Beschluss des Bundesrates
Gesetz zur Änderung futtermittelrechtlicher und tierschutzrechtlicher Vorschriften

Der Bundesrat hat in seiner 958. Sitzung am 2. Juni 2017 beschlossen, zu dem vom Deutschen Bundestag am 18. Mai 2017 verabschiedeten Gesetz einen Antrag gemäß Artikel 77 Absatz 2 des Grundgesetzes nicht zu stellen.

Der Bundesrat hat ferner beschlossen, die aus der Anlage ersichtliche Entschließung zu fassen

Anlage
Entschließung zum Gesetz zur Änderung futtermittelrechtlicher und tierschutzrechtlicher Vorschriften

1. Zu Artikel 2 Nummer 6 (§ 3 Tiererzeugnisse -Handels-Verbotsgesetz)

Der Bundesrat stellt fest, dass die Haltung von Pelztieren in Gefangenschaft und die Tötung dieser Tiere zur ausschließlichen Gewinnung von Pelztiererzeugnissen keinen vernünftigen Grund im Sinne des § 1 des Tierschutzgesetzes darstellt. Diese Form der Pelztierhaltung erfüllt nicht die Anforderungen an eine art- und verhaltensgerechte Haltung der Tiere nach § 2 des Tierschutzgesetzes.

Der Bundesrat fordert die Bundesregierung daher auf, auf ein sofortiges Verbot der Haltung und der Tötung von Tieren zur Pelzgewinnung sowie auf eine Deklarationspflicht für Pelze und Pelzprodukte hinzuwirken.

Begründung:

§ 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes sagt:

"Niemand darf einem Tier ohne vernünftigen Grund Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen". Ferner schreibt das Tierschutzgesetz in § 2 vor, dass Tiere ihrer Art und ihren Bedürfnissen entsprechend verhaltensgerecht unterzubringen sind und dass die Möglichkeit der Tiere zu artgemäßer Bewegung nicht so eingeschränkt werden darf, dass ihnen Schmerzen oder vermeidbare Leiden oder Schäden zugefügt werden.

Aus tierschutzfachlicher Sicht sind mindestens die Anforderungen der Empfehlungen des vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft herausgegebenen Sachverständigengutachtens über Mindestanforderungen an die Haltung von Säugetieren aus dem Jahre 2014 einzuhalten, um nur annähernd dem Bewegungs- und Sozialverhalten von Pelztieren Rechnung zu tragen.

Der Bundesrat hat schon in seiner Stellungnahme zu dem Entwurf eines Dritten Gesetzes zur Änderung des Tierschutzgesetzes (BR-Drucksache 302/12(B) PDF -) in Ziffer 12 auf das Haltungsverbot von Pelztieren hingewirkt.

Im Jahre 2015 hat der Bundesrat dann einen Gesetzentwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes eingebracht (BR-Drucksache 217/15(B) HTML PDF -), der vor dem Hintergrund des Artikels 20a des Grundgesetzes zum Ziel hatte, die Haltung und Tötung von Pelztieren allein zur Pelzgewinnung zu verbieten, um so das Leiden der Tiere zu verhindern.

Im Übrigen ist diesem Bundesratsbeschluss zufolge die Haltung in Gefangenschaft und die Tötung von Pelztieren kein vernünftiger Grund im Sinne des § 1 Tierschutzgesetz.

Die Bundesregierung hatte in ihrer Stellungnahme die Initiative des Bundesrates unterstützt und ein gesetzliches Pelztierhaltungsverbot als den richtigen Weg zur Sicherstellung des Tierschutzes eingestuft (BT-Drucksache 18/5866). Der vorgenannten Stellungnahme wie auch der Begründung zum vorliegenden Gesetz zufolge wird davon ausgegangen, dass die Einhaltung der tierschutzrechtlichen Mindestanforderungen an die Pelztierhaltung, wie sie im Gesetz und in der geltenden Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung beschrieben werden, wirtschaftlich nicht realisierbar ist.

Angesichts der Tatsache, dass die im Gesetz formulierten und nach der Tierschutz-Nutztierhaltungsverordnung schon jetzt geltenden Haltungsanforderungen de facto nicht eingehalten werden und die entsprechenden Übergangsfristen in der Verordnung bereits abgelaufen sind, ist ein umgehendes Verbot geboten.

Mit der Einführung der Deklarationspflicht für Pelze und Pelzprodukte können Konsumentinnen und Konsumenten Auskunft über Tierart, Herkunft und Gewinnungsart (Wildfang oder Zuchttiere) erhalten und auf diese Weise eine bewusste Kaufentscheidung fällen. Bisher fehlt es an einer solchen Regelung auf EU- bzw. Bundesebene.

2. Zu Artikel 2 Nummer 6 (§ 4 Tiererzeugnisse -Handels-Verbotsgesetz)

Auf Grund wissenschaftlich begründeter Anhaltspunkte für Schmerzen und Leiden von Feten ab dem letzten Drittel der Trächtigkeit bei der Schlachtung von Muttertieren bedarf es eines grundsätzlichen Schlachtverbots hochträchtiger Nutztiere.

Der Bundesrat stellt fest, dass die im Gesetz eingeräumten Ausnahmemöglichkeiten zu weitreichend und unbestimmt sind.

Begründung:

Auf Grund wissenschaftlich begründeter Anhaltspunkte für Schmerzen und Leiden von ungeborenen Kälbern, Lämmern, Ferkeln und Fohlen durch Sauerstoffmangel bei der Schlachtung von Muttertieren ab dem letzten Drittel der Trächtigkeit s i.d.R. gelungen für ein Schlachtverbot hochträchtiger Nutztiere erforderlich.

Bisher vorliegenden Erkenntnissen u.a. der Hochschule für Angewandte Wissenschaften Hamburg zufolge, die gemeinsam mit der Universität Leipzig das Bundesforschungsprojekt "SiGN" zur Schlachtung gravider Nutztiere durchführt, gibt es drei Gründe für die Schlachtung trächtiger Tiere: die weitere Nutzung der Tiere erscheint unwirtschaftlich (z.B. auf Grund teurer Behandlungskosten), die Trächtigkeit ist nicht bekannt oder auf Grund von Verletzungen. Nicht zuletzt aus ethischen Gründen ist die Schlachtung von Muttertieren in den vorgenannten Fällen nicht vertretbar, dies gilt auch für die im Gesetz ausgenommenen Schafe und Ziegen: Auch bei Feten bzw. ungeborenen Lämmern der kleinen Wiederkäuer ist wie bei ungeborenen Nachkommen von Equiden, Rindern und Schweinen von Schmerzen und Leiden durch Sauerstoffmangel auszugehen. Unterschiedliche Haltungsverfahren der Nutztiere rechtfertigen keine Ausnahme von dem Verbot. Die in hiesigen Breitengraden gehaltenen Schaf- und Ziegenrassen haben überwiegend eine saisonale Brunst, so dass der Ablammzeitraum und damit das letzten Drittel der Trächtigkeit grundsätzlich bekannt sind. Bei asaisonalen Rassen ist ein Deckmanagement möglich.

Die im Gesetz festgelegten Ausnahmetatbestände sind zu weitreichend und unbestimmt.

Tierschutzfachlich und -rechtlich kommen Ausnahmen vom Schlachtverbot allenfalls in Betracht, wenn sie im Falle von Tierseuchenausbrüchen aufgrund der Situation vor Ort als Einzelfallentscheidung durch den Amtstierarzt oder die Amtstierärztin angeordnet werden.