Zugeleitet mit Schreiben des Generalsekretärs des Europäischen Parlaments - 314590 - vom 9. Oktober 2006. Das Europäische Parlament hat die Entschließung in der Sitzung am 7. September 2006 angenommen.
Das Europäische Parlament,
- - in Kenntnis der Ministererklärung von Doha der Welthandelsorganisation (WTO) vom 14. November 2001,
- - unter Hinweis auf seine Entschließung vom 4. April 2006 über die Bewertung der Doha-Runde nach der WTO-Ministerkonferenz in Hongkong1,
- - in Kenntnis der Ministererklärung der sechsten Tagung der Ministerkonferenz der WTO, die am 18. Dezember 2005 verabschiedet wurde2,
- - gestützt auf Artikel 108 Absatz 5 seiner Geschäftsordnung,
A. in der Erwägung, dass die Doha-Runde 2001 mit dem Ziel ins Leben gerufen wurde, die bestehenden Ungleichgewichte im multilateralen Handelssystem zu beseitigen, und zwar ausgehend von der gemeinsamen Überzeugung, dass nur ein multilaterales System, das auf einem fairen Handel und angemessenen und gerechten Regeln beruht, eine echte Entwicklung fördern kann und dass die Bedürfnisse und Interessen der Entwicklungsländer in den Mittelpunkt des Arbeitsprogramms von Doha gerückt werden müssen,
B. in der Erwägung, dass ein Scheitern beim Abschluss der Doha-Runde die Glaubwürdigkeit des multilateralen Handelssystems in Frage stellen und zu einem Ausweichen auf bilaterale und regionale Handelsvereinbarungen führen würde, die die Ungleichheit zwischen den Industrieländern und den Entwicklungsländern häufig noch verschärfen,
C. in der Erwägung, dass die Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder am meisten unter der Aussetzung der Runde leiden, da Handelsregeln, die den Handel in den Dienst einer nachhaltigen Entwicklung stellen und dem übergeordneten System einer weltweiten Ordnungspolitik entsprechen, nur in einem multilateralen Rahmen neu austariert werden können, was bereits seit langem erforderlich ist,
D. in der Erwägung, dass es die wirtschaftliche und politische Unsicherheit weltweit verstärken würde und wirtschaftliche, finanzielle und soziale Konsequenzen hätte, wenn das derzeitige Klima der Ungewissheit über die Zukunft des Multilateralismus und der WTO selbst anhält,
E. in der Erwägung, dass die derzeitige Struktur der WTO reformiert werden muss, um die Verhandlungen zu erleichtern und die Rechenschaftspflicht und die Transparenz zu verbessern,
- 1. bekräftigt noch einmal, dass es sich uneingeschränkt für einen multilateralen Ansatz in der Handelspolitik einsetzt und die WTO als Garanten eines auf Regeln basierenden internationalen Handels unterstützt; bedauert daher die Tatsache, dass die Verhandlungen der Doha-Runde im Juli 2006 auf unbestimmte Zeit ausgesetzt wurden, und ist besonders enttäuscht darüber, dass der Mangel an Flexibilität einiger der wichtigsten Akteure zu diesem Scheitern geführt hat;
- 2. ist besorgt darüber, dass das gegenwärtige multilaterale Handelssystem zusammenbrechen könnte, wenn keine Einigung über die Entwicklungsagenda erzielt werden kann; betont, dass eine Verlagerung hin zu bilateralen/regionalen Abkommen zu unausgewogenen und weniger transparenten Verhandlungen führen und somit insbesondere den ärmeren Ländern zum Schaden gereichen würde;
- 3. betont, dass die kurz- und mittelfristigen Folgen dieser Aussetzung insbesondere zu Lasten der Entwicklungsländer und der am wenigsten entwickelten Länder gehen werden, vor allem wenn die in Hongkong eingegangenen Verpflichtungen in Bezug auf die Entwicklung nicht mehr eingehalten werden;
- 4. ist besorgt darüber, dass die Aussetzung der multilateralen Verhandlungen zur Ausweitung von Handelskonflikten führen könnte, in deren Rahmen die Mitglieder der WTO versuchen, durch Schlichtung das zu erreichen, was in den Verhandlungen nicht erzielt werden konnte;
- 5. fordert deshalb mehr Engagement von Seiten aller wichtigen Akteure, einschließlich der EU, der USA und der G20, damit bei allen wichtigen Verhandlungsthemen der Runde ein ausgewogenes Ergebnis erzielt werden kann, wobei die Entwicklung den Kernpunkt der Abschlüsse bilden sollte und die Ergebnisse weiter bewertet werden sollten, damit gewährleistet ist, dass die Entwicklungsagenda schließlich zu echten und nachhaltigen wirtschaftlichen Vorteilen, insbesondere für die Entwicklungsländer, führt; betont, dass die bisher in den Verhandlungen erzielten Fortschritte bewahrt werden müssen und dass die bisherigen Angebote zu verschiedenen Punkten der Verhandlungsagenda weiterhin Verhandlungsgrundlage sein sollten, damit das Mandat von Doha vollständig eingelöst wird;
- 6. ist der Auffassung, dass die Industrieländer weiter günstigere Handelsbedingungen für die Entwicklungsländer und die am wenigsten entwickelten Länder schaffen sollten, unabhängig davon, welche Ergebnisse letztlich in der Runde erzielt werden; fordert die Industrieländer und die Schwellenländer auf, sich der EU-Initiative "Alles außer Waffen" anzuschließen, die einen hundertprozentig zoll- und quotenfreien Marktzugang für die am wenigsten entwickelten Länder garantiert;
- 7. betont, dass institutionelle Reformen notwendig sind, um die Arbeitsweise der WTO zu verbessern, und unterstreicht erneut, wie wichtig es ist, dass die Rechenschaftspflicht und die demokratische Legitimation der WTO und der in ihrem Rahmen stattfindenden Verhandlungen verbessert werden; ist überzeugt, dass der multilaterale Prozess auf der Grundlage des Bottom-up-Prinzips und eines transparenten Ansatzes weiterhin Kernstück der Verhandlungen sein sollte; betont zudem, dass ein Prozess nötig ist, an dem alle Mitglieder teilhaben;
- 8. ist überzeugt, dass die Aussetzung der Verhandlungen als Aufforderung begriffen werden muss, über die Bedingungen nachzudenken, die zur Verbesserung künftiger Handelsgespräche erforderlich sind;
- 9. fordert die Kommission und den Rat auf, eine Vereinbarung zu treffen, damit die uneingeschränkte Beteiligung des Europäischen Parlaments an den internationalen Handelsgesprächen der Europäischen Union gewährleistet ist;
- 10. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat, der Kommission, den Regierungen und Parlamenten der Mitgliedstaaten und dem Generaldirektor der WTO zu übermitteln.
1 Angenommene Texte, P6_TA(2006)0123.
2 Dokument Nummer 05-6248, Dokument Symbol WT/MIN(05)/DEC).