892. Sitzung des Bundesrates am 10. Februar 2012
A
Der Ausschuss für Arbeit und Sozialpolitik empfiehlt dem Bundesrat, zu der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG wie folgt Stellung zu nehmen:
- 1. Der Bundesrat begrüßt es, dass mit diesem Vorschlag harmonisierte Definitionen der Begriffe eingeführt werden, die in allen Harmonisierungsrechtsvorschriften der Union einheitlich verwendet werden und deshalb eine übereinstimmende Bedeutung in allen diesen Vorschriften erhalten sollten.
- 2. Der Bundesrat stellt allerdings fest, dass die im Beschluss Nr. 768/2008 vom 9. Juli 2008 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten in Anhang I mit Artikel R3 definierten Verpflichtungen für einen Bevollmächtigen in oben genanntem Vorschlag nicht in Kapitel 2 über die Verpflichtungen der Wirtschaftsakteure Eingang gefunden haben.
- 3. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass Kapitel 2 dergestalt nachgebessert wird, dass Bevollmächtigte als Wirtschaftsakteure ebenfalls entsprechend den Vorgaben des Beschlusses Nr. 768/2008 berücksichtigt werden.
- 4. Der Bundesrat stellt fest, dass im Hinblick auf vorhandene Formulierungsunstimmigkeiten der vorliegende Vorschlag Defizite aufweist. Diese Unstimmigkeiten bestehen zum Teil im Hinblick auf Regelungen innerhalb der Richtlinie einschließlich der Erwägungsgründe, aber auch in Bezug auf den Beschluss Nr. 768/2008 vom 9. Juli 2008 über einen gemeinsamen Rechtsrahmen für die Vermarktung von Produkten.
Vor diesem Hintergrund weist der Bundesrat auf folgende Punkte hin:
- - Für die Bereitstellung pyrotechnischer Gegenstände auf dem Markt enthält der Richtlinienvorschlag an mehreren Stellen konkrete Verantwortlichkeiten der verschiedenen Beteiligten. Dagegen sieht Artikel 5 des Richtlinienvorschlags "Bereitstellung auf dem Markt" die Sicherstellungsaufgabe allein durch die Mitgliedstaaten vor. Ausgehend vom Gesamtbild der Richtlinie dürfen jedoch in Artikel 5 des Richtlinienvorschlags die Verantwortlichkeiten hinsichtlich der Bereitstellung auf dem Markt nicht allein oder hauptsächlich den Mitgliedstaaten zugeordnet werden. - In Anbetracht der Gefahren durch die Verwendung von pyrotechnischen Gegenständen ist es nach dem Erwägungsgrund Nummer 14 des Richtlinienvorschlags unter anderem angebracht, Altersbeschränkungen für den Verkauf an Verbraucherinnen und Verbraucher festzulegen. Dagegen regelt Artikel 7 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags die Altersbeschränkung für die Bereitstellung von pyrotechnischen Gegenständen auf dem Markt für Personen. Dies würde zum Beispiel den Händler mit einschließen, was jedoch mit dem Erwägungsgrund Nummer 14 nicht übereinstimmt und zu korrigieren wäre. Des Weiteren ist anzumerken, dass auch in Artikel 9 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags das Wort "Verbraucher" bereits enthalten ist.
- - Wenn ein Einführer der Auffassung ist oder Grund zu der Annahme hat, dass ein pyrotechnischer Gegenstand nicht mit den wesentlichen Anforderungen von Anhang I der Richtlinie übereinstimmt, darf er nach Artikel 11 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags diesen pyrotechnischen Gegenstand nicht in Verkehr bringen, bevor die Konformität des pyrotechnischen Gegenstandes hergestellt ist. Eine ähnliche Verpflichtung gibt es für einen Händler in Artikel 12 Absatz 2 des Richtlinienvorschlags. Dagegen gibt es für einen Hersteller kein entsprechendes Verbot für das Inverkehrbringen von pyrotechnischen Gegenständen in Artikel 8 oder an einer anderen Stelle dieses Richtlinienvorschlags. Der Hersteller hat nach Artikel 8 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags zum Inverkehrbringen nur eine Sicherstellungsverpflichtung, dass die pyrotechnischen Gegenstände entsprechend entworfen und hergestellt wurden. Ein konkretes Verbot des Inverkehrbringens fehlt bei derartigen Fällen für den Hersteller und wäre (in Artikel 8) zu ergänzen.
- - Hersteller, die der Auffassung sind oder Grund zu der Annahme haben, dass ein von ihnen in Verkehr gebrachter pyrotechnischer Gegenstand nicht der Richtlinie entspricht, haben nach Artikel 8 Absatz 6 des Richtlinienvorschlags unverzüglich die erforderlichen Korrekturmaßnahmen zu ergreifen, um die Konformität dieses pyrotechnischen Gegenstandes herzustellen oder ihn gegebenenfalls zurückzunehmen oder zurückzurufen. Dagegen fehlt in dem Richtlinienvorschlag ein eindeutiges Verbot für ein weiteres "Vermarkten" durch den Hersteller von derartigen noch nicht an den Händler weitergegebenen pyrotechnischen Gegenständen (Auslieferungsstopp). Dieses wäre zu ergänzen. - Informationen, welche die Mitarbeiter einer Konformitätsbewertungsstelle bei der Durchführung ihrer Aufgaben gemäß Artikel 16 oder einer der einschlägigen nationalen Durchführungsvorschriften erhalten, fallen nach Artikel 24 Absatz 10 des Richtlinienvorschlags unter die berufliche Schweigepflicht, außer gegenüber den zuständigen Behörden des Mitgliedstaats, in dem sie ihre Tätigkeit ausüben. Auf Grund dieser eingeschränkten Öffnung der Schweigepflicht gegenüber zuständigen Behörden würde z.B. eine deutsche zuständige Behörde zu einem auf dem deutschen Markt befindlichen aber in einem anderen Mitgliedstaat hergestellten pyrotechnischen Gegenstand von der entsprechenden (gegebenenfalls deutschen) Konformitätsbewertungsstelle (- die ihre Tätigkeit in dem anderen Mitgliedstaat ausübt -) bei einem Auskunftsersuchen keine Informationen erhalten. Dagegen haben die notifizierten Stellen nach Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c dieses Richtlinienvorschlags jedes Auskunftsersuchen über Konformitätsbewertungstätigkeiten, das sie von den Marktüberwachungsbehörden erhalten haben, der notifizierenden Behörde zu melden.
- - Die "Verpflichtungen der notifizierten Stellen in Bezug auf ihre Arbeit" sind in Artikel 32 des Richtlinienvorschlags festgelegt. Eine Verpflichtung für die notifizierten Stellen, auf Verlangen Auskünfte an zuständige Behörden (z.B. Marktüberwachungsbehörden) zu geben, ist an keiner Stelle im Richtlinienvorschlag formuliert. Dagegen haben die notifizierten Stellen nach Artikel 34 Absatz 1 Buchstabe c des Richtlinienvorschlags jedes Auskunftsersuchen über Konformitätsbewertungstätigkeiten, das sie von den Marktüberwachungsbehörden erhalten haben, der notifizierenden Behörde zu melden. Des Weiteren steht nach Artikel 19 Absatz 5 hinter der CE-Kennzeichnung
die Kennnummer der notifizierten Stelle (Fertigungskontrolle). Der Zweck dieser Kennzeichnung mit der Kennnummer ist unklar.
Mit Blick auf Artikel 24 Absatz 10 (Informationen fallen unter die berufliche Schweigepflicht, außer gegenüber bestimmten zuständigen Behörden - siehe oben 5. Spiegelstrich) wäre zu prüfen, ob in diesem Richtlinienvorschlag eine Verpflichtung der notifizierten Stellen hinsichtlich einer entsprechenden Auskunftspflicht zu ergänzen wäre.
- - Für pyrotechnische Gegenstände gelten nach Artikel 37 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags "Überwachung des Unionsmarktes, Kontrolle der auf den Unionsmarkt eingeführten Produkte" die Artikel 15 Absatz 3 und 16 bis 29 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008. Dagegen sind in Artikel 30 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 die Aufgaben der Mitgliedstaaten im Zusammenhang mit der CE-Kennzeichnung
festgelegt. Es wäre zu prüfen, ob der Artikel 30 Absatz 6 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 in Artikel 37 Absatz 1 dieses Richtlinienvorschlags zu ergänzen ist. - - Nachdem die Marktüberwachungsbehörden eines Mitgliedstaats gemäß Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 tätig geworden sind, haben sie nach Artikel 3 8 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags zu beurteilen, ob der betreffende pyrotechnische Gegenstand alle in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllt. Es wäre zu klären, welche der in Artikel 20 der Verordnung (EG) Nr. 765/2008 genannten Tätigkeiten der Marktüberwachungsbehörden in Artikel 38 Absatz 1 des Richtlinienvorschlags in Bezug genommen werden sollen.
- - Die Einrichtung eines Systems zur Rückverfolgbarkeit und eines Verzeichnisses hat nach Artikel 44 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags die Identifizierung der Typen pyrotechnischer Gegenstände und ihrer Hersteller zum Ziel. Dagegen ist für die Rückverfolgbarkeit auch die Identifizierung des pyrotechnischen Gegenstandes selbst erforderlich. Denn insbesondere bei "Produktfamilien" entsprechend Erwägungsgrund Nummer 39 gibt es nur eine gemeinsame Registrierungsnummer für mehrere pyrotechnische Gegenstände (Gruppe). Im Sinne der Eindeutigkeit wäre eine entsprechende Ergänzung des pyrotechnischen Gegenstandes in Artikel 44 Buchstabe a des Richtlinienvorschlags erforderlich, damit ein Rückschluss auf den einzelnen pyrotechnischen Gegenstand möglich ist.
- 5. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass die oben angeführten Punkte berücksichtigt werden und der Richtlinienvorschlag nachgebessert wird. Im Interesse einer einheitlichen Umsetzung und Anwendung dieser Richtlinie in den Mitgliedstaaten sollten nach Ansicht des Bundesrates die aufgezeigten Unstimmigkeiten im Hinblick auf die Formulierungen beseitigt werden.
- 6. Der Bundesrat unterstützt auch das Anliegen, durch die Verbesserung der Rückverfolgbarkeit der Produkte und durch ein wirksameres Vorgehen gegen Produkte, bei denen die Rechtsvorschriften nicht eingehalten wurden, für faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen.
- 7. Der Bundesrat befürchtet bei entsprechender Auslegung von Artikel 38 Nummer 1 Satz 1 einen Verstoß gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit, da die Marktüberwachungsbehörden verpflichtet würden, auffällig gewordene pyrotechnische Gegenstände dahingehend zu beurteilen, ob sie alle in dieser Richtlinie festgelegten Anforderungen erfüllen, wenn sie den hinreichenden Grund zu der Annahme haben, dass diese Produkte die Sicherheit von Menschen oder andere im öffentlichen Interesse schützenswerte Aspekte gefährden.
Diese Auslegung würde zu unnötigen Belastungen und Kosten für die Wirtschaft, aber auch für die Behörden führen, da in jedem Fall eine umfängliche Produktprüfung durchgeführt werden müsste, die weitgehend einem Zulassungsverfahren entspricht, um die Übereinstimmung mit allen Anforderungen der Richtlinie beurteilen zu können. Für derart umfangreiche Produktprüfungen besitzen die Marktüberwachungsbehörden der Länder nicht die personellen und technischen Voraussetzungen.
- 8. Der Bundesrat bittet die Bundesregierung, bei den weiteren Verhandlungen darauf hinzuwirken, dass die Formulierung in Artikel 38 Ziffer 1 dahingehend klarer gefasst wird, dass die Notwendigkeit der Beurteilung aller Anforderungen der Richtlinie nicht im Sinne einer vollständigen Prüfung des pyrotechnischen Gegenstandes interpretiert werden kann .
B
- 9. Der federführende Ausschuss für Fragen der Europäischen Union, der Ausschuss für Innere Angelegenheiten, der Ausschuss für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit und der Wirtschaftsausschuss empfehlen dem Bundesrat, von der Vorlage gemäß §§ 3 und 5 EUZBLG Kenntnis zu nehmen.