Unterrichtung durch das Europäische Parlament
Entschließung des Europäischen Parlaments zur Bewertung der Doha-Runde im Anschluss an die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong

Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 306793 - vom 11. Mai 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 4. April 2006 angenommen.

Entschließung des Europäischen Parlaments zur Bewertung der Doha-Runde im Anschluss an die WTO-Ministerkonferenz in Hongkong (2005/2247(INI))

Das Europäische Parlament,

A. in der Erwägung, dass das in der WTO verankerte Welthandelssystem mit seinen multilateralen Regeln und Disziplinen und seinem Streitbeilegungsmechanismus für mehr Gerechtigkeit, Sicherheit, Transparenz und Stabilität im internationalen Handel sorgt und eine bessere Globalisierungsgestaltung erlaubt, wobei der nachhaltigen Entwicklung und den Menschenrechten Vorrang zu geben ist,

B. in der Erwägung, dass sich die WTO-Mitglieder auf der Ministerkonferenz in Doha vom 9. bis 14. November 2001 zu einer Entwicklungsrunde (der "Doha-Runde") verpflichtet haben, deren zentrales Ziel die Errichtung eines gerechteren und entwicklungsfreundlicheren Welthandelssystems auf der Grundlage multilateraler Regeln ist,

C. in der Erwägung, dass ein erfolgreicher Abschluss der Doha-Runde, der zu einer weiteren tatsächlichen Marktöffnung und strengeren multilateralen Regeln führt, das Wirtschaftswachstum, die Entwicklung und die Beschäftigung weltweit ankurbeln und die Integration der Entwicklungsländer in die Weltwirtschaft vorantreiben dürfte,

D. in der Erwägung, dass die Europäische Union seit dem Beginn der Doha-Runde eine führende Rolle in den Verhandlungen gespielt und glaubwürdige und großzügige Angebote in allen Verhandlungsbereichen einschließlich der Landwirtschaft gemacht hat, während bestimmte Industriestaaten und fortgeschrittene Entwicklungsländer kein solches Maß an Flexibilität und Engagement an den Tag gelegt haben,

E. in der Erwägung, dass ein erfolgreicher Abschluss der Doha-Runde zu weiteren gegenseitigen Zugeständnissen bei der Liberalisierung des weltweiten Handels mit Gütern und Dienstleistungen führt, was der Europäischen Union mehr Wachstum, Beschäftigung und Wettbewerbsfähigkeit bringen und die Erreichung der Lissabon-Ziele erleichtern wird,

F. in der Erwägung, dass auf der Ministerkonferenz in Hongkong neue Fristen festgelegt wurden, so dass bis April 2006 volle Modalitäten festgeschrieben sein und bis Juli 2006 die Entwürfe für die Durchführungszeitpläne vorliegen müssen,

G. in der Erwägung, dass die Bemühungen um einen fristgerechten Abschluss der Doha-Runde im Jahr 2006 nicht das Ziel eines ehrgeizigen und ausgewogenen Verhandlungsergebnisses, das die in der Doha-Ministererklärung angestrebten Entwicklungsziele widerspiegelt, gefährden dürfen,

H. in der Erwägung, dass die gesamte Doha-Runde zu scheitern droht, falls die Verhandlungen nicht bis Ende 2006 abgeschlossen werden, was wiederum die Glaubwürdigkeit des multilateralen Handelssystems beeinträchtigen und eine Verlagerung auf bilaterale und regionale Handelsabkommen bewirken könnte, die häufig das Ungleichgewicht zwischen Industriestaaten und Entwicklungsländern noch größer machen,

I. in der Erwägung, dass die Doha-Runde vor allem im Interesse der ärmeren und verletzbaren Entwicklungsländer entwicklungsfreundliche Ergebnisse in allen Verhandlungsbereichen bringen muss,

J. in der Erwägung, dass die Situation der einzelnen Entwicklungsländer höchst unterschiedlich ist; dass sowohl die Zugeständnisse dieser Länder als auch die ihnen eingeräumte differenzierte Sonderbehandlung von ihrem jeweiligen Entwicklungsstand und ihrer allgemeinen und sektorspezifischen Wettbewerbsfähigkeit abhängen sollten, dass aber die am wenigsten entwickelten und verletzbaren Länder überhaupt keine Verpflichtungen einzugehen haben sollten,

K. in der Erwägung, dass die Europäische Union der Forderung nach einer Liberalisierung des Handels mit landwirtschaftlichen Erzeugnissen nur unter Gewährleistung der Nachhaltigkeit, Wettbewerbsfähigkeit und Multifunktionalität der europäischen Landwirtschaft nachkommen sollte,

L. in der Erwägung, dass eine Einigung erzielt wurde, die Agrarexportsubventionen bis zum Jahr 2013 abzuschaffen, dass aber in den Bereichen interne Stützung und Marktzugang keine vergleichbaren Fortschritte erzielt wurden,

M. in der Erwägung, dass die Europäische Union bei weitem der weltweit größte Importeur von landwirtschaftlichen Erzeugnissen aus Entwicklungsländern ist,

N. in der Erwägung, dass die Europäische Union mit einer Vielzahl qualitativ hochwertiger regionaler Erzeugnisse Wettbewerbsvorteile hat, so dass der Schutz der geografischen Angaben für sie auch weiterhin hochwichtig ist,

O. in der Erwägung, dass die Entwicklungsländer einen erheblichen Anteil ihres Außenhandelsvolumens mit Industrieerzeugnissen erwirtschaften, aber in ihren gegenseitigen Handelsbeziehungen auf hohe Zollschranken stoßen, so dass der Marktzugang für nichtlandwirtschaftliche Erzeugnisse (NAMA) nicht nur der Europäischen Union, sondern auch den Entwicklungsländern bedeutende Handelsgewinne verspricht,

P. in der Erwägung, dass auch erhebliche nichttarifäre Handelshemmnisse den Marktzugang erschweren,

Q. in der Erwägung, dass die Dienstleistungsverhandlungen bisher zu keinen zufrieden stellenden Ergebnissen geführt haben; dass das Ziel der Europäischen Union darin besteht, die Liberalisierung voranzutreiben, wobei zwar die nationalen politischen Ziele der WTO-Mitglieder und deren Recht auf Regulierung der öffentlichen Dienstleistungen beibehalten werden sollten, aber auch die besonderen Bedürfnisse der Entwicklungsländer berücksichtigt werden sollten,

R. in der Erwägung, dass verbesserte WTO-Regeln im Bereich der Handelserleichterungen, Antidumpingmaßnahmen usw. die Rechtssicherheit erhöhen, die Kosten der Handelsvorgänge senken und eine missbräuchliche oder protektionistische Anwendung verhindern und so allen WTO-Mitgliedern nützen,

S. in der Erwägung, dass die Globalisierung und die Rolle der WTO oft falsch dargestellt und missverstanden werden und dass eine verstärkte Rechenschaftspflicht und Transparenz der WTO erforderlich ist,


1 Dokumentennummer 05-6248, WTO-Dok. WT/MIN(05)DEC.
2 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0461.
3 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0182.
4 Dokumentennummer 04-3297, WTO-Dok. WT/L/579.
5 Dokumentennummer 01-5859, WTO-Dok. WT/MIN(01)/DEC/1.
6 ABl. C 296 vom 18.10.2000, S. 121.
7 ABl. C 177 E vom 25.7.2002, S. 290.
8 ABl. C 77 E vom 26.3.2004, S. 393.
9 Bericht des Consultative Board an den Generaldirektor Supachai Panitchpakdi, WTO, Dezember 2004.
10 Angenommene Texte, P6_TA(2005)0066.