A
Der Bundesrat hat in seiner 956. Sitzung am 31. März 2017 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 9. März 2017 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.
B
Der Bundesrat hat ferner folgende Entschließung gefasst:
- 1. Der Bundesrat begrüßt das Gesetz grundsätzlich. Die vom Bundesrat geforderten Ausnahmen vom Kartellverbot im Bereich des öffentlichrechtlichen Rundfunks (vgl. Beschluss des Bundesrates vom 25. November 2016, BR-Drucksache 606/16(B) Nummer 4) wurden jedoch bedauerlicherweise nicht aufgenommen. Der Bundestag ist dabei der Einschätzung des Bundeswirtschaftsministeriums gefolgt, wonach aus kartellrechtlicher Sicht die geforderte Bereichsausnahme für den öffentlichrechtlichen Rundfunk nicht erforderlich sei und die bekannt gewordenen Kooperationsvorhaben der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten, insbesondere Kooperationen innerhalb der ARD (zwischen den ARD-Gesellschaften) und zwischen ARD und ZDF, unproblematisch seien. Demnach würden die gewünschten Kooperationen der öffentlichrechtlichen Rundfunkanstalten weder in Konflikt mit dem Kartellverbot des § 1 GWB bzw. Artikel 101 Absatz 1 AEUV geraten können noch im Fall eines Verstoßes es auf eine Freistellungsfähigkeit nach § 2 GWB bzw. § 101 Absatz 3 AEUV ankommen.
Der Bundesrat sieht gleichwohl Planungsunsicherheiten für den öffentlichrechtlichen Rundfunk. Diese hätten ohne weiteres dadurch reduziert werden können, dass solche Vereinbarungen analog zur entsprechenden Regelung für die Presse in § 30 Absatz 2b GWB von § 1 GWB freigestellt werden würden. Dabei hätte die Regelung nur für die Erfüllung des öffentlichrechtlichen Rundfunkauftrags Anwendung finden müssen, nicht aber für kommerzielle Aktivitäten wie insbesondere den E-Commerce-Bereich, die Werbung, das Sponsoring sowie das Merchandising. Der Bundesrat bedauert, dass die vorhandenen Gestaltungsmöglichkeiten im Rahmen der 9. GWB-Novelle nicht genutzt worden sind, um größtmögliche Planungssicherheit für die Rundfunkanstalten zu schaffen.
Die Bundesregierung wird deshalb gebeten, Sorge dafür zu tragen, dass bei etwaigen kartellrechtlichen Hindernissen bei den gewünschten Kooperationen der Rundfunkanstalten eine Lösung gefunden wird, mit der insbesondere den Grundsätzen der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit beim öffentlichrechtlichen Rundfunk genüge getan werden kann.
- 2. Der Bundesrat fordert die Bundesregierung auf, weitere Maßnahmen zu ergreifen, die die Macht und die Missbrauchsmöglichkeiten der marktbeherrschenden Lebensmitteleinzelhändler insbesondere auf der Nachfrageseite eindämmen.
Begründung:
Das Bundeskartellamt hat in seiner Sektorenuntersuchung zum Lebensmitteleinzelhandel vom September 2014 festgestellt, dass der deutsche Lebensmittelmarkt zu 85 Prozent von vier Unternehmen beherrscht wird. Dies gilt sowohl auf der Angebots- als auch auf der Nachfrageseite. Seither hat sich der Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel weiter fortgesetzt. Die damit verbundene Marktmacht hat erheblichen Einfluss auf die Einkaufspreise. Die marktbeherrschenden Unternehmen diktieren schon allein auf Grund ihrer Marktmacht Hersteller- und Erzeugerpreise. Konkurrierende kleinere und mittelständische Lebensmitteleinzelhändler haben dagegen schlechtere Einkaufskonditionen als die marktbeherrschenden Unternehmen und verlieren mittel- bis langfristig ihre Wettbewerbsfähigkeit. Folge ist ein weiterer Konzentrationsprozess im Lebensmitteleinzelhandel mit all seinen negativen Begleiterscheinungen. Zudem kann sich diese Situation als existenzgefährdend für Hersteller und Erzeuger auswirken. Die jüngsten Entwicklungen in der Branche haben diese Situation verschärft. Die Regelungen zum so genannten Anzapfverbot und zum Verbot zum Verkauf von unter Einstandspreisen haben sich insoweit als wirkungslos erwiesen. Die entsprechenden Neuregelungen im Rahmen dieser Gesetzesnovelle werden daran nichts ändern. Leidtragende der Konzentrationsprozesse sind nicht nur kleine und mittlere Unternehmen auf Handels- und Herstellerseite. Leidtragende sind insbesondere Verbraucherinnen und Verbraucher, die immer weniger Möglichkeiten haben, sich der Preis-und der Angebotspolitik der vier großen Einzelhandelskonzerne zu entziehen. Der aktuelle Zustand im Lebensmitteleinzelhandel erfordert daher Regelungen, die die Marktmacht und Missbrauchsmöglichkeiten marktbeherrschender Lebensmitteleinzelhändler in Deutschland eindämmen.