßnahmen in unverhältnismäßiger Weise belastet.
Steuerungs- oder Gebührenerhebungssysteme, die auf den Individualverkehr innerhalb der Städte und Ballungsräume zielen, sind schon vor dem Hintergrund der oben dargelegten allgemeinen Überlegungen zweifelhaft: Zum einen greifen sie in die Handlungsfreiheit der Bürgerinnen und Bürger ein. Zum anderen ist ihre Wirtschaftlichkeit oftmals fraglich - Implementierungsaufwand einerseits und Effizienzgewinn andererseits dürfen nicht außer Verhältnis stehen. Hinzu kommt, dass der Datenschutz beachtet werden muss.
Zudem können restriktive Maßnahmen gegenüber dem motorisierten Individualverkehr leicht kontraproduktiv wirken: Verliert z.B. der Einzelhandel in dicht besiedelten Innenstädten durch Gebührenerhebungssysteme an Attraktivität, so wirkt sich dies unmittelbar auf die nachhaltige Stadtentwicklung aus (funktionale Verdichtung, kurze Wege, gute Erreichbarkeit mit öffentlichen Verkehrsmitteln usw.). Maßnahmen müssen vor ihrer Einführung daher einer komplexen Folgenabschätzung unterworfen werden. Anderenfalls kann es leicht passieren, dass es nur vordergründig zu Effizienzgewinnen kommt.
- 26. Im Übrigen weist der Bundesrat darauf hin, dass das Problem der Internalisierung von Kosten Gegenstand der aktuellen Beratungen zur Novellierung der Wegekostenrichtlinie 1999/62/EG ist und über das Grünbuch keine Vorfestlegungen erfolgen sollten.
- 27. Der Bundesrat begrüßt die frühzeitige Konsultation durch die Kommission zu den Plänen im Bereich Energieeffizienz in Form eines Grünbuchs und fordert die Bundesregierung auf, die Länder angemessen am weiteren Diskussionsprozess zu beteiligen.